Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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[ 5. Oktober 1795 ]

Frankreichs neue Katastrophen.[]

[1]
Der fünfte Act der Französischen Revolution hat stürmische, tragische Scenen, und blutige Katastrophen gehabt. Der Convent mußte sich mit Feuer und Schwerdt vertheidigen, mit Kanonen-Kugeln sich von seinen Gegnern befreyen, und die Mauern seines Schloßes mit Bürger-Blut von tausenden Verwundeten und Todten bespritzen.

Die Grundlage der neuen Französischen Republicanischen Constitution wurde tiefer Schlam von Bürger-Blut! --

Mit banger Besorgniß sahen schon gegen Ende des Septembers, während der zusammen gekommenen Ur-Versammlungen, die Freunde des Friedens und der Ruhe eine weit ausgebreitete Widersetzlichkeit gegen das harte Decret des Convents, welches den sogenannten freyen Wahl-Versammlungen befahl, Zwey Drittheile von den Deputirten durchaus wieder zu der neuen Legislatur zu wählen. Die Umstände, die sich darüber, besonders in Paris, ereigneten, sind in dem obigen Briefe aus Paris, zum Theil, geschildert.

Sobald im Convente die Mehrheit der Urversammlungen als dem Convente günstig vorgestellt wurde, erhoben sich von allen Seiten Stimmen gegen die Wahrheit dieser Behauptung. Man führte Thatsachen dagegen an. So hatten allerdings die Städte, Verdun, Grenoble, Dijon, und andere, gegen die Erwählung der Zweydrittheile gestimmt, und man fand sie auf der Liste der Majorität zu Gunsten des Convents. Man beschuldigte den Convent, daß er nur die Minorität der Stimmen für sich habe, und die Mehrheit unterdrücke, und auch die meisten der ihm noch günstigen Stimmen durch alle mögliche Kunstgriffe und unerlaubte Mittel sich erkauft habe. Man hat, (sagte die Gazette Françoise) unermeßliche Summen angewandt, und verschleudert, um in den Gemeinden-Versammlungen Stimmen für den Convent zu haben, und die Verführungen durch falsche Vorstellungen und Beredungen sind durch das Lärmen und Geschrey der allenthalben hingeschickten Schreckenmänner, von Robespierres Schlage, unterstützt, und so Bestechung, Verführung, und Furcht in denjenigen Versammlungen herrschend geworden, in welchen man für den Convent günstig gestimmt hat.

Und dennoch, (sagten die Opponenten des Convents) konnte auch solchergestalt nur durch Betrug und Sophisterey eine Majorität herausgebracht werden, die gar nicht einmal existirt. Der Convent sagte man, giebt an, daß von 958,226 Stimmen die in 6337 Ur-Versammlungen die Constitution angenommen haben, 167,758 für die Wieder Erwählung der Zwey Drittheile des Convents ausdrücklich gestimmt, die übrige aber, in der Mehrheit, sie durch Stillschweigen genehmigt, und nur 65,000 Stimmen sie verworfen hätten, da doch allein in Paris über 60,000 Stimmen sie verworfen, und die 41,000, welche nicht einmal die Constitution angenommen, auch deutlich und offenbar die Wieder Erwählung der Zweydrittheile verworfen hätten. Man sähe aus dem offenbarsten Calcul, daß noch nicht Ein Viertheil der Stimmengebenden Personen sich für die Wieder Erwählung der Convents Mitglieder erklärt habe, ohne die in Insurrection befindlichen Departements zu rechnen; man sähe augenscheinlich klar, daß, das Uebergewicht in der Maße der Nation entscheidend gegen den Convent gerichtet sey. *)

*) So hatte man z. B. in der Berechnung des Convents die Stadt Strasburg unter diejenigen angegeben, welche mit großer Majorität für den Convent gestimmt hätten. Und doch hatten von den 12 Sectionen in Strasburg nur 4 für den Convent, und deßen Wieder-Erwählung gestimmt, und 8 dagegen. Solcher offenbaren Verfälschungen und Unwahrheiten führte man mehrere an.

Der Convent aber ließ sich dadurch von nichts abhalten. Er erklärte am 23 September durch ein förmliches Decret; "Die Constitution sey von dem Französischen Volke angenommen, und von nun an, das Fundamental Gesetz der Republik, und die Decrete wegen der Wieder-Erwählung von Zwey Drittheilen der Mitglieder des Convents zur neuen Legislatur, seyen Gesetze der Republik geworden, welchen die Wahlversammlungen zu gehorchen schuldig seyn sollten. Diese Wahlversammlungen sollten den 12 October eröfnet, und am 27sten geendigt seyn.

So bald dieser Gewalts-Streich des Convents bekannt wurde, entstanden in Paris ausgebreitete Unzufriedenheiten, und schon am folgenden Tage, am 24 September, Unruhen im Palais Egalite: Es kam zwischen den Gegnern des Convents und einigen Grenadieren zu Thätlichkeiten, die jedoch keine Folgen weiter hatten. Aber am Tage darauf sahe man bewafnete Bürger auf den Straßen, die Patrouillen machten, und die Patrouillen des Convents begleiteten. Man hörte allenthalben die heftigsten Verwünschungen gegen viele Deputirten, besonders Louvet, Tallien, Dubois Crance, Legendre, Bourdon u. s. w.

Der Convent decretirte, daß alle Commandanten der bewafneten Macht keinen andern Befehlen, als denen des Convents gehorchen, daß keine andre Arretirte, als die die Regierungs-Ausschüße senden würden, in den Gefängnißen angenommen werden sollten; daß die Wahl Versammlungen über nichts, als ihre Wahlen berathschlagen sollten, und daß alles andre was sie vornehmen, und beschlößen, null und nichtig seyn sollte.

Aber die mehrsten Sectionen von Paris erklärten diese und andre Decrete des Convents für Angriffe auf die Souverainetät des Volks, und für ungültig, und nichtig. So kam es denn zum offenbaren Bruche.

Der Convent ließ die Truppen aus dem Lager zu Marly an Paris heran rücken, und starke Pikets auf dem Bouleward, auf dem Platz Vendome, auf den Elysäischen Feldern, auf dem Marsfelde, au..stellen, und ein Corps Truppen in Paris herum vertheilen, sich selbst aber befestigte er in seinem Schloße durch Gitter, Riegel, und Schlößer, und die Zugänge wurden mit 8 Kanonen besetzt. Er erklärte dabey, daß er entschloßen sey, Gewalt zu gebrauchen, und im äußersten Falle sich nach Chalons sür Marne zu entfernen, um dorten die Regierung fortzusetzen. Er erklärte sich dabey in Permanenz, und so dauerten seine Sitzungen, in abwechselnden Pausen, drey Tage und drey Nächte fort, bis zum 29sten September, da es wieder etwas ruhiger in Paris wurde.

Die Sectionen in Paris hielten dagegen für sich Versammlungen, die gegen den Convent gerichtet waren, in welchen sie die Decrete des Convents caßirten, und Maasregeln zu ihrer Vertheidigung verabredeten. Aber hiebey zeigte sich doch ein Mangel an Uebereinstimmung, und planmäßiger Energie, wodurch die Kraft der wirkenden Maße gehemmt, und geschwächt wurde. Auch waren nicht alle Sectionen einig, und die in der sogenannten Antonius-Vorstadt, nebst mehrern andern, vielmehr öffentlich für den Convent, gegen die empörten Sectionen, gestimmt. Die Sectionen, Lepelletier, Roule, und die vom französischen Theater, waren am heftigsten gegen den Convent. Die Mehrheit der Sectionen brachte jedoch eine Declaration gegen den Convent zu Stande, in welcher gesagt wurde: "Repräsentanten des Volks! Ihr seyd von dem Volke berufen worden, um demselben eine Constitution zu geben. Dieß ist geschehen. Eure Vollmacht endigt sich damit. So bald die Ur-Versammlungen beysammen sind, tritt das Volk in seine Rechte, und Eure Geschäfte beschränken sich nur auf Handlungen der Regierung. Aber Einige von Euch gehen so weit, daß sie Gesetze geben, die selbst zu Robespierres Zeiten nicht statt hatten. Man hört falsche, und verkehrte Berichten von Eurem Redner Stuhle. Ihr bezahlt Journalisten, die Mord und bürgerlichen Krieg predigen. Ihr bewafnet die Schrecken-Männer gegen die Bürger. Die Sectionen von Paris verlangen von Euch, daß Ihr alle in Freyheit gesetzten Terroristen, Mörder, und Diebe, die gegen die Bürger bewafnet sind, wieder in Verhaft setzt, und ihr Betragen untersuchen laßet." Diese Erklärung sollte durch eine Deputation dem Convente vorgelesen werden; aber der Convent nahm die Deputation gar nicht an. Die Section Lepelletier verfaßte darauf eine Art von Addreße an den Convent, in welcher gesagt wurde: "Repräsentanten, Ihr habt die Souverainetät des Volks angegriffen. Ihr habt uns mit Truppen umgeben, um ins zu schrecken. Eure Ausschüße schicken allenthalben bezahlte Agenten, und Terroristen herum; Ihr habt den bewafneten Mordbrennern, die vor Euch erschienen sind, um Euch ihre Hülfe anzubieten, Beyfall gegeben. Ihr habt unsre Committenten betrogen, indem Ihr Euch die Mehrheit der Stimmen über das Decret wegen der Zweydrittheile zueignet; Ihr proclamirt eine allgemeine Entscheidung der Stimmen in Frankreich, da zwey tausend Ur-Versammlungen noch nicht Ihre Stimmen eingeschickt haben. Ihr rechnet den fünften Theil aller Stimmen in Frankreich für eine Mehrheit der Französischen stimmen. Dieß sind unleugbare constirende Facta. Ein allgemeines Geschrey erhebt sich gegen Euch. Ihr behandelt diejenigen als Anarchisten, Intriganten, und Mörder, die unser volles Zutrauen besitzen. Werft doch die Augen auf Euch selbst. Ihr seyd mit dem Blute der Unschuld bespritzt. Tausende von Euren Committenten sind umgebracht, Städte verwüstet, das Commerz vernichtet, die Redlichkeit verbannt, die Immoralität, der Atheismus, und die Raubsucht vergöttert, die Anarchie und der Hunger organisirt, der öffentliche Schatz, die Gelder des Staats verschleudert. Das ist Euer Werk. Alle Stimmen erheben sich wieder Euch. Das ist Wahrheit. Sie erheben sich wieder eine zu lang dauernde Tyranney, die wir nicht länger leiden wollen."

Diese heftige Addreße las man in den öffentlichen Blättern zu Paris. Sie bewog den Convent zu strengen Maasregeln. Es wurden mehrere Linien-Truppen in die Stadt beordert, man bewafnete die sogenannten Terroristen, die Jacobiner von Robespierres Schlage. Die Zahl dieser neubewafneten, größtentheils aus den Gefängnißen hervorgezognen, wilden Schrecken-Menschen, belief sich über 6000. Diese, und die bezahlten Arbeitsleute in der Antonius-Vorstadt, schwuren den Convent bis aufs äußerste wider seine Gegner zu vertheidigen, und die Mauern seiner Versammlung zu decken. Der Convent beorderte zugleich von den Armeen in Belgien, an den Küsten, und am Rheine, auserlesene republicanisch-gesinnte Soldaten-Colonnen.

In den ersten Tagen des Octobers nahm der Streit zwischen den mehrsten Sectionen in Paris, und dem Convente, eine entscheidende Wendung. Die Section Lepelletier versammelte sich am 3ten October. Der Convent ließ Truppen gegen die Versammlung anrücken, und ein Verbot ablesen, welches, unter heftigsten Zischen und Geräusch nicht gehört werden konnte. Die Versammlung gieng jedoch auseinander. Am folgenden Tage bewiesen einige Sectionen mehr Energie. Es wurden verschiednen Quartieren der General-Marsch geschlagen, und man erklärte sich offenbar gegen den Convent. Dieser ließ Truppen gegen die Sectionen Lepelletier anrücken, und ein Theil der Bürger wurde endlich entwafnet. Es fiel den Tag über nichts weiter vor, als das sehr auf den Straßen gelärmt wurde.

Aber am 5 October früh Morgens in allen Quartieren die Trommeln gerührt. Alle Straßen waren voller bewafneter Bürger. Unterdeßen rückten mehrere Truppen in Paris ein, und besetzten die Zugänge zum Convente; welcher auch Kanonen anführen ließ, und sich in seinem Saale verschloß, ein Verbots-Decret nach dem andern gab, und von Zeit zu Zeit die Berichte anhörte, die man ihm von den vorgefallnen Begebenheiten brachte. Er ernannte zum Anführer seiner Macht einen jungen wilden Jacobiner, und übertrug die Direction aller Anstalten gegen die Empörten an Barras.

Der Bürger-Krieg begann mit heftiger Wuth. Die Gegner des Convents zogen wider ihn heran: seine bewafnete Macht schlug sich für ihn herum. Das Blut floß in Menge. Die Bürger drangen bis in die Nähe des Convents-Saals, bemächtigten sich verschiedner Posten, wurden aber endlich von den Convents-Truppen zum Weichen gebracht, wozu die Kanonen, deren sich die Truppen bedienten, viel beytrugen, da die Bürger-Parthey nicht mehr als zwey Kanonen hatte, welche nicht gebraucht wurden. Gegen 5 Uhr des Abends, am 5ten October, war der Kampf bey den Tuilerien am hitzigsten. Der Convent hörte eine lange Zeit nichts als den Kanonen-Donner, das Geklirre der Waffen, und das Geschrey der Fechtenden. Nach zehn Uhr des Abends kam Barras mit der beruhigenden Nachricht im Convente an, daß die größere Anzahl der Bürger an diesem Aufstande keinen Antheil habe, vielmehr günstig für den Convent gesinnt sey. Es waren nur einige, eigentlich nur drey, Sectionen, welche gegen den Convent in die Waffen getreten waren, und nicht einmal alle Bürger in denselben. In dem ganzen Angriffe auf den Convent und in dem Treffen selbst, welche vor den Mauern des Convents-Saals geliefert wurde, herrschte bey den Stürmenden weder Zusammenhang, noch Ordnung, noch Plan. Als die ersten Kanonen-Schüße geschahen, liefen viele Haufen davon, und warfen ihre geladene Flinten weg. Der Haufe, der sich noch wehrte, fochte mit Erbitterung, und bekam auch einige male Succurs. Aber die Uebermacht der Convents-Truppen der Antons-Vorstädter, und der bewafneten Terroristen siegte endlich in der Nacht zum 6ten October gegen Morgen, und vertrieb die bewafneten Haufen der Sectionen, von denen viele niedergemacht, und viele gefangen genommen wurden. Man gab die Anzahl der getödteten zu 2000 Menschen an. Einige behaupteten, daß über 2500 Menschen ihr Leben verloren hätten.

Der Convent benützte seinen Sieg und machte strenge Decrete. Es sollten drey Militair-Conseils angesetzt werden, um die Anführer und Theilnehmer an dem Aufstande vom 5ten October zu verurtheilen; auch sollten die schärfsten Untersuchungen angestellt werden. Alle die verdächtig wären, bey der Empörung gegen den Convent mitgewirkt zu haben, oder behüflich gewesen zu seyn, sollten ins Gefängniß gesetzt werden. Die Patrouillen wurden verstärkt. Die Truppen blieben unter den Waffen. -- Unter solchen Veranstaltungen erhielt sich die Ruhe in Paris, bis zum 9 October, als so weit die Nachrichten bey Abfaßung dieser Geschichte gehen.

Aber es war noch nicht alles geendigt. Wir werden noch unter in diesen Monatsstücke einen weitern Bericht, von den fernern Begebenheiten zu geben haben.


Vorfälle in Provinzen.[]

[2]
In den Provinzen waren die Gährungen, und Bewegungen gegen den Convent so herrschend als zu Paris. In den mittägigen Departements, vornehmlich zu Marseille, hatte die Gegenparthey des Convents so sehr die Oberhand, daß die Freunde deßelben es nicht wagen durften, laut zu werden, ohne Gefahr zu laufen, als Terroristen behandelt zu werden. Im Departement du Doub, in Languedoc, grif man die National-Garden an, welche, zufolge eines Convents-Decret vier Emigrirte, zurück gekehrte Priester, arretirten. Es kam zu einem Gefechte, in welchem viele Gendarmes, Volontaire, und National-Garden, theils getödtet, theils verwundet wurden. Bald drauf sahe man ein starkes bewafnetes Corps von den Gebirgen herab gegen Blamont anziehen. Man schätzte es auf 6000 Mann. Die Convents-Truppen eilten hinweg, und dieses Corps gieng nun auch wieder in die Gebirge zurück.

Die um Paris herum gelegene Gegenden, waren in gleichem Aufstande mit Paris gegen den Convent. In Chartres, einer großen, und volkreichen Stadt, 19 Stunden von Paris, entstand ein so großer Tumult, das man schon einen König ausrief, unter den heftigsten Verwünschungen gegen den Convent. Dieser schickte einen seiner Mitglieder, Bourdon de l'Oise, mit bewafneter Macht dahin, worauf es zu einem wilden Bürgerkriege kam, ohne daß die Empörten bezwungen werden konnten. Sie bekamen vielmehr Beystand. Das ganze Departement der Eure und Loire, welches man den Kornboden von Paris nennt, kam in Aufruhr. Und selbst in der großen Stadt Orleans, erklärte sich der größte Theil der Bürger gegen den Convent, und war bewafnet bereit, den Sectionen in Paris zu Hülfe zu marschiren. Zu Dreux, zu Nonancourt, zu Verneuil ergrif man ebenfalls die Waffen, und lieferte den Soldaten, die der Convent mit einer Anzahl Terroristen hingeschickt hatte, blutige Treffen. In Senlis, und den Gegenden herum, sahe man eben solche Unruhen, wie in jenen Orten, und einen entschloßnen Aufstand gegen den Convent. Die Erbitterung gegen denselben, verbreitete sich durch ganz Frankreich.

Aus der Vendee hatte man immer noch keine sichere bestimmte Nachrichten. Im Convente wurde zwar eine Niederlage des Charette angekündigt. Da man aber seinen Verlust nur zu 400 Mann angab, ohne von Siegeszeichen, oder andern Details Erwähnung zu thun, so konnte es kein erheblicher Vorfall gewesen seyn. Dagegen war es gewiß, und in Paris bekannt, daß Charette im dieselbige Zeit ein Corps der Convents-Truppen angegriffen und geschlagen, und zwey Regimenter (nach andern Berichten 4000 Mann) gänzlich niedergehauen hatte. Die Nachrichten von der Landung des Grafen von Artois, wurden, nach der Verschiedenheit der Partheyen, so verschieden verbreitet, daß sich keine Geschichtsvorstellung davon geben läßt. Nur so viel ist gewiß, daß die auf den Englischen Schiffen angekommene Französische Emigrirte, nach dem sie die Insel Noirmoutier vergeblich aufgefodert, auf der kleinen Insel Isle-Dieu gelandet sind, wo sie zu andern Fortschritten Anstallt machten. Gegen Charette standen bey Nantes bis gegen, Machcoult hin, über 50,000 Mann Convents-Truppen, unter den Generalen Hoche, Canclaux, und andern.

Mitten unter den Unruhen in Paris, beschloß der Convent am 3ten October, nach vielen Reden und Debatten, die Vereinigung der Belgischen Provinzen mit der Erste Französische Republik|Französischen Republik, vermuthlich, um eine Distraction zu machen, und das Publicum mit einem angenehmen Gegenstande zu beschäftigen. Aber man bezeigte gegen alle vortheilhafte Berichte, selbst gegen die Siegs Nachrichten am Rheine, und die Einnahme der Festung Mannheim, eine kalte Gleichgültigkeit, und diejenigen, die darüber ihre Freude laut bezeigten, wurden auf den öffentlichen Plätzen gemißhandelt.

Das Schicksal der unglücklichen Prinzeßin, der Tochter Ludwig des XVI. blieb, bey den andern dringenden Vorfällen, unentschieden, und es wurde an ihre Abreise und Auswechslung gegen die Staats-Gefangnen im Oesterreichischen nicht gedacht.


Bericht eines durch Frankreich Reisenden.[]

[3]
Von der veränderten Stimmung und dem herrschenden Geiste in Frankreich, giebt folgender Auszug aus dem Briefe eines Reisenden, welcher die Departements der Seine, und Marne, der Yonne, und der Cote d'Or, (d. i. Isle de France, und Bourgogne) durchreiset ist, eine Zeichnung:

"Die Städte Fontainebleau, Nemours, Sens, Auxerres, Avalons, Semur, Beaune, Nuits sind mit vornehmen Herrn Gerichts-Leuten von voriger Regierung, und warmen Dienern des Königthums angefüllt. Priester, Glocken, Scheinheilige, häufige Meßen, giebt es allenthalben. Die Messieurs in den Städten, und auf dem Lande, tragen keine Cocarden mehr. Das Wort Citoyen kennt man nicht mehr. Die Messieurs sagen allenthalben, wie zu Paris, daß die Constitution von 1795 ein Wagen ist, der rückwärts auf den Thron zu fährt. Das weibliche Geschlecht will vornehmlich keine Republik mehr. In allen guten Gesellschaften ließt man das Blat, la Quotidienne, und andre von nämlichen Geiste mit Entzücken. Man sieht auf den Fächern, und selbst auf silbernen Medaillen Trauer-Weiden mit einem schwarzen Flore umwunden, man trägt die Bildniße Capets, seiner Frau und seiner Kinder, am Halse, und auf Ringen. Unter den Bildnißen steht: wenn man sie wieder erkennt, so trennt man sich mehr von ihnen. Die Patrioten werden verachtet, insultirt. Man spricht von Galgen für diejenigen, die für den Tod des Königs gestimmt haben. Man freut sich über die Widersetzlichkeiten der Pariser Sectionen gegen den Convent. Die Freyheits Bäume sind fast allenthalben hinweg: man fängt an, dafür Kreuze zu errichten. Die Priester und die Adlichen manoeuvriren anjetzt mit mehr List als ehedem. Sie sagen, sie wollen auch die Republik. Aber sie stimmen dem allgemeinen Haße, gegen den jetzigen Convent, als einem gerechten Unwillen, bey."


Augenzeugenbericht.[]

[4]
Von den oben beschriebnen Stürmen, und Gefechten am 5ten October können wir noch hier folgendes Detail, aus einem Privat Briefe von Paris mittheilen.

"Die Section von Bute-des-Moulins gab allerdings bey den Tuilerien, zuerst Feuer, aber es ist auch gewiß, daß sie durch die Insultirungen und Mißhandlungen von einer Bande Terroristen, zu dem Gefechte wiederholt aufgefodert worden. Auf dem Platze der Theatiner, wo die Niedermetzlung am schrecklichsten war, fiengen die Linien Truppen den Angrif an, welches sie auch beym Louvre thaten. Die Sectionen waren wirklich fast unbewafnet, und konnten dergestalt gegen Linien-Truppen, die Artillerie und Munition hatten, nichts aushalten. Sie können versichern, (sagt der Correspondent) daß die Zahl der Schlachtopfer wenigstens sechstausend beträgt, wovon etwann 300 Mann Soldaten, die übrigen Todte Pariser Bürger sind. Es wurden von den Convents-Truppen zehn Lagen mit Kanonen und Haubitzen gegeben. Die ganze Straße St. Honore ist in Ruinen zusammengeschoßen. Eben so mehrere Gegenden. Viele unschuldige Zuschauer wurden durch die verbreiteten Kartätschen getödtet. Das Gemetzel war entsetzlich. Noch ist es nicht Zeit eine Beschreibung von dieser schrecklichen Maßacre, von dem unglücklichen 13 Vendemaire (5ten October) zu geben. -- Aber die Zeit wird kommen -- -- .


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1795.
  2. [idem]
  3. [idem]
  4. [idem]
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