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Das Gouvernement Finnland.[]


Das Gouvernement Finnland,[1] vormals nach seiner Hauptstadt Wiburg genannt, begreift den in den J. 1721 und 1743 von Schweden an Rußland abgetretenen Theil von Finnland und liegt im nördlichen Landstriche Rußlands, am finnischen Meerbusen und gränzt gegen Westen und Norden an das schwedische Finnland, gegen Osten an das Gouvt. Olonez und gegen Süden an das von St. Petersburg. Sein Flächenraum beträgt 781 Qu. Meilen und die Volksmenge beläuft sich (nach der neuesten Zählung) nur auf 180,000 Seelen. Das Klima ist kalt, rauh und feucht. Das Land ist sehr bergig und felsig; Fortsetzungen des skandinavischen Gebirges ziehen sich durch dasselbe hin. Auch ist es sehr wasserreich und zum Theil sumpfig. Es hat sehr viele größere und kleinere Seen, von welchen die beträchtlichsten sind: der große Saima, der ein ganzes Landseen-System bildet, Inseln enthält, Seehunde hat und mit dem Ladoga zusammenhängt, und der 4 Meilen lange und 3 Meilen breite Janisch-Järwi. -- Die vorzüglichsten Flüsse sind: der Kimmene, der aus dem See Pevendi in Schweden kömmt, eine Strecke lang die Gränze bildet, fischreich ist, einige Wasserfälle hat und in den finnischen Meerbusen fällt, und der Woxa, der aus dem See Saima kömmt und in den Ladago fällt. -- Der Boden ist steinig, sumpfig, sandig, waldig und grossen Theils unfruchtbar; doch hat er auch ergiebige Stellen; er bringt nicht hinreichend Getraide hervor; die Landleute nähren sich meist mit Rüben, die hier sehr gut gedeihen; Hanf, Flachs, Tabak und Hopfen wird nur für eigenen Verbrauch gewonnen. Obst giebt es wenig. Die Waldungen sind hingegen ein großer Reichthum des Landes. Die Viehzucht ist wegen des rauhen Klima's und des Mangels an hinreichender Weide ziemlich dürftig; auch sind die Hausthiere hier alle klein. -- Die Jagd und der Fischfang sind desto einträglicher, denn wilde Thiere, als Bären, Wölfe, Luchse, Vielfraße, Marder u. s. w. sind hier in Menge; Rehe und Elennthiere sind schon seltener; auch das Federwild fängt an abzunehmen. Die Gewässer sind aber alle reich an trefflichen Fischen von mancherlei Arten. Auch enthalten mehrere Flüßchen Perlmuscheln. -- Von Mineralien findet man Marmor, Granit, Granatsteine, Achat, Eisen, Kupfer, Blei u. s. w. -- Die Einwohner dieser Landes sind theils Finnen, die zahlreichsten, theils Russen, sowohl in Städten, als auf dem Lande, theils Schweden und Teutsche, doch in geringerer Zahl. Die Hauptnahrungszweige sind hier Ackerbau, Viehzucht, die Benutzung der Wälder, die Jagd, die Fischerei und der Robbenschlag. -- Eigentliche Fabriken und Manufakturen giebt es hier nicht. Es fehlt überhaupt gar sehr am Gewerbsfleiße; auch ist der Handel nicht von großer Bedeutung. Die vorzüglichsten Ausfuhrartikel sind Holz, Pech, Theer, Stricke, Marmor, Granit und etwas Pelzwerk, Häute, Talg, Butter und Fische.

Die Finnen, welche sich größten Theils zur lutherischen Religion bekennen, sind noch ein ziemlich rohes, träges und schmutziges Volk, das eifrig an seiner alten Sprache und Sitten hängt. *) Sie sind sehr abergläubisch und beobachten noch jetzt mancherlei heidnische Gebräuche. **) -- Sie genießen als Staatsbürger auch mancherlei Vorrechte und sind nicht leibeigen, sondern frei.

*) M. s. die Abbildung ihrer Kleidertracht auf Taf. 2.
**) M. s. Georgi's Beschreibung aller Nationen des russischen Reichs, S. 15 u. f.

Das Gouvernement Finnland besteht aus folgenden sechs Kreisen: Wiburg, Friedrichshamm, Wilmanstrand, Nyslot, Kexholm und Serdobol.

Zu bemerkende Ortschaften:

1) Wiburg oder Wiborg (finnisch Somen Linna), die alte (im J. 1293 erbaute), befestigte Hauptstadt des Gouvernements, an dem Trangö Sund am finnischen Meerbusen (53° 29' L. 60° 42' N. Br.). 20 Meilen von St. Petersburg, Sitz eines griechischen Bischofs, hat einen kleinen Haven, ungefähr 350 9vor dem Brande im J. 1793 war die Zahl 950) Wohnhäuser, 1 griechisch-russische, 1 finnische Kirche, 1 Hauptvolksschule und ungefähr 3000 Einwohner, welche städtische Gewerbe, auch See- und Landhandel treiben. Die zahl der jährlich hier einlaufenden Schiffe beträgt 100 bis 110 und die ganze Ein- und Ausfuhr ungefähr 300,000 Rubel. -- In dem Kreise sind 3 Glashütten, 1 Kupferhammer, 1 Taufabrik und 18 Sägemühlen.
2) Friedrichshamm (finnisch: Wechkelar), befestigte kleine Kreisstadt, auf einer Halbinsel am finnischen Meerbusen, hat einen Haven, 93 Wohnhäuser (ohne die Vorstädte) 3 Kirchen und 1036 Einw., welche ziemlich beträchtlichen Handel treiben. -- Rotschensalm (nicht weit von Friedrichshamm), großer, bequemer, sicherer, mit Bergen umgebener und seit dem J. 1791 befestigter Seehaven für die russischen Scheerenflotte, mit Magazinen und Kasernen; auch haben sich schon Kaufleute hier angesiedelt.
Zu dem Friedrichhammschen Kreise gehören auch folgende Inseln im finnischen Meerbusen:
a) Hochland (finnisch: Suuri-Sari), ist bergig und waldig, von finnischen Bauern, die keinen Ackerbau, aber einige Viehzucht treiben und sich übrigens vom Fischfange und Robbenschlage nähren, bewohnt. Es werden hier auch zwei Leuchtfeuer unterhalten.
b) Lawansari, waldige Insel, von finnischen Bauern bewohnt, welche nur wenig Ackerbau, etwas mehr Viehzucht, dann Fischerei treiben und den Schiffen als Lootsen dienen.
c) Penisari ist nur von einigen wenigen finnischen Fischern bewohnt.
d) Seitsari, ist ziemlich unfruchtbar und nur von Fischern bewohnt; auch wird hier ein Leuchtfeuer unterhalten.
e) Tittisari, hat kein süßes Wasser und ist schwer zugänglich, wird aber doch auch von Fischern bewohnt.
f) Aspoe (d. h. die Espeninsel), ist ziemlich fruchtbar und auch bewohnt.
3) Wilmannstrand (finnisch: Lapperanda), kleine Kreisstadt am Flusse Woxa und am See Lapwesei, 7 Meilen von [Wyborg|[Wiburg]], hat 2 Kirchen und 285 bürgerliche Einwohner, welche zum Theil Kramhandel treiben; auch werden hier zwei Jahrmärkte gehalten.
Davidsstadt (Davidow), kleine, im J. 1783 angelegte Festung, etwa 7 Meilen von voriger Kreisstadt.
4) Nyslot (finnisch: Sawolinna), im J. 1477 erbaute kleine, befestigte Kreisstadt von 40 Häusern und etwa 100 bürgerlichen Einwohnern, welche nur geringen Kramhandel treiben.
5) Kexholm, kleine, im J. 1295 erbaute Kreisstadt auf zwei Inseln am Ladoga-See, bei dem Eintritte des Woxa in denselben, hat eine kleine Festung, 80 Häuser und 350 Einwohner, die nur geringen Produktenhandel treiben. -- Auf dem benachbarten Inselchen Konowez ist ein kleines griechisches Kloster, bei welchem ein großer Jahrmarkt gehalten wird.
6) Serdobol (Serdowola), kleine neue Kreisstadt am Ladoga-See, mit 65 Wohnhäusern und 575 Einwohnern, welche ziemlichen Viktualien- und Produktenhandel treiben. Auch wird hier der größte Jahrmarkt in der ganzen Statthalterschaft gehalten. -- In der Nähe sind mehrere Marmorbrüche auf Inseln am See.


Quellen.[]

  1. Neueste Länder- und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Dritter Band. Europäisches und Asiatisches Rußland. 1808.
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