Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Das Königreich Holland.

Lage, Grenzen, Größe.

Holland liegt von 20º 48' - 29º L. und 51º 20' - 53º 30' B., grenzt g. W. und N. an die Nordsee, g. S. an Frankreich und g. O. an den Rheinbund, und ist 513 (625 oder 644) Q. M. groß, wovon 5/16 oder 1,459,350 Morgen (die Q. M. zu 3844 Morgen, jeder von 600 Q. Ruthen) an Wasser, und 3/16 oder 875,610 Morgen an Haiden, Dünen und Morästen.

Boden und Klima.

Das Land ist sehr niedrig, da es aus dem vom Rhein hierher geflößten Sand und dem Meerschlamm entstanden zu seyn scheint. Nur an den Küsten sind 14 - 30 Toisen hoch aufgethürmte Sandhügel, Dünen genannt, und im Innern einige mäßige Anhöhen. Gegen die Meeresfluth ist dies auch mit vielen Kanälen durchschnittene Land, durch hohe Deiche geschützt, deren Anlagen in Nordholland von Wiringerward bis Bewerwyk von 18¾ t. M. 1732 - 88. an 8,571,000 Gl. kosteten. Jährlich verwendete sonst die Republik an 8 Mill. Gl. für den Wasserbau. Die Luft ist in dem wasserreichen Lande und bei den häufigen Westwinden gemäßigt, aber auch dick, neblicht, feucht und überhaupt sehr veränderlich. Reines Wasser gehört zu den Seltenheiten.

Meerbusen, See, Flüsse, Kanäle.

Es sind hier 3 Meerbusen: 1) die Zuydersee, wenigstens 60 Q. M. groß; 2) das Haarlemer Meer (eigentlich ein Landsee von 33,000 Morgen), das durch Het Y mit Het Pampus und der Zuydersee verbunden, und neuerlich durch hölzerne und steinerne Damme gegen Erweiterungen beschränkt ist; 3) der Dollart. Die vorzüglichsten Flüsse sind: 1) der Rhein, der gleich nach seinem Eintritte sich in 2 Arme theilt, wovon der südliche, die Waal, nach Aufnahme der aus Frankreich kommenden Maas die Merwe heißt; der nördliche theilt sich wieder in 2 Arme, davon der eine die alte und nachher die geldernsche Yssel heißt und in die Zuydersee geht; der andre behält den Namen Rhein, entläßt aber den, die Maas aufnehmenden Lech und die Vecht, und verliert sich, so geschwächt, im Sande. Der Rhein ist mit der Waal durch den panderschen Busen (Gat) verbunden. 2) Die Schelde kommt aus Frankreich, theilt sich in die Oster- und Wester-Schelde, und strömt in die Nordsee. Es giebt sehr viele schiffbare Kanäle, wodurch das ganze Land gleichsam in Einen Seehafen umgeschaffen worden ist.

Produkte.

Getreide (nicht hinreichend), seinen Flachs, Tabak, Krapp, Rübsaat, Obst xc., künstliche Wiesen; aber noch mehr Küchenkräuter und Gewächse und schöne Blumen; Waldungen nur an den Grenzen des Rheinbundes, (das Bauholz holt der Holländer aus der Ferne; zur Feuerung dient der Torf aus vielen Gruben, an Werth 14,400,000 Gl., mit einem jährlichen Gewinne von 3,600,000 Gl., und die aus England eingeführten Steinkohlen); trefliche Viehzucht, besonders Rindvieh (daher viel Butter und Käse ins Ausland verführt), Schafe und Pferde nur zum innern Verbrauch, Bienen, Wasservögel, Gänse; Metalle und Mineralien fehlen dem berglosen Lande; nur in Geldern und Zütphen sind einige Eisenwerke im Gange; selbst der Thon zu feinern Arbeiten und das unentbehrliche Material zum wasserdichten Kitt bezieht es aus den südlichen Rheingegenden. Die Küsten liefern Fische (die Fischereien beschäftigen und nähren 20,000 Familien, 1794. brachten 55 Grönlandsfahrer 92 Wallfische und 3194 Tonnen Speck, und 3 Schiffe nach der Davisstraße 13 Fische und 526 Tonnen Speck; auf den Heringsfang liefen 1794. 196 Buysen aus, für deren jede eine Prämie von 500 Gl. von der Regierung bewilligt ist; der Gewinn aller Fischereien wird zu 15, nach andern zu 2 Mill. Gl. angenommen), Austern und Muscheln (zu Kalk benutzt); das Seewasser giebt etwas Salz; doch kommt das meiste aus der Fremde.

Einwohner.

Bei der Zählung im J. 1801, fanden sich 1,881,881 Seelen; 1796, 1,880,463, wovon 1,070,271 auf dem Lande und 810,192 in den Städten lebten. Die Sprache ist eine Mundart der plattteutschen, die sich wieder in die eigentliche holländische und friesische theilt; dabei ist die französische Sprache, besonders in Staatsgeschäften, sehr üblich. Unter den E. herrscht völlige Religionsfreiheit; daher findet man Katholiken, Reformirte, Lutheraner, Mennoniten oder Wiedertaufer, Quaker, Arminianer oder Remonstranten, Rheinburger oder Kollegianten, Herrnhuter, Juden xc. Die ausgebreitetste Parthei ist die reformirte, nach den Lehrsätzen der dortrechtischen Kirchenversammlung von 1618 und 19.; jede Provinz besorgt ihre kirchlichen Angelegenheiten für sich; ein Kirchenrath von Predigern und Aeltesten hat die Aufsicht auf ein Kirchspiel; mehrere zusammentretende Kirchspiele formirten eine Klasse, und die Versammlung der Klassen einer Provinz heißt Provinzialsynode; Nationalsynoden sind nur äußerst selten bei wichtigen Entscheidungen veranstaltet worden. Ein Drittheil der E. bekennt sich zur kathol. Religion; 1790 waren 350 Kirchen mit fast 400 Priestern; in Utrecht ist ein kathol. Erzbischof und in Haarlem ein Bischof. Die Lutheraner hatten 1790. in 41 Gemeinen 53 ordinirte Prediger.

Ueberall sind Schulen für den öffentlichen Unterricht angelegt; 1790. an 1700 öffentliche Schulen, 62 lateinische Schulen und Gymnasien, 10 akademische Gymnasien. Unter den Gymnasien zeichnet sich das Athenäum zu Amsterdam durch seine zweckmäßigen Anstalten aus; außerdem zu Rotterdam, Middelburg, Deventer xc. Man findet ferner 5 Universitäten zu Leyden, Utrecht, Franeker, Gröningen und Hardewyk; anatomische, chirurgische, mathematische und physikalische Anstalten und Sammlungen, Bibliotheken zu Leyden xc. an 50 gelehrte Gesellschaften zu Haarlem, Leyden, Amsterdam, Rotterdam xc. poetische Gesellschaften zu Leyden, Rotterdam, Utrecht, Amsterdam, Haag xc. Auch in den schönen Künsten, vorzüglich in Maler- und Kupferstecherkunst, zeichnen sich die Holländer aus, wovon zahlreiche Sammlungen von Gemälden und Kupferstichen, zum Theil bei Privatpersonen sprechende Beweise sind.

Die sonst blühenden Fabriken sind theils durch drückende Auflagen und die Theurung der Lebensmittel, theils durch die Konkurrenz mit andern Ländern sehr herunter gekommen. Auszeichnung verdienen die Tuchf. zu Leyden und Utrecht, sie liefern aber nur 400,000 Ellen, da man doch über 2 Mill. bedarf), die Leinwandf. in Gröningen, Friesland und Oberyssel, mit den Leinwandbleichen bei Haarlem, den berühmtesten in Europa; die Papierf., Porzelanf. zu Amsterdam, Faiencef. zu Delft, Oel- und Schneidemühlen, Schifswerfte zu Zaandam xc., wozu aber alle Materialien vom Auslande bezogen werden, Tabakspfeifenf. zu Goudas (beschäftigt 2500 M., und liefert jährlich für 1 1/2 Mill. Gl. Pfeifen; die dazu gebrauchten 12,000 Tonnen Thonerde kosteten etwas über 100,000 Gl.) Diamantschleif. zu Amsterdam, Seidenf. Kattundruck., Tabackf., Schmaltreffen, Zinnoberf. xc. Auch die Ziegelbrenn., Bierbrauer., Branntweinbrenn. (jährlich für 17 Mill. Gl., wovon für 11½ Mill. exportirt werden), sind nicht unwichtig. Nur der Handlung verdankte Holland seine ehemalige Größe, aber diese Handlung ist fast ganz verschwunden. Der innere Handel wird durch die Zuydersee und die unzähligen Kanäle (mit Trek-Schuyten befahren) befördert. Der auswärtige Handel erstreckt sich sonst über die ganze Welt, und war entweder Handel mit eignen Waaren, z. B. Fischen, Gewürzen (1780 belief sich der Absatz von Gewürzen auf 11,121,500 Gl. mit 7,602,000 Gl. reinem Gewinne; jetzt ist der Handel fast ganz in den Händen der Engländer), oder Zwischenhandel, wo man die Waaren des einen Landes kaufte, und sie dem andern wieder zuführte, oder Kommissions-, Fracht-, Wechsel-, Assekuranzhandel xc. Im J. 1794. liefen im Texel, Vlie und der Maas 4290 und 1802. 5334 Schiffe ein. Im J. 1790. waren von 9734 Schiffen, die den Sund passirten, 2009 holländische und 3788 englische; 1796 von 12,113 Schiffen, die jene Straße befuhren, 4456 englische und 1 holländisches; 1806. kein holländisches. Die Schiffahrt ist durch die Verordnung vom 15 Dez. 1806. sehr erschwert worden, daß kein Schiff ohne Kaution, daß es nicht nach einem feindlichen Hafen segeln will, und ohne königl. Erlaubniß auslaufen darf. Jedoch soll auch nach dem Traktat vom 24. Mai 1806. ein Handelstraktat mit Frankreich abgeschlossen werden, und der franz. Kaiser macht sich anheischig, die holländische Flagge von den Barbaresken respektiren zu machen.

Die vornehmsten Handelsplätze sind : Amsterdam, Rotterdam und Middelburg, und die wichtigsten Handelshäfen: Briel, Delfshafen, Dortrecht, Enkhuizen, Medenblik, Vlissingen und Zirksee. Zur Beförderung des Handels dienen die amsterdammer Bank und die Assekuranzgesellschaften.

Die Exporten sind Butter, Käse, Heringe und andre Fische, Hanf, Flachs, Samereien, Blumen (besonders Hyacinthen; 1800 führte ein haarlemer Blumenhändler nur nach Lissabon über 18,000 Stück türkische Ranunkelklauen), Wolle, Hafer (aus Gröningen nach England), Branntwein, Salz, Krapp, Kartoffeln, Tabak, Zinnober, raffinirten Kampfer, Oel, Lakmus, irdene Tabakspfeifen, die besten Ziegel, seidne und wollne Waaren, Spitzen, Leinwand, Tapeten, Papier, ost- und westindische Waaren; die Importen: Getreide, Holz (Dortrecht, ein Hauptmagazin von Rheinholz, Amsterdam und Zaandam vom nordischen), Steinkohlen, Quecksilber, magres Rindvieh (aus Dänemark, auf den hiesigen Weiden vortheilhaft gemästet), Talg, Wachs, Borsten, seidne Zeuge, Tücher und andre wollne Waaren, Uhren, Stahlarbeiten, lüttichsche Erde, Tras, Lumpen (aus Teutschland zu Papier), Hausrath, Trinkwasser xc.

Staatsverfassung.

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Louis Napoleon, König von Holland.

Nach dem zwischen dem französ. Kaiser und der batavischen Republik abgeschloßnen Traktat vom 24. Mai 1806. ist der franz. Prinz Ludwig Napoleon, geb. 4. Sept. 1778. erblicher König. Die Krone ist erblich in männlicher Linie, mit Ausschluß der weiblichen; der Kronprinz ist Napoleon Ludwig, geb. 11. Okt. 1804. Nie kann Frankreichs und Hollands Krone auf einem Haupte vereinigt seyn. Zu den Krongütern gehören: ein Palast im Haag, wo der König residirt, das Haus im Busch, der Palast zu Soestdyck und liegende Gründe vom Ertrage von 500,000 holl. Gl.; überdieß jährlich 1½ Mill. Gl. in monatlichen Terminen. Zum Glanz des Hofs dient der königl. Orden für Holland. Die Königin ist Regentin des minderjährigen Königs, und wenn keine Königin da ist, ernennt der franz. Kaiser, als immerwährendes Oberhaupt der kais. Familie, den Regenten aus der königl. Familie, oder in deren Ermangelung aus den Eingebornen. Der König wird mit dem zurückgelegten 18ten J. volljährig. Der Wittwengehalt der Königin wird durch den Ehekontrakt jedesmal festgesetzt; für jetzt jährlich 250,000 Gl., die von den Krongütern genommen werden. Die übrigen 250,000 Gl. von den Kroneinkünften werden sowohl zum Hofstaat des minderjährigen Königs, als auch zu dem des Regenten verwandt. Jeder König ist Konnetable von Frankreich; er kann aber diese Stelle durch einen Vizekonnetable verwalten lassen, wenn der Kaiser einen solchen ernennt; jetzt ist dies der franz. Marschall, Herzog Alexander von Neufchatel.

Das gesetzgebende Corps, welches aus 38 Mitglieder besteht, wozu Holland 17, Geldern und Brabant 4, Friesland und Oberyssel 3, Seeland, Gröningen und Utrecht 2, Drenths 1 geben, und die auf 5 J. gewählt werden, kommt des Jahrs zweimal zusammen, vom 15 Apr. - 15 Juni und vom 15 Nov. - 15 Jan.; doch kann es auch vom König außerordentlich zusammenberufen werden. Am 15 Nov. jedes Jahres geht das älteste Fünftheil der Mitglieder aus; das erstemal geschieht es den 15. Nov. 1807. durchs Loos. Die ausgetretenen Mitglieder sind wieder wahlfähig.

Vier Staatsminister, der auswärtigen Angelegenheiten, des Kriegs und der Marine, der Finanzen und des Innern bilden den aus 13 Mitgliedern bestehenden Staatsrath.

Zur Besorgung der Justiz dient in höchster Instanz der kön. Gerichtshof in Haag; aber jedes Departement hat seinen eignen Gerichtshof und Militairobergericht, von dem die niedrigern Gerichte abhängen.

Die Finanzen des Königreichs sind sehr zerrüttet. Die Einkünfte fließen aus den Zöllen, Abgaben von liegenden Gründen und Schiffen, Erbschaftsgefällen, Accise, Stempelpapier, Luxustaxen, Vermögenssteuern xc. uud beliefen sich 1806 auf 55 Mill. Gl. Die Ausgaben für das J. 1807. betragen 90 Millionen, und zur Deckung des Defizit von 40 Mill. ist eine Anleihe gemacht worden, wovon jährlich 4 Mill. abgezahlt werden. Die Staatsschuld beträgt 1162,827,252 Gl., deren jährliche Zinsen sich auf 34,844,987 Gl. belaufen; es soll ein Tilgungsfonds von wenigstens jährlichen 2 Mill. durch Abgaben eröfnet werden. Aber mehrere Nationen sind auch den Holländern von den durch Gewerbe und Handel gewonnenen und an sie ausgeliehenen Kapitalien zinsbar; man rechnet ihrer 800 Mill., die gegen 40 Mill. Zinsen ins Land bringen; England allein zahlte schon 1765. von 400 Mill. Gl. Kapital jährlich 12 Mill. Gl. Interessen.

Kriegsmacht.

Die holländische Armee besteht jetzt in 4 Garde-, 6 Kavallerie-, 12 Infanterie- und 2 Artillerieregimentern, 2 Comp. Artillerie und der seeländischen Legion, unter 3 Marschällen in 4 Militairdivisionen: 1) Holland Brabant und Utrecht; Hauptquartier: Haag; 2) Seeland H. Mittelburg; 3) Friesland und Gröningen H. Gröningen; 4) Geldern und Oberyssel H. Deventer. Die besten Festungen sind: Nimegen, Arnheim, Zütphen, Deventer, Zwoll, Koevorden, Gröningen, Breda, Bergen op Zoom, Herzogenbusch, Grave xc.

Im J. 1802. hatte der Staat noch 16 Kriegsschiffe, wovon 10 brauchbar waren, nebst 15 Fregatten. Es giebt 3 Admirale. Die ordentlichen Unterhaltungskosten des Kriegsstaats machen 6,379,000 Gl. für die Landarmee, und 1,451,980 Gl. für das Seewesen.


Topographie.

I. Amsteldepartement oder Nordholland (West-Friesland),

wo die Hst. Amsterdam 22º 31' 25" L. 52º 21' 56" B. an der Amstel und Het Y, auf einem sehr sumpfigen Boden, von vielen Kanälen durchschnitten, auf der Landseite befestigt, mit einem Hafen; 25,250 H. 1800. 217,024 E. worunter über 20,000 teutsche und portug. Juden. Bemerkung verdienen das auf 13,689 eingerammten großen Masten erbaute Rath- oder Stadthaus, das prächtigste Gebäude im Königreich; die Börse, Admiralitätsgebäude mit guten Schiffswerften, 6 Zeughäuser, 39 Kirchen, 2 franz., 2 engl., 1 armen., 2 luther., 3 mennonit., 1 Quäkerk., 20 Versammlungshäuser für Kathol., Judensynagogen. Gesellsch. der Wiss., die mediz Servandis civibus, die Soz. für Seefahrer, Ges. der Dichtkunst und schönen Wiss., landwirthschaftliche Ges., das Athenäum, das wissenschaftliche und Kunstinstitut Felix meritis, worin Unterricht in Philosophie, Mathematik, schönen Künsten, Musik, Zeichenkunst xc. ertheilt wird, mit einer Sternwarte xc.; mehrere Armenhäuser und wohlthätige Vereine, eine Ges. zur Rettung der Ertrunknen und andrer Verunglückten, Ges. zum Nutzen des Ganzen xc. Alle milde Stiftungen hatten 1792. fast 2 Mill. Gl. jährlicher Einkünfte. Wachs- und Leinwandbleichen, Glas-, Leder-, Seiden-, Tapeten-, Wollen., 4 Zinnober-, Schwefel-, Scheidewasser-, Porzelanf., Kupfer-, 101 Zucker-, Kampher-, Boraxraffin., Diamantschleif., Schiffswerfte. Der Handel war sonst sehr ausgebreitet; 1798 kamen 2986 Schiffe an. Um die Stadt herum prächtige Landhäuser. Die F. Muiden und Naarden an der Südersee, Vormauern von Amsterdam. Die Städte Weesp oder Wezep an der Vecht 3800 E. Bierbau., Branntweinbrenn. Alkmaar F. mit breiten Kanälen, 7000 E. Seesalzraffin., Handel mit Getreide, Käse und Butter. Hoorn an der Zuydersee 2800 H. 8000 E. mit Festungswerken, Hafen, Schiffbau, Wollf., Tapetendruck.; 1801. wurden 4,231,688 Pf. Käse gewogen. Enkhuysen St. und F. auch an der Zuydersee 5650 H. 14,000 E. mit einem sich bis in die St. erstreckenden Hafen, Schiffbau, Seesalzsied., Heringsfang. Edam unweit der Zuydersee über 1000 H. 2745 E. Hafen, Schiffbau, Salzsied., Thranbrenn.; Käsemessen; 1801. wurden 6,660,631 Pf. gewogen. Monnikendam an einem Meerbusen der Zuydersee 700 H. Fischer., Seiden- und Seifenf. Medenblik an der Zuydersee 700 H. Hafen, Holzhandel. Purmerend 600 H. Die Fl. Bewerwyk am Wyker Meer, fast von lauter Gärtnern bewohnt und Zaandam an der Zaan 12,000 E. Schiffbauer., Buchdruck. und Buchhandl., über 2300 Windmühlen als:Säge-, Erbsen-, Oel-, Farben-, Walk-, Papier-, Schnupftabak-, Senfmühlen xc. Haus, worin Peter der Große den Schiffbau lernte. Die D. Helder am Texelstrom von Lootsen bewohnt; Bergen Schlacht 19 Sept. 1799.; Broek im Waterlande, wo die nordholländische Reinlichkeit den Reisenden nicht einmal durch das schön gepflasterte und immer gescheuerte Dorf zu gehen erlaubt.

Hierher gehören noch Inseln, theils in der Zuydersee: Marken, Urk, Ens, Wieringen; theils außerhalb derselben: Texel oder Tessel (der nördliche Spitze Nordhollands gegenüber, und davon durch das Marsdiep getrennt) mit dem Eierland, Vlieland und Schelling.

II. Maasdepartement oder Südholland,

wo die Hst. Haag oder Grafenhaag 52 4' 12'B. 21 56" 2" B. mit vielen Palästen und Kanälen, 38,433 E. Residenz des Königs, Kanonengieß., Gesellsch. zur Vertheidigung der christlichen Religion. In der Nähe Haus im Busch kön. Lustschloß, mit einer Gemäldesammlung, und das Schloß Hondsholredyk mit einem Landkadettenhause. Die St. Dortrecht an der Merwe und am Biesbosch, auf einer Insel, 3500 H. 18,000 E. Leinweb., Bleichen, Seesalzsied., Schiffswerfte, Halzsägemühlen. Kirchenversammlung in den J. 1618. und 19. Haarlem am Fl. Sparen, unweit dem nach ihr benannten Meere, mit vielen Kanälen, 8000 H. 24,000 E. Sitz der batav. Soziet. der Wiss., einer Soz. zur Verbess. der Manuf., einer Zeichenakademie; botanischen Garten, Blumen- besonders Hyacinthenkultur, Garn- und Linnenbleichen, Zwirnband-, Sammt-, Seiden-, Gold-, Silber-, Spitzenf., Seesalzraffin. Delft an dem Schiekanal mit breiten Straßen und vielen Kanälen, 5000 H. 20,000 E. Faience-, Tapeten-, Decken-, feine Tuchf.; der Hafen ist der Fl. Delfshafen an der Maas. Leyden am Rhein, vor der Pulverexplosion 1806. die größte und schönste St. nächst Amsterdam, 30,955 E. mit einer Univ. die kön. Univ. von Holland genannt, ansehnlichen Bibliotheken, botan. Garten, anatom. Theater, physikal., chirurg. und chem. Apparaten, Maler- und Zeichenakademie, Ges. der Wiss. und Künste, poet. Gesellschaft., Tuchf., Bleichen. Gouda am Fl. Guewe, einem Rheinkanal, 1000 H. 13,500 E. Die St. Johanniskirche mit den schönsten Glasgemälden, Tabakspfeifenf., Ziegelbrenn., Reperbohnen; Handel. Rotterdam, nach Amsterdam die wichtigste Handelst., an der Merwe und Rotte, mit einem Seehafen, über 6000 H. 53,212 E. Admiralitätsgebäude, Börse, Gesellsch. der Philosophie, Missionsgesell. zur Beförd. des Christenthums, Seekadettenschule; Schiffswerfte, Branntweinbrenn., Näh- und Stecknadeln-, Korkpfropfen-, Klausuren- (zu Büchern), Bleiweiß-, Bleizucker-, Scheidewasser, Lakmusf. Die Handlung hat durch Flußversandungen in neuern Zeiten verloren. Gorkum oder Gorinchem an der Linge-M. in die Merwe, ziemlich befestigt, über 1300 H. Lachsfang, Handel. Schiedam an der Merwe 1500 H. 9000 E. 220 Branntweinbrenn. Schoonhofen am Lech, ziemlich befestigt, 600 H. Lachsfang, Handlung. Die F. Oudewater, Nieuwpoort am Lech, Heusden unweit der Maas 600 H. Gertruydenberg am Biesbosch 460 H. Klundert an der Rodewaart. Leerdam am Fl. Lingen, Ysselstein an der kleinen Yssel. Die D. Rhynsburg am alten Rhein, wo sich die Kollegianten, die deswegen den Namen Rheinsburger führen, jährlich zweimal zur Haltung des Abendmahls versammeln; Katwyk op Rhyn, in dessen Nähe sich der Rhein als ein unbedeutendes Flüßchen im Sande verliert; Ryswyk Friede von 1697. Die Fl. Schevelingen; Vlaardingen an der Maas, Heringsfisch.

Die Inseln: 1) Land oder Insel Voorne, durch die Maas von Südholland getrennt, wo die F. Briel an der Maas-M. mit einem großen und bequemen Hafen, 900 H. 5000 E. Fischer., Lootsennahrung; Helvoetsluis an der Maas-M. mit einem treflichen Hafen und einen Reservehafen für Kriegs- und Handlungsschiffe zur Sicherung derselben gegen Stürme und Eis; Schiffswerfte; gewöhnliche Ueberfahrt nach England. 2) Over-Flacque oder Zuyd-Voorn. 3) Goeree oder West-Voorn mit der St. Goeree. 4) Putten, wo Geervliet. 5) Beyerland, Ysselmonde, die dortrechter Insel xc. 6) Land Gorkum an der Merwe, wo die St. Asperen und Heukelum.

III. Seeland

durch Scheldeausflüsse in viele fruchtbare Inseln getheilt, die gegen Einbruche der Fluthen an der Nordsee durch Dünen und an den innern Küsten durch Dämme geschützt werden, die meistens auf der Grundfläche 45 Ellen breit sind, und 34 Tonnen Goldes gekostet haben sollen. Durch den rechten Scheldearm ist das Dep. in 2 Theile oder Quartiere getheilt, wovon jedes 4 Inseln enthält.

A. Quartier der Westerschelde enthält die Inseln:

1) Walcheren, wo die Hst. und F. Middelburg durch einen ½ St. langen schiffbaren Kanal mit der Westerschelde verbunden, mit einem Seehafen, 20,000 E. Handlung. Vliessingen F., die beständig franz. Besatzung hat, an der M. der Westerschelde, 8000 E. vortreflicher Seehafen, Schiffszimmerwerfte, Sozietät der Wissenschaften. Veere unweit der M. der Osterschelde, auch befestigt, Handel. Arnemuiden, Westkappel, Domburg kl. St. Die Schanze Rammekens zur Deckung des Hafens von Middelburg.
2) Zuyd-Beveland oder Land van ter Goes, wo die etwas befestigte St. Goes Hafen, Salzsied.
3) Wolfersdyk mit dem D. Oosterland; durch Zuyd-Vliet getrennt von
4) Noord-Beveland mit dem Fl. Kortgene.

B. Quartier an der Osterschelde mit den Inseln:

1) Schouwen durch die Osterschelde von Noord-Beveland getrennt, wo die St. Zirkzee 10,500 E. Hafen, Schiffahrt, Salzsied, Krapphandel. Bouwershafen Hafen, größtentheils von Schiffern und Fischern bewohnt.
2) Duiveland durch das Dykwasser von der I. Schouwen getrennt.
3) ter Tolen mit dem feinsten Flachse und der feinsten Flachsspinnerei in Kellern, das Pfund von diesem Garn à 300 Gl., wo die St. Tolen etwas befestigt, und St. Martensdyk.
4) St. Philippsland.

IV. Friesland an der Nord- und Zuydersee, mit 4 Quartieren:

1) Q. der Städte, wo die Hst. Leuwarden oder Liewerden am Eefl. mit vielen Kanälen 10,000 E. Leinwandhandel. Franeker Univ. Harlingen F. am Vliestrom, Seehafen, Papiermühlen, Segeltuchf., Seesalzsied. Bolswerd; Workum Hafen; Hindelopen, Staveren; Sloten nicht weit von Sloter-Meer, aus welchem ein fahrbares Wasser durch die St. nach der Zuydersee geht; Ylst Schiffbau; Sneeck mit dem fischreichen Sneecker-Meer; Dockum Handlung.

2) Ostergo mit 11 Grietenyen oder Distrikten, wo das D. Kollum mit dem dockumer Diep oder Kanal verbunden; die Schanze Ostmahorn am Lauwersee.

3) Westergo mit 9 Grietenyen, wo der Fl. Mackum Salzsied., Ziegel- und Kalkbrenn.

4) Zevenwolden mit 10 Grietenyen, wo der Fl. Heerenvenn. Zu diesem Dep. gehört auch die durch das Wad oder die Wadden vom festen Lande getrennte Insel Ameland.

V. Gröningen aus 2 Theilen:

1) Stadt Gröningen, Hst. an der Hunse und Fivel, etwas befestigt, 20,000 E. Univers., Taubstummeninstitut, Handel.

2) Die Omelanden d. i. die um die St. herumliegenden Lande, wo die St. Dam an der Fivel und Winschotten etwas befestigt. Die F. Delfzyl an der M. des Dollarts, Hafen. In der Herrlichkeit Westermolde liegen die Schanzen Bourtang in einem großen Moraste und Billingwold, deren umliegende Gegend unter Wasser gesetzt werden kann. Die Inseln Bosch und Rottum.

VI. Overyssel mit 3 Quartieren:

1) Salland, wo die St. Deventer F. an der Schippek-M. in die Yssel 10,000 E. befestigt, Handel. Kampen am Einfluß der Zuydersee in die Yssel, etwas befestigt. Zwoll am schwarzen Wasser unweit der Yssel, befestigt, 13,000 E. Handel. Hasselt. Hardenberg.

2) Twenthe, wo die St. Almelo an der Vecht, Leinwandweb., Bleichen; Oldensaal, Ootmarsum, Enschede, Delden, Goor.

3) Vollenhofen, wo die St. Vollenhofen an der Zuydersee, Schiffahrt, Handel; Steenwyk. Die Schanzen Blockzyl und Kuinder an der Zuydersee.

VII. Drenthe, wo die Fl. Assen und Meppel und die F. Coevorden am Fl. Aa.

VIII. Geldern oder Nieder-Gelderland mit 4 Quartieren:

1) Nimmegen, wo die Hst. Nimmegen oder Nywegen F. an der Waal 12,000 E. Handel. Frieden von 1678. und 79. Tiel oder Thiel an der Waal, Schiffahrt. Bommel an der Waal. Die Gegend zwischen der Waal und Maas heißt das Reich von Nywegen und die zwischen dem Rhein und der Maas die Betuwe, der fruchtbarste Distrikt in Holland.

2) Zütphen, wo die St. Zütphen befestigt, an der Berkel-M. in die Yssel 1200 H. Doesburg befestigt am Zusammenfluß der alten und neuen Yssel. Deutikem Eisengieß. Bredevoort an der Aa; Lochem, Grol.

3) Arnheim oder die Veluwe, Velou, zwischen der Zuydersee, dem Rhein und der Yssel, wo die St. Arnhem F. am Rhein 15,000 E. Hafen. Harderwyk an der Zuydersee 3608. E. Univers., Handel und Getreide und Holz. Wageningen, Hattum, Elburg.

4) Die neuen Distrikte, wo die St. Buren oder Büren an der Betau, einem Arme der Linge; Kuilenburg am Lech; Sevenaer, Huissen.

IX. Utrecht mit 4 Quartieren:

1) Niederquartier, wo die Hst. Utrecht am Rhein und Vecht 32,294 E. mit verschiedenen Kanälen; Univers., anatom. Theater, botan. Garten, physik. Kabinet, Modellsammlung, Observatorium, Provinzialgesellschaft der Künste und Wissenschaften; Sitz eines kathol. Erzbischofs mit einem Domkapitel; Seiden-, Fingerhut-, Gewehrf. Im J. 1579. geschah hier die Union der 7 vereinigten Provinzen, und 1713. ward hier ein Friede geschlossen. Vianen am Lech mit dem vianischen Bosch, einem angenehmen Lustwald und Schloß. D. Zeyst 1256 E. Herrnhuterkolonie.

2) Oberquartier, wo die St. Wyk oder Wyk te Durstede am Rhein 1480 E. Rhenen am Rhein 1630 E. Tabaksbau.

3) Montfort, wo die St. gl. N. an der Nieder-Yssel 2337 H. 1316 E.

4) Eemland, wo die St. und F. Amersfoort am Eeemfl. 1960 E. 8548 E. Militairschule, Glashütten-, Tabak- und Getreidehandel.

X. Brabant,

wo die St. Herzogenbusch F. in einer von Kanälen und Flüssen durchschnittenen Fläche, am Zusammenfluß der Dommel und Aa, 14,000 E. Citad., Gymnasium illustre, Leinwand-, Messer-, Nähnadel-, Wollf. Breda F. am Zusammenfluß der Merk und Aa, 1500 H. 9500 E. Strumpf., Frieden v. 1667. Bergen op Zoom F. an der M. des Fl. Zoom in die Osterschelde, 8500 E. Hafen. Eindhofen an der Dommel. Helmont. Grave F. an der Maas 5000 E. Willamstadt. Steenbergen. Ravenstein. Valkenburg an der Geule. Dalhem am Fluß Berwine. Die D. Valkenswaard wegen der Falkenierer bekannt, welche hier die Falken zur Hasen- und Vogeljagd abrichten, und Vaels Tuchf.


Durch den Tilsiter Frieden zwischen Frankreich und Rußland hat der König von Holland die bisher russische Herrschaft Jever erhalten. Sie liegt an der Nordsee zwischen Ostfriesland und Oldenburg, 5 1/5 Q. M. groß, fruchtbar, von der Jahde durchströmt, und hat 14,580 E., die starken Getreidebau und beträchtliche Rindvieh- und Pferdezucht treiben. Man schätzt die Einkünfte auf 60,000 Thlr.

Es besteht aus 3 Ländern und Distrikten:

1) Wangerland mit 6 Vogteien und 10 Kirchspielen.
2) Ostringen mit 2 Vogteien und 5 Kirchspielen. Hier liegt die Hst. Jever 55º 34' 45" B. 28º 35' 39" L. bisher Sitz der Regierungskanzlei, der Kammer, des Konsistorium und Landgerichts.
3) Rüstringen mit 1 Vogtei und 4 Kirchspielen. Hierher gehört auch die Insel Wangerog im W. der Jahde, mit 38 H. Schiffahrt, Fischerei.

Die auswärtigen Besitzungen sind:

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Geschichte.

Holland hört auf, ein eigner Staat zu seyn. Rückblick auf die früheren Schicksale dieses Landes. Geschichte seiner Vereinigung mit Frankreich und der vorhergehenden Ereignisse.

Am 9ten Julius verschwand der Name Holland, traten die Bataver aus der Reihe für sich bestehender Nationen, indem sie Franzosen wurden. Der Löwe mit dem Bunde von Pfeilen, -- einst das Republikanische Symbol -- der seit dem Jahre 1806 durch den Schatten einer Königskrone beschirmt wurde, kam unter die großen schützenden Flügel des mächtigen Französischen Reichsadlers. Das neunzehnte Jahrhundert ist eben so rasch im Auflösen alter Staaten, als im Bilden neuer Reiche.

Die siebzehn Provinzen der Niederlande die seit der Trennung der südlichen Provinzen von den nördlichen, seit 1578, da der kluge Alexander von Parma durch diese Absonderung ein musterhaftes Staatsmanöver machte, verschiedene Regierungen, Schicksale, und Verfassungen hatten, sind jetzt als Theile des ungeheuern Französischen Kaiserreichs wieder vereinigt. Der Friede von Campo Formio brachte am 17ten October die Burgundischen Niederlande an Frankreich, und Napoleons Dekret am 9ten Julius 1810 inkorporirte demselben dreizehn Jahre später die erst am 24sten Mai 1806 in ein Königreich umgewandelte Republik der vereinigten Niederlande.

Von 430 bis 840 waren die sämmtlichen Niederlande ein Bestandtheil des Fränkischen, und von 855 bis 925 ein Theil des Lothringischen Reichs. In der Mitte des zehnten Jahrhunderts wurde Belgien als ein Theil des Herzogthums Lothringen mit Deutschland verbunden. Allmählig erhoben sich in diesem Lande erbliche Herzoge und Grafen, siebzehn an der Zahl, die, Flandern und Artois ausgenommen, deutsche Hoheit anerkannten, und aus deren Ländern zwischen 1363 und 1536 unter dem Hause Valois (von 1363 bis 1477) und dem Hause Habsburg (von 1477 bis 1536) das mächtige und blühende Burgundische Reich bildete. Als diese Valois von Burgund mit Karl dem Kühnen erloschen, der 1476 bei Monret in der Schlacht gegen die Schweizer fiel, brachte Karl's einzige Tochter und Erbin ihrem Gemahl, Maximilian, dem Sohn des Kaisers Friedrichs III., vierzehn Provinzen als Mitgabe zu, die der Sohn und der Enkel Mariens von Burgund bis auf siebzehn vermehrte.

Mit Recht nennt ein neuerer Geschichtsschreiber dies Neuburgundische Reich eine herrliche Perle in der Krone das Hauses Oesterreich. Aber die Bewohner dieses Reichs, welches Karl V. als Niederburgundischen Kreis dem Deutschen Reich auf ewig einverleibte, waren auch ein sehr unruhiges, auf sein Recht höchst eifersüchtiges Volk, welches schwer zu regieren war. Nur zu bald erfuhr der grausame und bigotte Philipp, wie sehr die Niederländer an ihren Rechten und Gewohnheiten hängen, welche sie wie ein von ihren Vorfahren ererbtes theures Heiligthum bewahrten. Das unter der Asche glimmende Feuer brach in einen Insurrektionskrieg aus, dessen Flammen das vom Herzog von Alba in Strömen vergossene Blut nicht löschte.

Dieser merkwürdige Niederländische Revolutionskrieg hat drei Hauptperioden. In der ersten von 1568 bis 1572 griffen die Niederländer zu den Waffen, indem sich der Prinz Wilhelm von Nassau an ihre Spitze stellte. Von 1575 bis 1581 traten sie in Unionen, kündigten der Krone Spanien den Gehorsam auf, und erklärten sich für frei. Indeß umschlang das zu Uetrecht geknüpfte Band nur die sieben nördlichen Provinzen, Geldern, Holland, Zeeland, Utrecht, Friesland, Oberyssel und Grönningen, da sich die südlichen, in denen die Katholische Parthei das Uebergewicht hatte, 1578 von dem nördlichen Belgien getrennt hatten. Dieses hatte auch noch lange zu Kämpfen, von 1581 bis 1609, bis es seine Freiheit errang. Die Republik der vereinigten Niederlande, deren einzige Tendenz seitdem dahin gerichtet war, durch Schiffahrt, Handel und Gewerbe ihren Flor und ihre Macht zu begründen, trat, von allen Europäischen Mächten anerkannt, im neunten Jahre des siebzehnten Jahrhunderts in die Reihe souverainer Staaten ein, aus welcher sie im zehnten Jahre des neunzehnten Jahrhunderts wieder ausschied.

Von dem ersten treflichen Prinzen Wilhelm an, der die Vollendung des grossen von ihm unternommenen Werks der Unabhängigkeit der Niederlande nicht erlebte, bis zum Ende des Jahrs 1794, da der Winter, als Bundesgenosse Pichegru's und der Französischen Waffen, Holland eroberte, war das Haus Oranien immer an der Spitze des Freistaats und im Besitz der Statthalterwürde gewesen. Zwar erhoben sich mächtige Antioranische Partheien; -- die Geschichte zählt deren besonders vier, von denen die letzte von 1776 bis 1787 waltete; zu verschiedenen Zeiträumen ward aber die Macht des Hauses Oranien wieder hergestellt. Zweimal geschah dies im achtzehnten Jahrhunderte. 1747 und 1787, da Friedrich Wilhelm II. die Rechte des letzten Erbstatthalters, Wilhelms V., als sein Schwager geltend machte, u. durch ein unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig in Holland einrückendes Preußisches Heer in wenigen Wochen den innern Bewegungen herstellte. Diese und die Prärogativen des Statthalters wurden seitdem noch durch eine Tripelallianz gesichert, worin die Niederlande mit England und Preußen traten. Wo ist der Staat, auf dessen Form die Französischen Revolution keinen Einfluß geäussert hätte? Eine ihrer wichtigsten Folgen war die Umwälzung Hollands, welches nicht theilnehmungsloser Zuschauer der anarchischen Auftritte in Frankreich bleiben konnte. Unerwartet kündigte der Nationalkonvent dem Erbstatthalter, als dem treuen Anhänger des Cabinets von St. James, im Jahr 1793 den Krieg an, und Holland trat nun mit dem durch eine gleiche Erklärung in Kriegszustand versetzten König von England auf den Schauplatz der wider Frankreich kämpfenden Mächte. Vergebens suchte damals schon der General Dumouriez, unterstützt von der Antioranischen Parthei in Holland, einzudringen. Allein im folgenden Jahre pflanzte Pichegru die Republikanischen Fahnen an den Ufern der Maas und Waal auf; und als ein ungewöhnlich strenge Winter feste Eisbrücken über diese Flüsse, und über andre dies niedrige Land bewässernde Ströme schlug, rückten die Franzosen ohne Hinderniß am 19ten Januar 1795 in Amsterdam ein, stürzten die bisherige Regierungsform um, und der Erbstatthalter mußte mit seiner Familie in England ein Asyl suchen.

Sechszehntehalb Jahre dauerte also nunmehr die Verbindung Hollands mit dem Systeme Frankreichs, die jetzt mit einer völligen Vereinigung mit einer Inkorporation geschlossen hat. Ehe es dahin kam, erhielten die Bataver indeß manche Konstitutionen. Am 1sten März 1796 trat ein Nationalkonvent zusammen, auf diesen folgten konstituirende Versammlungen, in deren Stelle im Mai 1798 ein Direktorium und ein Rath der 60 traten. Auch diese bestanden nicht lange. Nach mehreren Abwechselungen kam unter der Mitwürkung des Französischen Kaisers im Mai 1805 eine andre Holländische Verfassung zu Stande, an deren Spitze der in Paris befindliche Batavische Ambassadeur Schimmelpennink mit dem Titel eines Rath-Pensionairs gestellt wurde. Die Gesetze dieser nur ein Jahr währenden Konstitution sind in unsrer Zeitgeschichte (Junius 1805. S. 568 ff.) aufbewahrt.

Sie bahnte den Weg zur Einführung eines erblichen Königthums, so wie der auf republikanischem Boden errichtete Königsthron wieder die Stufen zur Vereinigung Hollands mit dem Französischen Kaiserthum wurde. Diese Stufe zählte vier Jahre. Am 5ten Junius 1806 proklamirte Napoleon seinen dritten Bruder Ludwig als König von Holland, und am 9ten Julius 1810 ward Holland ein Theil des Französischen Reichs. Nicht ohne Schwierigkeiten nahm der Prinz Louis, dessen Gesundheitsumstände zerrüttet waren, und der, wie Napoleon selbst in der Bothschaft vom 5ten Junius anführte, gar keinen persönlichen Ehrgeiz hatte, diese Krone an. Da eine zunehmende Augenschwäche inzwischen dem Rathspensionair Schimmelpennink eine thätige Theilnahme an den Staatsgeschäften unmöglich machte, und eine holländische Staatskommission, deren Wortführer der Admiral Verhuel war, um der bisherigen Unsicherheit ein Ende zu machen, den Wunsch der Repräsentanten des Holländischen Volks aussprach, das Napoleon denselben seinen Bruder, als Chef der Republik, oder als König von Holland bewilligen möge, um dieses Land vor künftigen Gefahren zu sichern, und es zu seinem alten Flor und Ruhm wieder zu erheben, so erklärte der Prinz Ludwig in der am 5ten Junius 1806 zu Paris gehaltenen feierlichen Audienz, daß er sich mit Bedauern von seinem Bruder entferne, sein Leben und sein Wille aber dem Kaiser gehörten, und er also in Holland regieren werde, weil es das dasige Volk wünsche, und Se. Majestät es beföhlen. (J'irai regner en Hollande, puisque ce peuple le desire, et que Votre Majesté l'ordonne.)

So wurde der Niederländische Freistaat vor vier Jahren in ein Königreich umgeschaffen. Das eine so ungeheure Veränderung in einem Lande, dessen Bürger einst in wilder Wuth ihren Republikanismus mit Blut besiegelt hatten, eine grosse Sensation erregen mußte, war natürlich. Die Stimmen des Volks wurden nicht gesammelt, und die republikanischen Adressen, die in Harlem und einigen andern Städten beabsichtigt wurden, kamen nicht zu Stande. Bald aber erwarb sich der sanfte Ludwig, dessen ganzes Bestreben von Anfang dahin ging, die Herzen der Holländer zu gewinnen, die allgemeine Liebe. Seine Regierung begann am 10ten Junius 1806, nachdem der Rathspensionair Schimmelpennink seine nur ein Jahr lang bekleidete Stelle an dem Tage der in Paris geschehenen Proklamation Ludwigs, niedergelegt hatte. Am 23sten Junius hielt der junge König, der am 2ten Sept. 1778 geboren, und damals 28 Jahre alt war, seinen glänzenden Einzug in den Haag, wo vierzehn Tage früher die aus vier Abtheilungen bestehende Konstitution publicirt wurde, die nun ebenfalls wieder eine Antiquität geworden ist.

Sie erfüllte in ihrer Ausführung die Absichten des Kaisers der Franzosen nicht. Ungeachtet der Verbindung der Krone von Frankreich und Holland, erhoben sich Wolken.

Indessen schienen diese vorüber zu ziehen. Ein am 16ten März zu Paris vom Herzog von Cadore und dem Admiral Verhuel unterzeichneter Tractat (Aprilstück d. Jahrs S. 380 ff.) beendigte die daselbst sehr lebhaft betriebenen Unterhandlungen und Diskussionen.

Man hatte geglaubt, das dieser Tractat die Verhältnisse zwischen Frankreich und Holland für immer herstellen würde. Allein er hielt den Untergang der Vereinigten Niederlande nur um viertehalb Monate auf. Die in Holland befindliche Französische Armee unter dem Marschall Oudinot, Herzog von Reggio, wurde täglich an Stärke und ein Corps derselben setzte sich in Marsch gegen die Hauptstadt. Ehe die Franzosen indeß noch Amsterdam besetzten, legte der König Ludwig am 1sten Julius die Krone nieder, entsagte der Königswürde und Regierung Hollands zu Gunsten seines ältesten Sohns, Napoleon Ludwigs und dessen Bruders, des Prinzen Karl Ludwig Napoleon, und ernannte sein Gemahlin, die sich noch zu Plombieres krank befindende Königin von Holland, zur Regentin des Königreichs, mit Zuziehung eines Regentschaftsraths und unter der Garantie des Französischen Kaisers. Nach diesem höchst unerwarteten Schritt verließ Ludwig Napoleon das vier Jahr lang von ihm beherrschte Reich, und reisete von Harlem, wo er die Urkunden seiner plötzlichen Thronentsagung am 1sten Julius unterzeichnet hatte, im strengsten Inkognito über Deventer und Dresden nach Töplitz in Böhmen, wo er am 15ten Juiius unter dem Namen eines Herrn von St. Leu ankam, und sich unter die dortigen Badegaste mischte.

Drei Tage nach der Verzichtleistung Ludwigs auf den Holländischen Thron, am 4ten Jul. rückte der Herzog von Reggio mit einem Französischen Armee-Corps in Amsterdam ein, wo er von dem Oberstallmeister General Bruno, dem Bürgermeister der Stadt und den Autoritäten empfangen wurde, und acht Tage nachher, am 9ten dekretirte der Kaiser Napoleon im Pallast von Rambouillet die Vereinigung Hollands mit dem Französischen Reiche. Er sendete den Erzschatzmeister des Reichs (Lebrun) Herzog von Piacenza als seinen Stellvertreter nach Amsterdam, wo er bis zur Einführung der Französischen Verwaltung, bis zum 1sten Januar 1811 die Regierung des inkorporirten Reichs leiten sollte. (M. s. eben den wörtlichen Inhalt des Kaiserlichen Dekrets.) Schon am 14ten Julius traf auch dieser Statthalter des Kaisers der Franzosen in Amsterdam auf dem Königl. Schlosse ein. Seine Erscheinung lösete den nicht bestätigten Regentschaft auf, der sich am 2ten Julius zu Amsterdam unter dem Vorsitz des Ministers van der Heim, in der Erwartung der Ankunft der Königin als konstitutionellen Regentin des Königreichs und als Vormünderin des minderjährigen Königs, konstituirt hatte.

So kam es, daß Holland als Staat unterging, daß die politischen Bestimmungen dieser industiösen Nation, die sich zweihundert Jahre und einige Decennien lang als Republik behauptet, vier Jahre lang einen monarchischen Staat gebildet hat, in den grossen Weltstrom des Französischen Reichs flossen, der schon so viele Völker und Länder aufgenommen hat. Voltaire nannte Holland eine Fregatte, welche immer dem grossen Linienschiffe, England folge. Wirklich schlossen sich auch die Vereinigten Niederlande in den neueren Zeiten der Geschichte ganz an das Brittische Staatssystem an, welches ihrem Handelsinteresse so sehr zusagte, und von dem nur die Inkorporation mit Frankreich sie gänzlich loszureissen vermochte.

Kürzer hat indessen wol kein Königreich bestanden als das Holländische. Ludwig Napoleon, der durch den Traktat vom 24sten Mai 1806 diese Krone erhielt, am 10ten Julius 1810 niederlegte, war der erste und lezte König von Holland. Auch wurde seinem ältesten sechsjährigen Sohne, Napoleon Ludwig, jetzigen Großherzoge von Berg, nicht die vom Vater resignirte Krone zu Theil. Sie hat zu existiren aufgehört, und mit ihr der Name der zu Franzosen umgeschaffenen Holländer. Das schon so große Französische Reich bekommt dadurch einen neuen ansehnlichen Zuwachs der Bevölkerung von beinahe zwei Millionen. Der kürzlich erschienene Almanach Impérial giebt wenigstens die Volksmenge von Holland auf 1 Million 880,000 Seelen an. Und welch eine Vergrößerung des Gebiets nach Norden! Welch eine ungeheure Länderstrecke von der dritten Stadt des Reichs, Amsterdam, bis zur zweiten, Rom!


Quellen und Literatur.

  • Handbuch der Geographie nach den neuesten Ansichten für die gebildeten Stände, Gymnasien und Schulen von Dr. Christian Gottfr. Dan. Stein. Leipzig, 1808. bei J. E. Hinrichs.
  • Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Herausgegeben von einer Gesellschaft von Gelehrten. Hamburg in der Hoffmannschen Buchhandlung. Jahrgang 1810.
  • Merkwürdige Urkunden, die Abdankung des Königs von Holland betreffend. Mit einer geschichtlichen Einleitung von Fridrich Buchholz. Deutschland, 1814.
  • Ueber das politische System von Frankreich vorzüglich im Beziehung auf Holland. Von Friedrich Saalfeld, Professor in Göttingen. Bremen, gedruckt und im Verlag bei Johann Georg Heyse. 1814.
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