Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Ueber den Gebrauch der Raketen bei der Einnahme von Vlissingen.[]

[1]
Ein Englisches Oppositions-Blatt hatte behauptet, daß die bei dem Bombardement von Vlissingen gebrauchten Raketen alle herabgefallen wären, bevor sie ihr Ziel erreicht hätten. Der Courier, ein ministerielles Blatt, giebt sich nur als authorisirt an, diesem zu widersprechen. Er versichert, daß die Raketen, die man auf Vlissingen warf, alle aus einem Abstande, 300 Yards naher den feindlichen Werken als die Englischen Mörser-Batterien abgeschossen wurden; mithin in halber Flintenschußferne, von den feindlichen Pikets "Vierhundert Raketen, fügt er hinzu, wurden aus dieser Stellung abgefeuert, deren jede mehr brennbaren Stoff enthielt, als die größte aus Mörsern geworfene Bombenladung Die andern Stellungen im Centrum, vor der Fronte von General Huston's Brigade, waren ebenfalls so nahe als möglich an den feindlichen Pikets Wir dürfen behaupten, daß von 800 abgeworfenen Raketen, kaum zwanzig die Stadt nicht erreichten. Sie wurden abgefeuert, ehe die Distanz genommen war; daher fielen anfangs einige mit den Carcassen auf die Wälle, und auf das Glacis; diese wenigen ausgenommen, ward keine Rakete abgeschossen, die nicht in die Stadt fiel, und sie brachten eine solche Wirkung zu Wege, daß General Monnet sogleich wegen des Gebrauchs dieser unziemlichen und unmenschlichen Waffen dem Lord Chatham Vorstellungen machen ließ, indem er behauptete, die Nationen müßten sich gleicher Mittel beim Kriegsführen bedienen Er empfing die Antwort: es sei nie als eine Verletzung des Völkerrechts betrachtet worden, belagerte Städte zu verbrennen, und die Wahl der Mittel wodurch man diesen Zweck erreiche, sei also ebenfalls gleichgültig. Diese Vorstellung des Generals Monnet beweist wenigstens so viel, daß sich jene Raketen sehr wirksam zeigten."


Kapitulation von Vlissingen.[]


Der sechszehnte August 1809. [2]

Die Engländer rückten am 6ten August in Middelburg und Vere ein und General Osten zog sich unter die Kanonen von Vlissingen zurück, welches kaum 3600 Mann Garnison hatte. Dieser Ort wurde nun völlig umzingelt. Zu Land lagen 17000 Mann Engländer in einem Halbzirkel umher, und auf der Seeseite war alles mit Schiffen bedeckt. Am Sonntag (den 13ten August) Nachmittags nahm das Bombardement seinen Anfang. Die feindlichen Batterien und Schiffe schleuderten Tausende von Kugeln, Bomben und Brandraketen auf die unglückliche Stadt. An mehrern Orten kam Feuer aus, ward jedoch immer wieder gelöscht. Mit Einbruch der Dämmerung machten die Feinde eine zweystündige Pause, doch schon gegen 10 Uhr fiengen sie wieder mit doppelter Heftigkeit an. Zuweilen schien der ganze Himmel in Flammen zu stehen, und so dauerte es fort bis gegen Morgen und die Flammen wütheten in der ganzen Stadt. Schon waren zwo Kirchen, ein ganzer Flügel des großen Armenhauses und mehrere Privatgebäude weggebrannt. Jetzt blieb es bis Vormittag 9 Uhr ruhig, dann legten sich noch 7 Linienschiffe vor die Stadt und das Feuer tobte aus mehr denn eilfhundert Stücken Geschütz. Das Rathhaus stürzte zusammen, vom Archiv wurde wenig, von der Bibliothek gar nichts gerettet, und obschon das Elend in der Stadt immer größer wurde, wollten der General Monnet doch von keiner Kapitulation hören, so sehr auch die Bürgerschaft in ihn drang. Das Bombardement dauerte bis nach Sonnenuntergang und fieng später noch einmal an. Der Ruin der Stadt schien unvermeidlich, alle Sprützen und alle Wassereimer waren unbrauchbar geworden, die Löschenden todt, verwundet oder ermattet, und doch kam die Kapitulation erst in der Nacht auf den 16ten zu Stande. In ganz Vlissingen waren keine zwey Häuser unbeschädigt geblieben und so die ganze Stadt beynahe in einen Steinhaufen verwandelt.


SceneBombardemenVlissingen RIJKS


Anekdoten.[]


[3]

Vor Vliessingen ereignete sich bei der Englischen Armee ein sonderbarer Vorfall, de nicht zur allgemeinen Kunde gekommen ist. Ein Sergeant, Namens Thorn, that daselbst beim 35sten Regiment unter dem Kapitain G. Arthur, Volontairdienste. Da nun ein zahlreiches Kommando Franzosen einen Ausfall machte, wurde Kapitain Arthur beordert diesen zurückzutreiben, welches ihm auch mit 81 Mann von seiner Kompagnie vollkommen glückte. Thorn, der sich im Handgemenge rühmlich hervorgethan und wie englische Blätter behaupten, für seine Person zwölf Franzosen niedergemacht hatte, fiel von einem Bajonett im Schenken und von einer Kugel im Leibe getroffen; als die Franzosen sich zurückzogen, wollte Kapit. Arthur den Thorn in's Hospital tragen lassen; der tapfere Mann aber schlug es aus, indem er sagte, er müsse gleich sterben und er sterbe zufrieden, indem er seine Pflicht gethan habe. Kapitain Arthur verließ ihn also seiner Meinung nach als einen Sterbenden, und kehrte mit seinem braven kleinen Haufen ins Englische Lager zurück.

Als man aber nach der Uebergabe von Vliessingen im Hospital die brittischen Gefangenen aufsuchte, entdeckte man auch den armen Thorn, der aus seinem Strohsacke aufrecht saß und beinahe hergestellt war. Nun erfuhr man, daß, nachdem sich Kapit. Arthur wieder ins Englische Lager zurückgezogen habe, einige französische Soldaten dahin gekommen seien, um die Todten auszuziehen. Diese fanden den armen Thorn fast verblutet, nahmen ihn menschenfreundlich auf und trugen ihn nach Vliessingen ins Hospital, wo er während der Belagerung blieb und in der Folge völlig wieder hergestellt ward.


Het Bombardement van Vlissingen 1809.



Quellen.[]

  1. Nordische Miszellen. Zwölfter Band. Hamburg, bei A. Bran, und in Commission bei B. G. Hoffmann, 1809.
  2. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  3. Kriegsgemälde, Anekdoten und Charakterzüge aus den denkwürdigen Feldzügen der neuesten Zeit insbesondere des Jahres 1809. Zweites Heft. 1810
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