Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Bewaffnete Neutralität.[]

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Neutralität, (bewaffnete) ward im Englisch-Französischen Krieg, auf Rußlands Veranlassung, 1780 zuerst errichtet. Es liegen dabey folgende Puncte zum Grunde: 1) Das neutrale Schiffe von einem Hafen zum andern und an den Küsten der kriegführenden Nationen sicher fahren können. 2) Daß die den Unterthanen dieser Mächte gehörigen Waaren auf neutralen Schiffen frey und unangetastet bleiben sollen, ausgenommen diejenigen Artikel, die zur Kriegsmunition gehören; nämlich alle Arten Schießgewehr und dessen Zugehörung, Cürasse, Picken, Degen, und Degengehänge, Patrontaschen, Sättel und Zäume. 3) Daß ein Hafen nur dann für blokirt anzusehen seyn soll, wenn feindliche Schiffe so nahe davon liegen, daß sie das Einlaufen verhindern können. Diesen Grundsätzen trat gleich anfangs Dänemark und Schweden, nachher auch Oesterreich, Preussen, Holland, Neapel und Portugal bey, und machten sich verbindlich, dieses System zur See mit gewaffneter Hand und gemeinschäftlichem Beystand zu behaupten. -- Im J. 1800 wollten die nördlichen Mächte das nemliche System erneuern; aber England hinderte es mit Gewalt.


Grundsätze der bewaffneten Neutralität.[]

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[1808]

In dem Augenblicke, da der Kaiser von Rußland aufs Neue die Grundsätze der bewaffneten Neutralität erwähnt und sich verpflichtet, nicht mehr von diesem System abzuweichen, scheint es nothwendig zu seyn, an die Grundlagen desselben zu erinnern, um über seine Folgen zu urtheilen. Die sogenannte bewaffnete Neutralität beruht hauptsächlich auf folgende Grundsätze: daß alle Schiffe frei von Hafen zu Hafen und zur Küste der Nationen im Kriege schiffen können, und daß die Waaren, welche den Unterthanen der besagten Mächte im Kriege gehören, auf neutralen Schiffen frei sind, die Kontrabandwaaren ausgenommen.

Diese Grundsätze wurden nie in Zweifel gezogen, und Prof. Büsch in Hamburg gab eine Liste von 35 Handelsverträgen, zwischen 1642 und 1780 abgeschlossen, heraus, welche alle nach den nämlichen Grundsätzen ausgesetzt wurden. Die Engländer selbst bezogen sich zu Ende des 16ten Jahrhunderts darauf, bei einer Streitigkeit die sie mit den Hölländern hatten. Frankreich kannte durch seine Verträge mit dem vereinigten Staaten 1778 diese Grundsätze ebenfalls an, besonders den, daß die Flagge das Gut deckt, und in nachfolgenden zwischen Rußland, Schweden, Dännemark, Preussen, Frankreich xc. abgeschlossenen Verträgen, wurde bestimmt, daß keine Kauffartheiflotte, wenn sie unter Geleite eines neutralen Kriegsschiffes segelt, einer Untersuchung von den kriegführenden Theilen unterworfen seyn sollte.

Auch das brittische Kabinet wagte damals nicht diese Grundsätze anzugreifen, denn zu der zeit hätte es gefährlich geschienen, den Zorn der andern Mächte durch das Vorwerfen der Gesetze, die sie angenommen, zu reitzen. Nur erst dann als England eine überwiegende Seemacht ward, nannte es diese Grundsätze Neuerungen, die dem englischen Handel nachtheilig wären. Wie soll man diese Erscheinung erklären, daß die Seemächte seit einem Jahrzehend Englands Uebermuth duldeten? Wie kam es, daß sie nicht dagegen aufstanden, als bis es zu spät war, einigen wirksamen Widerstand zu leisten? -- Der Krieg der gegen Frankreich erregt und sorgfältig unterhalten wurde, war Ursache, denn er beschäftigte die Landmächte, die England theils durch Geld theils durch den Schrecken einer Staatsumwälzung verblendete.

Kaiser Paul I lud 1800, Schweden, Preussen und Dännemark ein, eine Uebereinkunft zur Wiederherstellung der Neutralitätsrechte zu schliessen, indem er sehr richtig bemerkte, daß man diese Grundsätze vielleicht schon zu lange vernachlässigt habe.

Die neutralen Mächte bildeten sich ein, die Freiheit der Schiffahrt und des Handels sei hinlänglich durch die Gerechtigkeit der kriegführenden Mächte gesichert, aber der Angriff und die Wegnahme einer dänischen Fregatte, bewies, daß Gerechtigkeit nicht eben die Sache der englischen Regierung war.

Dies veranlaßte die Wiedererneuerung der bewaffneten Neutralität, aber der Angriff auf Kopenhagen, der Tod Paul des Ersten und die Bestechungen Englands verursachten eine plötzliche Veränderung in der allgemeinen Politik des Norden. -- Die Exzesse des englischen Seedespotism giengen nun immer weiter, und endlich ist es dahin gekommen, daß alle Nationen, die Gefühl der Ehre und Unabhängigkeit haben, sich dagegen auflehnen. Dieser allgemeine Bund muß am Ende die Oberhand erhalten, ungeachtet der anscheinenden Ungleichheit der zerstreuten Seemacht, die er England entgegen setzen kann, weil er Mittel hat, die in ihrer Wirkung gewisser sind.

England macht diese Anmassungen zur Grundlage seiner Macht, und unterstützt sie durch die gewaltsamsten Mittel, aber die Wichtigkeit der für die Landmächte in Anspruch genommenen Grundsätze ist so groß, daß sie nicht mehr Verzicht darauf leisten können oder sie müßten auch alle Gedanken aufgeben, Handlung zu haben.

Bei dieser Wahrheit, die niemand leugnen kann, muß man sich um so mehr wundern, daß es Kaufleute giebt, die noch immer dem englischen System das Wort reden, und es ist der deutlichste Beweis, daß solche Negotianten selbst nicht wissen, was zu ihren Vortheil dienet, denn so lange nicht England gezwungen wird, jene gedachten Handelsgrundsätze zu respektiren, so lange ist auch freie Handlung ein Hirngespinst, daher es nothwendig ist, daß der gegenwärtige Zeitpunkt benutzt werde, um England zu Anerkennung des Neutralitätssystems zu zwingen.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
  2. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.

Literatur.[]

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