Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Nachrichten von Italien.[]

[1]

. . . . .

In dieser Situation, und durch die Umstände gezwungen, machten die Franzosen an die Republik Genua neue Forderungen. Sie verlangten von neuem, daß die Republik Genua, die in diesem Kriege immer eine bedrängte Rolle gespielt hat, ihnen die Festungen Savona und Gavio einräumen, und 30 Millionen vorstrecken sollte. Sie hatten schon, wie im vorigen Monats-Stücke bemerkt haben, beyde Forderungen abgeschlagen bekommen; jetzt erneuerten sie sie, und drangen auf die Gewährung derselben, mit Drohungen.

Indem noch die Regierung in Genua über diese Forderungen Berathschlagungen hielt, reisete der Englische Minister zu Turin, Herr Drake, in großer Geschwindigkeit nach Genua. Er hielt eine Conferenz mit dem Staats-Secretair der Republik, welche die Französischen Forderungen betraf. Er erklärte mit der Entschloßenheit, die von jeher das Betragen seines Hofes in diesem Kriege characterisirte, daß es seinen Souverain sehr mißfallen würde, wenn die Republik den Franzosen die Einräumung der Festung Savona, und die Anleihe von 30 Millionen gestattete, und daß die Englische Flotte alsdann Feindseligkeiten gegen Genua ausüben würde. Diese Vorstellungen des Englischen Hofes wurden noch von andern begleitet. Die Minister der vereinigten Höfe zu Genua, übergaben eine Note, die in dringenden Ausdrücken die Republik zur gänzlichen Verweigerung der Französischen Forderungen, die so ganz den Grundsätzen der Neutralität entgegen wären, aufforderte; der Erfolg entsprach den Wünschen. Der Senat zu Genua beschloß mit einer Majorität von 129 gegen 43 Stimmen, die gänzliche Verweigerung jener, den Grundsätzen der Neutralität zuwider laufenden Fordrungen der Franzosen. Indeßen war die Republik doch im Begriff eine Privat-Anleihe bey Kaufleuten von 5 bis 6 Millionen Livres zu erlauben, deren geringer Erfolg man voraus sah. Allein die Franzosen waren damit nicht zufrieden. Sie machten Vorkehrungen mit Gewalt zu nehmen, was sie mit Fodern nicht erhalten hatten. Sie richteten zuerst ihre Absichten auf die Festung Gavio. Ein Corps von 10,000 Mann rückte nach Voltri vor. Allein das Oesterreichi-Corps welches zu Poßuole bey Novi die Bewegungen der Feinde bemerkte, marschirte sogleich nach Gavio. Darauf zog ein Corps Franzosen gegen die Stadt Genua selbst heran, und diese Stadt kam in jene bedrohende Umstände, welche in dem obigen Briefe aus Bern beschrieben worden, und die wir hier nicht, unnützer Weise, wiederholen wollen. nach neuern Berichten aber hatte sich die Gefahr vermindert, da eines Theils die Franzosen durch Mangel an allen Nothwendigkeiten an einen ernsthaften Angriff auf die Festung Genua verhindert wurden, und anderseits der Senat die nachdrücklichsten Anstalten zur Gegenwehr machte. Er hatte von den bewafneten Land-Volke 12,000 Mann in die Stadt gezogen, und erklärte, daß er mit seinen Bürgern und der Garnison sich bis aufs äußerste gegen jeden feindlichen Angriff vertheidigen würde. Zugleich zogen die Oesterreicher mit forcirten Märschen, besetzten den wichtigen Paß von Bocchetta, und die Festung Gavio, woher sie ohne Schwierigkeit der Stadt Genua selbst zu Hülfe kommen, und die Franzosen angreifen konnten.

Die Handlung von Genua ist im vergangnen Jahre sehr beträchtlich gewesen. Es sind nemlich im Jahre 1795 zu Genua 1004 Schiffe angekommen, worunter 164 Türkische, 5 Preußische, und nur 1 Holländisches waren. Vor der Revolution in Holland, waren ein grosser Theil der zu Genua ankommenden Schiffe Holländische. Es wurden auch zu Genua 80,000 Lasten Korn mehr als im Jahr 1794, deren Werth 22 Millionen betrug, eingeführt.


Zuverläßiges Schreiben aus Genua, vom 6ten April.[]

[2]

Der erste Streich, den die Französischen Generale, die sich in der Riviera befanden, mit den Franzosen die hier in ihren geheimen Diensten stehen, zu vollführen gedachten, ist mislungen, so wie die Ausführung des Complotts, das man geschmiedet, und deßen Vollbringung man dem Commißair Salicetti übertragen hatte. Der Anschlag gieng nemlich dahin, daß man am vorigen Sonntage, da eben eine allgemeine Proceßion vor sich gehen sollte, diese Stadt durch Verrätherey überrumpeln wollte. Es herrscht hier die Gewohnheit, daß am Sonntag nach Ostern alle geistliche Orden und alle Brüderschaften der Oratorien, deren Zahl 21 ausmacht, wovon jede wenigstens aus 200 Personen besteht, zusammen kommen. Alle Erscheinen in Mänteln mit Kappen und Mönchs-Kutten, wie die Büßenden zu tragen pflegen.

Einer der Mitschuldigen jenes Complotts, entdeckte, nachdem man versprochen hatte, daß er nicht gestraft werden sollte, das Geheimniß, und gab die Rädelsführer an, die in Genua die Verrätherey vollführen sollten. Gegen Mittag, grade, wenn die Proceßion im vollen Gange seyn mußte, sollte das Complott ausbrechen. Der Plan der Verräther war, daß, indem die Linien-Truppen und die Miliz die innern Plätze besetzten, und damit beschäftigt waren, sie sich des St. Thomas-Thors bemächtigen wollten, indeßen andre das sogenannte Laternen-Thor dem Feinde überliefern sollten. Die Regierung ließ sogleich die angegebnen Personen arretiren, und die Proceßion wurde, auf ihren Befehl, aufgeschoben. Jetzt ist man mit den Mitteln beschäftigt, allen Zufällen vorzubeugen; und sorgfältigst hat man alle Posten gut besetzen lassen, von der Lanterne bis zum äußersten Ende des Sporns, der neuen Befestigung auf der Höhe, die das Thal Polcevera beherrscht. Ueberdem schickte man noch eine starke Garnison nach dem Fort Diamant, welches von jener Seite das Thal Polcevera und das Thal Bisagno gleichfalls beherrscht.

Für den gegenwärtigen Augenblick scheint alles ruhig zu seyn, denn die Annäherung der Oesterreichischen Armee wird ohnfehlbar alle Franzosen, die auf der Seite von Voltri stehen, zum Aufbruch bewegen, da es ihnen so sehr an Platz fehlt; denn Voltri, dieser kleine, so sehr bevölkerte Ort, kann kaum seine eignen Einwohner, deren Zahl sich auf 8000 beläuft, in seinem Bezirke fassen. Bey diesen Umständen und Begebenheiten ließen alle Patricier die Palläste und Landhäuser von Voltri an bis St. Pietro d'Arena, so wie im Thale Polcevera und alle Privatleute und selbst Bauern nach ihrem Beyspiele, ihre Wohnungen und Keller ausräumen, um nicht ihre Meubeln und ihren Wein dem Raube und der Plünderung überlassen zu sehn. Die Bauern die das Thal Polcevera bewohnen, versammelten und berathschlagten sich, und schickten darauf ihren Chef (den sie den Abt des Thals nennen) als Deputirten zu dem Patricier Jacob Philipp Durazzo den die hiesige Regierung als Commißair für die Vorstadt St. Pietro d'Arena und Cornigliano, um für die öffentliche Ruhe zu sorgen, ernannt hatte. Noch wußten diese Landleute die Ankunft der Oesterreichischen Armee nicht, man glaubte sie sey ganz bestimmt, durch Alexandrien und Asti zu marschieren. Dieser Bevollmächtigte erklärte im Namen des ganzen Thals Polcevera, daß er auf 20,000 Krieger zählen könnte, die keine Waffen foderten, indem sie selbst damit versehen wären, die nichts weiter als Munition verlangten. Er fügte noch hinzu, daß dieß benannte Thal nie Franzosen in seinen Gegenden und seiner Nachbarschaft leiden würde, daß, wenn diese bewafnete Mannschaft nicht hinreichte, sie noch Verwandte im Thal Bisagno hätten, die ihnen noch eine gute Anzahl zur Hülfe schicken würden, um ihre Häuser und Wohnungen zu vertheidigen, und um die Franzosen zu verhindern, ihnen ihre Weiber und ihre Kühe zu entführen und zu rauben. Stets kommen Leute von dieser Miliz froh und zufrieden in unsre Stadt, und rufen: Es lebe die Genuesische Freyheit! Es lebe Marie! Es lebe unsre durchlauchtigste Republik! dieß frohe Rufen ist für unsre Regierung und für alle Einwohner sehr beruhigend.

Die hiesige Regierung wandte gleichfalls die größte Sorgfalt an, um allen Ereignißen vorzubeugen. Sie befahl daß die Bürger-Miliz, die unter dem Namen Volontaire 5 verschiedne Corps ausmacht, aus dem Arsenale alle nöthige Waffen und Munition nehmen sollte; und auch jeder Bürger sich damit versehen könne.

Der Waffenplatz der Republik ist jetzt durch das Regiment des Pallastes sehr gut besetzt, und geschützt; und schon ist jetzt nicht mehr zu befürchten, daß die Uebelgesinnten Haufenweise Waffen finden können. Man macht überdem noch Nachsuchungen und Nachforschungen, um zu entdecken ob wohl Privat-Leute einen Vorrath von Waffen besäßen.

Das Complott hatte nicht bloß die Ueberrumpelung und die Uebergabe der Thore zum Gegenstand; die Mitschuldigen deßelben hatten die Absicht alle Patricier und alle reichen Bürger umzubringen, und sich der St. Georgs Bank zu bemächtigen -- -- --.

(Man sieht aus den in diesem Briefe enthaltenen Umständen die Gründe ein, warum die Franzosen nicht für rathsam erachtet haben, etwas gegen Genua zu unternehmen.)


Ein anderes Schreiben aus Genua, vom 12ten April 1796.[]

[3]

"Ich habe Ihnen schon gemeldet, daß der Französische Minister Villars zurückberufen ist: Er hatte von uns unsre Festungen und 30 Millionen verlangt. Salicetti kam hier den 16ten März an, und foderte von der Regierung eine geheime Anleihe von 5 Millionen. Einstimmig wurde sie ihm aber, so wie die vorige, abgeschlagen; und das Geheimniß dieses Anlehns wurde entdeckt. Die Minister der vereinigten Mächte haben der hiesigen Regierung Gegen-Noten überreicht, und Salicettis Drohungen waren vergebens. Um ihn aber desto sichrer zum Stillschweigen zu bringen, erhielt er von der Regierung einige 1000 Louisd'ors unter der Bedingung die Stadt sogleich zu räumen. Er that es, beharrte jedoch auf seine Fordrungen. Am 23 kamen 4000 Franzosen nach Voltri, welches nur 3 Stunden von dieser Stadt entfernt liegt, und forderten von daher Quartiere in der Vorstadt St. Pietro d'Arena. Die Regierung wandte sich an Cacaut, dem ad interim die Französischen Angelegenheiten übertragen waren, und verlangte von ihm eine Erklärung über die Nachbarschaft dieses Truppen-Corps, die er aber gänzlich abschlug. Hierauf erklärte ihm der Staats-Secretair, daß alle die Truppen, die sich unter den Kanonen dieser Stadt zeigen würden, mit dem Feuer der Kanonen würden empfangen werden.

Am 28sten März hielten der neue Oberbefehlshaber General Buonaparte, Laharpe, Arvoni, Pigeon, und andre Stabs-Officiere, in Gegenwart Salicettis und des neuen Französischen Minister Faypout zu Voltri einen Kriegsrath, in welchem die Lage bey Voltri für gefährlich und Salicettis Forderungen unzeitig befunden wurden. Der Anschlag noch näher gegen unsre Stadt vorzurücken wurde gänzlich aufgegeben. Hier bey uns wurde der Entschluß, den man schon vorher gefaßt hatte, sich sowohl von außen als von innen zu vertheidigen, bey behalten, und unsre Regierung suchte ferner die öffentliche Meynung gut zu leiten.

Der Erfolg war vollkommen. Man ernannte Chefs: man vertheilte die Macht mit Klugheit: man befahl die Wachsamste Thätigkeit. Zugleich erklärte man den Ministern der vereinigten Mächte, daß die Sicherheit der Republik die Annäherung eines Corps ihrer Truppen erfodere, und die Regierung ließ ein Manifest ergehen, in welchem sie das Eigenthum zu schützen, und persönliche Sicherheit und Unabhängigkeit des Staats versprach.

Diese Vorstellungen und Versicherungen waren nicht ohne Würkung. Am 31 März kamen 4000 Oesterreicher zu Novi an, welche am folgenden Tage die Bocchetta und das Thal Polcevera einnahmen. Der Oesterreichische General ließ ein Manifest verbreiten, welches sehr weise, und den Umständen und den augenblicklichen Aussichten angemeßen war. Diese Truppen breiteten sich immer mehr nach und nach aus, so daß sie die Höhen um Voltri besitzen; 15 bis 1800 Ungarn rücken schon durch den Paß Ovada gegen Voltri vor. Seit 3 Tagen hören wir in den Bergen Musqueten- und Artillerie-Feuer, welches mehrere Vorposten-Gefechte, die für die Franzosen mörderisch waren, zum Grunde hatte. Diese haben Voltri, und das Mehl und Korn, das sie in den Mühlen hatten, verlassen, und alles kündigt eine gänzliche Räumung und Rückzug an.

Die Französische Armee hat an allem Mangel. Ihr Elend ist groß. Ihre Stärke von hier bis Nizza beträgt nicht über 40,000 Mann.

Gestern kam hier eine Englische Flottille an. Sie besteht aus den beyden Linien-Schiffen, Agamemnon von 68 Kanonen, und Diadem von 60, 3 Fregatten, 2 Kutters, und 4 Kanonier-Böten. Ihre Bestimmung ist, die Angriffe des Generals Beaulieu von der See her zu unterstützen."

Aber schnelle und große Begebenheiten veränderten an eben diesem Tage, an welchem jener Brief geschrieben wurde, und in den nächstfolgenden, die Situation der Umstände von Genua und von ganz Italien.


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1796.
  2. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1796.
  3. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1796.
Advertisement