Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Smyrna.[]

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Smyrna, türk. Ismi'r, berühmte Stadt an der Westküste Natoliens, in dem nach ihr benannten Meerbusen, der ohngefähr 10 deutsche Meilen in das Land hineingehet. Diese ist, wegen der vielen Sandbänke, nicht überall von grossen Schiffen zu befahren. Auf einer Landzunge, südwärts, liegt eine kleine Festung, die das Wassercastel heißt. Die Rhede bey der Stadt ist geräumig, sicher und bequem; u. die Schiffe können, ohne Gefahr, nahe am Lande liegen. Die Stadt selbst erstrekket sich von der See gegen einen ziemlich hohen Berg hinauf, auf dessen Gipfel ein altes Schloß liegt. Nicht weit davon, aber doch abgesondert, gegen die Stadt zu, ist noch ein kleineres Schloß. Nordwärts, zunächst an der See, ist das Quartier der Europäer, die Frankenstrasse genannt. Die Häuser darinnen sind von Holz und nur 1 Stockwerk hoch. Indessen ist dieses doch der schönste Theil von Smirna. Die andern Gassen sind enge, und meistens nur 2 - 4 Ellen breit. Man sucht sich dadurch gegen die Sonnenstrahlen zu verwahren; und da kein Fuhrwerk gewöhnlich ist, sondern die Lasten durch Menschen, Cameele, Maulthiere und Esel getragen werden; da jedermann entweder zu Fusse gehet oder reitet und höchstens nur vornehme Frauenspersonen sich in einer Art von Sänften tragen lassen: so kann man in diesen engen Strassen doch fortkommen, so groß auch die Geschäftigkeit und das Gewimmel in dieser Stadt, als dem vornehmsten Handelsorte der Levante, ist. Die Bauart ist, wie überall in türkischen Ländern, unordentlich. Indessen ist doch die Einrichtung zu loben, daß die Seifensiedereyen und der öffentliche Schlachtplatz völlig am Ende der Stadt, unmittelbar an der See, angelegt sind. Von Alterthümern findet man nichts mehr. Die Zahl der Einwohner in Smirna wird auf 120000 geschätzt; worunter die Türken auf 40 -- 50000 und die Juden, (die größtentheils von denen abstammen, die aus Portugal und Spanien sind vertrieben worden,) über 12000 sich belaufen. Die Europäer oder Franken machen die kleinste Anzahl aus. Unter den christlichen Religionsparteyen ist die Griechische die stärkste zu Smirna und hat daselbst einen Bischof. Auch die Armenische Kirche hat allda ihren Bischof, ist aber viel schwächer, als die griechische. Die Katholiken haben eine bischöfl. Vicarius und ein Franciscaner- und Capucinerkloster. Die Protestanten haben größtentheils bey den Consuln ihre Capellen, deren 3 sind, eine englische, eine holländische und eine deutsche. Sowohl die abendländischen, als morgenländischen Christen haben bey Smirna eigene Hospitäler für ihre Kranken. Frankreich, Großbritannien, Schweden, Preussen, Venedig und die vereinigten Niederlande haben allda ihre Consuls. Die Stadt, nebst der dazu gehörigen Landschaft, gehöret übrigens einer jedesmaligen Mutter des Sultans, Validé Sultane,) welche, zur Hebung der Einkünfte, einen Musselim (Moslin) hieher setzt. Der Oberbefehlshaber, von wegen des Sultans, ist der Kadi. Pest, Erdbeben und Feuersbrünste haben oft viele Verwüstung angerichtet. Im J. 1763 ward beynahe die ganze Frankenstrasse, 1772 wurden die Quartiere der Türken, Juden und Griechen, und 1778 unmittelbar nach einem starken Erdbeben, wurden wieder beynahe zwey Drittheile der Stadt durch die Flammen verzehrt. Die Gegend um Smirna ist sehr anmuthig. Das eine kleine Stunde davon entlegene Dianen-Bad bestehet blos aus einigen Quellen, die viel Wasser geben, das sich zu einem großen süssen See sammlet. Einige dabey liegende alte Steine werden, wiewohl ohne Grund, für Ueberbleibsel des alten Dianen-Tempels gehalten.


Zeitungsnachrichten.[]

1807.[]

Türkey. [2]

Der Archipel ist noch immer von zahlreichen Brittischen Geschwadern durchkreuzt, die vorzüglich Smyrna bedrohen, und die strengste Blokade gegen alle Türkischen Häfen in Uebung setzen.


1808.[]

Türkey. [3]

Smyrna den 24. Febr. Unser See- und Küstenhandel ist durch den Aufenthalt einer Englischen Eskadre im Archipelagus gänzlich ruinirt worden. Die Natolische (Kirkagats) Baumwolle, Gelbbeeren, Knopern, gehen deswegen in zahlreichen Karevanen über Konstantinopel nach Europa. Des starken Gesuchs wegen läßt unser Handelsstand jetzt ansehnliche Partien Arabischen- und Jaffa-Kaffee aus Egypten kommen. Die Ueberfahrt aus Egypten über das mittelländische Meer nach der Natolischen Küste ist zwar etwas unsicher, weil mehrere Englische Kaper aus Maltha in den dortigen Gewässern herumschwärmen, doch entwischen ihnen die meisten Schiffe. Wenn, wie man hofft, der Frieden zwischen der Pforte und Rußland zu Stande kommt, so dürfte mit Kaffee ein beträchtlicher Handel über Smirna und Konstantinopel nach Wien und anderen Europäischen Ländern getrieben werden. Aus Cypern erwarten wir starke Parthien Baumwolle.

Türkey. [4]

Die Beunruhigenden Spuren des Pestübels, welche sich in Smyrna gezeigt, und dem Handelsumtriebe auf diesem mehr als je besuchten Platze nicht geringe Hindernisse in den Weg gelegt hatten, sind nun wieder verschwunden.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
  2. Wiener-Zeitung Nro 4. Mittwoch, den 13 Januar 1808.
  3. Wiener-Zeitung. Nro 33. Sonnabend, den 23. April.
  4. Wiener-Zeitung Nro 61. Sonnabend, den 30. July 1808.
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