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Osnabrück.[]

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SectieOsnabruck

Osnabrück.

Osnabrück, ehemaliges Bißthum, im Westphälischen Kreis, zwischen dem Fürstenthum Münster, den Grafschaften Lingen, Tecklenburg, Ravensberg, Diepholz und dem Fürstenthum Minden. Die Größe desselben beträgt etwas weniges mehr, als 50 Quadratmeilen, und die Zahl der Einwohner wird nach der Zählung von 1772 auf 116 664 gerechnet; in den neuern Zeiten schäzt man, aber ohne hinlänglichen Grund, die Volkszahl auf 136,000 Seelen. Unter diesen sind noch jezt viele Leibeigene. Wenn der Vater stirbt, theilt der Gutsherr das Vermögen mit den Erben, und nimmt noch das Besthaupt voraus. Heirathet der neue Besitzer des Hofs, so muß er die Braut um theures Geld bey dem Gutsbesitzer einkaufen. Der nicht sehr fruchtbare Boden des Landes trägt Rocken, Haber, Buchweizen, aber nicht zur Nothdurft der Einwohner, auch etwas Gerste und Weitzen; ferner Hanf und sehr viel Flachs, der nicht von der besten Art ist. Zur Ausdauer ist wenig oder nichts vorhanden; aber desto mehr gewinnet der Fleiß der Einwohner an Garn und Linnen. Dieses Löwentlinnen oder grobe Leinwand, welches über England, Holland, Spanien und Portugal, nach Afrika, Ost- und Westindien geführt wird, wird von den Einwohnern, nach vollendeter Feld- und Hausarbeit, gleichsam zum Zeitvertreib, verfertigt, und mit dem dafür gelösten Gelde müssen alle Landesausgaben bestritten werden. Man schätzet die Summe, welche durch diese Leinwand und durch das Garn, so gesponnen wird, in das Land kommt, jährlich gegen 1 Million Rthlr. Nebst diesem gehen jährlich an 6,000 Beywohner, (oder Heierlinge, d. i. solche Leibeigne, welche die Nebenhäuser der Bauern zur Miethe innen haben und bewohnen,) in die vereinigten Niederländischen Provinzen und verdienen sich im Sommer Geld mit Torfstechen, Grabenauswerfen, Mähen, und anderer Feld- und Gartenarbeit. Der geringste von ihnen bringt 20 fl. und der beste Arbeiter wohl 70 fl. zurücke, so, daß man das baare Geld, das durch sie ins Land kommt, auf 200,000 fl. rechnet. Im Winter sitzen diese Leute zu Hause und spinnen. Manche von ihnen arbeiten auch in den holländischen Brauereyen, Thran- und Zuckersiedereyen, oder gehen auf den Hering- und Wallfischfang. Die Dörfer in diesem Lande sind mehr, als gewöhnlich, mit Krämern und dergleichen Leuten angefüllt; wie man dann in manche, Dorfe 2 Apothecker und 10 - 16 Weinschenken findet. Die Handelsleute auf dem Lande haben die größte Freyheit in ihrem Nahrungsgeschäfte, und bezahlen weiter nichts, als Trafikengeld und einen geringen Wagenzoll. Das Stift Osnabrück ist das erste unter denen, die Carl der Große in Sachsen errichtete. Der erste Bischof war Wido, ein Friesländer. Zur Zeit der Reformation nahmen die Stiftsunterthanen großentheils die evangelisch lutherische Lehre an. Als die Schweden, im 30jährigen Kriege, die Oberhand hatten, so machten sie den Grafen von Wasaburg zum Herrn des Bißthums Osnabrück. Aber im Westphälischen Frieden wurde der kathol. Bischof, Franz Wilhelm, Graf von Wartenberg, wieder eingesezt; jedoch mit der Bedingung, daß alle Religionssachen in dem Stande, wie sie den 1. Januar, 1624 gewesen, verbleiben, und künftig wechselsweise ein katholischer und ein protestantischer Bischof, und zwar lezterer jedesmal aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg, gewählt werden sollte. Wobey, zur Verhütung aller Unordnung, festgesezt wurde, daß unter der Regierung eines protestantischen Bischofs der Erzbischof von Köln, unter den die Bischöfe von Osnabrück gehörten, über die kathol. Stiftsgenossen und Unterthanen die bischöfflichen Gerechtsame, ausüben sollte; welche aber, in Ansehung der evangelischen Unterthanen, unter einem kathol. Bischof, gänzlich sollten aufgehoben seyn. Da nun von katholischer Seite gewöhnlich ein betagter Domherr Bischof wurde, von protestantischer hingegen immer ein junger Prinz hingesezt wurde, so gehörte das Land bey weitem die längere Zeit hindurch dem Kurhause Braunschweig. Ein evangelischer Bischof hatte auf dem Reichstag seinen Sitz auf der Querbank: ein katholischer aber zwischen den Bischöffen von Lüttich und Münster. Das Domkapitel bestund aus 25 Domherren, die alle von guten Adel seyn mußten, und unter denen sich 3 lutherische befanden. Die 4te lutherische Stelle war streitig. Die Landstände des Bißthums sind 1) das Domkapitel, welches aber nun aufgehoben ist. 2) Die Ritterschaft, und 3) vier Städte. Sie bewilligen dem Fürsten in gewöhnlichen Jahren ein freywilliges Geschenk von 100,000 Thl. Die Einkünfte des Domkapitels betrugen fast eben so viel. Durch einige Nebeneinnahmen stiegen die vollen Einnahmen des Fürsten im Durchschnitte auf 130,000 Thaler, ohne die Landessteuer. Man berechnet daher die sämmtlichen Einkünfte des Fürstenthums gegen 700,000 Gulden, oder nahe an 400,000 Thl. Das Land wird eingetheilt in die 7 Aemter: Iburg, Fürstenau, Vörden, Hunteburg, Wittlage, Grönenberg, und Reckenberg. Im J. 1802 wurde dem Hause Braunschweig-Hannover wegen anderer Abtretungen dieses Hochstift als weltliches Fürstenthum völlig überlassen, und den übrigen Kurlanden einverleibt. Der Reichsmatricularanschlag ist 6 zu Pferd und 36 zu Fuß, oder monatlich 216 fl. und zu einem Kammerziel wird 216 Gulden bezahlt. Das Stiftswappen ist ein rothes Rad, mit 6 Speichen, im silbernen Felde.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
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