Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Die Länder der Fürsten und Grafen Reuß.[]


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I. Land.[]


1. Bestandtheile. Diese sind: 1. das Land der fürstliche Linie Graiz, 2. die Länder der drei gräflichen Linien Schleiz, Lobenstein und Ebersdorf, worunter aber die Lobensteinische seit 1790 gleichfalls die fürstliche Würde besitzt. Von den Ländern der 1802 erloschenen Geraischen Linie besitzen gegenwärtig diejenige von Schleiz die eine, und die Linien Lobenstein und Ebersdorf mit einander die andere Hälfte.
2. Größe und Gränzen. Reuß-Graiz begreift nach bekannten Berechnungen 7, Schleiz 9¾, Lobenstein und Ebersdorf zusammen 11¾, folglich das gesammte Land 28½ Quadratmeilen. Zunächst gränzt es an die königl. sächsischen, an die königl. baierischen Besitzungen, und an die Fürstenthümer Altenburg und Schwarzburg.
3. Boden, Gewässer, Klima, Producte. Das Land ist zwar von vielen Bergen und Wäldern besetzt; doch sind die erstern meist nicht unwirthbar, einige tragen Holz, und gute Futterkräuter, andere sind sogar angebaut. Besonders haben die Thäler einen fruchtbaren Boden, welcher durch die weiße Elster, Saale, Grästliz, Wiesenthal, Lemnitz und andere kleine Flüsse bewässert wird. Bei einem der Vegetation nicht ungünstigen Klima bringt der Boden Getreide zur Nothdurft hervor. Vortrefflich ist der Wieswachs; Holz ist im Ueberfluße, Hornvieh und Wildprät in großer Zahl vorhanden. Die Producte aus dem Mineralreiche, welche das Land gut hat, sind außer einigen Erd- und Steinarten, Eisen, Kupfer, Blei, auch Silber, Alaun und Vitriol.


II. Bewohner.[]


1. Nach ihrer Anzahl, Bildung, Religion. Die Zahl der Einwohner in den gesammten reußischen Landen beläuft sich auf etwas über 76,000. Der Landestheil der Linie Graiz allein hat eine Bevölkerung von 21,800 Seelen, und derjenige der Linie Schleitz mag sich auf mehr als 27,000, derjenige einer jeden von den beiden andern Linien auf etwas mehr als 13,000 belaufen. Man zählt in den gesammten reußischen Besitzungen 9 Städte, 13 Marktflecken, 231 Dörfer, 38 landesherrschaftliche, und 75 ritterschaftliche Güter und Vorwerke. Schulen befinden sich in den Städten und auf dem Lande; in Gera ist ein Gymnasium. Die Religion der Einwohner ist die evangelisch-lutherische.
2. Nach ihrer Industrie. Den Hauptreichthum des Landes macht die Waldbenützung und die Viehzucht aus. Der Ackerbau allein ernährt eine weit geringere Zahl. Bergbau, Eisenhämmer, Alaun- und Vitriolwerke verschaffen gleichfalls vielen Menschen Brod. In den Städten herrscht viel Kunstfleiß. Besonders in Gera, Graiz, Schleiz, Zeulendorf werden in wohl unterhaltenen Manufacturen viele Wollen- und Baumwollenwaaren verfertigt. Ansehnliche Färbereien finden durch dieselben viel Beschäftigung. Man bereitet Leder, und treibt Handel mit demselben; man hat Hut- Tabaks- Kutschen- und Porzellanfabriken. Gera betreibt auch einen beträchtlichen Spezerei- und Speditionshandel. An Einkünften ziehen alle Linien zusammen 540,000 fl. Daran nimmt Graiz Theil mit 130,000, Schleiz mit 170,000, Lobenstein mit 125,000, und Ebersdorf mit 115,000 fl. vorausgesagt, daß die Einkünfte der geraischen Linie unter die drei letztern völlig gleich vertheilt worden sind.


III. Staatsverfassung.[]


Die Linien Graiz und Lobenstein haben fürstliche Würde; die andern führen gräflichen Titel. Der dem ganzen Hause gemeinschaftliche Titel ist: Heinrich (diesen Namen führen seit langer Zeit alle männlichen Sprossen) älterer, oder jüngerer Reuß, Fürst oder Graf und Herr von Plauen, Herr zu Graitz, Kranichfeld, Gera, Schleitz und Lobenstein. Der älteste regierende Herr des ganzen Hauses heißt des ganzen Stammes Aeltester, und der älteste regierende Herr der andern Hauptlinie sein Adjunct. Die Verfassung ist ständisch. Das ganze Haus ist mit der rheinischen Conföderation vereinigt. Von den beiden Hauptlinien soll bei Bundesversammlungen jede eine Stimme im Collegium der Fürsten führen. Als Bundescontingent stellen alle zusammen 450 Mann, worüber Graiz das Directorium führt.


IV. Staatsverwaltung.[]


Der Fürst von Graitz hat seine eigene Regierung, sein Rentamt und Consistorium. Die jüngern Linie haben zu Gera eine gemeinschaftliche Regierung, ein gemeinschaftliches Rentamt, wohin gewisse gemeinschaftliche Einkünfte zur Bestreitung gemeinschaftlicher Ausgaben fließen, und auch mit einander ein Consistorium. Doch hält jeder Fürst oder Graf seiner besondern Einkünfte und Ausgaben wegen wieder sein besonders Rentamt.


Quellen.[]

  1. Handbuch der Statistik der europäischen Staaten, zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung von D. Joseph Milbiller. Landshut, 1811. Bei Philipp Krüll, Universitäts-Buchhändler.
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