Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Das Fürstenthum Waldeck.[]

[1]

I. Land.[]

1. Bestandtheile. Zwei kleine Länder: die ehemalige Grafschaft Waldeck, und die Grafschaft Pyrmont machen dieses Fürstenthum aus.
2. Größe und Gränzen. Der Flächeninhalt beträgt etwas über 21 Quadratmeilen, wovon etwa 20 dem alten Lande angehören. Beide Bestandtheile sind auf allen Seiten von dem Königreiche Westphalen und dem Großherzogthume Hessen umgeben.
3. Boden, Gewässer, Klima und Producte. Ein sehr großer Theil des Landes besteht aus Bergen und Wäldern; doch findet man hier und da auch fruchtbares flaches Land, durch welches sich die Aar und Eder schlängeln. Die Diemel hat hier ihre Quelle. Das Klima ist ziemlich gemäßigt, doch hier und da in den Berg- und Waldgegenden etwas rauh. Die Thäler liefern indessen ziemlich viel Getreide, die Wälder sehr viel Holz und Wildprät, die Flüße viele Fische. Vieh ist in ziemlich großer Zahl vorhanden; besonders groß ist die Zahl der Schaafe. Die Berge enthalten Marmor, Eisen und Kupfer. Nieder-Wildungen hat einen Sauerbrunnen. Eine schöne Geldquelle ist der von Fremden zahlreich besuchte Pyrmonter Brunnen.


II. Bewohner.[]

1. Nach ihrer Anzahl, Bildung, Religion xc. Die Volkszahl beläuft sich auf etwas über 54,500 Menschen, welche in 13 Städten, 2 Flecken, 106 Dörfern, und 42 Weilern, Schlössern und Rittersitzen wohnen. Für litterarische Bildung der Einwohner besteht in Nieder-Wildungen eine lateinische Schule, und in Corbach ein Gymnasium. Die Religion der Einwohner ist theils die evangelisch-lutherische, theils die reformirte.
2. Nach ihrer Industrie xc. Die vornehmsten Nahrungszweige der Einwohner sind Ackerbau, die Hornvieh- und Schaafzucht, die Waldbenützung, die Fischerei und der Bergbau. Getreide, Käse und Eisen werden ausgeführt. Die landesherrlichen Einkünfte belaufen sich nach einigen Angaben auf 375,000, nach andern auf 470,000 fl.


III.[]

Die Staatsverfassung ist in diesem Fürstenthume ständisch. Die Ritterschaft und die Städte nehmen Theil an der Staatsgewalt. Als Mitglied der rheinischen Conföderation stellt der Fürst ein Contingent von 400 Mann.


IV.[]

Die Central-Staatsverwaltung geschieht durch die Landescollegien, die ihren Sitz in der Residenzstadt Arolsen haben. Für die Justizpflege ist zu Corbach ein Hofgericht. Zur Verwaltung der einzelnen Theile ist Waldeck in 9 Aemter getheilt.


Waldeck.[]

[2]
Waldeck. Das Fürstenthum oder die alte Grafschaft Waldeck wurde ehemals zu dem oberrheinischen Kreise gerechnet; es gränzt gegen Süden und Osten an Churhessen, gegen Westen und Norden an die jetzige preußische Provinz Westphalen. Das Fürstenthum hat einen Flächeninhalt von 20 Quadratmeilen mit ungefähr 46,000 Einwohnern, enthält 13 Städte, 1 Marktflecken, 41 Pfarr- und 55 Kirchendörfer, 42 Weiler, Schlösser und Rittersitze, und ist in 9 Aemter getheilt. Der Boden ist größtentheils steinicht und mit Waldungen bedeckt, doch wird noch mehr Getraide erbaut, als der Bedarf der Einwohner erfordert; die Viehzucht ist ansehnlich. Die vorzüglichsten Producte sind Eisen, Blei und Kupfer, Goldsand findet sich in der Eder; auch gibt es Marmor- und Alabasterbrüche. Die Einwohner sind größtentheils, so wie das fürstliche Haus selbst, lutherischer Religion, doch leben auch viele andre Religionsverwandte unter ihnen. Sie sind arbeitsam, aber nicht sehr wohlhabend; außer Ackerbau und Viehzucht und den Arbeiten in den Berg- und Eisenwerken, beschäftigen sie sich mit Verfertigung grober Tücher und andrer wollnen Zeuge, und mit Garnspinnen. Die schon seit langer Zeit eingeführten Landstände bestehen aus den Rittergutsbesitzern, den deputirten Städten und dem Bauerstand. Die sämmtlichen Einkünfte des Fürsten sollen über 400.000 Gulden betragen, wovon 50,000 Gulden von dem Ertrag der Bäder zu Pyrmont herfließen. Ganz abgesondert von dem Fürstenthume Waldeck ist die dem Fürsten gehörende Grafschaft Pyrmont (s. d. Art.). Die ehemals gräfliche, seit 1682 fürstliche Familie von Waldeck gehört mit unter die ältesten in Deutschland. Die Grafschaft Waldeck war seit 1438 ein Lehn des Gesammthauses Hessen. Die Streitigkeiten über diese Lehnshoheit wurden 1635 durch einen Vergleich beendigt, der im westphälischen Frieden (1648) bestätigt wurde. Durch den Beitritt zum rheinischen Bunde (d. 18. April 1807) erlangte der Fürst die völlige Souverainität. Der jetzt regierende Fürst Georg, der seinem verstorbenen Bruder am 2. Sept. 1812 in der Regierung folgte, trat 1814 von dem rheinischen Bund wieder ab. Bei dem Bundestage zu Frankfurt hat der Fürst mit den Häusern Hohenzollern, Lippe, Reuß und Lichtenstein nur eine Gesammtstimme, bei der weitern Bundesversammlung aber, oder im Pleno, eine Stimme. Sein Contingent zum Bundesheere im Frieden ist auf 250 Mann angesetzt, nach dem angenommenen Maßstabe der Bevölkerung von 50,000 Seelen, wozu die Grafschaft Pyrmont mit 4500 Einwohnern gerechnet worden. Zum ehemaligen Kreiscontingente stellte Waldeck zwei Compagnien; sein Contingent zum rheinischen Bunde betrug 400 Mann. Das Militär des Fürsten besteht aus 1800 Mann, wovon jedoch ein großer Theil im Dienste des Königreichs der Niederlande steht. -- Die Hauptstadt des Fürstenthums ist Corbach, mit 400 Häusern, 1600 Einwohnern und einem guten Gymnasio. Zu Arolsen, einer kleinen, gut und regelmäßig gebauten Stadt, ist die eigentliche Residenz des Fürsten. Das Residenzschloß ist ein ansehnliches Gebäude, in welchem sich auch sämmtliche Landescollegia befinden.


Quellen.[]

  1. Handbuch der Statistik der europäischen Staaten, zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung von D. Joseph Milbiller. Landshut, 1811. Bei Philipp Krüll, Universitäts-Buchhändler.
  2. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.

Literatur.[]

Advertisement