Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Anspach.[]

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Anspach, Ansbach, Onolzbach, ist die Haupt- und Provinzialstadt des Fürstenthums, an der untern Retzat. Sie hat ihre Anlegung dem Stifte St. Gumbrecht zu danken, welches ursprünglich ein Benedictinerkloster war, das Gumbrecht, ein Sohn Herzog Gosberts I. und Stammvater der Grafen von Rothenburg, um das J. 750. stiftete, und welches gegen die Mitte des 11ten Jahrhunderts in ein Chorherrenstift verwandelt wurde. Im J. 1563. ward es secularisirt. In der Stadt- oder St. Johanniskirche ist die neue Fürstl. Begräbniß. Burggraf Friedrich IV. von Nürnberg kaufte im J. 1331. diese Stadt von den Grafen zu Oettingen, welche sie von denen von Dornberg geerbt hatten. Sie ist nach und nach, durch 18 öffentliche ansehnliche Gebäude, (worunter das Residenzschloß die vorzüglichste Stelle behauptet,) und durch Verbesserung der alten, und durch gute Policeyanstalten sehr verschönert worden. Sie hat 4 Vorstädte, die Schloßvorstadt, (wo der Prinzengarten ist,) die Herriedervorstadt, die Obervorstadt und die Neue Auslage oder Anlage, welche an der Südseite stehet. Die Zahl der Häuser beträgt 994, und die Zahl der Einwohner schäzt man jezt gegen 14000, im J. 1783. zählte man 13000 Einwohner. Die fürstl. Bibliothek von 15000 Bänden, welche Markgraf Wilhelm Friedrich, 1720. zu sammeln anfieng und die seither immer vermehrt worden, ist, nebst dem Münzcabinet, von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, 1738. zu einem Fideicommiß seines Hauses gemacht worden; das leztere befindet sich seit 1797. zu Berlin. Das Gymnas., welches, nach Aufhebung des Gymnas. zu Heilbronn, ansehnlich verbessert und hergestellt wurde und Gymnasium illustre Carolino-Alexandrinum heißt, verdient wegen des schönen und geräumigen Gebäudes, und noch mehr, wegen der weisen und nachahmungswürdigen Einrichtung, bewundert zu werden. Es besteht aus 6 Classen, hat 1 Inspector, 3 Professoren und 5 andere Lehrer. Zu den merkwürdigen öffentlichen Anstalten gehört das sehr zweckmäsig eingerichtete Waisenhaus, in welchem 60 Kinder bis zu den Jahren ihres Erwachsens erzogen und genährt werden; ingleichen der Spital; beyde haben einen hinlänglichen Fonds. Es befindet sich hier eine Fayence- eine Bleyweis- und eine Spielkartenfabrik. Am wichtigsten ist die erst seit 1794. angelegte Wollen- und Baumwollenzeug- und Tuch-Manufaktur, von veredelter einländischer Wolle; sie ernährt schon gegen 300 Personen. In Anspach ist der Sitz der höchsten königlichen Landescollegien für die Fränkischen Fürstenthümer. Sie wird bey Nacht durch Laternen erleuchtet.

Anspachischer Kreis, begreift das ehemalige Stift- und Kastenamt Anspach; ferner die Justizämter Leutershausen, Jusingen und Windsbach.


Von Reisende.[]

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Jonas Ludwig von Heß

Anspach.

Der Weg von Nürnberg nach Anspach führt auf einer neu angelegten, geraden, ungemein schönen Chaussee fort. Beyde Seiten des Weges sind mit Fruchtbäumen bepflanzt, und nach jeder Viertel-Meile trifft der Wanderer eine Bank in der Form eines Reise-Koffers zum Ausruhen. Man rechnet diesen Weg sechs Meilen lang; aber es sind kaum fünf: und bey den vielen angenehmen Ansätzen, die in kurzer Zeit erschritten sind, wird er zu einem wahren Spaziergange.

Auf dem halben Wege liegt das Städtchen Heilsbronn, in welchem die Kirche ihrer schönen Bauart wegen bemerkenswerth ist. In ihr liegen die drey ersten Churfürsten von Brandenburg aus dem Hohenzollerschen Stamme, begraben. Auch andere Fürsten und Dynasten ruhen hier. Der Brunn, von welchem die Stadt den Namen führt, enthält ein sehr klares, schönes, aber kein mineralisches Wasser.

Anspach, vielleicht richtiger Ansbach, oder Onolzbach, liegt in einem engen Thale. Die Stadt ist auf der einen Seite von Hügeln und Bergen umgeben, welche in der schönen Jahrszeit einen reizenden, lachenden Anblick gewähren, indem dieser von mannichfaltigem Grün zusammengewebte Kranz dicht um die Häuser hergeht. Der übrige Theil ist von Wiesen begränzt, durch welche die Retzat fließt. Das Schloß ist ungewöhnlich groß und hoch; es hat fünf Stockwerke, durchaus massiv, und wegen seiner drückenden Höhe schon baufällig, obgleich es noch unvollendet ist. Neben dem Schlosse befindet sich ein freyer, mit schattigen Gängen bepflanzter Garten, und ein sehr weitläuftiges Orangerie-Haus. Jedermann kann ungehindert in dem Garten herumgehen, und er dient, vorzüglich des Sonntags nach der Predigt, der aus der Kirche kommenden Gemeine zum Spatziergange.

Die Stadt enthält 900 Häuser und 10,000 Einwohner, ausser dem zum Schlosse gehörenden Personale. Die Häuser, welche um das Schloß stehen, sind in modernem Styl gebaut; dieser Theil ist mit leuchten à la reverbere versehen, der obige Theil der Stadt hat keine Leuchten, und ist auf manchen Stellen Dorfmäßig gebaut.

Die vielen Zimmer des Schlosses sind zum großen Theil kostbar meublirt, und enthalten eine Menge Gemälde, worunter manche sehr gut und von den berühmtesten meistern sind. In einer Gallerie hängen 62 Stücke, unter welchen eine Kreutzigung von Rubens und ein Kopf von van Dyk die vorzüglichsten sind; verschiedene der besten Malereyen von Kupezky, unter welchen sich der barmherzige Samariter, und eine Schäferin von großer Schönheit finden. Das berühmte Familienstück dieses Mahlers, worauf er sich, seine Frau, seinen kleinen Sohn und ein Dienst-Mädchen gemahlt hat, hängt ebenfalls hier, und soll 3000 fl. gekostet haben. In einem daran stoßenden Kabinette sind vortrefliche Vieh-Stücke von Potter; eine Landschaft von Poussin; ein Trinkgelag von Tennier; ein paar Landschaften von Berchem; vier Feldschlachten von Querfurth; zwey Soldaten-Stücke von Brandel. In dem Schlafzimmer des Markgrafen hängt Venloos Meisterstück, die Medea vorstellend. Es ist ein gräßliches Gemälde. Medea sitzt auf dem mit Drachen bespannten Wagen, hinter welchem ein feuerspeyendes Ungeheuer folgt. Sie selbst, mit dem Blick voll Wuth und Verzweiflung, hält den blutigen Dolch in der Hand, mit dem sie so eben ihre Kinder ermordet hat. Diese liegen auf den Stufen des Pallastes. Jason kommt dazu, geräth in Verzweiflung über diesen Anblick u. s. w. Ob diese blutige Scene sich in ein Schlafgemach passe, beurtheile der, dessen Bette hier steht. Es sey denn, daß ausser der großen Aehnlichkeit dieser Medea mit der Schauspielerinn Clairon, die dem Gemälde diesen Platz verschafft hat, der Besitzer noch etwas anders, als die Schwester des Absyntus, an ihr bewundert. Der Rußische Gesandte bot dem Markgrafen für dieses Meisterstück Carl Venloos 33000 fl. Neben dieser Medea hängen, eine heilige Lucretia, und ein liegender Amor. Voltaires Büste von Carrarischem Marmor steht auf einem Tische; auf einem andern eine Frau mit einem Centaur von Bronze.Eine wunderlich gemischte Auswahl. Das Zimmer der Markgräfin ist vernünftiger geziert. Hier hängen ein und zwanzig Dietzische Blumenstücke. Ein Gemälde, vierzehn Figuren enthaltend, unter welchen die verstorbene Herzogin von Wirtemberg nebst andern Anverwandten der Markgräfin sehr wohl getroffen seyn sollen. Das Portrait eines Mannes, der sich im Spiegel sieht. Auf einem Tische lag ein Blatt Papier, worauf der ohne Arme gebohrne Radelmacher verschiedenes mit den Füssen geschrieben hatte, unter andern:

Zwar glaubt man sonst, daß man mit Händen schreiben muß,

Doch nein, es ist nicht so; bey mit schreibt nur der Fuß.

Franz Xavier Radelmacher

gebohren ohne Arme in Regensburg

den 4ten Februar 1758.

Alles war sehr nett geschrieben, auch soll er mit seinen Füßen recht gute Zeichnungen verfertigen. Auch eine Mahlerey eines taub und stumm gebohren, Namens Hoffmann, zeigt man hier. Er ist in Heinikes Institut gewesen, und wohnt jetzt in Anspach. Das Gemälde war nach Oeser und stellte Adam und Eva vor. Die Farben waren ungemein zart und harmonisch; die Umrisse hart und unrichtig. In diesem Zimmer hiengen noch achtzig Blumenstücke, theils von Dietz, theils von Schwabeda. Der Tanzsaal ist seines schönen Plafonds, von Carlino, al Fresco gemahlen, bemerkenswerth. Die vier Ecken stellen ein Bachanten-Fest, die Musik, Mahlerey und Architektur vor. Alles scheint zu schweben und an der Decke zu hängen. In der Mitte ist das Portrait des Fürsten, welchen eine reizende Venus mit einem Amor im Schoße, hält, angebracht. Ein lebhaftes, helles Kolorit beseelt das Ganze, und macht einen fröhlichen Eindruck.

Die Schloß-Kirche, ein alt-Gothisches, neu aufgeputztes Gebäude, hat schöne Glasmalereyen und eine vortrefliche Orgel. Der Verfasser des Grundrisses einer schönen Stadt, sagt von der Stadt Hamburg, daß: "beym Durchgange durch die Gassen, das geistige und leibliche Auge hier, in den an den Ecken angeschlagenen weisen Mandaten, und den schönen Kälbern und Hammeln in den Fleischbänken, Nahrung finde." Das liesse sich doch besser auf Anspach anwenden. Unter dem Chor in der Kirche, und gerade unter dem Altar, auf welchem das Abendmahl ausgetheilt wird, ist ein hohes, weites Gewölbe, in welchem die Schlachter das Fleisch feil haben.

Die Haupt-Kirche ist ein altes gothisches, finsteres Gebäude. Sie enthält keine Sehenswürdigkeiten, und ist mit ein paar plumpen unförmlichen Thürmen versehen, die zu der kunstlosen Größe der Kirch nicht passen.

Vor dem Obernthore liegt eine neuerbaute Caserne, die völlig 1000 Mann Infanterie fassen kann, und jetzt kaum zur Hälfte bewohnt ist.

Die Schloß-Bibliothek hat eine sehr ansehnliche Menge Bücher, und einen starken Vorrath Handschriften. Das fürstliche Archiv besitzt eine 300 Bände reiche Sammlung von Reichstags-Akten, und die Fränkischen Kreis-Verhandlungen vom funfzehnten Jahrhundert bis zu unserer Zeit, die in mehr als vierhundert Folio-Bänden gut geordnet sind. Auch ist das Münz-Cabinet reich an Antiken, Gemmen und raren Münzen.

Die Einwohner leben vom Hofe, den Dicasterien, dem Militair, und den Korn- und Roß-Märkten, welche mit zu den am stärksten besuchten in ganz Franken können gezählt werden.

Das Personale des Anspachischen Hofes ist ungemein zahlreich. Der Regent hat 105 Kammerherren, 20 Hof- und eben so viele Kammerjunker; ohne die wirklichen Kammerdiener noch fünf, die bloß diesen ehrenden Titel tragen. Ein Geschwader von 112 Husaren hat einen General-Lieutenant. 200 Mann Garde du Corps haben einen General-Lieutenant, einen General-Major, einen General-Adjutanten, einen Obersten, einen Oberst-Lieutenant u. s. w. Die übrige Infanterie besteht aus 500 Mann; alles junge, schöne, gut exercirte und wohl angezogene Leute.

Titel und Rang-Sucht sind hier im vorzüglich hohen Garde einheimisch. In einem Anspacher Adreß-Calender ließt man, Hr*** Hof- und Canzeley-Buchdrucker, hat den roulirenden Rang mit den Hof-Raths-Kanzellisten. Kapellmeister, Musikdirector und Concert-Meister haben Rang mit den Kanzley-Räthen. Auch stehen zwey Hof-Küchenknechte und zwey Hof-Küchenmägde in diesem Staats-Kalender. In dem Flecken Steft am Mayn, der einigen Speditions-Handel hat, ist sogar ein eigenes Handels-Gericht angeordnet, das aus einem Commerz-Commissarius, einem Director und drey Assessoren besteht.

Der Hof hält sich gewöhnlich in Trießdorf, einem drey Stunden von Anspach gelegenen Lust-Schlosse, auf. Hier ist eine ansehnliche Meyerey, ein großer Thiergarten, und eine sehr gut besetzte Stuterey. Sie enthält gewöhnlich 500 Pferde. Die Ställe sind mit gehauenen Steinen ausgelegt; alles was sonst von Holz zu seyn pflegt, findet man hier von Eisen, und überhaupt eine bis zum hohen Grade getriebene Reinlichkeit.

Der noch lebende Markgraf Christian, Friedrich, Carl, Alexander regierte seit 1769 über Anspach und Baireuth. Bis zu dieser Zeit hatte jedes dieser Länder seinen eigenen Herrn. In diesem Jahre starb die Baireutische Linie mit dem Markgrafen Friedrich Christian aus. Beyde Länder enthalten über 140 Q Meilen Flächen-Inhalt, und vielleicht 400,000 Menschen, wovon das Fürstenthum Baireuth im Jahre 1787, für sich 136,746 zählte. Hundert Jahre später zurück, im Jahre 1686 hatte es nur 777764 Menschen. Hätte sich also die Volksmenge in diesem Lande während 100 Jahre beynahe verdoppelt. Die Einkünfte beyder Fürstenthümer werden auf 1,600,000 Rthlr. angeschlagen. Als der jetzige Markgraf zur Regierung kam, hatten diese Länder eine Schuldenlast von 4,700,000 Rthlr. von welcher bereits im Jahre 1780 zwey Millionen Thaler durch verbesserte Einrichtungen, Oekonomie, einer Extra-Steuer, und den Menschen-Handel nach Amerika, getilgt waren.

Der Ackerbau und die Viehzucht werden in diesen Ländern mit vieler Industrie und Oekonomie getrieben. Will der Landmann leben, nur kärglich leben, so muß er jeden Fleck seines Bodens nutzen, und jeden Augenblick den Tag durch arbeiten, so stark sind die Abgaben, die er zu entrichten hat. Tannen- und Fichten-Holz wird in großer Menge den Main hinunter nach Holland verführt. Auch baut Anspach Wein und Hopfen; Baireuth Tobak, Flachs und Hanf. Hornvieh wird aus beyden Landen nach dem Elsaß und Lothringen in großen Heerden verkauft. Die im Baireuthischen gewonnene Wolle ist vorzüglich schön, und wird von den Böhmen und Sachsen sehr häufig gekauft. Das Land hat mehrere Eisen-Manufakturen und drey Kupfer-Hämmer. Glashütten, Papiermühlen, eine Porzelan-Fabrik, Alaun- und Vitriol-Siedereyen haben die Länder für sich und ihre Nachbaren in hinreichender Anzahl. Baireuth hat viele Baumwollen-Manufakturen. In Erlangen werden eine Menge wollene Mützen fabricirt, wovon das Dutzend nur drey Gulden kostet, und mehrentheils nach Italien gehen. Auch hat Baireuth viele Hutmanufakturen, die ihrer Güte wegen sehr berühmt sind; der Zwirn aus Stadt am Hof wird durch ganz Deutschland verführt, und die Fürther und Schwobacher Fabrik-Waaren schickt der Nürnberger Kaufmann durch die halbe Welt.

Beyde Länder zahlen zusammen 658 fl. zum Römer-Monat, und sollen 3000 Mann Truppen auf den Beinen halten.

Der noch lebende Markgraf hat bekanntlich seine Länder, die dem Hause Brandenburg nach seinem Tode zufallen mußten, schon jetzt an dasselbe gegen eine gewisse Summe jährlich abgetreten, und lebt als Privatmann in London. *) Hierzu ist er aller Wahrscheinlichkeit nach von der Lady Craven, die seit mehrern Jahren seine vertraute Gesellschafterin machte, gebracht worden. Sie ist nichts weniger als schön, klein gewachsen, und über vierzig Jahre alt; aber dafür ist sie geistreich, talentvoll, und in den ernsthaftesten Wissenschaften zu Hause. Sie beherrschte den Hof, ließ den Adel französische Komödien aufführen, worin sie selbst mitspielte. Zu diesen hatte alles, was französisch gekleidet war, freyen Zutritt. Die Bürger-Töchter, welche dem Schauspiel beywohnen wollten, mußten ihre großen Hauben weglegen und ihre Köpfe dem Friseur unterwerfen; und sich ja hüten, in Gegenwart der Lady ein deutsches Wort fallen zu lassen, denn alles, was Deutsch ist, ekelt die fremde Dame an.

*) In der öffentlichen Urkunde, die der Markgraf über die Entschlagung von der Regierung seiner Länder ausgestellt, und welche am 9ten Junius 1791 aus Ostende datirt ist; dankt der Markgraf nicht ab, cedirt seine Länder auch nicht an Preussen, sondern setzt den Herrn von Hardenberg als Bevollmächtigten seines Willens an seiner Statt. Nur am Ende der Vollmacht heißt es: "Damit übrigens unser vorerwähnter Bevollmächtigter sich in wichtigen Fällen eines höhern Schutzes erfreuen, und im Stande seyn möge, sich in solchen mit den nöthigen Befehlen zu decken, haben wir nach erfolgter Hochgeneigter Genehmigung Unsers hochgeehrtesten Herrn Vetters, des Königs von Preussen Majestät, Hochdenselben! in vollkommenstem Vertrauen auf Hochdero uns so vielfältig bewiesene freundschaftliche Gewogenheit und bey dem unter Uns vorwaltenden gemeinschaftlichen Interesse gleichfalls Vollmacht ertheilt: angedachten Unsern dirigirenden Minister, Freyherrn von Hardenberg, an Unserer statt mit Verhaltungsbefehlen zu versehen, und in wichtigen Fällen, unsre Lande und Unterthanen betreffend, alles dasjenige ohne Ausnahme an ihn zu verfügen, was Seine Majestät nach Ihrer erleuchteten Einsicht für gut und zuträglich erachten werden, welches alles unser bevollmächtigter dirigirender Minister allerunterthänigst zu befolgen hat."

Der Markgräfin, einer Frau von 50 Jahren, sahe man noch ihre vorige Schönheit an. Sie trug die üble Behandlung mit einer Großmuth, die von manchen für Einfalt gescholten wurde. Sie ward ihrer Herzensgüte, Sanftmuth und Religiosität wegen, von allen gerühmt. Ihr Schicksal, das sie in keinem Betracht verdiente, dauerte jeden, und die Anspacher vergaben es dem Markgrafen nicht, daß er ihre gute Landes-Mutter bey Tische an die linke Seite verwies, derweil die Engländerinn die rechte besetzt hielte. Sie starb, noch ehe der Markgraf niederlegte; ihr Tod setzte ihn in Freyheit, sich durch seine Galaninn absetzen und entführen zu lassen.

Der Markgraf ist ein langer Mann, von starken und schlanken Gliedern. Er hat große feurige Augen, eine Habichts-Nase, und soll in jüngern Jahren ein sehr schöner Mann gewesen seyn. In seinem Aeussern herrscht Würde und ein gewisses Wesen von fürstlicher Hoheit. Er ist mehr höflich als freundlich, und freygebig genug in Worten, die er aber mit so einem Etwas, so einer Manier des Herrschers sagt, daß sie keinen verbinden können. Er ist zum Zorn geneigt, und schont in seiner Hitze Niemand. Er besaß die seltne Kunst, gute Minister zu wählen, schaffte sie aber wieder ab, sobald sie nicht seiner Meynung beytraten. Er ist nichts weniger als fromm, und machte sich kein Gewissen daraus, gegen Gebräuche zu sündigen. Er liebt Pracht, Schauspiele, die schönen Künste, und alles was glänzt. Man spricht ihn nicht frey von unnatürlichen Wollust-Treiben. Er brachte während seiner Regierung mehrere Jahre in Frankreich zu, und wenn seine Lobredner gleich behaupten wollen, er habe dort jährlich nur 100,000 fl. verbraucht, so giengen doch immer diese Summen aus dem Lande, und der Markgraf versäumte seine Regenten-Pflichten. In den letzten Jahren vor seiner Abdankung unterblieben diese Reisen. Man giebt als Grund hiezu an, die Zollbedienten an der Barriere zu Paris, hätten seine Equipage, trotz allen Vorstellungen, durchsucht; der Markgraf habe darüber bey Hofe Beschwerden geführt, Genugthuung gefordert, und keine erhalten. Während seiner Regierung bekam das Land manche Polizey-Verbesserung und gute Verordnung. Doch athmet in diesen allen mehr der Geist des berechnenden Financiers und Kameralisten, als die zarte sorge für Menschen-Wohl. Dieser Fürst hätte können ein tüchtiges Werkzeug zur Beglückung seiner Unterthanen werden, da es ihm weder an Einsichten, noch guten Willen mangelte, wenn er sich nicht von einer übermüthigen Ausländerinn hätte umgarnen lassen, so, daß er ohne sie nichts vornehmen und nie seyn konnte. Er besaß, wenn gleich nicht die innige Liebe seiner Unterthanen, doch ihre aufrichtige Zuneigung. Die Brittin brachte ihn darum; und er hatte, wie er die Regierung niederlegte, wenig Werth für Gott und Menschen.

Eine der ersten Zierden Anspachs, zur Zeit meines Daseyns, was der seitdem gestorbene Dichter Utz. Er hatte eine Stelle beym Justiz-Kollegium, die ihm einen kärglichen Unterhalt gewährte. Während der Periode der neuern Ausbildung der deutschen Sprache, die von Haller und Hagedorn hergerechnet wird, ist Utz einer unsrer frühsten, feurigsten und korrektesten Dichter. Ein großer Theil dessen, was er im lyrischen Fache geliefert hat, gehört noch immer unter die Meisterstücke deutscher Poesie, wenn gleich -- Dank der Modewuth unserer Zeiten! -- Utz selten oder gar nicht mehr gelesen wird. Unserer Frivolität ist er zu ernsthaft, unserer Leichtigkeit zu stark. Seine Theodicee ist ein schwerlich übertroffenes Muster des Odenflugs, voll großer Gedanken, kühner Bilder und trefflicher Gesinnungen. In seinen geistlichen Gesängen herrscht zwar Gellerts Einfalt nicht; dafür aber haben sie eine Erhabenheit, ein Feuer, und einen Ausdruck, daß sie die Phantasie begeistern, indem sie das Herz mit frommen Empfindungen nähren. Utz war in seinem Privat-Leben der religieuse, wohlwollende, tugendhafte Mann, dessen Bild wir in seinen Gedichten mit so treuen Farben gemahlt finden. Ein Ruhm, der fast allen Dichtern Deutschlands, mit nur wenigen Ausnahmen, gebührt. . . . .


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Durchflüge durch Deutschland, die Niederlande und Frankreich. Hamburg, bei Bachmann und Gundermann. 1797.


Literatur.[]

  • Briefe über die beiden fränkischen Fürstenthümer Bayreuth und Ansbach. Auf einer Sommerreise in den Jahren 1792 und 1793 geschrieben von Johann Gottfried Köppel Registrator bei dem Kaiserl. Landgericht B. N. zu Ansbach. Mit Kupfern. Erlangen verlegt von Wolfgang Walther. 1794.
  • Briefe über Ansbach. Von einem Würtemberger an seinen Freund in St***. Freimüthig und bescheiden. Grünberg, bei Gustav Honig, 1798.
  • Briefe über Ansbach, und deren Schicksal. Als Zugabe folgen Nachrichten von den öffentlichen Vergnügungen einiger andern fränkischen und sächsischen Städte. 1803.
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