Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Das Herzogthum Sachsen-Meiningen.

[1]

I. Land.


1. Bestandtheile. Das eigentliche Stammland ist der größte Theil der Grafschaft Henneberg; dazu kömmt noch ein Antheil am alten Fürstenthum Koburg.
2. Größe und Gränzen. Das ganze Fürstenthum begreift 18 3/10 Quadratmeilen. Gegen Morgen gränzt das Stammland an Ländereien der Königreiche Westphalen und Sachsen, und der Herzogthümer Sachsen-Gotha und Hildburghausen, gegen Mittag an würzburgische, hildburghausensche und gothaische Besitzungen, gegen Abend an Würzburg, Eisenach und Fulda, und gegen Mitternacht an Eisenach und Gotha. Der koburgische Antheil hingegen schließt sich gegen Morgen an das Königreich Baiern, gegen Süden an das Saalfeldische, gegen Westen an Saalfeld und Hildburghausen, und gegen Norden an Saalfeld und Schwarzburg-Rudolstadt an.
3. Boden, Gewässer, Klima, Producte. Das Hauptland hat zwar einige mittelmäßige fruchtbare Striche flachen Landes, obwohl auch diese durch mehrere, zum Theile auch durch einige sehr hohe Berge unterbrochen sind; aber der ganze Antheil am Koburgischen stellt sich nur als eine einzige große Gebirgskette dar. Hier sind Luft und Witterung so rauh, daß das Obst nicht überall zur Reife gelangt, und kein Wintergetreide gebaut werden kann. Oft findet sich winterlicher Frost mit Schnee schon im September ein. In dem andern Theile ist oft Klima etwas milder. An Wasser fehlt es in einem so gebirgigen Lande nicht. Außer einigen mittelmäßigen Seen, und mehrern Teichen ziehen sich sehr viele kleine Flüsse und Bäche durch die Thäler, die sich alle mit der zum Holzflössen dienlichen Werra vereinigen. Ihrer Beschaffenheit gemäß bringen zwar die Thäler Getreide, Hülsenfrüchte und Gartengewächse hervor; aber das Gebirgsland hat ungleich mehr Kartoffel, Flachs, Holz und Vieh. An Wildprät und wildem Geflügel ist ein Ueberfluß vorhanden; unter letzterm befindet sich auch der Fasan. In den Seen und Flüssen fängt man viele Fische; in der Werra auch Lachse zu 20 - 30 Pfund. Die Steinach enthält Perlenmuscheln. Was dem Gebirgslande an Fruchtbarkeit in Hervorbringung vegetabilischer Producte fehlt, ersetzt es durch mineralische, nämlich durch Bolus, festen Sandstein, Schiefer, Marmor, Eisen, Blei, gold- und silberhaltige Kupfer. Doch findet man auch im hennebergischen Antheile Walkererde, Granit, Eisen, Kobalt und Steinkohlen. Außer den Salzquellen zu Salzungen und Solz hat man noch einen Sauerbrunnen bei Liebenstein, und 2 andere, bisher unbenützte mineralische Quellen.


II. Bewohner.


1. Nach ihrer Anzahl, Bildung, Religion xc. Obwohl ein sehr beträchtlicher Theil des Landes von Gebirgen und Wäldern angefüllt ist, erreicht doch die Bevölkerung die Summe von 44,000 Seelen, so, daß auf jede Quadratmeile im Durchschnitte 2200 zu stehen kommen. Schon dieser Umstand ist ein Beweis von der Industrie und Arbeitsamkeit der Einwohner. Zum Unterricht für die Jugend sind gute Stadt- und Landschulen errichtet; künftige Landschullehrer werden in dem Schullehrerseminar zu Meiningen gebildet; ebendaselbst ist mit der Stadt- und Bürgerschule eine Industrie- und eine Sonntagsschule verbunden. Der Bildung für den gelehrten Stand ist das akademische Lycäum in Meiningen gewidmet. Mit litterarischen Werken versieht die herzogliche Bibliothek jeden Wißbegierigen. Auch befindet sich zu Meiningen eine vortreffliches Naturalien- und ein Münzcabinet, eine Gemälde- und eine Kupferstichsammlung. Die Religion der Einwohner ist die evangelisch-lutherische.
2. Nach ihrer Industrie. Im koburgischen Antheile sind Flachsbau, Viehzucht und Bergbau, besonders der Bau auf Eisen, die Hauptbeschäftigung der Einwohner. Hingegen im eigentlichen Stammlande baut man zwar auch viel Flachs, aber hauptsächlich Getreide. Zum Besten der Obstbaumzucht muß in jedem Dorfe eine Baumschule unterhalten werden. Besonders viel Obst liefert die Gegend um Römhild, und eine Menge Barstorfer Aepfel das Amt Wasungen. Der Tabaksbau erzeugt einen Handel mit diesem Producte ins Ausland. Aber auch die Hornvieh- Schaaf- und Pferdezucht sind hier sehr ansehnlich. Die erstere findet man häufig durch Schweizerart veredelt. Die Pferdezucht ist durch die Einführung der schönsten Meklenburger Pferde verbessert.
Manufacturen und Fabriken bestehen meist nur in dem weniger fruchtbaren koburgischen Antheile, wenn man einige Tuch- Barchent- Plüsch- und Zeugwebereien im Hennebergischen ausnimmt. Zu Schalkau im Koburgischen sind Zeug - Strumpf- und Bandmanufacturen, und Kleinwaarenfabriken, die einen sehr starken Absatz haben. Zu Steinach werden Salmiak und Berlinerblau, zu Hämmern Farbenerden fabricirt; man hat 2 Porzellanfabriken, mehrere Glashütten, 1 Spiegelfabrike zu Köppelsdorf, und wichtige Marmormühlen. Der Bau auf Eisen erhält viele Hammerwerke und Eisenwaarenfabriken in Thätigkeit. An den Flüssen sind fast überall viele Schneidemühlen in Bewegung. Jährlich gehen über 1000 Flösse mit Bauholz und Brettern in das Ausland. An Einkünften soll das Land 350,000, nach andern nur 150,000 fl. abwerfen. *)
*) Wahrscheinlich beruht eine dieser Angaben auf einem Druckfehler. Leonhardi nimmt 200,000 Rthlr. rheinisch an Th. IV. S. 747.


III. Staatsverfassung.


Die Staatsverfassung ist ständisch. Die Landstände bestehen aus der Ritterschaft und den Städten. Als Mitglied der rheinischen Conföderation hat der Herzog zu Bundeskriegen mit einem Contingent von 300 M. Infanterie beizutragen.


IV. Staatsverwaltung.


An der Spitze der Staatsverwaltung steht das geheime Rathscollegium. Die übrigen Centralstellen sind die Landesregierung, das Kammercollegium nebst der Renterei, und das Consistorium. Untergeordnet sind diesen Stellen mehrere Commissionen, z. B. die Ober-Oekonomiecommission, die Schulcommission, die Armencommission, die Polizeicommissionen xc. Uebrigens wird das Land nach einer Abtheilung in das Ober- und Unterland verwaltet. Das Oberland hat 3, das Unterland 6, oder mit Einschluß derjenigen, die sich in Thüringen befinden, 8 Aemter.


Quellen.

  1. Handbuch der Statistik der europäischen Staaten, zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung von D. Joseph Milbiller. Landshut, 1811. Bei Philipp Krüll, Universitäts-Buchhändler.
Advertisement