Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Kriegs-Scenen zwischen den Schweden und Preußen im Lauenburgschen.[]

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Besetzung dieses Landes von den Preußen.[]

Se. K. Schwedische Maj. hatten wie oben angeführt erklären lassen, daß Sie das Lauenburgsche nicht freiwillig räumen, und daß Sie das Vordringen der Preußen dahin als einen Angriff auf Ihre eignen Staaten ansehen würden. Es war daher zu erwarten, daß es zu einem kleinen kriegerischen Auftritt im Lauenburgschen kommen würde; und dies ist auch der Fall gewesen. Ehe wir hiervon weiter reden, theilen wir folgendes officielle Bülletin mit, welches unterm 22sten April aus dem K. Schwedischen Hauptquartier zu Greifswalde erlassen ward:


Schwedisches Bülletin.[]

Bülletin.

"Den aus Ratzeburg vor einigen Tagen eingegangenen Nachrichten zufolge, war den Preußischen Truppen Befehl gegeben worden, den 14ten und 15ten dieses bei Hitzacker und Artlenburg über die Elbe zu gehen, um, wie gesagt wurde, das Lauenburgsche Land in Besitz zu nehmen. Auf die erste Nachricht hievon hatte der commandirende General-Adjutant, Graf Gustav Löwenhjelm, laut Sr. Königl. Majestät im voraus gegebenen gnädigen Befehls, an den Königl. Preußischen Befehlshaber in Lüneburg folgendes Schreiben gesandt: (hier folgt das Schreiben, welches bereits im vorigen Monatsstücke S. 429 mitgetheilt worden.)

Vorher war die von Sr. Königl. Preuß. Majestät ausgefertigte Proclamation wegen der Besitznahme des Churfürstenthums Hannover, welche ebenfalls nach dem Lauenburgschen Lande übersandt worden, von dem General-Adjutanten, Grafen Löwenhjelm, an den Preußischen Befehlshaber zurückgeschickt worden. Zwei Preußischen Husaren von General Köhlers Regimenter, welche den 14. April bei Artlenburg über die Elbe nach Lauenburg gingen, um vorzufragen, ob sie da Quartier erhalten könnten, wurde von dem in der Stadt befindlichen Schwedischen Befehlshaber angezeigt, daß, so lange Schwedische Truppen das Land besaßen, kein fremdes Militair daselbst einquartiert werden dürfte, worauf sie gleich nach dem andern Ufer zurückkehrten.

Unterdessen hatte die Preußische Garnison in Lüneburg Ordres zum Aufbruch; Ammunition war an sämmtliche Truppen vertheilt und die Fähren über die Elbe wurden unter Bewachung gesetzt. Alles schien also anzudeuten, daß die so lange erwähnte Occupation sollte versucht werden, als Nachricht einging, daß General Winning in Lüneburg den 13ten Contre-Ordres erhalten und daß die scharfen Patronen wieder eingeliefert worden.

Ein Preußischer General-Quartiermeister-Lieutenant hatte bei dieser Gelegenheit dem Churhannöverschen Ober-Forstmeister von Düring geschrieben, daß Preußische Truppen mit dem Ersten in Lauenburg einzurücken gedächten, und ihn ersucht, daß er sich mit ihm über die Marschroute verstehen möchte, worauf der Ober-Forstmeister antwortete: daß er nie daran gedacht, irgend eine Marschroute für die Feinde seines Königs zu entwerfen, und daß eine solche Feigheit seiner Seits noch unverzeihlicher seyn würde, da er sich durch die Gegenwart der Schwedischen Truppen vollkommen in Stand befände, seine Pflichten als Unterthan zu erfüllen.

Den 19ten erhielten Se. Königl. Maj. einen unterthänigen Rapport von dem commandirenden General-Adjutanten, Grafen Löwenhjelm, welcher enthielt, daß schon eine Marschroute von der Mecklenburgschen Marsch-Commission unterhandelt wäre, nach welcher das Preußische Cüraßier-Regiment von Beeren von 1078 Pferden und das Infanterie-Regiment von Tschammer, als gestern aufbrechen sollte, um ins Mecklenburgsche einzurücken und durch das Hannöversche Amt Neuhaus weiter ihren Marsch nach Lauenburg fortsetzen sollten. In Boitzenburg sollte den 22sten Rasttag gehalten werden, und der Tag darauf war zur Besitznahme von dem Churfürstlichen Provinzen auf dieser Seite der Elbe angesetzt.

Nachdem ist ferner Nachricht eingegangen, daß den 18ten des Vormittags ein Lieutenant bei dem in Lenzen stehenden vorbemeldeten Königl. Preußischen Cüraßier-Regimente bei den Schwedischen, auf der Mecklenburgischen Gränze stehenden Vorposten angekommen sey und gesagt hätte, daß er Briefe an den General-Adjutanten, Grafen Löwenhjelm, von dem Preußischen Befehlshaber zu überbringen habe. Er wurde gleich von einem Schwedischen Offizier nach Ratzeburg begleitet und überlieferte folgendes Schreiben:

"Ew. Hochgebohrnen gebe ich mit die Ehre, ganz gehorsamst zu benachrichtigen, wie ich von Sr. Majestät, dem Könige von Preußen, meinem Herrn, beauftragt worden bin, mit einem Truppen-Corps ins Lauenburgische und Ratzeburgische einzurücken. Nach dem freundschaftlichen Verhältniß, welches mit der Krone Schweden und meinem Monarchen obwaltet, darf ich erwarten, daß Ew. Hochgebornen geneigt seyn werden, alles zu vermeiden, was zu Mißhelligkeiten Anlaß geben könnte. Ew. Hochgebornen wollen erwägen, daß eine vermehrte Verwickelung der öffentlichen Verhältnisse dem Wohl des nördlichen Deutschlands unmöglich beförderlich seyn kann, welches auch sowol Königl. Englischer, als Kaiserl. Russischer Seits vollkommen eingestanden wird, indem diese beiden Mächte durch freiwillige Zurückziehung ihrer Truppen bewiesen haben, wie schädlich jede andre Maaßregeln von ihnen betrachtet wird.

Bei der bekannten Loyauté von Ewr. Hochgebornen hege ich übrigens noch insbesondre das feste Zutrauen, daß Dieselben die sich im Lauenburgischen und Ratzeburgischen befindlichen Mehl- und Getreidevorräthe, als das Eigenthum Sr. Maj. des Königs von Preußen, unangetastet und in dem Zustande lassen werden, in dem sie sich gegenwärtig befinden.

Es gereicht mir zum Vergnügen, Ew. Hochgebornen die Versicherung der ausgezeichneten Hochachtung erneuern zu können xc. Lenzen, den 17. April 1806.

Oberst und Chef des Corps, von Beeren.

Graf Löwenhjelm sandte mit dem nämlichen Offizier nachstehende Antwort zurück:

"Ewr. Hochgeboren habe ich hiemit die Ehre, die Declaration zu übersenden, die ich so eben in Begriff war, abzufertigen. Daß ich die allerhöchsten Befehle meines erhabensten Souveräns pünktlich befolgen werde, bedarf ich wol nicht hinzuzusetzen. Mit den politischen Verhältnissen gestattet mein Beruf mir nicht, mich abzugeben.

Es bleibt mir also nur übrig, Ew. Hochgeboren die ausgezeichnete Hochachtung zu bezeugen xc.

Hauptquartier Ratzeburg, den 18. April 1806.

Graf Gustav von Löwenhjelm xc."

Den 18ten sind die Preußen, von Lenzen und Perleberg kommend, ins Mecklenburgische eingerückt, und haben Quartier in dem Dorfe Wasmaps genommen. Die daselbst befindliche Königl. Schwedische Husaren-Postirung hat, ihrer Ordre zufolge, sich gegen die Hauptstärke zurückgezogen. Den 19ten sollte das Preuß. Corps in Zarrentien eintreffen, und es ist also zu vermuthen, daß alles in ein oder zwei Tagen aufgeklärt werden wird, in wie weit der König von Preußen mit Gewalt sein vermeintes Recht wird geltend machen. (So weit dies Bülletin.)

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Der 23ste April.[]

Der 23ste April war der Tag, wo Schwedisches und Preußisches Blut im Lauenburgschen vergossen wurde. Ueber die kleine Affaire, welche vorfiel, sind von beiden Seiten sehr große Relationen erschienen. Wir wählen davon die kürzesten. Die Berliner Zeitungen vom 29sten April lieferten folgenden Bericht aus

Ratzeburg, den 24sten April 1806.

"Gestern rückten Preuß, Truppen unter Commando des Obersten von Beeren in unsere Stadt ein. Die Schwedischen Truppen, welche, ungefähr 400 Mann stark, bisher noch das Lauenburgsche besetzt hielten, hatten sich bei Annäherung der zur Besetzung dieses Landes bestimmten beiden Regimenter von Tschammer Infanterie und von Beeren Cavallerie bis in die Nähe unserer Stadt zurückgezogen, und schienen den Paß von Groß Zecher, wo sie sich koncentrirt hatten, vertheidigen zu wollen. Die Preuß. Truppen marschirten in 2 Colonnen gegen Ratzeburg. Als die eine Colonne bei Groß-Zecher war, wurde von den Schweden auf sie gefeuert, welches die Preuß. Truppen, ungeachtet der Lieut. von Stülpnagel vom Regiment Beeren, ein Unteroffizier und ein Schütze des Regiments Tschammer, dadurch leicht blessirt worden waren, doch nicht erwiederten, indem sie nicht einmal geladen hatten, weil sie in keiner feindseligen Absicht herangerückt waren. Die Preuß. Truppen setzten vielmehr ihren Marsch fort, und nachdem durch die Direktion desselben die Schwedischen Truppen völlig eingeschlossen waren, wurde ein Offizier mit einem Trompeter an den Grafen von Löwenhjelm, der die letztern commandirte, abgesandt, um ihn über seine eigentliche Absicht zu befragen. Auf seine Antwort, daß er bei seiner nachtheiligen Lage den Erfolg erwarten müsse, wurde ihm der Weg nach dem Mecklenburgischen geöffnet. Er schlug denselben zwar ein, schien aber seinen Marsch von einer andern Seite auf Ratzeburg nehmen zu wollen, und besetzte zu dem Ende einen Paß, der seinen Marsch dahin begünstigen konnte. Als indessen auch hier die Preuß. Truppen eintrafen, welche ihren Marsch ebenfalls nach Ratzeburg fortgesetzt hatten, fingen die Schwedischen Truppen von neuem scharf zu feuern an. Es wurden daher von den Preuß. Truppen einige Schützen vorgezogen, und nachdem diese überhaupt 4 Schüsse gethan hatten, wodurch Schwedischer Seits ein Mann und ein Pferd getödtet wurden, verließen die Schweden auch diesen Paß, und zogen sich gänzlich aus dem Lauenburgschen zurück, von wo sie ihren Marsch über Wismar weiter fortgesetzt haben. Einige Pferde, welche sich von letzteren verlaufen hatten, wurden von Preuß. Truppen eingefangen, und den Schwedischen Truppen, gegen welche, wie schon erwähnt, Preuß. Seits bei Besetzung des Lauenburgschen gar keine feindselige Absicht zum Grunde lag, nachgesendet."

Eine noch umständlichere Relation des Obersten von Beeren aus Ratzeburg vom 30sten April, ist in der Hauptsache mit vorstehendem Bericht einstimmig. Er erhält noch folgenden schönen Schluß, der eben so sehr den braven Gesinnungen des gedachten Herrn Obersten, als den Schwedischen Truppen zur Ehre gereicht.

"Die Königl Preußischen Truppen hatten, außer den schon angegebenen 3 Bleßirten, keinen weitern Verlust. Es gereicht ihnen übrigens zur Genugthuung, daß sie Gelegenheit hatten, die Schönheit, militärische Dressur und Manövrirfähigkeit der Königl. Schwedischen Truppen in der Nähe zu sehen. Die Ordnung und Disciplin dieser Truppen sind in dem von ihnen verlassenen Lande rühmlichst bekannt, und der Entschlossenheit, welche sie und ihr würdiger Anführer zeigten, muß man volle Gerechtigkeit wiederfahren lassen."

Die Relationen des kommandirenden Schwed. General-Lieutenant, Grafen v. Löwenhjelm, über die Affaire, enthält eine sehr umständliche Darstellung aller der geschickten Manöuvres, die er mit seinem kleinen Corps gegen die Preußen machte, welche in der Relation immer Feinde (Fienden) genannt werden. Die Relation schließt mit folgenden Worten:

"Die Retraite ward (nach der vorgefallenen Affaire) nach Kittslitz fortgesetzt. Das Feuer endigte, als ich einige tausend Schritte auf das Feld hinter Kittslitz gekommen war. Nachdem ich die Hölzung passirt war, formirte ich mich wieder und wartete den Feind ab, indem unsre Blessirten und Unberittenen nach Dützow fortgeschafft worden; aber der Feind war nach Ratzeburg gegangen. Ihn dahin zu verfolgen, war mir nicht möglich. Die Mannschaft war 14 Stunden lang zu Pferde gewesen. Ich marschirte also um halb 4 Uhr nach Dützau, welches im Mecklenburgischen an der Gränze liegt, ließ die Blessirten verbinden und die Pferde futtern. Um 7 Uhr des Abends zog ich nach Gadebusch, und kam den 24sten nach Wismar.

Den 24. Nachmittags traf der Capitän Valentini mit einem Trompeter ein. Er war von dem Obersten von Beeren abgesandt, um mich zu benachrichtigen, daß 2 unsrer blessirt zurückgelassenen Pferde in Gadebusch ständen, weil der Oberst von Beeren sich nicht auf feindlichen Fuß mit uns, und also diese Pferde auch nicht als Beutepferde betrachtete. Ich antwortete, daß ich sie nicht annehmen könnte, weil ich diese Pferde als Beute ansähe und keine dagegen auszuwechseln hätte.

Sowohl bei dieser, als bei allen Preußischen Communicationen mit uns, erklärten sie beständig, nicht im Kriege mit Schweden zu seyn, wobei ich mich immer auf meine Declaration berufen.

Ich hatte 232 Mann im Gliede, nämlich 30 leichte Leibdragoner, 114 Mann Schoonsche Dragoner und 88 Mann von den Mörnerschen Husaren.

Die Preußen hatten 5 Escadrons Cüraßiers, (wovon eine halbe nach Lauenburg detaschirt war) 2 Bataillons Infanterie (wovon 3 Compagnien nach Hackendorff und Büchen detaschirt waren) und 4 Kanonen.

Die Retirade dauerte 7 Stunden auf einem Wege von 2 Stunden.

Ich kann nicht anders als das Benehmen sowol der Offiziers als der Truppen rühmen, und bedauere, daß sie nicht Gelegenheit gefunden, sich auszuzeichnen.

Unser Verlust besteht in einem todt geschossenen Husaren, 3 bleßirten leichten Dragonern, 3 Husaren und 2 Schoonschen Dragonern, aus 2 todtgeschossenen und 2 weggekommenen Pferden, nachdem die Leute verwundet waren, und aus 16 bleßirten Pferden, worunter auch das des Lieutenants Hellmann bei den Husaren.

Die Preußen geben unter ihren Bleßirten auch einen Lieutenant und einen Unteroffizier an. Ihr Verlust kann nicht bedeutend seyn.

Mit einer sieben bis achtmal überlegnen Stärke gegen mich und vom Anfange der Affaire an coupirt, mit dem Befehle versehen, vor der Uebermacht zu retiriren und dem Umringen zu entgehen; mit Pferden, welche durch einen schweren Vorpostendienst von mehrern Monaten und durch Manoeuvriren von mehrern Stunden auf gepflügtem Acker und in Morastgegenden ermattet waren, und mit 5 Defiléen im Rücken, die wir nach einander passiren mußten, ist es mit nicht möglich gewesen, gegen des Feindes Willen seine Cavallerie ernsthaft genug zu engagiren, um ihm bedeutenden Schaden zuzufügen.

Greifswald, den 30sten April 1806.

Graf Löwenhjelm, kommandirender General-Adjutant.


Embargo auf die Preußischen Schiffe in den Schwedischen Häfen.[]

Sobald Se. Schwedische Maj. von obigem Vorfall im Lauenburgschen Nachricht erhalten hatten, wurde am 25sten April ein Embargo auf die Preußischen Schiffe in den Pommerschen und Schwedischen Häfen beordert. Auch ward ein Theil der Scheerenflotte beordert, die Preußischen Häfen der Ostsee zu blokiren.


Zeitungsnachrichten.[]

[1806]

[2]

Aus der sächs. Gränze, 3. Mai.

Das Bulletin des schwed Hauptquartiers aus Greifswald meldet ausführlich den Vorfall vom 23. d. v.; darin heißt es: Die Preussen hätten um halb 9 Uhr in der Frühe bei Marienstett die Lauenburgische Gränze betretten und wären so überlegen gewesen, daß die schwedischen Truppen nach einem tapfern Widerstand sich genöthigt gesehen hätten, gegen Abend das Land zu verlassen. Der Verlust bei den Truppen des Grafen von Löwenhielm habe aus einen todtgeschossenen Husaren, 8 Verwundeten und 6 theils getödteten theils verwundeten Pferden bestanden. -- Die k. preussische Generalität hat aus Ratzeburg einen ausführlichen Bericht über diesen Vorfall herausgegeben.


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1806.
  2. Bamberger Zeitung. Nro. 128. Donnerstag, 8. Mai 1806.
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