Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Cadetten-Corps.[]

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Cadetten-Corps. Das adeliche Cadetten-Corps in Berlin errichtete König Friedrich Wilhelm I. Das zu Stolpe in Pommern wurde 1769, das zu Culm 1776, das zu Kalisch 1791 errichtet. In Sachsen errichtete der Kurfürst Johann Georg IV. bereits eine Compagnie adelicher Cadets. Betrachtungen über die Kriegskunst, über ihre Fortschritte, Widersprüche und Zuverlässigkeit. Zweyte Abtheil. Leipzig. 1798. S. 33.


Cadet.[]

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Cadet, heisset eigentlich der jüngste unter den Brüdern: und weil die jüngsten Söhne in adelichen Familien öfters Kriegsdienste nehmen, so bedeutet Cadet auch einen jungen von Adel oder wenigstens von guter Herkunft, der sich dem Kriegsstande widmet, und noch nicht Officier ist.


Cadet..[]

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Cadet. Der Jüngere. Wenn junge Leute sich zum Militär begeben, um ins künftige als Officiers angestellt zu werden, so heißen sie in manchen Armeen Cadets, in andern Junker. Cadettenhäußer sind Erziehungsanstalten für solche junge Leute, in welchen sie in allen nöthigen Wissenschaften Unterricht bekommen.


Von Reisende.[]

Johann Heinrich Karl Menu.[]

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Um meine Zeit so gut als möglich in München auszukaufen, begab ich mich noch vor dem Mittagsmahle, da man in München erst spät zur Tafel geht, nach dem Cadettencorps, wo der Chef desselben die Güte hatte mich herumzuführen. Ich fand die Cadetten gerade bei Tische. An jeder Tafel sass ein Aufseher. Ihre Speisen waren Suppe, Vorkost und Fleisch, Braten und Sallat; ihr Getränk Wasser. Alle waren in kurze blaue Jacken mit schwarzen Aufschlägen gekleidet; statt der Hüte trugen sie Helme mit schwarzen Pferdeschweifen; sie hatten lange Beinkleider und Halbstiefeln an; der Säbel hieng ihnen am Bandelier über die Schulter.

Die Eleven, deren Zahl hundert und dreissig beträgt, sind grösstentheils Pensionnairs, die monatlich fünf und zwanzig Gulden zahlen, wofür sie Nahrung, Kleidung und Unterricht erhalten. Der Kurfürst giebt jährlich zehntausend Gulden zu diesem Institute. Dafür behält er sich aber vor, zehr bis zwanzig Söhne armer Officiere der Armee daselbst unentgeldlich zu placiren.

Die Anstalt erzieht ihre Zöglinge nicht allein für das Militair, sondern diese wählen sich im funfzehnten Jahre den Stand, in welchen sie gern treten wollen. Zufolge des Lehr- und Erziehungsplans *) soll nämlich durch diese kurfürstliche Militair-Academie eine dreifache Absicht erreicht werden. Man will vor allen Dingen freilich für den Militärstand solche Subjekte bilden, die in Rücksicht der zu diesem Stande nöthigen Grundwissenschaften als theoretisch vollendet anzusehen sind; ferner aber auch dem Civilstande solche Zöglinge liefern, die entweder gleich in manchen Fächern ganz brauchbar; oder welche endlich zu ihrer Vervollkommnung in den höhern Studien dermassen vorbereitet worden sind, dass sie in kürzerer Zeit, als gewöhnlich, und mit grösserm Nutzen ihre Bildung zum Dienste des Staats vollenden können.

*) Betitelt: Lehr- und Erziehungsplan nebst Vorschrift für die kurfürstlich-pfalzbayersche Militair-Academie in München. München 1789.
Dieses Reglement enthält viel Gutes und wird nun nach einer Anordnung des Kurfürsten ganz umgearbeitet.

Bis zum vorhin genannte Alter erhalten deshalb alle einen gemeinsamen Unterricht in denjenigen Wissenschaften, die zur Bildung für den Militairstand hinlänglich, für viele Staatsämter aber, so wie auch für die Ausbildung der höhern Stände nothwendig, und für die Erlernung der höhern Wissenschaften die gründlichste Vorbereitung sind.

Diese bestehen nun mit genauer Hinsicht auf Alter, Zeit und Absicht aus folgenden Haupttheilen, als: der Erlernung der lateinischen, teutschen und französischen Sprache, der Geschichte, dem Unterricht in den schönen Wissenschaften und Künsten, in der Philosophie, der Mathematik und der Rechtslehre. Weil aber nach genauer Prüfung der aufgenommenen Subjekte, welche bei der Aufnahme elf bis dreizehn Jahr alt seyn können, sich oft ein Missverhältniss in ihren erworbenen wissenschaftlichen Kenntnissen vorfindet; so hat man diesen gesammten Lehrcursus auf vier Jahr vertheilt. In der Abtheilung vom ersten Jahre fällt die Philosophie und Rechtsgelehrsamkeit aus.

Haben sich die Eleven nun zu irgend einem Stande bestimmt, der eine weitere Ausbildung verlangt, als die ist, welche sie hier erhalten, so werden sie entlassen, um anderweitig unterrichtet zu werden.

Die Zöglinge schlafen alle in einem gemeinschaftlichen Saale, und ihre Gouverneurs und Aufseher in erhöhten Betten zwischen ihnen. So zweckmässig ich auch einer Seits diese Einrichtung fand (denn es lässt sich auch manches dagegen einwenden), so war ich doch mit der Reinlichkeit der Luft nicht zufrieden, besonders da gewisse Geschirre unangenehme Ausdünstungen verursachten.

Jeder Cadet hat unter seinem Bette einen Kasten, worin er seine Sachen verschliesst. Zwei Gouverneurs haben Dujour. Alle vierzehn Tage versammeln sich sämmtliche Glieder des Instituts, um über den Fleiss und die Moralität ihrer Zöglinge zu conferiren. Hierauf füllen sie eine hierzu bestimmten Conduitenliste aus, deren Resultat am Ende des Jahres zusammengezogen wird.

Ausser den vorhin genannten Lehrgegenständen erhalten die Zöglinge auch Unterricht in der Physik und Mechanik; sie lernen drechseln und tischlern, und bekommen das hierzu nöthige Handwerkszeug geliefert. Morgens um sieben Uhr fangen ihre Lehrstunden an; und Abends um neun Uhr gehen sie zu Bette.

Auf den Unterricht und das Selbststudieren werden täglich, zwei Nachmittage in der Woche ausgenommen, zehn Stunden verwendet. Bei der Eintheilung dieser Zeit soll nach dem Plan zuvörderst darauf gesehn werden, dass davon nicht mehr als sechs oder höchstens sieben für den ordentlichen Lehrvortrag in den verschiedenen Fächern bestimmt, die übrigen aber zum Privatstudium der Zöglinge, oder nach Befinden zu einer Kunsterlernung ausgesetzt werden. Jedoch soll das Privatstudium keinesweges der Willkür der Zöglinge überlassen bleiben, sondern immer ein Lehrer in abwechselnder Ordnung dabei gegenwärtig seyn, der durch Nachhülfe, Zurechtweisung, Erklärung; Wiederholung ect. diesen Stunden ihren sichern Nutzen gewährt, so dass von aller zum Unterrichte brauchbaren Zeit nicht ein Augenblick verloren geht. Was an Sonn- und den zwei wöchentlichen Erholungstagen, so wie auch zur Sommerzeit weiter geschehen kann, hängt theils von dem Fleisse der Zöglinge, theils von der Ermessung des Direktors ab.

Verschiedene Tage in der Woche begeben sie sich nach einem Garten, der nicht weit vom Cadettenhause entfernt ist, und belustigen sich daselbst mit allerlei gymnastischen Uebungen und mit dem Gartenbau. Während der eine Theil spielt, unterhält sich auch ein anderer wohl mit Musik. So hörte ich zum Beispiel in ihrem Garten eine ziemlich besetzte Janitscharenmusik, die durch einen Theil dieser Zöglinge mit vieler Fertigkeit ausgeführt wurde.


Quellen.[]

  1. Handbuch der Erfindungen von Gabr. Christ. Benj. Busch, Consistorial-Assessor, Diaconus ordinarius und Mitglied geistlichen Ministerii zu Arnstadt. Eisenach, bey Johann Georg Ernst Wittekindt. 1805.
  2. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  3. Kleines Kriegswörterbuch für Zeitungsleser. von Christian v. Perrin-Parnajon Hauptmann. Jena, in der Crökerschen Buchhandlung 1809.
  4. Reise durch einen Theil von Teutschland, Helvetien und Ober-Italien im Sommer 1803. Berlin, in der Himburgischen Buchhandlung, 1804.
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