Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Ostindische Compagnie.[]

[1]
Ostindische Compagnie, in England, hat ihren ersten Ursprung vom J. 1583 da die K. Elisabeth zwey Kaufleuten, Joh. Newbury und Rudolph Fitsch, ein Empfehlungsschreiben an den damaligen Großmogol Akbar ertheilte, und sie damit nach Indien gehen ließ. Im Jahr 1600 gab sie einer Compagnie, unter dem Namen der Gesellschaft Londonischer Kaufleute in Indien, ein Patent auf 15 Jahre; und ihr Nachfolger, K. Jacob I schickte 1617 Thomas Roe, als Gesandten, zu dem Mogol, um das Handlungsinteresse dieser Kaufleute auf einen sichern Fuß zu setzen. Im J. 1623 stiftete die Gesellschaft ihre erste Factorey in Bengalen, zu Hongly. Im J. 1686 gerieth sie mit den Mogolischen Nabobs in Krieg, woran das üble Betragen Joh. Childs, ihres Gouverneurs in Indien, Ursache war. Sie rüstete, mit Erlaubniß K. Jacobs II eine Flotte aus und stellte Landtruppen in Bengalen ins Feld. Aber dieser Krieg brachte der Compagnie nichts als Schaden und Schande. Er kostete ihr an 400,000 Pf. Sterling, brachte sie um das Zutrauen der Indier, und zwang sie, bey dem Großmogol, Aureng Zeb, um Verzeihung zu bitten. Sie erhielt dadurch die Erlaubniß, in ihre Factoreyen wieder zu kommen. Als im J. 1696 ein Rajah sich wider den Nabob von Bengalen empörte, so benüzten die Engländer diese Gelegenheit, um das Fort William oder Kalkutta anzulegen und sich also zu befestigen.

Unter der Regierung Carls II und Jacobs II war die Englische Handlung in Ostindien nicht von großer Bedeutung; es thaten sich daher verschiedene Kaufleute zusammen, die ungeachtet des Privilegiums der ältern, eine neue Ostindische Compagnie errichteten, welche von K. Wilhelm 1698 privilegirt wurde. Nun entstund ein Wetteifer zwischen beyden, bis sie 1708 miteinander vereiniget wurden. Diese Vereinigte Compagnie Brittischer nach Ostindien handelnder Kaufleute erlangte, für eine Summe Geldes, von der K. Anna ein neues Patent, und durch dasselbe das ausschließende Recht, vom Vorgebirge der guten Hofnung bis zur Magellanischen Meerenge Handlung zu treiben. Aber drey Jahre darauf wurde dieses Recht, bey Errichtung der Südmeergesellschaft, wieder eingeschränkt, und die Ostindische Gesellschaft durfte ihre Geschäfte nicht weiter als vom gedachten Vorgebirg bis Japan ausdehnen.

Im J. 1717 erhielt sie von dem Mogol Furrukysihr, für verschiedene Waaren die Zollfreyheit durch sein ganzes Reich. Sie benuzten einen Einfall der Maratten, um ihre Faktorey zu Kalkutta mehr zu befestigen. Nun kamen aber die Zeiten; in welchen, nach der Niederlage des Großmoguls durch den Perser Kuli Chan 1739, die Suhabs und Nabobs in den einzelnen Provinzen des großen Reichs sich unabhängig zu machen suchten. Sie benuzten dazu die Hülfe der Europäer; die Engländer erhielten also nun einen größern Wirkungskreis in Bengalen, wo sie den Nabob unterstüzten, aber ihm auch bald lästig wurden. Er eroberte Kalkutta 1756 und verfuhr grausam mit den gefangenen Engländern in dem schwarzen Gefängnisse. Bald aber erhielten die Engländer Unterstützung, der Oberst Clive schlug und verglich sich, und schlug sich wieder mit dem Nabob, bis man ihm Bedingungen nach Belieben auflegen konnte. Da nun bald darauf auch der Großmogul Ally Gohar oder Schach Allum aus seinen Staaten vertrieben bey den Engländern Zuflucht nahm, konnten es die Vorsteher der Gesellschaft leicht durchsetzen, daß sie 1763 unter dem Namen der Schatzeinnehmer die ganze Verwaltung von Bengalen erhielten und dem Kaiser so wie dem Nabob nur eine jährliche bestimmte Summe bezahlten, die sie in der Folge nach Belieben verminderten, und endlich zu zahlen ganz aufhörten, auch keinen Nabob weiter ernennen ließen. Seit der Zeit sind sie unumschränkte Besitzer von Bengalen, Behar und einem Theil von Orixa. Der angränzende Nabob von Aude oder Avad, den sie in einigen Kriegen unterstüzten, wurde bald ihr Vasall, bezahlte jährlich eine beträchtliche Summe an die Gesellschaft, und unterhält ihre Garnisonen in seinen eignen Festungen.

Die nemlichen Auftritte waren an der östlichen Küste der Ostindischen Halbinsel vorgefallen. Die Engländer unterstüzten den Nabob von Arcot, von Golconda; die Franzosen immer die Gegenparthey. Da aber diese in dem unglücklichen Kriege von 1756 - 63 die nöthige Unterstützung nach Ostindien nicht schicken konnten, so wurden die Engländer allein Herren; der Nabob von Arcot ist ihr Vasall, so wie die kleinern Radschahs, welche weiter südlich ihre Besitzungen haben; die nördlichen Circars an der nemlichen Küste mußte ihnen der Subab von Golconda oder Decan abtreten. An der Westküste der Ostindischen Halbinsel besaßen die Engländer schon länger die Stadt Bombay mit einem kleinen Gebiethe. Daselbst konnten sie sich wegen der überlegenen Maratten nicht weiter ausbreiten. Aber im innern Lande der Halbinsel saß der Sultan von Maysur Hyder Ali, der die weitern Fortschritte der Ostind. Compagnie hinderte und ihre Besitzungen öfters angrief. Sein Sohn Tippo Saib sezte das angefangene Werk fort. Gegen ihn vereinigten sich nun auf Betrieb der Engländer alle Nachbarn, und er mußte 1792 einen beträchtlichen Theil seiner Länder abtreten, von denen die Engländer die reichste Portion erhielten. Weil er Anstalten machte, das Verlorne wieder zu gewinnen, und die Franzosen ihn aufreizten, ohne ihn unterstützen zu können, drangen ihm 1799 die Engländer in das Land, und er fiel bey der Eroberung seiner Hauptstadt. Seit dieser Zeit sind die Engländer, welche einen Fürsten von Maysur mit sehr eingeschränkter Macht sezten, Gebieter der südlichen Theile der Halbinsel. Die kleinen noch übrigen Fürsten sind von ihnen abhängig, und die Franzosen, Holländer, Dänen haben blos eingeschränkte Bezirke und Comptoirs. Die Ostind. Compagnie vertheilte ihre weitläufigen Besitzungen, in welchen man jezt gegen 40 Millionen Menschen annehmen darf, in vier Präsidentschaften. Von diesen ist die wichtigste Bengalen; sie trug, ohne den Tribut des Nabobs von Aude, nach Abzug aller Kosten für Militär xc. 1,670,000 Pf. Sterling jährlich, und mußte mit dieser Einnahme lange die übrigen Präsidentschaften unterstützen. Die zweyte ist Madras auf den Küste Koromandel. Die jährliche Einnahme ist 1,070,000 Pf. Sterling, von welchen aber nach Abzug des nöthigen Aufwands nur 85,000 übrig bleiben. Die dritte ist Bombay. Da hier der wichtigste Theil der Flotte liegt, so fordert sie einen jährlichen Zuschuß von 300,000 Pfund Sterling. Aber diese Berechnungen wurden gemacht vor der Schmälerung u. Zerstückelung des Reichs Maysur. Gegenwärtig müssen die Einkünfte der beyden leztern Präsidentschaften, vorzüglich von Madras, sehr zugenommen haben. Die vierte Präsidentschaft ist zu Benkulen, auf der Insel Sumatra. Sie darf mit den übrigen nicht verglichen werden, und fordert einen jährlichen Zuschuß von 50,000 Pf. Im Jahr 1801 betrugen die sämmtlichen Einnahmen von den Ostindischen Besitzungen der Compagnie 11,202,000 Pf. Sterling; die Ausgaben 10,326,000 Pf. Sterl.; die Schulden 18 Millionen Pf. Sterl. Bey dieser leztern Berechnung ist ohne Zweifel auf die Vermehrung der Einkünfte Rücksicht genommen worden; denn die Compagnie bemächtigte sich nicht nur des größern Theils von Maysur, sondern zogen auch 1801 Karnatik oder Arcot und Aude, wo sie den Nabob auf Pension sezten, mittelbar unter ihre Regierung. Die neuen Besitzungen auf der Halbinsel Indiens sind zur Präsidentschaft Madras geschlagen worden, welche also jezt sehr ausgebreitete Besitzungen hat. Im J. 1802 - 1803 betrug die sämmtliche Einnahme nach der dem Parlemente vorgelegten Berechnung 12,693,033 Pf. Sterl.; die Unkosten 9,998,147 Pf. Sterl. Nichtsdestoweniger hatten sich die Schulden der Compagnie in Indien mit 2,291,000 Pf. Sterl. vermehrt. Durch den Frieden von Amiens 1802 mußten die Holländer auch die wichtige Insel Ceylan an die Engländer abtreten, welche sich seit dieser Zeit in Kriege mit dem König von Candy verwickelt haben, deren Erfolg bisher ungünstig für sie gewesen ist, demungeachtet aber, bey mehrerer Muse, wahrscheinlich mit der Eroberung des ganzen Landes endigen wird. Denn 1803 beschäftigte die Engländer ein neuer Krieg gegen die Beherrscher des östlichen und westlichen Maratten-Reichs. Dem erstern nahmen sie durch den bald erfolgten Frieden die Provinz Cattak weg, und machten dadurch ihre Besitzungen längst der ganzen Ostküste bis nach Bengalen zusammenhängend; der leztere mußte die Striche um Bombay abtreten, um dadurch den Besitzungen an der Westküste mehrere Ausdehnungen zu geben.

Diese Compagnie ist auf ein Darlehn an die Krone gegründet, das in 32,000 Actien, jede zu 100 Pf. Sterl. eingetheilt ist, und der Indische Stock oder Fond genennet wird. Dagegen hat sie ihre Gelder zur Handlung, als ein Darlehn, von andern aufgenommen. Sie hat, Souverainetätsrechte, u. triebt ihren Handel vom rothen Meer an durch ganz Ostindien bis nach China. Sie hat Factoreyen zu Mocca; an der Küste von Arabien, und zu Gamron, im Persischen Meerbusen.


Die Engländer in Ostindien.[]

[2]

Was nicht gerecht gehandelt ist, das kann auch nicht auf die Dauer bestehen. Was durch Uebermacht oder Hinterlist gewonnen ist, das findet früh oder spät seinen Untergang. Dies liegt in dem Gange der Natur, gegen den nichts gröblicher verstößt, als was die Menschheit herabwürdigt und die Gerechtigkeit mit Füssen tritt.

In Ostindien beherrscht eine Gesellschaft von Kaufleuten, die in London schwelgt, und die bloß auf die Einkünfte begierig ist, die man jenem Lande abpreßt, über 33,590,770 Einwohner, denen sie zwar das Eigenthum gegen die Angriffe Anderer schüzt, die sie aber als ihre Sklaven benuzt. Seitdem die Engländer in Ostindien herrschen, ist zwar das Privateigenthum gesichert, aber alle Einwohner arbeiten bloß für den Vortheil der englischen ostindischen Gesellschaft. Sie erndten für die Engländer, sie fabriziren Waaren für die Engländer, welche alles für einen sehr geringen Preis aufkaufen. Vor etlichen vierzig Jahren kauften englische Spekulanten allen Reis in Ostindien zusammen; es entstand eine Hungersnoth, und wer den ungeheuern Preis nicht bezahlen konnte, für den nunmehro die Engländer den aufgekauften Reis verkauften, der wurde eine Beute des Todes. Eine zahllose Menge Hindus starb vor Hunger; die englischen Wucherer blieben bei diesem Anblicke kalt und gefühllos, und berechneten bloß die Summen, welche sie bei dem hohen Preise des Reises gewannen. Der Kaufmann taugt nicht zum Regieren, er sieht bloß auf seinen eigenen Vortheil und nicht auf das allgemeine Beste. So haben die Engländer die Einwohner mit Abgaben überhäuft, und zwingen die armen Hindus, bloß für sie zu arbeiten, bloß für die reichen Nabobs ihren Schweiß und ihr Blut zu vergießen.

Die englische Macht war vor nicht langer Zeit in Ostindien noch sehr unbedeutend; aber durch List und Gewalt hat sie jezt eine Höhe erreicht, wo sie nicht leicht höher steigen, aber wohl wieder zurückgehen und sinken muß. Alle einsichtsvollen Engländer klagen über die Monopolien, die die englische ostindische Compagnie in Ansehung des Handels in Ostindien genießt und über die Ungerechtigkeiten, die sie daselbst verübt. Sie unterhält Zwietracht zwischen den inländischen Beherrschern, um sie schwächen und sie alsdann zu verschlingen; sie nimmt sich derjenigen an, die Ansprüche auf Throne machen, gewährt ihnen Unterstützung und macht sie alsdann zu ihren Vasallen.

Wir wollen hier eine kurze Schilderung des Verfahrens der englischen Compagnie in Ostindien, ihrer Macht und der Ausbreitung ihrer Herrschaft in dieser Erdgegend liefern; der Dr. Papi, der sich 11 Jahre lang von 1791 - 1801 in Ostindien aufgehalten hat, soll uns dabei zum Führer dienen.

Die englische ostindische Compagnie ist heutzutage etwas ganz anderes, als was sie zur Zeit ihrer Entstehung war. Damals betrachtete man sie bloß als eine Gesellschaft von Kaufleuten, welche sich in der Absicht vereinigt hatten, ihren Handel zu erweitern. Jezt ist sie ein Souverain, der in Europa seinen Sitz hat, und von hier aus über große Länder und Reiche in Indien herrscht. Nicht der Handel ist es, welcher die Schätze von ganz Asien nach England bringt und sie daselbst ausbreitet; dieser hat hierbei das wenigste zu thun; es sind vielmehr die unermeßlichen Einkünfte der Halbinsel Hindostan, welche sammt und sonders nach England kommen. Ehedem betrachtete man Indien als den Schlund, der alles baare Geld aller anderen Länder, besonders von Europa, verschlang, und nie wieder etwas zurückgab. Heutzutage giebt es diese Reichthümer an England zurück, und es sind dieselben, welche man dazu anwendet, alle europäische Kabinette zu bestechen, dem durch öftere Niederlagen muthlos gemachten Stolze wieder aufzuhelfen, den Krieg von neuem wieder anzufachen, ganz Europa mit Blut und Leichen zu bedecken, und die Rückkehr des Friedens zu verzögern.

Die Engländer gestehen selbst ein, daß sie ihren ganzen Geldzufluß aus Indien erhalten. "In diesen unsern Besitzungen, sagt ein englischer Schriftsteller, finden wie das sicherste, wohl gar das einige Mittel, unsere Nationalschuld zu tilgen." Die großen, ungemein schönen Provinzen von Bengalen, deren natürliche Fruchtbarkeit vielleicht die von Aegypten noch übertrift, gehören dieser Handelsgesellschaft. So auch die Königreiche Oud, Bahar, Orissa, die Küsten Koromandel und Malabar, Kanara, Mysore, das Carnatik und die Insel Ceylon. Kurz, sie hat fast Alles verschlungen, außer den Staaten der Maratten und den Besitzungen einiger kleinen Souverains, die es aber kaum noch dem Namen nach sind. So ist z. B. der Nabob von Arcote weiter nichts, als eine Puppe, mit welcher die Engländer ihr Spiel treiben. Von seiner ehemaligen Größe ist ihm nichts mehr übrig, als die Errinnerung dessen, was er einst war, und die traurige Erfahrung hat ihn gelehrt, was dabei herauskommt, wenn man mit diesen Kaufleuten ein Bündniß schließt. Die englische Compagnie veranstaltet von Zeit zu Zeit, unter dem Vorwande, ihm eine Ehre zu erweisen, allerlei lächerliche Ceremonien, die ihn empören und aufbringen müßten, wenn er nicht völlig stupid wäre; auch läßt sie ihm jährlich eine gewisse Summe Geldes auszahlen, die nicht viel besser als ein Almosen ist; und damit er nicht etwa den Kopf zu sehr anstrenge, oder sich durch Arbeit ermüde, so ist sie so gefällig, sich mit der Administration und den Regierungsgeschäften seiner Staaten zu belasten, so daß ihm nicht eine Spanne Landes mehr übrig ist, die seine landesväterliche Sorgfalt beschäftigen könnte. Vor kurzem hat man ihm auch die lezten Ueberreste seiner Souveränität geraubt.

Es ist bekannt, wie die Engländer mit dem Könige von Tanjore und mehreren anderen Rajahs zu Werke gegangen sind, welche sie anfänglich entweder veruneinigten, oder unter der trüglichen Benennung ihrer Freunde und Bundesgenossen einschläferten, nachher aber mit den Waffen in der Hand zu Paaren trieben, oder durch eben so läppische Possen, wie die obenerwähnte, zu beruhigen suchten. Indessen will ich hier doch in Betreff dieses Punktes noch einige Nachrichten mittheilen.

Nach Tippo-Saibs Tode, und der blutigen greuelvollen Eroberung von Seringapatam, zogen die Engländer den Erben des ehemaligen Rajah von Mysore, welcher damals nur noch ein Kind war, aus der Dunkelheit hervor, und sezten ihn auf den Thron seiner Väter. Er wurde vom General Harris förmlich gekrönt, welcher ihm zugleich sein ganzes Offizierkorps vorstellte, und ihn unter dem Donner der Kanonen zum Könige ausrufen ließ. Einige Tage nach diesem Possenspiele, welches die Engländer, wie aus allen Umständen hervorgeht, bloß in der Ansicht veranstaltet hatten, um die Gemüther der Hindus zu besänftigen, und die Mohamedaner in Schrecken zu setzen, kam der kleine König, ihr Lockvogel, auf den Einfall, in Gemäßheit seiner neuerlangten Würde etwas anzubefehlen. Wie groß aber war sein Erstaunen, als er sah, daß ihn die Engländer bloß zum Narren hatten, und daß er sogar in Ansehung seiner Tafelausgaben von ihnen abhängig war!

Der König von Travankore weiß mehr als zu gut, wie weit die Britten um sich greifen, wenn man sich einmal mit ihnen in Traktaten eingelassen hat, und welche kluge Nachgiebigkeit er anwenden muß, um wenigstens noch einen Schatten von Unabhängigkeit zu behaupten, der aber ebenfalls gänzlich verschwinden wird, sobald sie ihn mit guter Manier darum bringen können. Sein Land ist zu schön, zu fruchtbar und hat eine zu vortheilhafte Lage, als daß es dem Schicksale entgegen könnte, das bereits so viele andere nicht minder schöne Länder betroffen hat. Er hat sich, vermöge eines mit der englischen Compagnie geschlossenen Contrakts, anheischig gemacht, derselben fast allen Pfeffer, der in seinen Ländern gebaut wird, zu einem ganz geringen Preise zu überlassen, und dafür Flinten, Bajonette und eine Art schlechten rothen Tuches zu nehmen, das zu Montirungen für seine Truppen verbraucht wird. Da nun dieser Contrakt schon seit vielen Jahren besteht, so hat sich in den Vorrathshäusern des Rajah eine ungeheure Menge Waffen angehäuft, die er, da sie nicht an andere indische Fürsten verkauft werden dürfen, schlechterdings zu nichts zu gebrauchen weiß; es müßte denn seyn, daß er sie wieder an die Engländer ablieferte, um dieselben wie andere alte Gewehre nach Europa zu senden. Er muß der ostindische Compagnie jährlich nicht weniger als 200,000 Rupien Subsidiengelder, oder vielmehr Tribut zahlen, und ihr noch überdies, sobald sie es verlangt, seine Truppen überlassen. Was ihn aber noch weit mehr schmerzen muß, ist, daß sie diese nämlichen Truppen gegen Fürsten und Rajahs gebraucht, die zu seiner eigenen Caste gehören, und mit denen er in freundschaftlichen Verhältnissen steht, wie solches z. B. erst unlängst gegen den Rajah von Cotiote geschah. Kurz, wenn ihm diese allgewaltigen Kaufleute seine Länder noch nicht mit gewaffneter Hand entrissen und ihn auch in diesem Stücke wie Andere seines Gleichen behandelt haben, so hat er es bloß dem Umstande zu verdanken, daß sie solches zeither noch nicht bewerkstelligen konnten, ohne alles Schamgefühl gänzlich bei Seite zu setzen; denn, ob sie ihm schon seit mehrern Jahren das Mark aus dem Knochen saugen, und nicht eher ruhen werden, bis sie ihn gänzlich ausgemergelt haben, so weiß er sich doch auf eine so kluge Art und mit so guter Manier in sein Schicksal zu fügen, daß es das Ansehen hat, als ob er mit ihnen im besten Vernehmen stünde.

Dem Rajah von Kurga, oder Kurg, geht es nicht besser. -- Der Rajah von Kalkutta, ein Nachkomme des berühmten Zamorin, hat jährlich nebst seiner ganzen Familie nicht mrhr als funfzehn tausend Rupien zu verzehren, die ihm eigentlich als ein Almosen gereicht werden. Er hält sich in einem fernen Winkel seines ehemaligen Reichs auf, wo er so still und eingezogen wie ein Einsiedler lebt. Wenn er sich, wie es bisweilen der Fall ist, nach Kalkutta begiebt, um hier dem Regenten seinen Besuch abzustatten, welchem die Engländer die Regierung seiner Staaten übertragen haben, so würde sich derselbe nicht wenig von seiner Würde zu vergeben glauben, wenn er ihm erlaubte, sich in ihrem Beiseyn setzen zu dürfen. So ganz haben es diese übermüthigen Menschen vergessen, wie kriechend und demüthig sich einst ihre Vorfahren geberdeten, als sie sich um den Schutz und Beistand der indischen Fürsten bewarben!

Wer hätte wohl je gedacht, daß die Nachbarschaft der Engländer dem Rajah von Cochin, und dem Könige von Candi auf der Insel Ceylon, noch weit nachtheiliger seyn, sie weit härter drücken würde, als jene der Holländer? Auch den Nabob von Surate haben sie ganz neuerlich seiner Würde entsezt, und in eine entlegene Gegend verwiesen, wo er eine kärgliche Pension bezieht. Dieser ehemals so blühende Handelsplatz, wo alle Handelsnationen Europa's ihre Faktoreien hatten, befindet sich heutzutage nebst dem ganzen dazu gehörigen Gebiete in den Händen der Engländer.

Der alte Nabob von Oud, sizt zu Kalkutta im Gefängnisse. Der Nizam, den vielleicht Mancher, der von der Lage der Sachen nicht genau unterrichtet ist, für einen unabhängigen Fürsten hält, muß jährlich an die gedachte Compagnie starke Contributionen zahlen.

Ich will hier der Kürze wegen weiter nichts von den individuellen Verhältnissen mehrerer andern Rajahs erwähnen, die sammt und sonders nicht anders als Faktoren der englischen Compagnie sind; sie bedienen sich derselben auf eben die Art wie der Diener, die in ihren Diensten stehen, zur Eintreibung der Steuern und Abgaben. Da diese Regenten noch immer bei dem Volke in sehr großem Ansehen stehen, so könnte die englische Compagnie dergleichen Aufträge keinen bessern Händen anvertrauen. Sie läßt ihnen daher eine gewisse Pension auszahlen; damit sie aber dieselbe nicht verlieren und zugleich nach wie vor eine Autorität behaupten, lassen sie sich auf die schändlichste Weise dazu gebrauchen, die Bewohner derjenigen Distrikte, die ihrer Aufsicht anvertraut sind, auf die unbarmherzigste Weise zu peinigen, und die gewaltsamsten Bedrückungen zu verüben. Als einstmals ein Europäer dem Rajah von Travankore wegen der Grausamkeit Vorwürfe machte, die er in Rücksicht einer gewissen Erpressung verübt hatte, gab er in vollem Grimm zur Antwort: "Ihr selbst habt mich ja diese Grausamkeiten, die gewaltthätige Verfahrungsart gelehrt." Er hätte geradezu sagen sollen: "Ihr habt mich ja dazu gezwungen."

Der einzige indische Fürst, welcher, trotz dieser allgemeinen Unterjochung und Herabwürdigung aller Andern, noch immer das Herz hat, seine Rechte zu vertheidigen, und den die Engländer noch nie bezwingen konnten, ist der Rajah von Cotiote. Seine Besitzungen liegen zwischen den Gebirgen, Abgründen und Waldungen, ostwärts von Taliceri. Dieser arme und unbedeutende Souverain war ehedem ein Freund der Engländer, und hat ihnen sowohl zu jener Zeit, wo Taliceri vom Sardar Chan belagert, und von dem braven Major Adington vertheidigt wurde, als auch bei manchen andern Gelegenheiten sehr wesentliche Dienste geleistet.

Vor einigen Jahren fielen die Engländer, ich weiss nicht mehr unter was für einem nichtigen Vorwande, in seine Länder ein, und wollten ihm eben so mitspielen, wie den andern Fürsten. Ob er schon viel zu schwach war, sich mit einem so überlegenen Feinde zu messen (und eben diese Schwäche mochte wohl in dessen Augen sein größtes Verbrechen seyn), so leistete er doch einen muthigen Widerstand richtete zwei Bataillons Seapoys, nebst einer Menge europäischer Offiziere und Soldaten zu Grunde, und nahm ihnen ihre Munition, ihre Feldgeräthe und ihr Gepäk weg. Als die englische Compagnie sah, daß bei dieser Fehde viel zu verlieren und wenig für sie zu gewinnen sey, fand sie es rathsam, dieselbe für diesmal beizulegen; nach Tippu's-Saibs Fall aber suchten sich die Engländer wegen der tiefen Wunde, die er ihrem Stolze geschlagen hatte, zu rächen, und fiengen unter dem Vorwande, daß der Rajah sein Vasall gewesen sey und Tribut an ihn gezahlt habe, von neuem Krieg mit ihm an. Er machte es aber wie gewöhnlich, tödtete ihnen ungefähr dreihundert Seapoys, und erlitt hiebei wenig oder gar keinen Verlust.

Am Ende aber wird er dennoch unterliegen müssen; denn jezt 1802, wo ich dies schreibe, steht ein Truppenkorps in seinem Lande, das wenigstens sechs bis sieben tausend Mann stark ist, und theils aus Seapoys, theils aus europäischen Soldaten besteht. Diesen kann er höchstens drei bis vier tausend Nairen entgegenstellen, die ihm zwar als seine Unterthanen treulich beistehen, aber von Wald zu Wald, von Fels zu Fels zurückgedrückt werden, mit Hunger und Elend kämpfen und an Allem Mangel leiden. Einige seiner Hauptleute und Anhänger, die in feindliche Gefangenschaft gerathen, hat man gespießt; eine Strafe, welche die Nairen unter allen, die ihnen zuerkannt werden können, für die schimpflichste halten. Dem Rajah selbst soll, wie mir einige Offiziere versichert haben, das nämliche Schicksal bevorstehen, wenn er dem Feinde in die Hände fällt.

Uebrigens läßt sich dieser Fürst weiter auf nichts ein, als daß er vertheidigungsweise zu Werke gehet. Man giebt ihm zwar Schuld, daß er einige seiner Kriegsgefangenen sehr grausam behandelt habe; im Grunde aber hat er bloß Repressalien gebraucht. Folgendes Beispiel ist ein Beweis von seiner Mäßigung. Ein englischer Offizier war nebst einer Compagnie Seapoys in einem engen Passe eingeschlossen, und man würde denselben zuverlässig nebst seiner sämmtlichen Mannschaft in Stücken gehauen haben, wenn er Miene gemacht hätte, sich vertheidigen zu wollen. Da er nun seinen unvermeidlichen Tod vor Augen sah, so ließ er sich, um demselben, wo möglich, zu entgehen, mit den Hindus in Unterhandlungen ein. Diese verlangten weiter nichts, als daß er sogleich aus ihrem Lande marschiren solle, in welchem Falle sie ihm nicht das mindeste zu Leide thun würden. Man kann sich leicht vorstellen, daß er herzlich froh war, so wohlfeilen Kaufs davon zu kommen. Die Hindus begleiteten ihn bis an ihre Grenze, wo sie ihn alsdann seinen Weg ungehindert fortsetzen ließen.

Der englische Offizier, welcher die Truppen kommandirt, die gegen diesen Fürsten im Felde stehen, hat dessen Unterthanen in mehrern Proklamationen sehr liebreich aufgefodert, ihren Nacken unter das Joch zu beugen, und nennt sie unter andern die rebellischen und verblendeten Bewohner von Cotiote. Was dies wohl für eine Rebellion und Verblendung seyn mag? Verblendet sind sie gewiß nicht; Rebellen müssen sie aber wohl seyn, da man sie zu Paaren zu treiben sucht.

Die gesammte Kriegsmacht, mit deren Hülfe die englische Compagnie ein so stark bevölkertes großes Reich, wie Indien ist, in Unterwürfigkeit erhält, wird aus ungefähr 16,000 Mann europäischen und 60,000 Mann *) indischer Truppen bestehen. Aus Furcht läßt man es sich zwar, besonders seit einiger Zeit, sehr angelegen seyn, Alles, was auf das Interesse der Compagnie in Hindostan Bezug hat, unter dem Schleier des Geheimnisses zu verbergen, indessen wird obige Angabe der Wahrheit doch sehr nahe kommen; denn die meisten Regimenter sind bei weitem nicht vollzählig, und besonders unter den europäischen giebt es Einige, die gewiß nicht über vier bis fünfhundert dienstfähige Leute aufweisen können. Der größte Theil der dasigen europäischen Truppen gehöret dem Könige von Großbritannien, welcher sie aber zum Dienste der Compagnie hergiebt, oder unter dessen Namen man wenigstens von ihnen Gebrauch macht. Die Nationaltruppen, welche theils aus Mahomedanern, theils aus Hindus bestehen, und Seapoys genannt werden, sind auf dieselbe Art disciplinirt, müssen die nämlichen Kriegsartikel beschwören, führen eben solche Waffen und Feldgeräthe, und sich auch beinahe eben so montirt, wie jene. Sie unterscheiden sich bloß dadurch, daß sie weder Hut noch Helm, sondern statt dessen eine Art Turban, oder vielmehr eine große Mütze tragen, die zwar sehr gut uns Auge fällt, aber nicht gehörig festsitzt, und daß sie sehr enge und kurze Beinkleider tragen, die kaum die Hälfte der Schenkel bedecken. Uebrigens gehen sie barfuß (die Offiziere ausgenommen, welche Stiefeln tragen) und bloß auf weiten Märschen tragen sie Schuhe, ungefähr von eben der Art, wie bei uns einige Bettelmönche. Diese Truppen werden von englischen Offizieren kommandiret, deren bei jedem dieser Regimenter fast eben soviele angestellt sind, wie bei einem europäischen. Bei jeder Compagnie befinden sich außer einem europäischen Hauptmann, Lieutenant und Fähndrich, auch noch zwei Nationaloffiziere, nämlich ein Subadar und Dschemedar, von welchen der erstere die Stelle des Hauptmanns, und der zweite die des Lieutenants vertritt. Die Staabsoffiziere bei jedem Regimente bestehen aus einem Obristen, zwei Obristlieutenants, deren jeder ein Bataillon kommandiret, und aus zwei Majors. Auch hat man zwei Regimenter Nationalkavallerie errichtet, die Bedienung der Artillerie aber haben sich die Engländer ausschließlich vorbehalten, um zu verhindern, daß die Indier nicht damit umgehen lernen. Bloß zu den mechanischen Verrichtungen, die dabei vorkommen, bedienet man sich der Lascars, einer Art Soldaten, von welchen zu diesem Behuf jedem Artilleriekorps eine gewisse Anzahl zugetheilt ist. Diese verschiedenen Nationaltruppen werden regelmäßig bezahlt, in guter Zucht und Ordnung gehalten, und sind reichlich mit Allem versehen, was dazu erforderlich ist, um gleich auf den er- Wink, ohne den mindesten Verzug, aufbrechen zu können.

*) Andere rechnen diese auf 120,000 Mann.

Zwischen den Offizieren der englischen Compagnie und jenen, die in königlichen Diensten stehen, herrscht eine gewisse Animosität, wie solches zwischen den Beamten der Civil- und Militärdepartemente von jeher der Fall war. Die königlichen Offiziere betrachten sich als Leute, die einen höhern Rang bekleiden, als jene; sie haben jederzeit, wenn beide in Ansehung ihres Grades einander gleich sind, den Vorzug im Kommando, und wenn es ihnen gelingt, in Verbindung mit jenen einen glücklichen Streich auszuführen, so trägt der königliche Offizier gemeiniglich ganz allein die Ehre davon, mag er übrigens an den Erfolge noch so wenig oder gar keinen Antheil gehabt haben. Ueber diese und andere dergleichen widerrechtliche Anmaßungen hörte ich die Offiziere der Compagnie oft bitterlich klagen, und wie es mir vorkam, mochten sie wohl Recht haben. Uebrigens sind die königlichen Offiziere meistens weit besser erzogen und unterrichtet, führen sich auch viel besser und ordentlicher auf, als man es in den meisten Fällen von Kommandirenden gewohnt ist. Ehedem erhielten die Offiziere der Compagnie ihre Anstellungsdekrete unmittelbar vom Direktorium; seit einigen Jahren werden sie aber fast auf eben die Art angestellt, wie die königlichen, um dadurch der Unzufriedenheit und den Unruhen vorzubeugen, welche schon hier und da ausbrachen. Daher erhalten sie vom Könige eine Lokalbestallung, das heißt, sie bekommen einen gewissen Grad, von welchem sie aber bloß in Indien Gebrauch machen dürfen. Wenn sie nun fünf und zwanzig Jahre in diesem Lande gedient haben (während dieser Zeit ist es ihnen erlaubt, drei Jahre in Europa auf Urlaub zuzubringen), so steht es ihnen frei, sich mit Beibehaltung ihres vollen Gehalts in ihre Heimath zu begeben. Allein die Strapazen, welche sie in Indien ausstehen, und ihre ausschweifende Lebensart haben gewöhnlich, die Folge, daß sehr wenige nach England zurückkommen, um daselbst ihre alten Tage in Ruhe zu verleben.

Die englische Compagnie hat allen in ihren Diensten stehenden indischen Offizieren, welche Englisch lernen, eine Gehaltszulage anweisen lassen; so auch den englischen Offizieren, welche sich mit dem Studium der in Indien üblichen Sprachen, z. B. des Tamulischen, Malabarischen, Hindostanischen, sogar des Persischen beschäftigen, welches besonders unter den Großen und Vornehmen, die sich zur mohamedanischen Religion bekennen, ziemlich stark im Gebrauche ist. Diejenigen Offiziere, welche es in diesen Sprachen soweit gebracht haben, daß man sie als Uebersetzer und Dolmetscher gebrauchen kann, bekommen sehr ansehnliche Besoldungen, und müssen den Generaloffizieren, Commissarien u. s. w. sowohl in Civil- als Militärsachen, bei ihren Arbeiten als Sekretäre hülfreiche Hand leisten, oder man bedient sich ihrer, wie solches jezt auf der Malabarküste geschiehet, die Steuern und Abgaben eintreiben zu helfen. Da aber diese Menschen in immerwährender Zerstreuung leben, und da es ihnen auch an Fleiß fehlt, so ist die Anzahl derer, die es in diesen Sprachen zu einiger Vollkommenheit bringen, gut oder schlecht, das Hindostanische, welches man gewöhnlich, obgleich sehr unrichtig, das Maurische nennet, und wodurch man sich, so wie vermittelst des corrumpirten Portugiesischen, an allen Orten und Enden in ganz Indien durchhelfen kann.

Da ein großer Theil dieser Offiziere selten oder nie in den Fall kommt, die Verhältnisse des häuslichen oder gesellschaftlichen Lebens berücksichtigen zu müssen, die in einem Lande, wo man sich nicht, wie bei uns in Europa, durch allerlei Vergnügungen zerstreuen kann, dem Ungestüm jugendlicher Leidenschaften wenigstens einigermaßen Einhalt thun, und ihnen eine ganz andere Richtung geben würden, so wählen sie ein eben so trügliches als höchst schädliches Mittel gegen die Unthätigkeit und die mit derselben verschwisterte Langeweile, welches darin besteht, daß sie ununterbrochen fortschwelgen, und sich in den niedrigsten Lastern herumwälzen. Ihre meiste Zeit bringen sie entweder bei der Weinflasche, oder mit lüderlichen Weibspersonen zu, und die Folge davon ist, daß sie in der Blüte ihres Lebens dahin sterben, wiewohl man solches dem Klima in Indien beimessen will, das aber hieran zuverlässig nicht Schuld ist. Ich selbst habe mehrere junge Offiziere gekannt, welche zwar die schönsten Hoffnungen von sich blicken ließen, dabei aber so unbesonnen waren, daß sie sich fast immer nicht nur in Madera und andern Weinen, sondern auch noch in Branntwein und andern starken Getränken berauschten, und dadurch ihre Leibes- und Seelenkräfte in kurzer Zeit gänzlich zu Grunde richteten.

Beim ersten Anblick scheinen es zwar, als ob der Luxus der in Indien befindlichen Engländer den Eingebornen mancherlei Vortheile gewähre, und ihnen auch wieder zu einem Theile des Geldes verhelfe, das ihnen von denselben entrissen wird; allein das wenige Gute, was allenfalls aus diesem Uebel entspringt, wird offenbar Großbritannien zu Theil. Zu den Montirungsstücken der Offiziere, Soldaten und Seapoys werden schlechterdings keine andere als englische Tücher genommen. Alle Möbeln, Wagen, Karossen, wie überhaupt alle Produkte der Natur, der Kunst und des Luxus, welche sich, ohne Schaden zu nehmen, über das Meer transportiren lassen, werden aus England nach Ostindien geschaft, so daß es das Ansehen hat, als ob beinahe ganz London nach Madras, Kalkutta und Bombay versezt worden sey. Der Engländer verachtet alle andere Manufakturwaaren, so lange er dergleichen aus seinem eigenen Lande beziehen kann.


Zeitungsnachrichten.[]

1808.[]

Großbrittanien. [3]

Plymouth den 21. May. Die Ostindische Kompagnie hat den offiziellen Etat ihres Zustandes bis zum 1. May 1808 bekannt gemacht. Die Interessen ihrer Schulden be aufen sich auf 9,122,624 Pf. Sterl. Rechnet man aber alles das, was ihr die Regierung schuldig ist, so wie die vorräthigen Waaren in den Magazinen, so steht die Bilanz sehr zu Gunsten der Kompagnie.

Andre Englische Merkwürdigkeiten. [4]

Mehrere Stimmen erheben sich jezt, daß unter den gegenwärtigen Umständen der Handel nach Ostindien frei gegeben werden müsse. Unter andern ist darüber im April folgende Schrift erschienen: a Demonstration of the necessity and advantages of a free trade to the East-Indies, and of a termination of the present Monopoly of the East-India-Corporation, by R. Renny; mit dem Motto: Laws are prejudicial, when they impede or restrict the natural course and free expansion of human industry Gentz.


1812.[]

London, den 18ten März. [5]

Die ersten Kaufleute und Manufakturisten zu Birmingham haben eine Versammlung gehalten, worin sie beschlossen, die Regierung in einer Bothschaft zu ersuchen, daß man die Artikel des Freyheitsbriefes der ostindischen Kompagnie aufhebe, wodurch die andern brittischen Unterthanen von dem ostindischen Handel ausgeschlossen werden.


London, den 31sten März.

In den Unterhandlungen, die zwischen der Regierung und den Direktoren der ostindischen Kompagnie statt gefunden, ist beschlossen worden, daß die Kompagnie fortdauernd die Regierung der Angelegenheiten in Ostindien haben, und im Besitz der in Asien erworbenen Länder bleiben soll.


London, den 15ten May.

Gestern haben wir die angenehme Nachricht erhalten, daß zwey reich beladene Flotten aus China und Bengalen glücklich angekommen sind; die erstere bringt ungefähr 3 Millionen Pf. St. in Piastern. Sir George Staunton, Sekretär der Kommittee der indischen Kompagnie in Kanton, ist mitgekommen. Beym Absegeln der Flotte herrschte das beste Verständniß zwischen der chinesischen Regierung und den Agenten der indischen Kompagnie. Der Vicekönig von Kanton hat dem englischen Kommodore auf seinem Schiffe einen Besuch gemacht, und ist mit allen Ehren seines Ranges empfangen worden.


London, den 20sten Juny. [6]

Nach Briefen aus Bengalen vom 4ten Januar hat das Haus Harrington und Kompagnie zu Madras ein beträchtliches Falliment gemacht. Die bengalischen Papiere, die geraume Zeit al Pari standen, fielen hierauf plötzlich um 9 Procent Diskonto.


London, den 4ten August. [7]

Kaufleute die nach New-South-Wales handeln, hatten die Regierung in einer Denkschrift um Erlaubniß gebeten, eine beträchtliche Anzahl in der Nähe der Insel Otaheiti gefischter Perlen in England einzuführen. Die Regierung verwies diese Denkschrift an die Handelskammer der ostindischen Kompagnie. Diese verweigerte die begehrte Erlaubniß, in sofern die Perlen nicht auf den Kompagnieschiffen eingeführt würden, die aus England nach Jaksonsbay, und von da nach China gehen, um mit Theeladungen nach England zurückzukehren.


London, den 14ten August. [8]

Alle über die Angelegenheiten der ostindischen Kompagnie im Parlament gehaltenen Reden beweisen, daß seit der großen Ausdehnung, welche das Gebiet der Kompagnie durch Lord Wellesley's Eroberungen gewonnen hat, das Dificit in den Finanzen nur desto drückender geworden ist. Die Ausgaben können nicht anders, als durch jährliche Anlehne, wozu die Regierung ihre Einwilligung giebt, bestritten werden. Diese im Jahr 1807 begonnenen Anlehne erstrecken sich 1811 auf mehr als 10 Millionen Pfd. Sterl., und durch das diesjährige Budget kamen noch 2 Millionen hinzu. Nur mittelst dieser Anlehne ist die Kompagnie im Stande, ihren Handel fortzusetzen; allein ausser den zu entrichtenden Zinsen verliert sie auch noch jährlich 200,000 Pfd. Sterl. auf die aus Indien eingeführten Waaren, und die Lokalverwaltungskosten in Hindostan betragen beständig 100 bis 200,000 Pfd. Sterl. über den Etat. Bey dieser Lage der Dinge kann die Kompagnie unmöglich mehr ihr weites Gebiet mit Vortheil benutzen, sondern sie sollte nach Lord Wellesley's Meinung jedem Engländer erlauben, Handel nach Hindostan zu treiben, und, besonders gegen eine leichte Abgabe an die Kompagnie, englische Waaren daselbst einzuführen.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
  2. Brandraketen, ein Feuerwerk für Engländer. In zwanglosen Heften. London, 1808. Im Büreau der Ausländer.
  3. Wiener-Zeitung. Nro. 53. Sonnabend, den 2. July 1808.
  4. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.
  5. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 81. Mittewoch, den 3. April 1812.
  6. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 199. Montag, den 19/31. August 1812.
  7. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 226. Donnerstag, den 19. September/1. Oktober 1812.
  8. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 231. Mittewoch, den 25. September/7. Oktober. 1812.
Advertisement