Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Erster Koalitionskrieg (1792 - 1797).

Erster Koalitionskrieg (1792).

Erster Koalitionskrieg (1796).

Erster Koalitionskrieg (1797).


Ueber die Französischen Siege, und Festungs-Einnahmen in dem bisherigen Kriege.[]

[1]
Weit entfernt den Französischen Generalen, und den Armeen überhaupt den Ruhm der Tapferkeit, und großer kriegerischer Auszeichnungen, streitig machen zu wollen, halten wir es für Pflicht der unpartheyischen Geschichte, die übertriebnen Vorstellungen, und große sprecherischen Pralereyen zu rügen, durch welche man die Unkundigen hintergeht, die Geschichte entehrt, und dem wahren Ruhme der Französischen Krieger selbst einen schlechten Dienst leistet. Von dieser Art war die in den meisten Französischen und Teutschen Zeitungen gegebne Liste der gewonnenen Schlachten, eroberten Festungen, erbeuteten Kanonen, und der Zahl der Gefangnen. Zufolge dieser Liste hätten die Franzosen in dem bisherigen Kriege 261 Siege erfochten, 152,600 Feinde getödtet (als wenn sie genau gezählt worden wären) 197,784 Gefangne gemacht, und 338 feste Plätze erobert. Es möchte wohl schwer werden, diese 338 Festungen namentlich anzuführen, aber, je größer diese Zahl ist, desto wichtiger ist die Bemerkung, daß in diesem ganzen Kriege die Französischen Armeen auch nicht eine einzige Festung durch eine regelmäßige Belagerung erobert haben. Vor keiner einzigen Festung ist von den Franzosen Bresche geschoßen worden. Alle haben sich, entweder aus Mangel an Lebensmitteln, nach langwierigen Blocaden, wie z. B. Luxemburg, und Mantua, oder bey Ueberrumplung, oder durch Verrätherey, wie z. B. Mainz, oder durch Verträge, wie Mannheim, oder durch politische und besondre Umstände, wie Landrecy, le Quesnoi, Valenciennes, Conde, Antwerpen, und die vielen wichtigen Holländischen Festungen, den Franzosen überliefert. Bey den meisten Festungen war die Erscheinung der Franzosen, und eine Drohung, hinreichend, um den Einzug zu halten.

Ohnerachtet dieses, in den Geschichten aller Kriege der Welt beyspiellosen, Glückes, haben die Franzosen doch eine entsetzliche Menge Menschen verloren. Nach den ersten allgemeinen Requisitionen wurden elf Armeen aufgestellt, und unzählige male versicherte man, unter der Autorität der damaligen Gewalthaber, daß anderthalb Millionen Französischen Soldaten im Felde gegen die Feinde fechteten. Wenn man auch hierbey die neue Französische Rechenkunst in Betracht ziehen, wenn man auch ein Drittheil abrechnen will, so hat doch Frankreich diesen Krieg wenigstens mit einer Million Soldaten geführt. Und -- wie viele sind davon jetzt noch übrig? -- Die gesammten Nord-Sambre- und Maas-Armeen, welche unter dem Commando des Generals Hoch den Nieder-Rhein forcirten, wozu noch alle Französische Truppen aus Holland gezogen wurden, bestanden, nach sichern Angaben, aus 70,000 Mann. Die Mosel- und Rhein-Armee, welche General Moreau über den Ober-Rhein führte, war eben so stark. Die Armee des Generals Buonaparte, wobey, wie er selbst in seinen Berichten anführte, viele Italiener, und sogar Polen sich befanden, war, nach seiner eignen Angabe, als er die Unterhaltung der Truppen von dem Kaiserlichen Hofe, bis nach dem Venetianischen Gebiete hin, sich bedung, und zugesagt erhielt, mit Inbegrif des ganzen Troßes, 80,000 Mann. Die in Italien noch zurückgebliebne Armee wurde zu 25000 Mann angegeben. Zu der Armee des Generals Hoche waren sogar die Truppen aus der Vendee herbeygezogen worden. -- Die gesammte Französische Kriegsmacht, im Felde, bestand also im Anfange dieses Feldzugs aus -- 245,000 Mann.

Im Jahr 1793 bestand sie nach den Versicherungen der Regierungs-Männer im Convente aus -- 1,500,000 Mann; Und wenn man auch nur eine Million annehmen wollte, so hätte Frankreich 745,000 Mann in diesem Kriege verloren. Aber man muß nach aller Wahrscheinlichkeit den Menschenverlust noch viel größer rechnen.

Man ist in Frankreich nicht so kurzsichtig, und unverständig, solchen erdichteten prahlerischen Berechnungen, wie die obige im Eingange dieses Kapitels angeführte ist, *) Glauben beyzumeßen. Man hält sie für das was sie sind. Mehrere Journalisten in Paris haben darüber, theils bittre, theils spöttische Anmerkungen gemacht. Eine der vorzüglichsten Bemerkungen darüber enthielt das in Paris herauskommende Journal la Quotidienne, welche wir unsern Lesern mittheilen wollen.

-- "Ich bewundre (sagt der Verf. der Quotidienne) die zweyhundert und ein und sechszig Siege in drey Feldzügen, von denen man die Liste hat drucken laßen; ich beuge meine Stirn in den Staub, vor den zweymal hunderttausend Gefangnen, und werde alle Tage in ein größeres Erstaunen gesetzt, über die auf dem Schlachtfelde getödteten hundert und funfzigtausend Menschen. Nie hat man so große Thaten bey den Griechen gesehn, und ich bin fest überzeugt, daß man niemals im Alterthume so viele Menschen getödtet hat. Ich wünschte indeßen wohl, daß man uns einigemale etwas von den Verlusten sagte, die wir erlitten haben, um den Sieg zu feßeln; denn man weiß, daß der Werth der Sachen, nachdem was sie kosten, pflegt berechnet zu werden. Die bunten Bänder, mit denen ihr die Freyheit schmückt, sind von einer vortreflichen Fabrik; aber könntet ihr uns nicht die Werkstatt zeigen? Ich mag immerhin die officiellen Berichte lesen, ich finde darin nicht den Tod eines Tambours; stets sind es die Carmagnolen des Barrere, oder der kleine Finger des Beurnonville. **) Moreau will uns durchaus nicht sagen, daß viertausend Mann beym Uebergange über den Rhein umgekommen sind. Wir bewundern in Wahrheit die Verschwiegenheit so sehr wie die Tapferkeit; Moreau begnügt sich zu gestehen, daß der Feind einen hartnäckigen Widerstand gethan hat; nichtsdestoweniger ist es wahr, daß man, mit einiger weniger Uebung, und wenn man die officiellen Berichte zu lesen versteht, wohl weiß, was das heißt, ein hartnäckiger Widerstand. Ich habe bisweilen Augenzeigen befragt, und durch die Freymüthigkeit der Soldaten habe ich erfahren, daß der Sieg bey Gemmapes zwölftausend Mann, die Niederlage bey Nerwinden funfzehntausend Mann kostete; es ist wahr, daß Dumouriez damals die Truppen zur Schlachtbank führte; aber man hat mir auch gesagt, daß, unter den Befehlen des, ohne Zweifel vorsichtigern und klügern Jourdans, funfzigtausend Franzosen zu Dünkirchen, Cambrai und Maubeuge umgekommen waren; daß zwölftausend andre bey Fleurus getödtet wurden; (man kann darüber Guyton-Morveaux befragen; er war im Gefolge der Armee, wo er für Furcht in seinem Aerostaten dem Tode nahe war.) Hoche verlor auch 12,000 Mann bey Kaiserslautern und in der Pfalz. Hat man jemals von den, durch die Uebergänge über den Rhein, die Rückzüge aus Teutschland, die man uns als kleine retrograde Bewegungen ankündigte, durch die Vendée, und die Heldenthaten Merlins von Thionville, der mit dem Tode einen Tractat gemacht hatte, veranlaßten Verlusten geredet? . . . . Jedermann weiß, was uns Italien gekostet hat, und Barras ist der Einzige in Frankreich, der nicht glauben will, daß Buonaparte für Italiens Eroberung hunderttausend Menschen aufgeopfert hat; aber der Friede sollte das Ende dieses letzten Opfers seyn; ich finde ein Vergnügen darin, bey dieser beruhigenden Idee zu verweilen."

*) Eine solche Rechnungskunst hat neuerlichst noch die Bevölkerung Frankreichs auf nicht weniger als 31 Millionen Menschen angesetzt. Wir werden von dieser ridicülen Absurdität zu andrer Zeit umständlich reden.
**) Als General Beurnonville im Herbst 1792 bey Trier von dem Fürsten von Hohenlohe-Kirchberg geschlagen, und mit großem Verluste nach den Französischen Grenzen zurück getrieben wurde, schrieb er an den Convent nach Paris -- "er habe ein Treffen geliefert, welches so unbedeutend sey, daß er weiter keinen Verlust erlitten, als daß einem Soldaten der kleine Finger verbrannt worden sey! -- So sind die officiellen Berichte der Franzosen beschaffen gewesen.


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1797.
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