Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Zur Geschichte des Werks der Frau von Stael: De l'Allemagne.[]


Censur.[]


[1] Bekanntlich hatte Frau von Stael ein Werk über Deutschland verfaßt, das in Paris die Censur passirt hatte, und von dem auch bereits 10,000 Exemplare abgedruckt waren. Auf einmahl mußten alle diese vorräthigen Exemplare auf Befehl des Kaisers vernichtet werden. Der Madame Stael selbst, die sich damahls in der nähe von Paris aufhielt, wurde das Manuscript abgefordert, und der Befehl ertheilt, Frankreich binnen 24 Stunden zu verlassen. Sie bat um 8tägige Verlängerung ihres Aufenthalts, worauf ihr der Polizeyminister Savary mit folgendem Schreiben antwortete:

Paris, den 3. Oktob. 1810.

SLUB Dresdeb.

Madame! Ich habe den Brief erhalten, den Sie mir die Ehre erzeigt, an mich zu richten. Ihr Herr Sohn wird Ihnen angezeigt haben, daß ich kein Bedenken dabey finde, Ihnen einen Aufschub Ihrer Reise auf 7 -- 8 Tage zu bewilligen; ich wünsche, daß er zu den Einrichtungen, die Sie noch zu treffen haben, hinreichen möge; denn, ihn weiter auszudehnen, bin ich ausser Stande.

Es wäre ein Irrthum, wenn Sie den Grund des Befehls, den ich Ihnen ertheilt habe, in dem Stillschweigen, mit welchem Sie in Ihrem letzten Werke den Kaiser übergangen haben, suchen wollten; für ihn ist kein würdiger Platz darin; Ihr Exil ist nur die natürliche Folge der Richtung, die Sie seit einigen Jahren genommen, und ausdauernd verfolgt haben. Es ist mir vorgekommen, als ob Ihnen die Luft unsers Landes nicht mehr bekäme; mit uns aber ist es noch nicht so weit gekommen, daß wir Vorbilder unter den Völkern suchen sollten, die Sie bewundern.

Ihr letztes Werk ist kein Französisches, ich habe dessen Druck verhindert. Ich bedaure den dadurch für den Verlege entspringenden Verlust, aber mir ist es nicht möglich, es erscheinen zu lassen.

Sie wissen, Madame, daß es Ihnen nur erlaubt wurde, Coppet zu verlassen, weil Sie den Wunsch äusserten, nach Amerika zu gehen. Wenn mein Vorgänger Ihnen verstattet hat, im Departement Loir et Cher zu wohnen, so durften Sie aus dieser Duldung keine Veranlassung nehmen, die früher Ihretwegen gemachten Festsetzungen als aufgehoben zu betrachten. jetzt aber nöthigen Sie mich, sie strenge in Ausübung zu bringen, und Sie können die Schuld deßhalb nur sich allein beymessen.

Ich befehle Herrn Corbigny *) genau auf Vollziehung der ihm ertheilten Ordre zu halten, wenn der Ihnen bewilligte Aufschub abgelaufen seyn wird.

Sehr bedaure ich, Madame, daß Sie mich in die Nothwendigkeit gesetzt haben, meinen Briefwechsel mit Ihnen durch eine Maßregel der Strenge zu eröffnen; es wäre mir viel angenehmer gewesen, wenn ich Ihnen nur Beweise der hohen Achtung hätte geben dürfen, mit welcher ich die Ehre habe zu seyn,

Madame, Ihr ergebenster und gehorsamster Diener, gez. der Herzog von Rovigo.
*) Präfekt von Loir et Cher.


An

Frau von Stael.

N. S. Ich habe meine Gründe, Madame, Ihnen die Häfen von L'Orient, La Rochelle, Bordeaux und Rochefort als die einzigen zu bezeichnen, in welchen sie sich einschiffen dürfen, und fordere Sie auf, mir denjenigen von ihnen anzuzeigen, den Sie gewählt haben. *)

*) Der Zweck dieser Nachschrift war, ihr die Häfen des Kanals zu untersagen.


Auswanderung.[]


Frau v. Stael reiste nach ihrem Landsitze Coppet, und erzählt folgende Ursachen ihrer Auswanderung nach England.

"Bey meiner Rückkehr in die Besitzung meines Vaters **) untersagte mir der Präfekt, mich weiter als vier Stunden im Umkreise von dort zu entfernen. Ich erlaubte mir eines Tages bey einer einfachen Spazierfahrt zehn Stunden zurückzulegen; augenblicklich waren die Gend'armes hinter mir her, den Postmeister wurde anbefohlen, mir keine Pferde zu geben, man hätte denken sollen, das Wohl des Staates hänge von einer so gebrechlichen Existenz, als die mir verstattete, ab. Ich suchte mich jedoch auch in diese Gefangenschaft in ihrer ganzen Härte zu schicken, aber der letzte Schlag, der mich traf, machte sie mit vollends unerträglich. Einige meiner Freunde wurden ins Exil geschickt, weil sie die Großmuth gehabt hatten, mich zu besuchen; das war zu viel -- die Pest des Unglücks an sich tragen, denen nicht nahe treten zu dürfen, die man liebt, fürchten zu müssen, ihnen zu schreiben, Ihren Namen auszusprechen, bald sich als Gegenstand der zärtlichen Anhänglichkeit von Personen zu sehen, für die man darum zittern muß, und bald gekränkt von den gesuchtesten Gemeinheiten, die nur Sclavenfurcht veranlassen kann, das war eine Lage, der man sich entziehen mußte, wollte man noch leben."

**) Coppet in der nähe von Genf.


Ueber Deutschland.[]


Dieß Werk ist nun unter den Augen der Frau von Stael in London, wo sie sich in diesem Augenblicke aufhält, gedruckt erschienen, und auch in Deutschland dürfen wir der folgenden Anzeige zu Folge auf dessen baldige Bekanntmachung hoffen.

Zur Beseitigung vielfältiger Anfragen bemerke ich, daß die Uebersetzung des Werkes der Frau von Stael:

Ueber Deutschland,

sich noch unter der Presse befindet, aber in kürzester Frist erscheinen wird.

Berlin, Dezember 1813.
J. E. Hitzig, Buchhändler.


Le Mémorial de Sainte-Hélène.[]


Dienstag, den 13ten. (August 1816) [2]

Neopolem.

Der Kaiser behielt mich zum Frühstück unter dem Zelte bei sich. Hierauf ließ er die Corinne von Madame Staël bringen, von der er einige Kapitel las. Er könnte sie nicht zu Ende bringen, sagte er. Madame Staël hätte sich so gut in ihrer Heldin geschildert, daß es ihr dadurch gelungen sey, ihm einen Widerwillen gegen sie einzuflößen. "Ich sehe sie, sagte er, ich höre sie, ich fühle sie, ich will ihr entgehen, und werfe das Buch hinweg. Es war mir von diesem Werke ein besseres Andenken geblieben, als das, was ich heute empfinde. Vielleicht rührt dieß daher, weil ich es damals mit dem Daumen las, wie der Herr Abbé von Pradt sehr sinnig, und nicht ganz unwahr sagt. Dennoch werde ich mich zwingen, ich will das Ende davon sehen; es ist mir immer, wie wenn es nicht ohne einiges Interesse wäre. Uebrigens kann ich der Madame Staël nicht verzeihen, daß sie die Franzosen in ihrem Roman herunter gesezt hat. Diese Familie der Madame Staël hat doch etwas ganz Besonderes! Ihr Vater, ihre Mutter und sie, alle drei auf den Knieen, in beständiger Anbetung gegen einander, sich gegenseitig mit Weihrauch, zu besserer Erbauung und Mystifikation des Publikums, beräuchernd. Indessen kann sich Madame Staël rühmen, ihre edlen Eltern noch übertroffen zu haben, wenn sie niederzuschreiben wagte, daß ihre Gefühle für ihren Vater von der Art wären, daß sie sich zu ihrer Ueberraschung eifersüchtig auf ihre Mutter gefunden habe.


"Madame de Staël, fuhr er fort, war glühend in ihren Leidenschaften; sie war wüthend, wahnsinnig in ihren Ausdrücken. Folgendes las die Polizei von ihr, als sie unter Aufsicht stand. -- Ich bin entfernt von Ihnen, schrieb sie wahrscheinlich an ihren Gemahl. Kommen Sie augenblicklich, ich befehle es, ich will es, ich liege auf den Knieen. Meine Tochter ist an meiner Seite. Ich flehe dich darum an. . . . . Wenn du zauderst, so tödte ich sie, ich tödte mich. Du allein wirst die Schuld von unserm Untergang tragen, u. s. w., u. s. w."

Sie hat in frühern Zeiten alle ihre Bemühungen, alle ihre Kräfte angestrengt, um dem General der Armee von Italien beizukommen, sagte der Kaiser. Sie hatte ihm in die Entfernung geschrieben, ohne ihn zu kennen; sie ließ ihm keine Ruhe, als er zurückgekommen war. Nach ihrer Aeußerung war die Verbindung des Genies mit einer kleinen unbedeutenden Creolin, die unfähig sey, ihn zu würdigen, oder zu verstehen, eine wahre Monstrosität, u. s. w., u. s. w. Der General antwortete unglücklicherweise durch eine bloße Gleichgültigkeit, die nie von den Frauenzimmern verziehen wird, auch in der That, bemerkte er lachend, nicht wohl verzeihlich ist.

Nach seiner Ankunft zu Paris, fuhr er fort, fand er sich mit dem gleicher Eifer verfolgt; von seiner Seite folgte aber immer die gleiche Zurückhaltung, das gleiche Stillschweigen. Indessen war Madame Staël entschlossen, einige Worte von ihm zu erhalten, und mit dem Sieger von Italien sich in einen Kampf einzulassen. Sie redete ihn geradezu bei dem großen Feste an, das |Herr von Talleyrand, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem siegreichen Feldherrn gab. Sie rief ihn mitten in einem großen Kreise auf, und fragte, wer in seinen Augen die erste Frau der Welt, unter den Todten oder den Lebenden, wäre. "Diejenige, welche die meisten Kinder hatte," antwortete ganz einfach Napoleon. Madame de Staël, anfangs etwas betroffen, versuchte sich wieder zu fassen, und bemerkte ihm, er stehe im Rufe, die Frauen nicht sehr zu lieben. "Verzeihen Sie, Madame, erwiederte Napoleon, ich liebe die meinige sehr."

Der General der Armee von Italien hätte allerdings den Enthusiasmus der Genfer Corinna auf das höchste steigern können, sagte der Kaiser; aber er fürchtete ihre politische Treulosigkeiten, und ihren ummäßigen Drang nach Celebrität; vielleicht hatte er dabei Unrecht. Indessen hatte sich die Heldin zu sehr in Gunstbemühungen verstrickt, und zu sehr abgewiesen gesehen, als daß sie nicht eine heftige Feindin hätte werden sollen. "Sie stiftete zuerst ihren Anbeter des damaligen Augenblicks auf, der nicht sehr edel in die Laufbahn eindrang, bemerkte der Kaiser. Bei Bildung des Tribunats sparte er keine Art von eifriger Bemühung bei dem ersten Consul, um Mitglied desselben zu werden. Um eilf Uhr Abends lag er noch zu meinen Knieen; um Mitternacht, nachdem er die Vergünstigung erhalten, hatte er sich schon bis zur Grobheit aufgerichtet. Die erste Versammlung der Tribunen war für ihn eine treffliche Gelegenheit zu Schmähungen. Abends war Illumination bei Madame Staël. Sie krönte ihren Benjamin mitten in einer glänzenden Versammlung. Auf diese an sich nur lächerliche Posse folgten bald gefährlichere Plane. Aus Gelegenheit des Concordats, gegen das Madame de Staël wie wahnsinnig eingenommen war, vereinigte sie auf einmal die Aristokraten und die Republikaner gegen mich: -- Ihr habt nur noch einen Augenblick Zeit, rief sie ihnen zu, morgen wird der Tyrann 40,000 Priester in seinem Dienste haben."

Als endlich Madame de Staël alle seine Geduld erschöpft hatte, sagte Napoleon, so wurde sie in die Verbannung geschickt. Ihr Vater hatte sich schon bei dem Feldzug von Marengo großes Mißfallen zugezogen. "Ich wollte ihn, sagte der Kaiser, bei meiner Durchreise besuchen, und fand nichts als einen schwerfälligen, sehr aufgeblähten Schulregenten. Kurz darauf, wahrscheinlich in der Hoffnung, durch meinen Beistand wieder auf dem Schauplatz der Welt zu erscheinen, gab er eine Broschüre heraus, worin er bewies, daß Frankreich fernerhin weder eine Republik, noch eine Monarchie seyn könnte. Es ist aber nicht klar, sagte der Kaiser, was es dann werden sollte. Er nannte in diesem Werke den ersten Consul den nothwendigen Mann, u. s. w., u. s. w. Lebrun antwortete ihm mit einem Briefe von vier Seiten, in seiner schönen Schreibart und auf eine sehr beißende Weise: er fragte ihn, ob er Frankreich noch nicht genug Unheil zugefügt hätte, und ob er noch immer, nach seiner Probe an der konstituirenden Versammlung, daran dächte, es von neuem regieren zu wollen?

"Madame de Staël schlug sich zur Zeit ihrer Ungnade mit der einen Hand, und flehte mit der andern um Gnade. Der erste Consul ließ ihr sagen, er überlasse ihr die ganze Welt zur Ausbeute, und behalte sich nur Paris vor, dessen Annäherung er ihr verböte. Allein Paris war gerade der Gegenstand aller Wünsche der Madame de Staël. Indessen verharrte der erste Consul in seiner Unbeugsamkeit. Zur Zeit des Kaiserthums wollte sie Palastdame werden; dabei gab es allerdings manche Für und Wider. Wo gab es aber ein Mittel, Madame de Staël im Palaste zur Ruhe zu bringen! u. s. w., u. s. w."

Nach Tische las uns der Kaiser die Horazier vor, die wir durch den Ausdruck unserer Bewunderung häufig unterbrachen. Nie war uns Corneille größer, schöner, eingreifender erschienen, als auf unserem Felsen.


Zeitungsnachrichten.[]

[1812]

Wien, den 10ten July. [3]

Die Frau von Stael ist auf der Reise nach Karlsbad zu Wien angekommen.


Wien, den 18ten July. [4]

Die Baronesse von Stael, von der es hieß, daß sie das Karlsbad besuchen wollte, ist in Begleitung ihrer Tochter, ihres jüngsten Sohns und des Herrn August Wilhelm Schlegel von hier nach Griechenland und Konstantinopel abgereiset.


Stockholm, den 29sten September. [5]

Frau von Staël befindet sich jetzt hier.

Vermischte Nachrichten. [6]

Nach Bemerkungen der Petersburger Zeitung war Frau v. Stael-Holstein in Moskau, befindet sich dermal in St. Petersburg, und ist Ihren Kaiserl. Majestäten vorgestellt worden.


Quellen.[]

  1. Der Aufmerksame. Ein vaterländisches Volksblatt. In verbindung mit der Grätzer Zeitung herausgegeben von Ignaz Kollmann, Scriptor am Joanneum. Erster Jahrgang. 1812. Grätz. mit Leykam'schen Schriften.
  2. Denkwürdigkeiten von Sanct-Helena, oder Tagebuch, in welchem alles, was Napoleon in einem Zeitraume von achtzehn Monaten gesprochen und gethan hat, Tag für Tag aufgezeichnet ist. Von dem Grafen von Las Cases. Stuttgart und Tübingen in der J. G. Gotta'schen Buchhandlung. 1823.
  3. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 165. Mittewoch, den 10. July 1812.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 188. Dienstag, den 6/18. August 1812.
  5. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 265 Montag, den 4. /16. November 1812.
  6. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 250. Donnersag, den 17/29. Oktober 1812.


Porträten.[]


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