Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Das Königreich Italien.[]

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I. Land.[]

1. Bestandtheile. Zusammengesetzt ist dieses Königreich aus den ehemaligen Herzogthümern Mailand, Mantua, Modena, Reggio und Mirandola, aus den Fürstenthümern Castiglione und Solferino, Corregio, Concordia, Novellara, Massa und Carrara, aus den Grafschaften Rivoli und Commacchio, aus den ehemals päbstlichen Ländern Romagna, Ferrara und Bologna, Urbino, Ancona, Macerata und Camerino, aus dem venetianischen Staate, aus Veltlin, Cläven und Worms in Graubünden, und aus dem südlichen Tirol. Bisher macht auch Ragusa in Dalmatien einen Theil dieses Königreichs aus.
2. Größe. Wenn der Flächeninhalt des Königreichs Italien am Anfange des J. 1808 nach Aussage des italienischen Staatskalenders mit Einschluß von Ragusa 1798 99/100 Quadratmeilen betrug, so mag sich derselbe gegenwärtig, da mit den 4 päbstlichen Provinzen etwa 250, und mit Wälschtirol ungefähr 166 hinzukamen, auf 2215 Quadratmeilen belaufen.
3. Lage und Gränzen. Gegen Norden flößt Italien an Tirol und Helvetien, gegen Osten an das adriatische Meer. Im Süden hat es Frankreich, und gegen Westen Frankreich und Helvetien zur Seite. Mit Frankreich hat das Königreich einen und denselben Beherrscher, und die übrigen Staaten, die es umgeben, sind mit Frankreich enge verbunden.
4. Boden. Beinahe der größte Theil des Königreichs ist ein Paradies, über welches die Natur ihre wohlthätigen Gaben mit vollen Händen ausgoß. Die Fruchtbarkeit des Bodens ist in vielen Gegenden so groß, daß er in einem Jahre eine zweimalige Aerndte gewährt, und die Wiesen sind so fett, daß man die dreimal, und, wenn sie gewässert werden, viermal im Jahre mähet. Nur hier und da stößt man auf Sumpfland. Besonders liegt zwischen Bologna, Ferrara und Ravenna ein solcher Strich von ungefähr 120 ital. Quadratmeilen.
Im Ganzen ist das Land meist eben. Nur hier und da erheben sich sanfte Hügel; doch an der südlichen Gränzen laufen von den Apenninen, und auf der Nordseite von den Alpen mehrere Aeste in das Königreich aus. Dieser Theil ist viel rauher, als der südliche.
Die Berge, auch hier und da die Ebenen sind mit Waldungen besetzt. Besonders befinden sich viele schöne Wälder im Venetianischen.
5. Gewässer. Zu den beträchtlichern Seen dieses Landes gehören der Lago maggiore, der Lago di Como, der tiefe, und 7 teutsche Meilen lange Gardersee, dessen größte Breite sich auf mehr als 2 Meilen beläuft, und der fischreiche Lago d'Iseo. Der größte Fluß ist der schnell laufende Po, welcher gegen Ueberschwemmungen durch Dämme bezähmt werden muß. Er nimmt während seines Laufes durch das Gebiet von Mailand, Mantua und Ferrara bis zu seinem Einfluße in den Meerbusen von Venedig die meisten beträchtlichen Flüsse des Königreichs auf: die schiffbar gemachte Adda, den Crostolo, den Mincio, den durch eine Strecke von 32 ital. Meilen schiffbaren Oglio, die Olona, und Secchia. Nur die Etsch, die im Veronesischen schiffbar wird, fällt, unvereinigt mit ihm, in den venetianischen Meerbusen. Ueberhaupt kann man das Königreich Italien zu den wasserreichen Ländern zählen. Vorzüglich ist die niedrige Gegend um Modena ein großes Wasserbehältniß, welches sich gegen Morgen auf 7 und gegen Norden auf 4 Meilen erstreckt. Gräbt man 63 Fuß tief, so quillt überall klares Wasser hervor.
6. Klima. Ein höchst angenehmes Klima ist über dieses mit so vielen Reizen der Natur ausgeschmückte Land verbreitet. Ungeachtet seiner Lage in dem wärmern Theile des gemäßigten Erdstriches erreicht doch die Hitze selten einen so hohen Grad, daß sie dem Menschen allzubeschwerlich würde. Der brennende Scirocco fällt den Einwohnern gemeiniglich nur wenige Tage zur Last. Der Schnee, womit die Gipfel der Gebirge bedeckt sind, kühlt die Luft. Die Kälte im Winter erzeugt zwar auch in den Ebenen Schnee und Eis; sie ist aber nie sehr heftig, und nie von langer Dauer. Die Luft ist in den meisten Landschaften rein und gesund; nur in den Gegenden, wo der Reisbau die Hauptbeschäftigung der Einwohner ist, und um Romagna und Ferrara, wo die Ueberschwemmungen große Sümpfe zurücklassen, ist sie feucht, und erzeugt öfters Faulfieber und andere Krankheiten.
7. Producte. Freigebig hat die Natur ihren Segen über dieser Königreich ausgegossen. Die vornehmsten Producte a) aus dem Pflanzenreiche, welche viel fremdes Geld in das Königreich ziehen, sind Reis, Oel, Wein von verschiedenem Geschmacke und Südfrüchte. Außer diesen bringt das Land viel schmackhaftes Obst gewöhnlicher Art, und Getreide im Ueberfluß hervor, darunter viel schönen Weizen, Mais und Hirse. In den gebirgigen Gegenden kommen Flachs und Hanf, und in Wälschtirol der Tabak sehr gut fort. Unter den gewöhnlichen Holzarten findet sich in den Wäldern auch die Mannaesche. Aus den venetianischen Waldungen erhält man die größten Eichen zum Schiffbau.
b) Aus dem Thierreiche. Schönes Hornvieh hat man nicht nur in den Alpengegenden, sondern auch auf dem flachen Lande; ferner ziemlich viele Schaafe, worunter die paduanischen ihrer feinen Wolle wegen die besten sind, viele Schweine, Ziegen, Esel und Maulesel, aber nicht sehr viele Pferde; die besten im Departement des Mincio. Die meisten Seen und Flüsse bieten gute Fische dar. Das vornehmste Product, welches viel Geld ins Land bringt, ist der Seidenwurm. Die Vipern um Padua werden in Menge in die Apotheken geliefert. An den Küsten befinden sich Korallen.
c) An Producten aus dem Mineralreiche ist das Königreich arm. Man findet zwar eine grüne Erde bei Verona, hier und da Tufstein und Schiefer, den bononischen Stein im Departement des Reno, einen Jaspis bei Brescia, an einigen Orten Alabaster und schöne Gattungen von Marmor, worunter der weiße bei Carrara der schönste in Europa ist; aber Gold, Silber und Zinn fehlen ganz; von Kupfer und Blei ist nur etwas weniges, und selbst das Eisen nicht in hinreichender Menge vorhanden. Viel Schwefel enthalten die Gegenden bei Cesena und Forli; Steinöl findet im Departement des Crostolo. An Salz leidet man Mangel. -- Unter den mineralischen Wässern sind die Bäder von Masino, die warmen Bäder zu Abbano bei Padua, und an den euganeischen Hügeln, die Mineralquellen bei Modena, bei Bergamo, zu Caldiero bei Verona berühmt.


II. Bewohner.[]

1. Nach ihrer Anzahl. Nach dem italiän. Staatskalender von 1808 betrug die Volkszahl damals 6'606,684 Seelen. Der Zuwachs der 4 päbstl. Provinzen und des Wälschtirols mag sie in runder Zahl bis auf 7'600,000 vermehrt haben. Auf die Quadratmeile kommen daher im Durchschnitte mehr als 3431 Einwohner. Die Städte sind sehr bevölkert. Die Hauptstadt Mailand enthält 120,000, Venedig 160,000, Bologna 76,000, Brescia 40,000; die geringste Bevölkerung der Stadt Lodi beträgt 10,000 Menschen.
2. Nach ihrer Abkunft und ihren Sitten. Die gesammten Einwohner des Königreichs gehören zum Hauptstamme der Italiäner. Im Allgemeinen hat diese Nation sehr gute und natürliche Anlagen: die Gabe, alles leicht zu fassen, eine lebhafte Einbildungskraft, und ein eben so lebhaftes Gefühl. Aber politischer und religiöser Druck hatte ehedem die freiere Entwicklung derselben gehindert, und sie immer auf einer minder ansehnlichen Stuffe der Cultur zurückgehalten. Der Aberglaube, der selbst manchen Einwohner aus den höhern Ständen unter dem eisernen Joche hält, begünstigt die Trägheit, und die Immoralität des Volkes, und die ehemalige Vielherrigkeit erstickte allen, das Ganze umfassenden, Patriotismus. Die Reizbarkeit und Rachsucht des Italiäners erzeugt öfters Meuchelmord; mit seinem Geiste paaret sich zugleich Neigung und Geschicklichkeit zum Handel. Doch unterscheiden sich einige Völker nach den Provinzen auch in einigen Characterzügen. An dem Lombarden bemerkt man mehr Gutherzigkeit und Aufrichtigkeit, als bei andern Italiänern. Der Bologneser verräth mehr Cultur; er ist hitziger, aber auch thätiger und arbeitsamer. Der Venetianer huldigt der Sinnlichkeit; er ist dem Spiele ergeben, ein Freund der Lustbarkeiten, und niedriger Farcen xc.
3. Nach ihrer wissenschaftlichen Bildung. Von Volksbildung und Volksaufklärung zeigen sich bis jetzt noch wenige Spuren in Italien. In dem zum Unterrichte der Jugend bestimmten Schulen herrscht noch zu sichtbar der mächtige Einfluß einer mönchischen Denkungsart, und die Kenntnisse, die man aus diesen Schulen mitbringt, sind unbedeutend. Der gemeine Mann, ja selbst ein großer Theil der Menschen aus den höhern Ständen, liest der Regel nach nichts, um sich bessere, für das gemeine Leben brauchbare Kenntnisse zu erwerben; man findet hier vielmehr noch eine beträchtliche Zahl Handwerker, Bauern, und andere Menschen von der niedrigen Classe, die nicht lesen und schreiben können.
Für den Unterricht derjenigen, die sich dem gelehrten Stande widmen, hat man Gymnasien, Lycäen, und die Universitäten zu Pavia, Padua, und Bologna. Auf dieser letztern lehrt man außer der Jurisprudenz und Arzneikunde, die Mathematik, Physik, Moral, Politik und Litteratur. Auch giebt es noch besondere Schulen für die Hydrostatik im Departement des Nieder-Po, für die Thierarzneikunde zu Modena xc. Die zahlreichen Bibliotheken, die Antiken- Medaillen- und Naturaliensammlungen, die Sammlungen mathematischer und physischer Instrumente, die botanischen Gärten und Sternwarten, in deren Besitze sich theils die Universitäten, theils die bischöflichen Kirchen, theils einige Städte, und vornehme Privatpersonen befinden, und wovon erstere noch immer viele schätzbare Werke und Handschriften enthalten, sind eben so viele treffliche Mittel, die Gelehrsamkeit in diesem Königreiche zu befördern. Einige der höhern Wissenschaften: die Mathematik, Physik, Naturgeschichte, Arzneikunde und Chemie, die Wissenschaft des römischen Civil- und kanonischen Rechts, die Litterargeschichte und die schönen Wissenschaften werden daher noch immer von einzelnen talentvollen Männern mit großem Fleiß, und gutem Erfolge gearbeitet. Mit der Vervollkommnung einzelner Wissenschaften dieser Art beschäftigt sich auch das Nationalinstitut zu Bologna. Aber in der Philosophie, in dem Natur- Staats- und Völkerrecht, in der Theologie, in der Kirchengeschichte, und in dem kritischen Studium der Bibel ist man noch weit zurück. Obwohl die neuesten Censuredicte den menschlichen Geist nicht in drückenden Fesseln halten, sondern den Schriftsteller nur für die Mißbräuche der Presse: für Ausfälle auf die Staatsreligion, auf die Moral, auf die Regierung, und auf die Ehre einzelner Menschen verantwortlich machen; so läßt doch die Schüchternheit, welche die strenge Herrschaft der Hierarchie über die Gewissen zurückließ, den italiänischen Gelehrten nur noch selten zum freiern Forschen und denken emporkommen. In verschiedenen Wissenschaften würden es indessen die Italiäner bei ihren trefflichen Anlagen zu einem höhern Grade von Vollkommenheit bringen, wenn ihr Buchhandel lebhafter und ausgebreiteter wäre. Es fehlt den italiänischen Buchhändlern an Unternehmungsgeist und Thätigkeit *)
*) Ueber die Sitten und wissenschaftliche Bildung der Italiäner: S. Ephemeriden der Italiänischen Litteratur von Wismayr, Jahrg. I. B. II. H. 4.
Zu den schönen Künsten haben die Italiäner eine ihnen eigene Anlage. In der Malerei, und in der Bildhauer- und Baukunst erheben sie sich über alle andere Nationen. Die großen Denkmäler der Kunst, die in diesem Lande noch häufig vorhanden sind, befördern die Fortdauer des guten Geschmacks. Die Akademie der schönen Künste zu Bologna macht es sich zum besondern Berufsgeschäfte, fähige junge Leute durch einen zweckmäßigen Unterricht zu Künstlern zu bilden, und durch ausgesetzte Preise Nacheiferung unter ihnen zu erwecken. In der Musik waren die Italiäner die Schöpfer, einzig und ausschließend in ihrer Art; gegenwärtig machen ihnen die Teutschen den Rang streitig.
4. Nach ihrer Religionsverschiedenheit. Herrschende Staatsreligion ist hier die römisch-katholische: und zwar mit allen denjenigen Auswüchsen, womit das Mönchswesen sie verunstaltet hat. Sie ist mehr Frömmelei, als Religion. Bei weitem der größere Theil der Nation ist von Vorurtheilen geblendet, und in Aberglauben versunken, welche allen Keim staatsbürgerlicher Tugenden in ihr ersticken. Außerdem ist auch andern Religionspartheien: den Protestanten, den Griechen, und den Juden die Privatausübung ihres Gottesdienstes gestattet; selbst die Türken genießen zu Venedig diese Freiheit in einem besondern Gebäude.
5. Nach ihrer Industrie.
a) Der Ackerbau ist, wie sich leicht begreifen läßt, in den ebenen und fruchtbaren Gegenden des Königreichs die Hauptbeschäftigung der Landleute. Er ist so beträchtlich, daß der in einigen Departements erzeugte Ueberfluß größtentheils den Abgang in andern minder fruchtbaren Bezirken ersetzen kann. Weizen baut man gewöhnlich häufiger, als andere Getreidearten; am meisten aber, besonders in allen sumpfigen und wasserreichen Gegenden, Reis, der jährlich in großer Menge ausgeführt wird. Der Ackerbau giebt auch hier und da Gelegenheit zur Verarbeitung der durch ihn gewonnenen rohen Producte, z. B. zur Bereitung der Maccheroni in Bologna, feiner Strohhüe um Bassano xc. Außer dem Getreide- und Reisbau widmet der Landmann seinen Fleiß hier und da auch dem Bau verschiedener ökonomischer Pflanzen. so wird um Forli im Departement des Rubicone viel Flachs, Hanf, Krapp, Waid, Saffran, Koriander, Anis und Kümel, in Wälschtirol viel Tabak gezogen.
b. In einigen Gegenden, z. B. bei Cesena, macht der Gartenbau, an noch mehr Orten aber der Obst- Oel- und Weinbau einen wichtigen Erwerbszweig der Einwohner aus. Der Oelbau wird in mehrern Gegenden, besonders um Rovigno, und in den an der See gelegenen Departements, der Weinbau um Cesena, bei Brescia, wo der trefliche Vino santo wächst, bei Feltre im Friaul, im Veltlin und an mehr andern Orten mit großer Lebhaftigkeit betrieben. sowohl die italiänischen Südfrüchte, als das in dem Königreiche gepreßte Baumöl, und die italiänischen Weine bringen jährlich viel fremdes Geld ins Land.
c. Viehzucht. Da Italiens Boden die herrlichsten Futterkräuter hervorbringt, und die Bewohner einiger Gegenden, z. B. die des Veltlins, die Güte ihrer Wiesen noch durch den Anbau fetter Futterkräuter zu erhöhen suchen, so läßt sich leicht voraussetzen, daß die Viehzucht in diesem Königreiche sich in einem sehr guten Zustande befindet. Den wichtigsten Theil derselben macht die Zucht des Hornviehes, und der Schaafe aus. Außer dem gewöhnlichen Nutzen, den die Milch, Butter, Häute xc. verschafft, begünstigt ein zahlreicher Viehstand auch noch eine andere Gattung von Industrie: die Verfertigung ungemein schmackhafter Käse. Der berühmte Stracchino, der im Mailändischen, und der sogenannte Parmesankäse, der bei Brescia, bei Pavia, und von besonderer Güte in der Gegend von Lodi verfertigt wird, ist überall geschätzt. In der Nachbarschaft von Bologna und an andern Orten verfertigt man die berühmten Servelat- und andere Würste, welche gleichfalls einen starken Absatz im übrigen Europa finden. Auch im Venetianischen ist die Hornviehzucht nicht unbeträchtlich; doch muß fast alles Schlachtvieh aus andern Gegenden dahin gebracht werden, weil man sich der einheimischen Ochsen zum Landbau bedient. Die Pferdezucht ist ausser dem Departement des Mincio fast nirgends von großer Bedeutung. Aber die Schaafzucht, der sich die Landleute mit vielem Fleiß widmen, verschafft ihnen einen hübschen Gewinn. Fleisch, Milch, Wolle und Felle der Schaafe, und selbst die Gedärme der Schaafe und Lämmer, woraus man in Cremona gute Darmseiten verfertigt, werden mit großem Vortheile benützt.
Geflügel zieht der Landmann wohl in ziemlich großer Menge, besonders die größere Gattung Hühner, die unter den Namen der wälschen Hühner bekannt sind. Die Bienenzucht ist nicht erheblich; aber die Zucht der Seidenwürmer fast in allen Departements ausgebreitet. Vorzüglich stark wird sie um Verona, zu Schio, und zu Asolo betrieben. Zu Vicenza allein gewinnt man jährlich bei 200,000 Pfund Seide.
d. Jagd und Fischerei. Nur einzelne Jäger stellen in den Wäldern dem Wilde nach; Hauptbeschäftigung ganzer Gemeinden ist die Jagd nirgends. Selbst der ziemlich starke Lerchenfang der Einwohner von Brescia gehört nicht zu den Hauptnahrungsmitteln derselben. Desto mehr Gemeinden nähern sich von dem Fischfange; vorzüglich bei Brescia, Chiavena, in dem Departement d'Istria xc. In den Teichen bei Commacchio ist die Fischerei so beträchtlich, daß einst die päbstliche Kammer mehr, als 30,000 Scudi daraus zog. Zu Pola ist der Thunfischfang, und zu Rovigno der Sardellenfang sehr lebhaft.
e. Bergbau. In einem Lande, welches keinen Ueberfluß an Mineralien hat, kann der Bergbau nicht sehr vieler Menschen Hände beschäftigen. Außer einigen Eisenwerken, worunter die bei Brescia und bei Cadore die vornehmsten sind, sind am ersten Orte, und bei Belluno im Departement des Tagliamento auch Kupferwerke im Gange. Zu Forli werden die Schwefelminen bearbeitet, und bei Brescia bricht man auch Probiersteine, Alabaster und Jaspis.
f. Manufacturen und Fabriken. Gleichwie die Seide das Hauptproduct von Italien ist, so sind auch die Seidenmanufacturen die wichtigsten im Königreiche. Die seidenen Bänder, Sammet, Schnupf- und Halstücher, Strümpfe, Handschuhe, Taffent xc. von Mailand und Bologna sind überall berühmt. Verschiedene Seidenzeuge werden auch theils in ordentlichen Manufacturen, theils durch einzelne Weber in Verona, Bergamo, Como, Cremona, Venedig, Forli, Reggio, Ancona, Ravenna xc. in beträchtlicher Menge verfertigt. Venedig allein hatte noch vor ungefähr 12 Jahren 420 Seidenweber. Die Manufacturen zu Schio liefern jährlich bei 6000 Stücke Seidenzeug. Die Seidenspinnereien zu Vicenza und Forli, und die Seidenmühlen zu Bologna arbeiten den Manufacturisten thätig an die Hand. Nach den Seidenmanufacturen sind diejenigen, worin in Wolle gearbeitet wird, die erheblichsten. Man verarbeitet zu Bergamo, Treviso, und Asolo die Wolle theils zu Zeugen, theils zu Tüchern. Zu Cremona und Padua sind gute Tuchmanufacturen. Die paduanischen Tücher werden am meisten geschätzt. In Baumwolle und Leinen wird wenig gearbeitet. Nur in Bergamo befindet sich eine Baumwollenmanufactur, und eine große Leinwandmanufactur zu Tolmezzo. Venedig hat eine Tau- und Segelmanufactur. Außerdem werden zu Mailand schöne Spitzen, ächte und unächte Tressen, Gold- und Silberstickereien, Loh- und Weißgerberarbeiten, Kutschen xc. verfertigt. Venedig hat berühmte Wachsbleichen, Zuckersiedereien Lackfabriken, und die Seife, und der Theriak, die aus den venetianischen Manufacturen kommen, sind allgemein gangbare Artikel. Zu Bologna fabrizirt man gleichfalls Theriak und wohlriechende Seifenkugeln; ferner schönen Flor, feines Papier und Spielkarten, künstliche Blumen und Früchte von Wachs, Liqueurs xc. Zu Verona und Padua sind gute Gerbereien, zu Ancona ansehnliche Seifen- und Zuckersiedereien, in Wälschtirol Tabakfabriken, und zu Rovigno, und Parenzo ist der Schiffbau sehr lebhaft.
Die eigentliche Fabriken sind zwar im Königreiche nicht so zahlreich; doch ist daran kein völliger Mangel. In Bologna sind einige Goldschlägereien, und Bijouteriefabriken, und in Venedig die Goldarbeiter und Juweliere stark beschäftigt. Bedeutende Eisen- und Stahlfabriken sind zu Bergamo und Brescia; an letzterm Orte werden auch gute Gewehre verfertigt; mehr andere Metallarbeiten erhält man aus Como. Venedig hat nicht nur gute Stückgießereien, sondern die dort befindliche Fabriken liefern auch schönes Glas, Spiegel, Glaskorallen, Blumen von Glas, u. dergl. m. Aus einer Fabrike in Bologna kommen schöne Arbeiten von Bergkristal. Zu Chiavenna werden Geschirre aus Topfstein, zu Faenza schönes Majolikageschirr verfertigt, und Venedig hat eine Porzellanfabrike.
g. Handel. Nicht nur veranlassen die gedachten Fabricate, so wie die natürlichen Erzeugnisse des Königreichs Italien einen lebhaften innern, sondern auch einen starken auswärtigen Handel. In diesen kommen zwar verschiedene Manufacturen- und Fabrikwaaren; aber eine noch ungleich größere Menge roher Producte: Reis, Südfrüchte, Oel, Wein, Weinstein, Käse, Seefische, Seide, Korallen und Muscheln. Wachs wird eingeführt, im Venetianischen vortrefflich gebleicht, und so mit Gewinn wieder ausgeführt. Ein Theil Wachses wird zu Lichtern verarbeitet, welche gleichfalls im Auslande guten Absatz finden. Die Fabricate, welche die vornehmsten Artikel der Ausfuhre ausmachen, sind Seidenwaaren aller Art, die nach allen Handelsplätzen versendet werden, Gold- und Silbertressen, Spitzen von Mailand und von Dogado, welche letztere an Feinheit den Brüsseler Spitzen nahe kommen, etwas weniges von Tuch, Wollen- und Baumwollenwaaren, Leinwand von Tolmezzo, Theriak, venetianische Seife, Kristalarbeiten, und eine Menge Spiegel, Glasperlen, und andere Glaswaaren aus dem Venetianischen, ingleichen Schnupftabak aus Wälschtirol.
Die Zahl dieser einheimischen Natur- und Kunstproducte, welche das Königreich jährlich in fremde Länder versendet, ist ungleich größer, als die Zahl derjenigen, die es vom Ausland erhält. Die Bilanz ist daher zu seinem Vortheile. Was nur in dem Departement der Olonna allein jährlich an roher und verarbeiteter Seide ausgeführt wird, beträgt nach einer sehr wahrscheinlichen Schätzung an 2 Millionen Thaler. Dem Departement der Mella bezahlt das Ausland für seine Seide jährlich eine halbe Million; eben so viel zieht das Departement der Olonna für seine Käse aus fremden Ländern.
Die vortreffliche Lage des Königreichs Italien am mittelländischen Meere, seine schiffbaren Flüsse, und eine beträchtliche Zahl guter Seehafen begünstigen den Handel recht sehr. Die geräumigsten und sichersten Häfen sind zu Capo d'Istria, Citta nuova, Parenzo, Ancona, Sinigaglia, Rovigno xc. Italien hat ehedem zum Besten des Handels immer Consuln zu Amsterdam und Lissabon unterhalten. Berühmte Handelsplätze sind Venedig mit einer Bank, Bergamo, Sinigaglia und Botzen wegen ihrer Messen.
Buch und Rechnung hält man nach Lire, Soldi und Denari, in den römischen Provinzen aber nach Scudi und Bajocchi. Doch ist der Werth einer Lira nicht überall derselbe. Eine mailändische Lira gilt etwa 22½ Kreuzer rheinisch, eine venetianische nur 14¼ Kr. Eine Lira hat 20 Soldi, ein Soldo 12 Denari. Ein Scudo ist = 2 fl. 30 Kr. rheinisch, und hat 100 Bajocchi, ein Bajocco hat 5 Quatrinen. Die Maaße sind noch sehr verschieden; die Gewichte sind es weniger. Man hat ein großes Pfund (Kaufmannsgewicht, zu 28 leichten Unzen), und ein kleines Pfund zu 12 Unzen.
6. Nach ihrem Wohlstande und ihren Beiträgen zur Erhaltung des Ganzen. Wiederholte Kriege seit der Zeit der französischen Revolution, und damit verbundene Stockung der Gewerbe, drückende Quartierslasten, Contributionen xc. haben das ehedem von vielen wohlhabenden Menschen bewohnte Königreich ziemlich erschöpft. Mit der Vermehrung der Staatsschulden sind auch die Auflagen gestiegen.
Alles, was die Unterthanen zur Unterhaltung des Staats beitragen müssen, besteht, wie in Frankreich, aus der Grundsteuer, der Luxus- und Mobiliarsteuer xc. Letztere ist aber nur auf solche Bedürfnisse gelegt, die den Preis von 10 fl. übersteigen; die inländischen Tücher sind ganz davon ausgenommen. Die übrigen Einkünfte zieht der Staat gleichfalls aus den Domänen und Regalien. Im Jahre 1805 betrugen die Einkünfte ungefähr 88'125,000 Lire*). allein in demselben Jahre waren sie um 550,000 Lire zu geringe, und im folgenden Jahre waren zur Deckung der Staatsausgaben wohl gar 100 Millionen erforderlich**). In der Folge wurden die Einkünfte auf ungefähr 122 Millionen hinaufgetrieben***). Die Staatsschuld wird auf 300 Millionen Lire geschätzt.
7. Nach ihren Vertheidigungsmitteln. Jene 20,000 Mann, welche das Land im J. 1803 auf den Beinen hatte, sind noch in demselben Jahre auf 40,000 gestiegen. Mit den neuen Erwerbungen vergrößerte sich seitdem auch die Zahl der Truppen. Die Ergänzung geschieht, wie in Frankreich, auf dem Wege der Conscription, und jeder waffenfähige Eingeborne ist der Regel nach Soldat. Die Armee ist nach französischer Art organisirt und geübt.
Durch manche haltbare Festung sind sowohl die Gränzen, als das Innere des Königreiches gesichert. Die stärkste ist Mantua. Nach ihr kommen Peschiera, Bergamo, Brescia, Pizzighetone, Palma nuova, Reggio, Mirandola, und viele andere von geringerm Range.


Staatsverfassung.[]

I. Innere Verhältnisse.

1. Grundgesetze. Das Hauptgrundgesetz ist der Beschluß der Staatsconsulta vom 15. März 1805, wodurch die Regierung der italiänischen Republik für monarchisch-erblich erklärt, die Constitution des französischen Reichs als Basis der Verfassung angenommen, und die Königswürde dem Kaiser der Franzosen übertragen wurde. Dazu kamen in der Folge noch einige, die Verfassung und Staatsverwaltung betreffende, constitutionelle Statute, und einige kaiserliche Decrete, wodurch dem Königreiche neue Länder einverleibt wurden.
2. Regierungsform und Thronfolge. Die Regierungsform ist uneingeschränkt monarchisch. Die höchste Gewalt beruht allein auf dem Könige, dessen Person ein Vicekönig vorstellt.
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Eugene Napoleon, ViceKönig von Italien.

Der Thron ist erblich in männlicher, directer und rechtmäßiger, ehelicher, oder adoptirter, Descendenz, mit beständiger Ausschließung des weiblichen Geschlechts, ohne daß sich jedoch das Adoptationsrecht auf eine andere Person, als auf einen Bürger des französischen Reichs, oder des Königreichs Italien erstrecken kann. Nur auf dem Haupte Napoleons kann die Krone Italiens mit der französischen vereinigt seyn; sobald aber die fremden Truppen das Neapolitanische, die jonischen Inseln (diese sind bereits in französischen Händen) und Malta geräumt haben werden, soll derselbe die Krone Italiens einem seiner ehelichen, oder adoptirten Kinder übertragen, und alsdann die Würde eines französischen Kaisers und italiänischen Königs nie wieder in Einer Person vereinigt werden.
3. Verhältnisse und Rechte des Königs, und seiner Familie. Die Majorität der Könige ist auf das Alter von vollen 18 Jahren festgesetzt.
Die Civilliste des Königs beträgt 6 Millionen Lire, und 2 Millionen für die Leibgarde.
Der italienische Kronerbe führt den Titel: Prinz von Venedig.
Die hohen Reichs- und Staatsbeamten sind die Oberhofbedienten, die Minister, einige Erzbischöfe, und 6 Mitglieder aus dem Collegium der Güterbesitzer und dem Namen der Großofficiers der Krone.
Die Leibgarde besteht aus den Söhnen und Verwandten der Staatsbeamten in den Collegien.
Der im Königreiche bestehende Ritterorden ist der Orden der eisernen Krone. ein Theil der Mitglieder besteht aus verdienten Militärpersonen. Sie ziehen einen Gehalt von 1000 bis 3000 Francs.
Uebrigens trägt die Staatsverfassung das Gepräge der französischen.

II. Aeußere Verhältnisse.

Vermöge des durch Frankreich gegründeten Föderativsystems ist das Königreich Italien ein Theil des französischen Kaiserreichs, und erkennt den Kaiser der Franzosen als das Oberhaupt des großen Staatenbundes. Allianzen und Feindschaften, Krieg und Frieden hat es mit Frankreich gemeinschaftlich.

Staatsverwaltung.[]

I. Centralverwaltung.

An der Spitze derselben steht der Vicekönig. Die höchsten Stellen, von denen alle Verwaltungsgeschäfte ausgehen, sind: 1. Der Staatsrath, oder geheime Rath; 2. ein rathgebender Senat (il senato consulente). Er besteht aus den majorennen Prinzen der königlichen Familie, aus den weltlichen Großofficiers der Krone, aus dem Erzbischofe von Mailand, dem Patriarchen von Venedig, und einigen Erzbischöfen, als Großoffiziers, und aus verdienten Bürgern, die der König ernennt. Aus einer Million Einwohner werden jederzeit 8 gewählt. Der Senat hat einen Präsidenten, Kanzler, Schatzmeister, und zwei Prätoren. Die Sitzungen desselben sind geheim. Jeder Senator muß das vierzigste Jahr seines Alters erreicht haben.

II. Verwaltung der einzelnen Theile.

Vereinfacht und erleichtert ist dieselbe durch die Eintheilung des Königreichs in 25 Departements, und der Departements in kleinere Bezirke. Jedes Departement, und jeder kleinere Bezirk hat, wie in Frankreich, seine Präfectur und Unterpräfectur, seine Criminal- und Civilgerichtshöfe, und andere Stellen. Ein besonders Collegium ist dasjenige der Güterbesitzer.


Königreich Italien.[]

[2]
Die Herzogthümer Mailand und Mantua waren, seit der Beendigung des spanischen Erbfolgekrieges durch die Friedensschlüsse von Utrecht und Baden (1713 u. 14), Provinzen des Hauses Oestreich, welche von einem Erzherzoge als Statthalter der Lombardei regiert wurden. So blieb der politische Zustand dieser schönen und reichen Länder bis zu dem Jahre 1796.

Als aber Bonaparte nach der Schlacht bei Lodi (10 Mai 1796) über die Adda gegangen war, und (14 Mai) Mailand besetzt hatte, proclamirte er (20 Mai) die Freiheit der Lombardei, aus welcher er die transpadanische, so wie aus den Legationen Bologna und Ferrara, die von den päpstlichen Besitzungen erobert wurden, die cispadanische Republik bildete. Zur letztern wurden, nach Aufhebung des Waffenstillstandes mit dem Herzoge von Modena (8 Oct.), auch Modena und Reggio geschlagen. Im Frieden zu Tolentino (10 Febr. 1797) überließ der Papst die Legationen Bologna, Ferrara und Romagna an die neue Republik in der Lombardei. Sie wurde von dem Kaiser Franz 2 in den Friedenspräliminarien zu Leoben (16 April 1797) als transpadanische, und, nachdem sie am 29 Juny 1797 von Bonaparte ihre erste Organisation, ihre geographische Eintheilung und den Namen cisalpinische Republik erhalten hatte, im Frieden zu Campo Formio (17 Oct. 1797) als cisalpinische, und zwar in dem Range des erloschenen Venedigs anerkannt. Sie bestand damals aus Mailand, Mantua, Modena, Reggio, Massa, Carrara, Bologna, Ferrara, Romagna und aus den ehemaligen venetianischen Besitzungen Bergamo, Brescia, Crema, bis zur militairischen Grenzlinie gegen Oestreich. Mit ihr wurden die Landschaften Veltin, Cleven und Bormio, die sich von Graubündten, ihrem bisherigen Oberherrn, (13 Juny 1797) getrennt hatten, nach ihrem Wunsche durch eine Proclamation des Generals Bonaparte (10 Oct.) verbunden. Diese junge Republik erhielt zu Mailand ein Directorium von fünf Mitgliedern, und zwei Räthe, den Rath der Jüngern zu 160, den Rath der Alten zu 80 Mitgliedern, nach der Analogie der damaligen Administration in Frankreich. Im Jahre 1798 schloß sie einen Allianz- und Handelstractat mit Frankreich; auch ward in demselben Jahre die Verfassung der Republik erst durch den französischen Gesandten Trouvé (30 Aug.), und, nach der Aufhebung der Einrichtungen desselben, (19 Oct.) durch Brune dahin verändert, daß große Rath aus 80, der kleine aus 40 Mitgliedern bestehen sollte. --

Eine neue Epoche begann für die cisalpinische Republik, als die Oestreicher und Russen im Jahre 1799 in Italien siegreich vordrangen. Sie ward auf ein Jahr aufgelöset, bis die Schlacht bei Marengo (14 Juni 1800) von neuem über Italiens Schicksal entschied, und die cisalpinische Republik mit einer provisorischen Regierung am 18 Juny durch den ersten Consul wieder hergestellt, und für sie im Lüneviller Frieden (Febr. 1801) der Thalweg der Etsch als Grenze gegen die östreichischen Besitzungen in Italien festgesetzt wurde. Eine provisorische Regierung, die aus einer Consulta von 50 Mitgliedern und einem Vollziehungsrathe (Governo) von 9 Mitgliedern bestand, an ihrer Spitze der französische Minister Petiet, leitete die wiedergebohrne Republik, bis der erste Consul die Staatsconsulta derselben, die aus mehr als 450 Personen (aus 29 Bischöffen, 33 Pfarrern, 46 Rechtsgelehrten, 31 Gelehrten, 31 Kaufleuten, 12 Departementsadministratoren, 40 Städtedeputirten, 48 von der Nationalgarde, 27 von den Linientruppen, 150 Notablen, 6 von dem Regierungsausschusse, und 31 Mitgliedern von der bisherigen provisorischen Consulta) bestand, im December 1801 nach Lyon berief, um daselbst die künftige Verfassung der Republik festzusetzen. Am 28 Dec. kam Talleyrand, am 11 Jan. 1802 der erste Consul selbst nach Lyon. Die neue Constitution erschien in 128 Artikeln am 28 Jan. 1802, wo die bisherige cisalpinische Republik diesen Namen in die Benennung der italienischen Republik verwandelte, und den ersten Consul zu ihrem Präsidenten ernannte. Diese neue Constitution war in manchen wesentlichen Puncten von der vierten französischen verschieden. Sie erhob zwar die katholische Religion zur Staatsreligion; auch beruhte nach ihr die Souverainetät auf der Gesammtheit der Bürger; das Grundorgan der Nationalsouverainetät bildeten aber drei Wahlcollegia, der Grundeigenthümer, der Gelehrten, und der Kaufleute und Fabrikanten. Die Mitglieder des ersten bestanden aus 300 Individuen und versammelten sich zu Mailand; die Mitglieder des zweiten und dritten Collegiums bestanden jedes aus 200 Individuen; die Gelehrten versammelten sich zu Bologna, die Kaufleute zu Brescia. Die Handwerker und Landleute hatten keinen Theil an der Nationalrepräsentation. Diese Wahlcollegia versammeln sich wenigstens aller zwei Jahre einmal, aber nicht länger, als auf 14 Tage. Sie ergänzen während dieser Zeit sich selbst, und verfertigen die Wahllisten der Candidaten zu der Staatsconsulta, zum gesetzgebenden Körper, zu den Revisions- und Kassationsgerichten und zu den Rechnungscommissionen. Die Regierung besteht aus einem auf zehn Jahre gewählten (nach dieser Zeit aber wieder wahlfähigen) Präsidenten, einen Vicepräsidenten (Melzi -- späterhin Herzog von Lodi), einem Staatsrathe, den Ministern, welche dem Präsidenten verantwortlich sind, und dem gesetzgebenden Rathe. Der Präsident hat die Initiative aller Gesetze, die Einleitung aller diplomatischen Verhandlungen, er übt ausschließend die vollziehende Gewalt, und ernennt die Minister, Generale, Civilbeamte und den Vicepräsidenten. Dem Präsidenten ward eine Civilliste von 500,000 mailänd. Lire *), dem Vicepräsidenten von 100,000 Lire bestimmt. (Der erste Consul verweigerte die Annahme des bestimmten Gehalts.) Der Staatsrath besteht aus acht Mitgliedern, welche auf Lebenszeit von den drei Collegien gewählt werden. Von ihm wird der Präsidenten erwählt, und von dem Präsidenten geschieht die Anregung zu allen Geschäften des Staatsrathes. Der Staatsrath besorgt die auswärtigen Angelegenheiten, schützt die Sicherheit des Staats gegen Verrath und Aufruhr, und kann einzelne Bürger und Departemente außerhalb der Constitution erklären. Die Minister werden von dem Präsidenten erwählt, und können von ihm entlassen werden. Sie sind verantwortlich für die von ihnen unterzeichneten Acten der Regierung, für die Nichtvollziehung der Gesetze, für constitutionswidrige Befehle und für die Veruntrennung der Staatseinkünfte. Der Gesetzgebungsrath besteht wenigstens aus zehn Bürgern, die von dem Präsidenten erwählt werden, und die er nach drei Jahren wieder entlassen kann. Sie verfassen die von dem Präsidenten vorgeschlagenen Gesetzentwürfe, und motiviren deren Beweggründe. Der gesetzgebende Körper besteht aus 75 Mitgliedern, welche die Regierung beruft, und wenigstens zwei Monate in jedem Jahre versammelt seyn müssen. Eine Commission von 15 Sprechern aus ihrer Mitte prüft die von der Regierung vorgelegten Gesetzentwürfe, und macht sie dem ganzen gesetzgebenden Körper bekannt. Nach einer geheimen Abstimmung in demselben werden sie binnen drei Tagen von der Regierung promulgirt, sobald sich keine Beschwerde dagegen findet. Es werden Friedensgerichte, Civil- und Kriminalgerichte, Appellationsgerichte, Revisionsgerichte und ein Kassationsgericht organisirt. Handelskammern sprechen in Handelssachen, Kriegsräthe über militairische Verbrechen. Die Bischöfe werden von der Regierung ernannt und von dem Papste eingesetzt; die Pfarrer werden von den Bischöffen gewählt und eingesetzt, aber von der Regierung genehmigt. Ein besonderes Concordat ward mit dem Papste, nach dem Muster des französischen, am 16 Sept. 1803 abgeschlossen, und für 30 ausgezeichnete gelehrte ein Nationalinstitut (17 Aug. 1802) errichtet. Die Landmacht der Republik ward aus 30,000 Mann Truppen und einem Reservecorps von 60,000 Mann gebildet. Im Herbste 1802 verließen die französischen Truppen die italienische Republik. ABC Doch nach der Einführung der erblichen Kaiserwürde in Frankreich ward auch die Schwesterrepublik Italien in ein Königreich verwandelt, und von der italienischen Consulta, welche mit dem Vicepräsidenten Melzi nach Paris berufen worden war, der Kaiser Napoleon am 17 März 1805 zum ersten Könige von Italien proclamirt. Die nähern Bestimmungen der neuen monarchischen Regierungsform wurden in zwei constitutionellen Statuten vom 17 und 27 März gegeben, durch welche manches in der Constitution vom J. 1802 verändert wurde. Nach denselben ist die italienische Krone erblich in Napoleons directer und ehelicher, natürlicher oder adoptirter männlicher Nachkommenschaft, doch darf blos ein Bürger Frankreichs oder des Königreiches Italien adoptirt werden; Napoleon übergibt, sobald die fremden Truppen Neapel, die jonischen Inseln und Malta geräumt haben, die erbliche Krone Italiens einem seiner ehelichen oder adoptirten Söhne, von welcher Zeit an die Kronen Frankreichs und Italiens nie wieder auf Einem Haupte vereinigt werden dürfen, und die Nachfolger Napoleons innerhalb des Königreiches residiren müssen. Der König von Italien wird volljährig mit der Vollendung des achtzehnten Jahres. Der Kaiser kann einen Vicekönig und die Großofficiere des Königreichs ernennen. Der Code Napoléon wird vom 1 Januar 1806 an das Gesetzbuch des Staates. Es wird ein Orden der eisernen Krone für 20 Großkreuze, 100 Commandeure und 500 Ritter errichtet. Der König ist Großmeister. -- Die feierliche Salbung des Königs geschah am 26 Mai zu Mailand von dem Erzbischoffe Caprara. In der Mitte der gesetzgebenden Versammlung ernannte Napoleon am 7 Juny seinen Stiefsohn Eugen Beauharnois zum Vicekönige, und durch Decret vom 8 Juny vergrößerte er das Gebiet des Königreiches durch die vom vormaligen Piemont getrennte Landschaft Rovarese.

Doch ungleich bedeutender war der Zuwachs, den dieses Königreich im Preßburger Frieden (26 Dec 1805) erhielt, durch welchen Oestreich die im Frieden von Campo Formio und Lüneville ihm zugetheilten venetianischen Provinzen mit einer Bevölkerung von beinahe zwei Millionen Menschen demselben überließ. Durch Decret vom 12 Jan. 1806 adoptirte Napoleon den Vicekönig bei seiner Vermählung mit der bayrischen Prinzessin, bestimmte ihn, in Ermangelung eigener ehelicher männlicher Nachkommen, zur Thronfolge in Italien, und erhob ihn am 20 Dec. 1807 zum Prinzen von Venedig. Kurz darauf wurden (30 März 1806) in den neu erworbenen venetianischen Besitzungen zwölf französische Herzogthümer und Großlehen errichtet.

Ob nun gleich Massa, Carrara und la Garfagnana (1806) von dem Königreiche getrennt, dem Fürsten von Lucca zugetheilt, und, nach dem Wiener Frieden, am 15 Oct. 1809 auch Dalmatien und Istrien von Italien losgerissen, und zu dem neugebildeten Staate der illyrischen Provinzen geschlagen wurden; so vereinigte doch dagegen Napoleon (April 1808) die von dem Kirchenstaate getrennten Provinzen Urbino, Ancona, Macerata und Camerino mit dem Königreiche Italien, dessen Bevölkerung, getheilt in 24 Departemente, dadurch bis über 6 Millionen Menschen erhöht wurde. Der ehemalige kleine Freistaat Ragusa war zwar ebenfalls (13 August 1808) mit dem Königreiche Italien verbunden, im folgenden Jahre aber, zugleich mit Dalmatien und Istrien, den illyrischen Provinzen einverleibt worden. --


Quellen.[]

  1. Handbuch der Statistik der europäischen Staaten, zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung von D. Joseph Milbiller. Landshut, 1811. Bei Philipp Krüll, Universitäts-Buchhändler.
  2. Das Zeitalter Napoleons, ein historisches Gemählde von Karl Heinrich Ludwig Pölitz, ordentlichem Professor der Geschichte auf der Universität Wittenberg und des akademischen Seminariums Director. Leipzig bei J. C. Hinrichs. 1813.
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