Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Geschichte der Polnischen Insurrection.

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Genaue und möglichst zuverläßige Geschichte des Aufruhrs, und Blutbades in Warschau. Staats-Umwälzungen. Begebenheiten der Polnischen Insurrection.

Polen hat die nach dem blutigen Paris gerichteten Blicke der Welt schnell auf das noch blutigere Warschau hingerissen. Ein wüthender Aufruhr mit einem mördrischen Gefechte, das die Straßen in Warschau mit Blut und tausenden von Leichen bedeckte, und eben so schrecklich in seinen Folgen als in seinem Ausbruche war, hat Polens Schicksal in eine Lage gebracht, deren Würkungen und Begebenheiten nicht zu berechnen sind.

Wenn wir in unsrer nur monatlich erscheinenden Geschichte die Frühzeitigkeit der Berichte den täglichen Blättern haben überlassen müssen, so haben wir für unsre Leser nun den Vortheil, daß wir sie mit einer Menge von Unrichtigkeiten und zum Theil grundlosen Erdichtungen verschonen, und eine nach dem möglichst besten Quellen sorgfältig verfaßte, und zusammenhängende chronologische Geschichte ihnen vorlegen können.

PortretThaddäusKosciuszko

Thaddäus Kosciuszko.

Schon seit der erzwungenen Annahme der Targowiczer Conföderation war es dem aufmerksamen Beobachter leicht unter einem großen Theil der Polen sowohl einen verborgenen Groll gegen die Rußen, als eine heimliche Unzufriedenheit mit ihrer eigenen Regierung zu bemerken. Die kräftigsten Maaßregeln, die von Rußischer Seite und von dem Könige selbst getroffen wurden, verhinderten zwar einen öffentlichen Ausbruch dieser Gesinnung; aber sie hoben das im Verborgenen schleichende Mißvergnügen nicht auf. Auf dem letzten Grodnoer Reichstage zeigte sich diese Stimmung schon deutlich genung, und wurde durch die Verhandlungen dieses Reichstags nicht allein heftiger, sondern auch noch ausgebreiteter. Seit dieser Zeit vorzüglich suchten die Mißvergnügten eine Neigung zur Insurrection unter dem Volke allgemein zu machen. Verführerische Schriften die Aufruhr und Empörung predigten, unmäßige Klagen über das Schicksal des Reichs, und die Aufwiegelungen der allenthalben geschäftigen Emissarien der Pariser Propaganda, dieß waren die vornehmsten Mittel deren man sich zu diesem Ende bediente, und denen man durch die Vertheilung von 30 Millionen Livres, die zu dieser Absicht aus Frankreich nach Polen geschickt wurden, noch mehreren Eingang und Nachdruck zu verschaffen suchte. So waren die Gemüther schon vorbereitet, als die Reducirung der Truppen die Gelegenheit zum Ausbruche gab. Im Anfange nahm zwar nur ein Theil der verabschiedeten Truppen an den gewagten und in ihren Folgen so wenig erwogenen Unternehmungen des Madalinski und des Kosciusko Antheil; aber der glückliche Anfang dieser Insurrection, die im Neufränkischen Patrioten-Tone ausgefertigten Manifeste, welche der Thaddäus Kosciusko als oberster Anführer der bewafneten Macht ausgehen lies, und die dem Volke vorgespiegelten trüglichen Hofnungen auf auswärtige Hülfe und Unterstützung, vorzüglich auch die unter dem Volke ausgebreiteten, aber ganz ungegründeten, Gerüchte von grausamen Bedrückungen, welche das Land von den Rußen erdulden müsse, und von mehreren äußerst ungerechten und harten Forderungen, welche der Herr von Igielström an den immerwährenden Rath und den König gethan haben sollte, brachten endlich unter dem schon aufgewiegelten Volke eine allgemeine Gährung hervor. Auch in Warschau selbst bemerkte man schon Spuren einer gleichen Stimmung. Mit jedem Morgen fand man neue aufrührerische Zettel an den Straßen angeschlagen: täglich fanden sich mehrere von den verabschiedeten Soldaten in der Stadt ein, und viele unruhige Köpfe zeigten sich schon mit der rothen Jacobiner Kappe, mit Cocarden, und andern Revolutions-Zeichen. Alles dieß ließ einen bevorstehenden Aufstand befürchten. Die Plane dazu waren schon ins Geheim gemacht; und die bey den häufigen, wohl nicht von ohngefehr ausgebrochenen, Feuersbrünsten entstandenen Tumulte, waren nichts anders als Versuche diese Plane auszuführen, und eine allgemeine Insurrection in der Stadt zu bewürken. Die starke Rußische Besatzung in der Stadt, die außer den Kosacken aus 8 Bataillons Infanterie, und 12 Escadrons Cavallerie bestand, und mit einer beträchtlichen Artillerie versehen war, vereitelte aber alle diese Versuche, und stillte die entstandenen Unruhen wieder, ehe sie allgemein wurden. Indessen ließ der General von Igielström, (der sich eines so harten Verfahrens als ihm fast in allen Zeitungen angeschuldigt worden ist, gar nicht bewußt war, vielmehr bey der Nachricht mit welcher er die Polen behandelte, die ihm selbst nachher so gefährlich wurde, indem er auch nicht eine einzige Verhaftnehmung verlangte, und die davon verbreiteten Gerüchten boshafte Erdichtungen sind, einen so allgemeinen und heftigen Unwillen gar nicht ahndete, und daher auf die Verordnungen des Königs und des immerwährenden Raths zur Verhütung fernerer Unruhen eine großes Vertrauen setzte,) den größten Theil dieser Besatzung unter den Generalen Tormansow, Denisow und Roszow gegen den Kosciusko ausmarschiren. Nur einige Bataillons Infanterie, die aus 6000 Mann bestanden, blieben in Warschau zurück. Dieß nun gab den Mißvergnügten neuen Muth, und nun beschloßen sie ihre Plane auszuführen. Einzelne unruhige Auftritte und Zusammenrottirungen des Volks zeigten schon die allgemeine Gährung, und ließen vermuthen was im Werke sey. Die einige Meilen von Warschau stehenden Preußen unter dem Generallieutenant von Wolki machten schon Anstalten, in die Stadt einzurücken; aber der König schickte selbst seinen Generaladjutanten Grabowski noch am 16 April zum Herrn von Wolki, und ließ diesem die Vorstellung machen, daß bey dem einrücken der Preußischen Truppen eine allgemeiner Aufstand unvermeidlich seyn würde, daher er den Herrn Generallieutenant ersuchen ließe, in seiner jetzigen Stellung zu bleiben. Dieß geschah: und schon in der folgenden Nacht brach der Aufruhr aus. Nach einem verabredeten Plane wurden schon um Mitternacht alle Zugänge zu Warschau von den Polen besetzt. An mehrern Gegenden der Stadt zeigten sich große Haufen von Volk, die mit vielem Lärm durch die Straßen auf den Schloßplatz zogen, und den König zu sprechen verlangten. Der General von Igielström ließ diesem Haufen zwar anbefehlen, sich sogleich auseinander zu begeben; aber diesen Befehl ward nicht befolgt. vielmehr schwoll dieser Haufen unter der Anführung eines Mönches noch mehr an, und bestand ungestüm auf seinem Verlangen, den König zu sprechen. Der Herr von Igielström ließ noch einmal die Güte versuchen, und seinen Befehl wiederholen. Aber der Haufen fiel diejenigen die diesen Befehl überbrachten an, und tödtete einige von ihnen. Dieß war das Signal. Der Haufen flog aus einander, verbreitete sich durch alle Gaßen, schrie über Gewalt, und rief alles zum Versammeln und zum Waffen; alle Trommeln wurden gerührt; die Sturmglocken wurden geläutet, und durch die ganze Stadt verbreitete sich ein Lärm und Geschrey, wie wenn die Stadt von einer feindlichen Armee überfallen wäre. Um 4 Uhr rückte die Garde zu Pferde aus ihren Casernen aus, jedoch anfänglich nur von Subalternen angeführt. Diese griffen den Rußischen Posten hinter dem Garten des Churfürstlich-Sächsischen Palais an, trieben ihn zurück, und erbeuteten dabey eine Kanone, und begaben sich zum Schloßplatze. Gegen 6 Uhr schickte der General Igielström zum König, um ihm von der Gefahr Nachricht geben zu lassen. Der König aber, der sich schon völlig angekleidet bey seiner Garde im Schloßhofe befand, ließ dem General antworten: er sey schon von allen Umständen unterrichtet, und ersuche daher den General, sich mit seinen Truppen aus der Stadt zu entfernen, um das Blutvergießen zu vermeiden, bis das schwierige Volk besänftigt sey. Er bezeichnete auch die Straßen, die noch von den Polen unbesetzt wären, durch welche sich also die Rußen noch ungehindert hinausziehen könnten. Der Herr von Igielström glaubte aber noch sich mit seinen tapfern Rußen vertheidigen zu können. Er schickte zuerst den General Bauer mit einem Detaschement ab, um das Zeughaus zu besetzen. Dieses war aber schon von dem Volke, unter der Anführung des Generals Zichoski, erbrochen, und alle Arten von Waffen und Munition, und 213 Kanonen wurden unter die tobende Menge vertheilt. Der General Bauer versuchte es, diesen zusammengelaufenen Haufen auseinander zu jagen; es entstand ein mörderisches Gefecht, in welchem die Rußen mit verzweifelten Muthe fochten, aber endlich von der mehr als zehnfach stärkern Menge umringt und zu Gefangenen gemacht wurden. Noch wahrend dem Gefechte liefen einige aus dem Haufen mit dem Geschrey, die Rußen wollten das Zeughaus einnehmen, zum König, und forderten ihn auf, sich an die Spitze seiner Truppen zu stellen, worauf ihnen dieser antwortete: "geht und rettet eure Ehre." Sogleich eilte dieser Trupp mit einer Kanone, die man auf dem Schloßhofe fand, zum Palais des Herrn von Igielström. Der König schickte indeß die beyden Generale Byszewsky und Mokronowsky zu diesem Gesandten, und ließ ihn einladen, sich unter dem Schutze dieser beyden Männer auf das Schloß zu begeben. Da dieser aber seine Soldaten nicht verlassen wollte, so schickte er seinen Neveu an den König, und entgieng dadurch der Wuth des Pöbels, welcher den jungen Baron von Igielström zwischen den beyden Generalen auf der Straße niederschlug. Das Geschrey von dem Gefecht beym Zeughause, und von dem für die Aufrührer glücklichen Ausgange desselben lief indeß durch die ganze Stadt, und nun wurde der Tumult allgemein. Aus allen Häusern brachen die Verschwornen hervor; von allen Seiten strömte das rasende Volk mit Kanonen, Gewehren, Pistolen, Säbeln, Knitteln, kurz mit allen zur Ermordung brauchbaren Waffen zusammen, und da sich nun auch alle in Warschau befindlichen Polnischen Truppen mit den Aufrührern vereinigten, so war bald eine Maße von 30,000 wüthender Menschen zusammen. In zahlreichen Haufen zerstreueten sie sich nun durch alle Strassen, um die einzelnen Trupps der Rußen, die sich versammelt hatten, anzugreifen, ehe sich diese alle vereinigen könnten. Nun wurde das Gemetzel allgemein, in allen Straßen entstand ein fürchterliches Blutbad gleich jener Sicilianischen Vesper, die Gaßen wurden mit Leichen bedeckt, und die Streitenden wadeten im Blute der Erschlagenen, und die brennenden Häuser stürzten über sie her. Am wüthendsten war das Gefecht bey dem Palais des General Igielström. Bey diesem hatten sich die Generale Soubof, Apraxin, Pistor und noch einige andere nebst einer Anzahl von Soldaten versammelt, und waren von einem Haufen von Polen, die das Haus von allen Seiten besetzten, eingeschloßen. 36 Stunden lang vertheidigten sich hier die Rußen, theils in den Häusern, theils in den Hintergebäuden, durch welche sie sich Wege durchbrachen, um von einer Straße auf die andre zu kommen, und so erreichten sie endlich, unter vielem Blutvergießen, und mit der verzweifeltesten Gegenwehr die Stadtmauer, in welche sie eine Oefnung schoßen, und so ins Freye gelangten. Ein Theil der sich zusammen ziehenden Rußen wurde von allen Seiten angegriffen, und von den Dächern herab mit Steinen geschmissen, und konnte nur mit vielem Verluste sich retten. So wurden 800 Rußen von den Polnischen Garden und dem Dzialynskischen Regimente umzingelt, und theils getödtet, theils gefangen genommen. Gleiche Scenen waren in dem großen Garten des Republik-Palais und an mehrern Orten, vorzüglich noch bey dem Churfürstlich-Sächsischen Palais, welches fast ganz in Grund geschoßen wurde. Die in jener Gegend zur Verzweiflung gebrachten Rußen stürzten in die Häuser, und hieben nieder was sie in denselben antrafen, bis sie selbst das Opfer der Wuth wurden. Lange vertheidigten sie sich, da aber ihre Zahl immer mehr abnahm, und die Uebermacht ihrer Feinde zu groß wurde, so flüchteten sie in verschiedene große Gebäude, verrammelten dieselben, und vertheidigten sich hier wie in einer Festung. ungeachtet des heftigsten Feuers, welches von den Polen auf die Gebäude gemacht wurde, hielten sich diese entschloßnen Rußen doch 18 Stunden lang in denselben; bis endlich das eine Palais durch die hineingeschoßenen Granaten auf mehrern Seiten in Brand gerieth. Nun steckten die Belagerten die weiße Fahne aus, und wollten sich ergeben. Die Thüren wurden geöfnet, und man wollte sie als Gefangene fortführen. Aber es fielen einige Schüße, die die Polen selbst, vielleicht aus Unvorsichtigkeit, thaten. Sogleich hieß es, die Rußen haben wieder geschoßen. Der erbitterte Pöbel gerieth in neue Wuth, und es wurden nicht nur alle in diesem Palais befindlichen Rußen niedergemacht, sondern man steckte noch 4 andere große Gebäude, und eine Kirche, die gleichfalls mit Rußen angefüllt waren, in Brand. Auch in der über der Weichsel liegenden Vorstadt, Prag, waren indeß die Rußen eben so wüthend angegriffen, und größtentheils getödtet. Einige 60 wurden noch von dort als Gefangene nach Warschau gebracht; aber auf dem Wege doch niedergemacht. Erst am 18ten April, gegen 6 Uhr des Abends, da man keinen Rußen mehr in den Straßen sah, hörte das Feuern, welches vom 17ten früh um 6 Uhr an, sowohl aus grossen als kleinen Gewehr fortgedauert hatte, allmählich auf, und der schreckliche Tumult legte sich.

Aber die Wuth des Volks war noch nicht gestillt; da man keinen Rußischen Soldaten mehr sah, so wurden nun die Häuser durchsucht, und wo man nur noch einen Rußen fand, gleichviel ob Soldat oder nicht, da gieng das Blutvergießen und das Morden von neuen an. Keine Vorstellungen, keine Bitten konnten den rasenden Pöbel besänftigen. Selbst Kinder wurden von dieser Blutgier angesteckt, und weideten sich daran, die Körper der erschlagenen Rußen zu zerstückeln. Ein andrer Haufen des Volks, dem mehr an Raub als am Blute gelegen war, fiel indessen über die Wohnungen der angesehensten Rußen her, plünderte und zerstörte sie. Der Palais, in welchem der General von Igielström gewohnt hatte, brannte noch am 21 April. Auch die Häuser verschiedener vornehmer Polen wurden geplündert und verwüstet: vorzüglich die Wohnungen der Familien Ozarowski, Zabielo, Braniki, Radzinski, des Bischofs von Liefland, das Kapuziner-Kloster, und das Haus des Banquier von Ferguson Tepper, der einige Tage nachher, selbst in der Thür seines Hauses von einem Polnischen Officier nieder gehauen wurde. Erst in der Nacht vom 18ten zum 19ten April wurde die Ruhe völlig wiederhergestellt, und die Polen frohlockten nun über die große That, daß sie mit einem Heere von 30000 Mann eine Besatzung von 6000 Mann, die nicht einmal sich vereinigen und gemeinschaftlich agiren konnte, theils getödtet, theils vertrieben hatten. Und doch war ihr Sieg, und der Verlust der Russen nicht so groß, als er anfänglich in den öffentlichen Blättern angegeben wurde. Der General von Igielström kam mit etwa 1200 Mann, wovon die meisten mehr oder weniger verwundet, und von allem, selbst von den nothwendigsten Bedürfnißen entblößt waren, in dem Preußischen Lager zu Sacroczin an; und der General Nowicky hatte sich bald nach dem Ausbruche des Aufruhrs, da er sah, daß Gegenwehr unmöglich sey, mit einem Bataillon von etwa 2000 Mann, mit 16 Kanonen, und dem schweren Gepäck der Rußischen Truppen, aus Warschau gezogen, und sich bey Magnaszew postirt. Die übrigen waren theils getödtet, theils gefangen. Unter den Getödteten waren der General Tischef, der Fürst Gagarin, der General Milaßewicz, und der Baron von Igielström. Unter den Gefangenen befand sich der General Major von Bauer, und der General Suchtelen. In den ersten Nachrichten gab man die Zahl der getödteten Rußen aus 2000 an. Die der Verwundeten auf 400, und der Gefangenen gleichfalls auf 2000 an. Während des Gefechts kam ein Bataillon Preußen von 2000 Mann in den ehemaligen Rußischen Verschanzungen vor Warschau an; da man aber von der Stadt ein lebhaftes Feuer auf sie richtete, und da sie sahen, daß ihre Macht doch zu klein seyn würde, um die Ruhe herzustellen, so zogen sie sich wieder zurück.

Gleich in derselben Nacht wurde nun auch noch die Conföderations-Acte des Kosciusko unterzeichnet, und in der Stadt alles nach Parisischen Fuß eingerichtet. Man sahe hierbey ganz deutlich, daß der Plan zu dieser ganzen Scene schon längst entworfen, und von Jacobinern vorgezeichnet seyn mußte. Die Stadt wurde in verschiedene Sectionen abgetheilt, es wurde eine Municipalität, und eine diplomatische Comitée errichtet. Der Herr von Sakrzewski wurde zum Präsidenten von Warschau erwählt, welche Stelle ihm schon auf dem Revolutions-Reichstage 1791 zuerkannt worden war, und zugleich ist er auch Präsident des neuen Conseils. Die Generals von Mokronowski und Zichoski sind die Commandanten von Warschau, und der bewafneten Macht in dieser Stadt. Der General Kosciusko aber wurde zum Ober-Befehlshaber der gesammten bewafneten National-Macht ausgerufen. Die alte Verfaßung wurde gänzlich aufgehoben. Der Magistrat so wie auch der immerwährende Rath wurde abgeschaft; und an dessen Stelle wurde dem Könige ein Conseil von 14 Personen beygeordnet, auf welches aber der König weiter keinen Einfluß haben soll. Man erklärte dem Könige, der von einer Bürgergarde bewacht wurde, geradezu, man wolle ihn wohl respectiren, aber gehorchen könne man ihm nicht. Alle bisherigen Ordenszeichen wurden abgelegt, doch befahl aber das neue Conseil, auf Vorstellung des Königs, die Beybehaltung derselben. Dieses neue Conseil erließ auch sogleich verschiedene Proclamationen, um das Volk durch Prahlereyen von Freyheit, und von der Macht und Stärke des freyen Volks, im Taumel zu erhalten, damit es nicht zu bald seine Verblendung einsehe und beweine. Die neuen Tribunäle zeigten sich auch gleich ihrer Jacobinischen Stifter würdig. Mehrere angesehene Polen, die man eines gehabten Einverständnißes mit den Rußen beschuldigte, wurden noch in der Nacht eingezogen. Zu diesen rechnete man vorzüglich den Groß-Feldherrn Ozarowski, den Bischof Koßakowski, den Grafen von Ankwitz, den Baron von Soldenhofen, und den Herrn von Boskamp. Völkerrecht ward auch nicht geachtet. Ohne Rücksicht darauf war der Rußische Resident, Herr von Asch, der Legations-Rath von Divof, sogar der gesandte, Baron von Bühler, der auf seiner Rückreise von dem Herzoglich Wirtembergischen Hofe begriffen war, und sich eben in Warschau befand, in das Arsenal eingesperrt worden. Den Preußischen Gesandten, Herrn von Buchholz, schonte man noch etwas mehr, und gab ihm ein Commando Cavallerie zur Bedeckung vor sein Haus. Aber die Abreise aus Warschau wurde auch ihm so wie jedem andern durchaus verweigert. Am 20 April wurden aufs neue noch 48 Russischen Gefangene von dem Pöbel ermordet, weil sie mit der Wache, die sie in ein andres Gefängniß führen sollte, in Streit geriethen; und nur mit der größten Mühe konnte man das Volk abhalten, daß es nicht in alle Gefängniße brach, und alle Rußen ermordete.

Am 19ten erließ der Präsident der Stadt und des neuen Conseils ein Schreiben an den Kosciusko, und forderte diesen auf, der nunmehro freyen Stadt Warschau seinen Schutz und Beystand zu verleihen. Dieser Kosciusko war nun das Haupt der neuen Conföderation, so daß auch alle von den neuen Departements und Conseils erlassenen Decrete die Aufschrift führten: Unter Aufsichts des Kosciusko. Er hielt sich noch immer in der Gegend von Krakau auf. In Krakau ließ er indessen alles bey einer Belagerung nöthige vorbereiten. Viele Einwohner verließen die Stadt, theils aus Furcht für die Belagerung, theils aus Furcht für das neuerrichtete Revolutions-Tribunal, welches daselbst hausete, und schon verschiedene Personen, als Anhänger der Rußen, verurtheilt hatte. Was aber in der Stadt blieb, mußte sich bewafnen, und in den Waffen üben. Auch in der ganzen Gegend wurde die Recrutirung mit Güte und Gewalt fortgesetzt, und alles was zum Kriege gehörte, in Requisition gesetzt. Alle Ausfuhr von Bley, Zinn, Eisen, Salpeter u. a. m. wurde aufs strengste verboten. Kosciusko erließ Manifeste über Manifeste, denen man es allen ansah, daß sie aus überspannten Grundsätzen herfloßen. In Absicht der Religions-Grundsätze war aber Kosciusko klüger, als die Pariser Tyrannen. Er machte die Religion zu einem neuen Hülfsmittel. Er trug beständig ein Krucifix bey sich, vor welchem er oft in Angesicht der Truppen, vorzüglich aber jedesmal bey dem Anfange eines Gefechts, betete. Hierdurch gewann er die Bauern so sehr, daß sie ihm wie einem Thomas Münster blindlings folgten. Mit den Rußen hatte er bereits verschiedene Gefechte gehabt, in welchen die Rußen anfänglich das Feld behaupteten. Aber in einem Gefechte bey Raclawice am 4 April, hatte Kosciusko, der vorher verschiedene Rußische Couriers anfgefangen hatte, einen Vortheil über die Rußen. Das Treffen dauerte von 3 Uhr Nachmittags, bis Abends um 8 Uhr, da sich die Rußen endlich zurückzogen. Auch einige späterhin vorgefallene Gefechte sollen für die Polen vortheilhaft gewesen seyn. Das ganze Heer der Insurgenten, welches bey Kracau gelagert war, bestand aus 27,000 Mann, worunter 8000 Mann regulaire Truppen, und 5000 berittene Edelleute waren. Nach dem Aufruhre in Warschau stießen auch noch die meisten Polnischen Regimenter zum Kosciusko. Eine ansehnliche Verstärkung erwartete man aber noch aus Litthauen. Nach neuern Nachrichten aber war dorten alles ruhig geblieben, und vielmehr in Erwartung eines Corps Rußen, von 30000 Mann, welches aus Liefland in vollem Anmarsche war.

In Preußen wurden, wie in Rußland, sehr ernsthafte Anstalten gegen die polnische Insurrection gemacht. Die schon im April in Polen stehenden Rußischen und Preußischen Truppen schätzte man auf 30000 Mann, und von beyden Mächten waren noch viele Regimenter zum Marsche beordert. Von den Preußen stand der Generallieutenant von Wolky am rechten Ufer der Weichsel gegen Warschau, in Zakroczin, 5 Meilen von der unruhigen Hauptstadt; und am linken Ufer der Weichsel, 3 Meilen von der Stadt, standen die gelben und schwarzen Husaren postirt. Ein Preußisches Corps schlug am 28April den mit einigen unzufriedenen Regimentern im Lande umherstreifenden General Bialack, und nahm ihm noch einige hundert Gefangene ab. Es zogen auch aus Ost- und West-Preußen, und aus Schlesien viele Regimenter nach Polen. Der König selbst gieng nach Süd-Preußen und stellte sich an die Spitze seiner Armee. Bis zu der Ankunft desselben hatte der krank gewordne Generallieutenant von Schwerin das Obercommando an den Generallieutenant von Favrat übergeben.

Oestreich zog gleichfalls in Gallizien ein Corps zusammen; und alle Polen, welche bewafnet das Oesterreichsche Gebiet betraten, wurden sogleich entwafnet. Es waren auch auf dem Oesterreichschen Boden schon verschieden Exceße und Plünderungen vorgefallen; aber die Insurgenten hoften dennoch, daß Oestreich ganz neutral bleiben würde. Gegen die Rußen und Preußen hoften sie auf Hülfe von der Türken und Franzosen, die aber wohl etwas zu lange verzögern dürfte. Bey vielen Polen fieng auch der Muth schon zu sinken, und die Gemüther wurden über die Lage des Schicksals ihres Landes so unruhig, und die Meynungen so getheilt, daß man in Warschau für nöthig hielt, der Bürgerschaft, und dem niedern Volke, die in die Hände gegebnen Waffen, wieder wegzunehmen, welches die neuen Obrigkeiten und Häupter der Revolution nur mit vieler Mühe ausführen konnten. Man wollte einige Freycorps, und eine regulirte Miliz von 14000 Mann errichten. Auch schafte man, am Ende des Aprils die allgemein angesteckte Jacobinische Cocarde wieder ab, und die neue Regierung verbot sie gänzlich. Man trug darauf allgemein die weiße Cocarde.

Zur Deckung des Geldmangels wurden Contributionen ausgeschrieben, die bis auf den vierten Theil des Einkünfte giengen, und auf viele Jahre vorausbezahlt werden sollten. Alles Silberzeug mußte abgeliefert werden. Diese Verfügungen, und die immerfort gehenden Arretirungen verbreiteten eine Unzufriedenheit, die die Chefs der Insurrection in große Unruhe setzte. Der erste der Insurgenten, Madalinski, entfloh, und nahm die Kriegs-Kaße mit, ohne den Soldaten den schuldigen Sold zu bezahlen. Er gieng nach Ungarn. Kosciusko ließ verschiedne Abtheilungen seiner Truppen herumstreifen, wagte es aber nicht den Marsch nach Warschau anzutreten, wo man ihn sehr erwartete.

(Den Verfolg giebt ein weiter unten folgender Artikel von Polen.

Fortsetzung.

Die Polnische Insurrection unterscheidet sich von der Französischen unter manchen andern Abweichungen auch dadurch, daß sich der herrschsüchtige Chef gleich im Anfange öffentlich auf der Bühne zeigt, und nicht wie Robespierre hinter dem Vorhange steckt, und seine Marionetten nach seinen geheimen Maschienen agiren läßt.

In Absicht des Königs Stanislaus und Ludwig XVI. ist wenig Unterschied. Kosciusko nahm sogleich aus eigener souverainer Machtvollkommenheit den Titel des Generalißimus und die oberste Gewalt des Ganzen mit einer wahrhaft despotischen Autorität an, und entsetzte sogleich den König aller seiner in der Constitution vom 3ten Mai 1791 erhaltenen Rechte; so daß diese Constitution dadurch, so wie überhaupt, vernichtet und eine ganz neue Regierung veranstaltet ist. Stuffenweise schritt man hierin fort, bis der König endlich nicht blos seiner Autorität und Macht, sondern auch sogar seiner Freyheit beraubt war. Gleich nach der Errichtung des provisorischen Raths ließ dieser dem Könige durch einige Abgeordnete anzeigen, daß man ihm zwar immerfort mit der gebührenden Achtung und Ehrfurcht begegnen würde, daß man aber künftighin einzig den Befehlen des Kosciusko Gehorsam leisten könne. Der König antwortete, so wie einst Ludwig XVI., er wünsche, daß ihr Vorhaben zum Besten des Vaterlandes gereichen möge; nur ließe er den provisorischen Rath noch ersuchen, die Achtung für die Religion, für das Eigenthum, für den Unterschied der Stände, und für den Thron unter dem Volke zu erhalten, und für Lebensmittel und gute Policey zu sorgen. Eine abermalige Deputation brachte auch dem Könige die Antwort, daß der provisorische Rath alle Sorgfalt hierauf verwenden wolle. Aber gleich von dieser Zeit an ward der Einfluß des Königs immer geringer, und sein Ansehn sank allmählig herab, so daß das Volk schon einmal Anstalten machte, das Schloß zu erstürmen, um den Feldherrn Czarowski herauszu holen. Nun wurden auch verschiedene Gerüchte von einer vorhabenden Flucht des Königs verbreitet, zu deren Vorbereitung auch seine öftern Spatziergänge an der Weichsel diesen sollten; und bey einer Spatzierreise des Königs entstand darauf ein solcher Auflauf und Lärm unter dem Volke, daß sogleich einige Mitglieder des Conseils dem König nachfolgen, und ihn nach Warschau zurück begleiten mußten. Nachher wurden 14 Bürger zu Adjudanten des Königs ernannt, von denen immer 2 den König Tag und Nacht in seinem Zimmer, bey Tische, und auf seinen Spatziergängen bewachen müssen. Die Thätigkeit und Würksamkeit des Königs in den Regierungsangelegenheiten wurde so gänzlich aufgehoben, daß sich derselbe sogar genöthigt sah, alle Papiere und Briefe die an ihn einliefen, uneröfnet dem provisorischen Rathe zuzuschicken. Diese Entfernung von allen Staatsgeschäften kränkte den König am meisten, und er schrieb sogar deshalb an den Kosciusko. Dieser aber antwortete in einem Tone, welcher ganz seine stolzen Absichten verrieth: "das Volk habe ihm allein die höchste Autorität anvertraut, und diese könne er daher mit niemanden theilen; doch solle das National-Conseil dem Könige von den Verhandlungen und den Gange der Sachen Nachricht geben, und auch auf den Rath des Königs Rücksicht nehmen. Hiermit war dieser unglückliche Fürst schon zufrieden, und dankte dem Kosciusko sogar dafür in einem eigenen Schreiben, in welchem er sich des Ausdrucks bediente: Mit innigem Vergnügen habe ich die Nachricht von dem, was Sie, mein Herr Generalißimus, dem Conseil schriftlich befohlen haben, erhalten. -- Ueberhaupt zeigte der König eben die zu große Nachgiebigkeit gegen das Verlangen des aufgewiegelten Volks und seiner Anführer, welche für Ludwig XVI. die unglücklichen Folgen hatte.

So wie das Ansehen des Königs sank, so stieg das des neuen Dictators von Polen, Kosciusko, immer höher, und das Volk erzeigte ihm auch schon äußerlich die dem Regenten gebührende Achtung. Auf seinen eigenen Befehl durfte niemand ihn anders anreden als mit den Worten "unser Herr;" und auch in seiner Abwesenheit wagte es kein Pole ihn anders als "unser Herr Thadàus" (nasz Pan Thadeusz) zu nennen. Eine Warschauer Zeitung trug sogar schon anstatt des Wappens der Republik das Bildniß des Kosciusko. Seine Macht erstreckte sich schon so weit, daß er nach freyer Willkühr Municipalitäten und Conseils ein- und absetzte, die Mitglieder derselben ernannte, und wieder entließ, ohne die Wahl des Volks zuzulassen, im Gegentheil schloß er den Bürgerstand fast ganz von aller Theilnahme an der Regierung aus. Durch seine Genehmigung erhielten auch alle Verhandlungen und Anordnungen erst volle Gültigkeit. Der Präsident machte selbst den fremden Ministern die Erklärung: Bis jetzt sey auf Befehl des obersten Chefs der Armee, Kosciusko, der provisorische Rath die einzige bevollmächtigte Autorität für alle sowohl innere als äußere Angelegenheiten, doch so, das jedes Arrangement erst die Zustimmung dieses obersten Chefs erhalten müsse." Diese Autorität des provisorischen Raths nahm aber bald ein Ende, da eben dieser oberster Chef die Aufhebung desselben befahl, und ein Mitglied desselben, Wulfers, sogar gefangen setzen ließ. Es wurde dafür ein oberstes National-Conseil eingesetzt, welches am 29sten Mai seine Geschäfte anfieng. Dieses Conseil besteht aus 8 Mitgliedern, alle von dem Adelstande, deren jeder 4 Aßistenten hat, mit welchen er sein bestimmtes Fach besorgt. Der bisherige Präsident Zakrzewski ist wiederum auf Lebenslang zum Präsidenten dieses Conseils ernannt, und hat für die Policey zu sorgen. Von den übrigen Mitgliedern besorgt der Graf Potocki die auswärtigen Angelegenheiten, der Kanzler Kolontay hat das Finanzwesen -- Herr von Wielowoysky, das Militairwesen. -- Die Wahl dieser Mitglieder von lauter Adlichen erregte unter dem Volke lautes Murren, und nur mit vieler Mühe konnte der Tumult, der sich schon vor dem Hause des Kanzlers Kolontay anfieng, gedämpft werden. Die Bürgerschaft schickte darauf eine Deputation an Kosciusko mit einer Beschwerde, daß sie so ganz von allem Antheile an der Regierung ausgeschlossen würde, da sie doch den wirksamsten Antheil an der Revolution genommen haben.

Ueberhaupt war das Volk durch die Insurrection nichts weniger als glücklicher geworden; und man sah einen neuen Beweis, wie zweckwidrig alle solche Revolutionen sind, und wie immer despotische Betrüger das arme Volk unter der Maske der Freyheit tyrannisiren. Schon fühlt sich das Volk in Polen sowohl durch harte Auflagen als durch die neuen Anordnungen und Gesetze, und die Gewalt, mit welcher sie gezwungen werden, die Waffen zu ergreifen, und alles zum Kriege dienlich auszuliefern, weit mehr gedrückt als je vorher. Wir führen hier aus einem sichern öffentlichen Blatte einige Worte aus einem Schreiben, aus der Gegend von Sendomir, an. "Das Elend, so heißt es in diesem Briefe, in welchem wir uns befinden, ist entsetzlich. Niemand ist seines Eigenthums, oder seines Lebens sicher. Zeigt man Anhänglichkeit für die Conföderirten, so muß man das Seinige hergeben, und die Waffen ergreifen. Hält man es mit den Rußen, so ist man eben so wenig gesichert. Kein Wunder also, daß schon ganze Dörfer öde sind." -- Man suchte daher in Warschau die unangenehmen Nachrichten von den Armeen dem Volke zu verbergen, und dasselbe durch angenehme Erdichtungen zu täuschen. Aber man hörte doch schon hin und wieder ein bedenkliches Murren über die neue Ordnung der Dinge, und über verschiedene neue Gesetze. Vorzüglich gab der Mangel aller nöthigen Kriegs-Bedürfniße zu mehreren drückenden und ungerechten Anordnungen Anlaß. So verordnete der provisorische Rath, daß alle gewesenen Staatsbeamten, Minister, Räthe, Mitglieder der verschiedenen Commißionen oder Magistraturen xc. vorzüglich diejenigen, welche ihre Aemter von dem letzten Grodnoer Reichstage bekommen, so wie auch alle diejenigen, welche Gratificationen aus irgend einem öffentlichen Fonds erhalten hatten, ihre Pensionen oder Gratificationen noch vor dem 1sten Junius in die Kaße des Staats zurückzahlen sollten, widrigenfalls man sich an ihrem Privatvermögen entschädigen würde. Nach einer andern Verodnung sollten alle Abgaben auf 3 Jahre voraus bezahlt werden; und außerdem sollte jeder von seiner Miethe 25 Procent bezahlen. Selbst die Gesellen und Burschen der Handwerker mußten einen Theil ihres Verdienstes zu den Bedürfnißen des Staats hergeben. Schon war auch der Vorschlag zu einer gezwungenen Anleihe, und zu der Einführung von Aßignaten geschehen. Pferde, und andere zum Kriege brauchbare Sachen, wurden allenthalben mit Gewalt weggenommen. Auf den Aufkauf des Viehes oder andrer Lebensmittel in einem Bezirk von 4 Meilen um Warschau her, war die harteste Gefängnißstrafe gesetzt, und die Ausfuhr von Getraide, von Munition, Leder, und vieler andrer Sachen, war gänzlich verboten. Eben so despotisch herrschten die neuen Regenten über die Freyheit und das Leben der Unterthanen. Die Arretirungen und Hinrichtungen wurden häufig. Außer denen im vorigen Monatsstücke, S. 546, angezeigten Personen, waren wiederum verschiedene Magnaten und angesehene Personen eingezogen und einige auch gleich getödtet worden. Der ehemalige Policey-Intendant von Warschau, Wenzel Rogozinski, wurde wegen seiner Verständnisse mit den Rußen gehenkt. Der Marschall von Wilna, Swykowsky, wurde gleichfalls dem Criminal-Gerichte übergeben. Der Bischof vom Chelm und Lublin, Skarzewski -- der Senator Castellan von Przemysl, Fürst Czetvertinski -- der Graf Unruh -- der Postdirector Sartorius -- der Probst von Prag, Mohomolec, waren die bekanntesten unter den Arretirten. Die Zahl aller arretirten Polen belief sich am Ende des Mais in Warschau auf 151, zu deren Unterhalt täglich 152 Gulden ausgesetzt waren. Von den Rußischen Gefangenen waren im Anfange des Mai noch 1991 Personen in Warschau, deren tägl. Unterhalt zu 1185 Gulden 5 Gr. bestimt war. Nach der in Warschau durch den Druck bekannte gemachten speciellen Liste, waren von 7948 Rußen, die sich am 17 und 18 April in des Stadt befunden hatten, 122 Mann verwundet, und 2265 getödtet; von den Polen hingegen 147 verwundet, und 209 getödtet. -- Jetzt war man in Warschau vorzüglich mit der Einrichtung der Bürger-Miliz beschaftigt, weil sie noch vor der Ankunft des Kosciusko, welcher nach seinen wiederholten Versicherungen bald daselbst eintreffen wollte, völlig eingerichtet seyn sollte. Jede Section von Warschau mußte dazu ein Regiment von 1000 Mann stellen. Diese Miliz sollte in der Stadt den Abgang der regulirten Truppen, welche alle zu den Armeen gezogen waren, ersetzen. Sie wurden, auf Kosciusko's Befehl, in der ersten Linie mit Schießgewehr, in der zw yten mit Sensen, und in der dritten mit Piken bewafnet.

In den übrigen Theilen des Reichs breitete sich die sich die Conföderation immer weiter aus. In Lithauen war beynah alles Volk schon unter den Waffen. Auch die Einwohner von Samogitien waren derselben beygetreten, und der General Chlewinsky selbst, der auf Befehl des damaligen Hedemanns, Kossakowski, die dortigen Truppen entwafnen sollte, gieng mit seinen Soldaten zu den Insurgenten über. Allenthalben wurde Kosciusko zum Generallißimus ausgerufen. Wie sehr aber das System dieses Mannes von dem Jacobinischen in Frankreich verschieden war, zeigte derselbe durch einen neuern Befehl, durch welchen er alle geheimen Zusammenkünfte, und alle Clubbs scharf verbot, und diejenigen, die dergleichen stiften, oder denselben beytreten würden, erklärte er für Verräther und Feinde des Vaterlandes. Er hielt es sogar für schimpflich und strafbar, von einer Verbindung mit den Franzosen zu sprechen. Als daher in der Conföderationsacte des Herzogthums Lithauen gesagt war, daß die Franzosen der Polnischen Nation Beystand versprochen hätten, so widersprach Kosciusko diesem nicht nur mit den Worten, "die polnische Conföderation habe nur die Wiederherstellung der Constitution von 1791 zum Zwecke, und dazu bedürfte es keiner Verbindung mit den Jacobinern, vor deren Wuth weder das Leben noch das Eigenthum eines Menschen sicher sey, sondern er erklärte die Urheber jenes Artikels sogar für Verläumder und Verräther der Nation, und ließ dieselben aufsuchen, um sie dem Revolutions-Gerichte zu übergeben. In Warschau stellte sich ein Mitglied des provisorischen Raths ein Bürger und Schuster, an die Spitze von 38 Gilden, welche 30000 Köpfe stark sind, um mit Macht und Ernst gegen die Verbreitung Jacobinischer Grundsätze zu arbeiten, und sie abzuwehren. So schämen sich selbst Insurgenten, Freunde der Franzosen zu scheinen, und -- -- -- --

Die von den Armeen einlaufenden Nachrichten waren aber den Conföderirten nicht günstig. Ihre ganze Kriegsmacht bestand zwar in 67800 Mann, bey denen sich aber eine Menge bewafneter Bauern befand, die man immer noch zu vermehren suchte. Den stärksten und brauchbarsten Zuwachs erhielt diese Armee von den Polnischen Truppen, die in den von Rußland occoupirten Woywodschaften in Rußische Dienste getreten waren. Ein großer Theil dieser Truppen, hatte bereits heimlich, theils offenbar und mit Gewalt den Rußischen Dienst verlassen, und sich wieder mit den Polen vereinigt. Nach einer in verschiedenen öffentlichen Blättern mitgetheilten Nachricht, sollte die ganze Armee in 5 Corps vertheilt seyn, nämlich, das Corps des Kosciusko, welches aus 22970 Mann bestand, das Corps des Generals Grochowsky, von 18900 Mann, das des Generals Jasinski in Grodno, etwa von 6000, das Corps bey Wilna, von 12000, und das Corps des Generals Mokronowski, in Warschau. In Cracau befanden sich auch etwa noch 7000 Mann. Kosciusko stand mit seinem Corps zwischen Polanize und Opatow im Sendomirschen, wo er das Russische Corps des Generals Denisow von 7000 Mann einzuschließen suchte; zu welchem Ende er den General Grochowski mit 12000 Mann detaschirte um von Lublin her anzurücken, indessen der General Haumann von Cracau vorrücken sollte. Die Rußen vereitelten aber diesen Plan als er schon der Ausführung sehr nahe war, indem sie sich in der Nacht vom 16 auf den 17ten Mai durch die großen Waldungen nach Kielke zurückzogen, von wo sie sich nachher mit der Armee des Königs von Preußen vereinigten. Dieser wirklich gefährliche Rückzug wurde durch die Verzögerung des Generals Haumann erleichtert, und mit vieler Klugheit ausgeführt, so daß die Rußen schon einen Marsch von 5 Meilen zurückgelegt hatten, ehe die Polen ihren Abzug bemerkten, und die daher nun nicht mehr einholen konnten, obgleich Kosciusko mit seinem Korps so schnell als möglich folgte. Die Rußen suchten nun ihre Truppen, die bisher noch in einzelne Corps vertheilt waren, näher zu vereinigen, und erwarteten noch die ansehnlichen Verstärkungen, die schon auf dem Marsche waren. Bey Rawa hatten sich etwa 6000 Russen versammelt; der General von Igielström hatte sich mit einem andern Corps bey Lowicz gelagert, erhielt aber von der Kaiserin seinen Abschied, und gieng auf seine Güter. Der General, Fürst Titschiano, bekam den Wlodimir-Orden, weil er durch ein höchstkluges militairisches Manoeuver die Rußen, die unter seinem Befehle zu Grodno standen, rettete, als dort die Insurrection ausbrach. Er zog eilends aus der Stadt, und ließ seine Artillerie auf die Stadt richten, und drohte alles in Brand zu schießen, wenn man ihm nicht alles in der Stadt zurüchgelaßne, und noch eine Contribution dazu gäbe, welches alles auch geschahe. Ein Corps unter dem General Lewanidoff, war von der Seite von Dudienka in Lithauen einmarschirt, und der General Numsen war mit 6000 Mann aus Liefland in der Gegend von Bauske in Curland angekommen, um gleichfalls in Lithauen einzurücken. Der General Soltikoff hatte auch schon 30000 Mann unter dem General Derfelden detaschirt. Das Obercommando aller dieser Truppen hatte die Kaiserin dem Fürsten Repnin übertragen. -- Zur Deckung der neuerlich von Polen acquirirten Länder, steht ein andres Corps unter den Befehlen des Generals Soltikoff. Die Rußen verschanzten sich mit der im Türkenkriege so vortheilhaft befundenen Wagenburg. Diese Art von Verschanzungen wird aus den Zusammengefahrnen Wagen, deren jedes Regiment immer mehrere bey sich führt, um die Bagage der Soldaten darauf fortzuschaffen, formirt, und erschwert den Angriff sehr, bis die Wagen in Brand geschoßen sind. Die Kosacken streiften indeß in dem offenen Lande umher, und bemächtigten sich wo sie konnten, der Lebensmittel, wodurch sie den Polen, denen es so sehr an Magazinen, und auch an Festungen, um dergleichen anlegen zu können, fehlt, einen großen Abbruch thaten.

Die Preußischen Operationen hatten während der Zeit schon ihren Anfang genommen, und zwar mit einem Erfolge, wie er sich von diesen geübten Truppen erwarten ließ. Die ganze gegen Polen agirende Armee von Preußen, die in 4 Colonnen anrückte, bestand aus 53312 Mann, worunter 42 Bataillons, oder 30576 Mann Infanterie, und 166 Escadrons, oder 22736 Mann Cavallerie waren. Außer diesen stand noch ein Corps von 11032 Mann zur Reserve. In Ostpreußen deckte der General von Brünneck die Grenzen; und in Südpreussen commandirte der Generallieutenant von Schönfeld das Wolkische Corps, und war bereits vom Rheine in dem Hauptquartier zu Zakroc im eingetroffen. Der General Favrat, welcher sein Hauptquartier zu Pilica (oder Pilsen, 7 Meilen von Cracau) hatte, brach am 17ten Mai daselbst auf. und rückte über Zadroze vor, und grif am 19ten Mai das Polnische Lager bei Skola von 4000 Mann an. Einige Füselier-Bataillone machten den ersten Angrif der von einer Batterie von Sechspfündern unterstützt wurde. Nach einigen Kanonenschüßen zogen sich die Polen schon aus ihren Verschanzungen zurück, und gaben sich auf die Flucht ehe sich noch einigen Verlust erlitten hatten, und erwarteten die Verstärkung von 6000 Mann, die ihnen von Cracau schon zueilte, nicht. Die Polen verloren einen Todten, aber mehrere Gefangene, unter denen sich auch der General Wirskowsky befand. Die Preußen verloren nichts als ein Pferd, und erbeuteten viele Sensen, Piken, und Bagage. Während des Gefechtes gerieth das ganze Polnische Lager, durch die eigene unvorsichtigkeit der Polen, in Brand. Mit nicht viel größerer Mühe vertreib der Oberstlieutenant von Hinrichs die Polen aus einem andern Orte. In der Nacht vom 25 Mai war ein Haufen Conföderirter, unter der Anführung des Piasetzki, in Opotzno eingerückt. Der Oberstlieutenant v. Hinrichs, der bey Inowlodz stand, überfiel diesen Haufen in der folgenden Nacht, tödtete mehr als 80 derselben, worunter auch die Anführer selbst waren, nahm einige gefangen, und zerstreuete die übrigen. Der General von Favrat war indessen nach jenem unblutigen Vorfalle näher gegen Cracau vorgerückt, und hatte sein Hauptquartier zu Wola genommen, wo er noch 4 Meilen von dem Kosciusko entfernt war, welcher mit 10000 Mann von dem Kern seiner Armee der Stadt Cracau zu Hülfe eilen wollte. Hier erwartete der General die Ankunft des Königs von Preußen, welcher diese Armee in Person commandiren wollte; und hier vereinigte sich auch der Rußische General Denisow mit seinem Corps mit den Preußen. Der König reisete am 28sten Mai von Posen ab, wohin auch der Prinz von Nassau-Siegen von Petersburg gesandt war. Am 30sten Mai traf der König zu Trebnitz ein; am 31 zu Namslau; am 1 Junius zu Lietnitz, und am 2ten zu Beuthen, von wo derselbe am 3ten bey seiner Armee anlangte. Die Polen erhielten die Nachricht von der Ankunft des Königs von Preußen mit der Nachricht von der Niederlage ihrer Truppen zugleich. Kosciusco hatte noch das Corps des Generals Kruczew an sich gezogen, und nachdem der Fürst Joseph Poniatowsky, und die Grafen Wielhorsky, und Bronkowsky bey ihm angekommen waren, rückte er näher gegen die Preußische Armee vor. Der König gab am 5ten Junius die Ordre der Bataille, und am 6ten, um halb 12 Uhr mittags, nahm die Schlacht bey Scelze ihren Anfang, wobey das Rußische Corps den linken Flügel formirte. Zuerst wurde das Dorf Sprotowa, welches vor dem linken Flügel der Polen lag, eingenommen, und darauf dieser linke Flügel selbst angegriffen. Die Position der Polen war in 3 Treffen, auf einer Etagenförmigen Höhe, so daß nur immer eins nach dem andern entdeckt werden konnte. Aber alle 3 Linien wurden sämtlich geworfen, und um 3 Uhr Nachmittags gaben sich die Polen in die Flucht. Die Preußen rückten bis Scelze vor, und die Kosacken, und einige Escadrons Husaren verfolgten die Polen bis auf eine Meile weit. Der Verlust der Polen war beträchtlich, weil die Bauern in zusammengedrängten Haufen auf die Preußischen Kanonen vordrängten, und von diesen Haufenweise hingestreckt wurden. Die Zahl ihrer Todten belief sich auf 2000, worunter auch der General Grochowski, und ein andrer Polnischer General sich befanden. An Gefangnen verloren sie über 200 Mann, und 17 Kanonen, verschiedne Fahnen, und Munitionswagen. Die Preußen verloren nach der speciellen Liste an Todten nur 86 Mann und 22 Pferde: an Bleßirten aber 480 Mann, und 35 Pferde. Der König hatte die Freude, zu sehen, daß sein zweyter Sohn, der Prinz Ludwig, zu diesem Siege sehr vieles beytrug, und ernannte denselben auch auf der Stelle zum General Major. Mehrere andre Officiere wurden sogleich avancirt, und die commandirenden Generale mit dem rothen Adler-Orden belohnt.

Zwey Tage nach der Schlacht kam der Prinz von Nassau aus Petersburg, und der Rußische General von Fersen bey dem Könige an. Die Preußische Armee zog sich gegen die Nidda, und die Rußen marschirten in paralleler Direction eben dahin. Kosciusko retirirte sich nach Radom, wo er über die Weichsel gehen wollte. Ein Theil der Preußischen Armee folgte ihm nahe nach. Auf der andern Seite schlugen die Preußen ein Observations-Lager zu Pinschow an der Nidda auf, um die Belagerung und das Bombardement von Cracau zu decken.

In Warschau fieng jedermann von neuen an, an den Schanzen um die Stadt zu arbeiten. Es giengen ganze Corps in Proceßion an die diese Arbeiten. Unter andern auch ein Corps Frauenzimmer, vom Stande, und von allerley Art Weibsvolk. Diese hatten eine Anführerin zu Pferde, mit blankem Gewehre, und dabey Trommeln und Pfeifen, und andere Musik. Verständige Personen meynten aber, daß eine so große weite Stadt, wie Warschau, nicht so bald, auch bey allem Eifer von Amazonen aller Art, könnte zur Festung gemacht werden, da es an Magazinen, und vielen andern Dingen fehlte, die man in einer Festung nöthig zu haben pflegt.

Fortsetzung..

Die Fortschritte der vereinten Preußischen und Rußischen Macht gegen die Polnische Insurrection sind der Gang eines starken Mannes gegen einen wilden Jüngling, den jener mit voller Kraft recht fest faßen will, und seine Schritte darnach abmißt.

Nach der Einnahme von Krakau (S. 668) richtete der König von Preußen sein Augenmerk auf Warschau, doch so, daß er den Kosciusko auch immer im Auge behielt. Dieser hatte sich über Kielce nach Radom und von da weiter bis über die Piliza gezogen, und sodann von Warka bis Gora, 5 Meilen von Warschau. Er suchte sein Heer durch alle nur mögliche Mittel zu verstärken, und ließ allenthalben hin Aufgebothe aller waffenfähigen Mannschaft ergeben, zwang auch, wo er durch kam, die Landbewohner die Waffen zu ergreifen, wenn es auch nur Sensen, und Aexte waren, und eignete sich alles, was er bedurfte, zu. Sein Heer wurde auf solche Weise über 40,000 Mann stark, wovon aber kaum 18000 Mann regulaire Truppen waren. Die siegreichen Preußen folgten ihm bey seinem Rückzuge nach. Der Kronprinz von Preußen hatte sich indessen mit einem Corps von Sochaczew her bis auf vier Meilen gegen Warschau heran gezogen, und stand im Lager bey Blonie. Die vereinte Preußisch-Rußische Armee, unter Anführung des Königs selbst, rückte von der andern Seite her an. Am 21 Junius hatte sie ihr Lager bey Michalowice, so daß die Stadt Pinczow vor der Fronte lag. Der Generalmajor von Elsner, der Krakau eingenommen hatte, commandirte die Avant-Garde, und war eine halbe Stunde hinter Pinczow vorgerückt. Am 22 marschirte die Armee bis Kul, und am 23 bis Morawice. Am 24 bezog dieselbe das Lager bey Kielce. Der linke Flügel der Preußen lehnte sich an die Stadt, und stand auch zugleich mit dem rechten Flügel des, mit dieser Armee vereinigten, Rußischen Corps des Generals Denisow in Communication. Zwey Meilen oberhalb Kielce stand ein kleines Polnisches Corps, welches den Preußen den Marsch durch die Defilees und Waldungen bey Kielce erschweren sollte. Nach einem unbedeutenden Gefechte mit der Avantgarde des Generals von Fersen, in welchem die Polen 8 Todte und 14 Gefangene verloren, zog sich dieses Corps schon zurück. Indessen war es dem General Denisow geglückt, durch eine geschickte Evolution die feindliche Avantgarde zu tourniren, von welcher derselbe 273 Mann, nebst dem commandirenden Officier, gefangen nahm, ungefähr eben so viele tödtete, und 4 kleine Kanonen eroberte. Am 27 Junius setzte darauf der König den Marsch durch die Defilees und Gehölze oberhalb Kielce ungehindert fort, ungeachtet dieser Durchmarsch hätte sehr erschwert werden können, und bezog an diesem Tage das Lager bey Konskie. Von der Besatzung dieser Stadt, welche aus 50 Cavalleristen bestand, wurden viele niedergemacht, 15 Mann gefangen genommen, und einige wenige entkamen durch die Flucht. Die fernere Marschroute gieng nun über Opotzno, nach Inowlodz. Der König gieng am 1 Julius über die Piliza, traf am 5ten zu Biala ein, und nahm am 7ten das Lager bey Tarczin 3½ Meile von Warschau. Um die Communication mit Südpreußen zu unterhalten, postirte der Kronprinz 4 Bataillons bey Drzewize, 3 Meilen von Inowlodz. Da vorerwähntermaasen Kosciusko bey Gora stand, so kann man auf der Land-Charte sehen, wie nahe die Entscheidung des Schicksals postirt war. *)

*) Je weniger man bisher noch eine richtige Charte von Polen, nach den neuen Grenzen hatte, und auf allen andern gewöhnlichen Charten theils Oerter fehlen, theils falsch gesetzt sind; desto größer ist das Verdienst der Charte von Polen in XVI. Blättern von H. Sotzmann, welche zu Berlin in der Academischen Kunst- und Buchhandlung erschienen ist, die für Jedermann, der sich gründlich unterrichten will, unentbehrlich ist. Wir werden noch mehr davon auf dem blauen Umschlage dieses Stücks sagen.

Von der andern Seite, von Lublin her, rückte zu gleich der General Derfelden mit einem Rußischen Corps in 4 Colonnen auf Warschau an, nachdem er am 8ten Junius ein Polnisches Corps geschlagen hatte. Der Polnische General Zaiaczek hatte sich mit einem Corps Polen auf den Anhöhen zwischen Chelm und Dubienka gelagert. In diesem Lager wurden sie am 8ten Junius von den Rußen angegriffen. Von beyden Seiten stritt man äußerst hartnäckig, und vorzüglich unterhielten die Rußen ein lebhaftes Artillerie-Feuer, welches die Polen mit ihren Kanonen eine Weile beantworteten. Anfänglich schienen die Polen einigen Vortheil zu haben; aber bald darauf geriethen sie vorzüglich die bewafneten Bauern, die etwa erst seit 8 Tagen unter dem Gewehre standen, in eine große Bestürzung und Unordnung, und würden wahrscheinlich viel verloren haben, wenn nicht der Obrist-Lieutenant Zaydlitz mit einem Bataillon vom Regiment Dzialynski, die Rußen vom weitern Eindringen noch zurückgehalten hätte. Nach dem Bericht des Generals Zaiaczek hatte derselben bey seinem Corps nur 10 Kanonen, und zählte 203 Todte, und 57 Verwundete. Nach diesem Treffen rückte der General Derfelden weiter vor, nahm Lublin ein, und war schon bis Pulawi, an der Weichsel, vorgedrungen, von wo derselbe sich an dem rechten Ufer der Weichsel hinaufziehen wollte, um Warschau anzugreifen, so bald die Preußen von der andern Seite der Weichsel herangerückt wären.

In Litthauen war auch schon ein Corps Rußen eingezogen, und fand allenthalben so wenigen Widerstand, daß es mit starken Märschen zur Vereinigung mit der Preußischen Armee herbey eilen konnte.

So wurden die Insurgenten von allen Seiten bedrängt, und die Anführer derselben geriethen in große Verlegenheit, welche noch durch die Desertion ihrer Truppen, und durch das Murren des Volks in Warschau über den Mangel der Lebensmittel sehr vermehrt wurde. Einigen derselben war der Muth schon so sehr gesunken, daß sie sich einen sichern Zufluchtsort suchten. Der Obrist Rotenburg, welcher in Warschau eine eigene Legion auf seine Kosten, zum Dienste der Insurgenten angeworben hatte, verließ nebst dem General Woyna, und einem andern Officier sein Corps, und gieng zu den Preußischen Truppen in Zakrocim über. Sogar der Commandant von Warschau, Mokronowiski, der im Anfange der Insurrection so vielen Antheil an derselben nahm, und sich nun zu der Armee des Kosciusko begeben sollte, nahm einen andern Weg, und begab sich in eine Gegend, wo er sicher zu seyn glaubte.

Die Häupter der Truppen versuchten indessen das äußerste, um noch einige Zeit dem schnellen Untergange vorzubeugen. In alle Gegenden wurde aufs neue der geschärfte Befehl gesandt, aus den Städten und von dem Lande so viel Truppen zusammen zu bringen, als nur immer möglich sey, sie zu bewafnen und zu üben, und mit dem was sie brauchen zu versehen: auch Magazine an sichern Orten anzulegen. Alle Handwerker, Fabriken und Manufacturen wurden ausgezeichnet, und für die Armee, der es an allen möglichen mangelte, in Requisition gesetzt. Die ganze Nation sollte sich nun in Masse erheben. Alle Einwohner von Warschau zwischen 18 und 40 Jahren, sollten sich mit Carabinern, Flinten, mit Säbeln, Piken oder Sensen versehen, und allen Sonntage in dem Gebrauch derselben geübt werden. In Litthauen hatte der General Jasinsky ein allgemeines Aufgebot ergehen lassen: und aus dem Grodnoer District waren allein 5000 Rekruten mit Gewalt ausgehoben, und, mit Piken und Sensen bewafnet, zu der Armee abgeführt worden. Kosciusko zog alle kleinere Corps, und alle Rekruten an sich. Alles mußte zu den Waffen greifen, und sich mit ihm vereinigen. Die Adlichen, die sich weigerten dieß zu thun, verloren ihre Güter, und die Bauern wurden durch harte Züchtigungen oder Lebensstrafen dazu gezwungen. Der oberste Rath mußte auch das Gesetz bekannt machen, daß alle diejenigen, die in dem gegenwärtigen Kriege sich der Vertheidigung des Vaterlandes, unter welchem Vorwande es auch sey, entziehen, oder andern dazu Anlaß und Gelegenheit geben würden, zuerst mit dem Verluste aller Güter, und bey fernern Ungehorsam mit ewiger Verbannung und noch härtern Ahndungen bestraft werden sollten. Mit solchen zusammengebrachten und indisciplinirten Truppen glaubte Kosciusko den Rußen und Preußen widerstehen zu können, und wollte sogar nun -- wenigstens wurde dieß, so unglaublich es auch scheint, durch ein Manifest des obersten Raths, auf Befehl des Generalißimus, bekannt gemacht -- den Krieg gegen beyden Mächte offensiv führen. In eben diesem Manifeste wurde sogar auch den Einwohnern aller Preußischen und Rußischen Länder, in welche die Polen eindringen würden, die Freyheit verkündigt und versprochen. Kosciusko wollte die benachbarten Nationen durch Versprechungen gewinnen, deren Erfüllung freylich etwas weit entfernt waren, indessen er seine eigene Nation durch Zurufe und Aufforderungen anzufeuern suchte. Dergleichen Zurufe erließ Kosciusko in Großpolen und bey seiner Armee, so wie Jasinski in Litthauen und an die dortigen Truppen. Von mehreren Gegenden kam auch würklich die Nachricht an, daß ihr Zuruf noch Eingang bey dem Volke gefunden habe. Wo aber diese Versprechungen und Aufmunterungen nicht zureichten, da wurde auch, wenn es sich thun ließ, Gewalt gebraucht. So rückten 5000 Polnische Conföderirte in die Curländische Stadt Libau, und nöthigten die Einwohner derselben, die Polnische Constitution anzunehmen. Die Einwohner der Stadt zeigten durch ihr ruhiges Verhalten bey dieser Annahme, daß sie nur der Macht nachgaben: aber auf dem benachbarten Lande zeigten sich die Bauern mehr geneigt. Es entstanden selbst Unruhen, und die Bauern begiengen mancherley Ausschweifungen, da keine Truppen in der Nähe waren, um ihnen Einhalt thun zu können.

Warschau war indessen noch immer der Hauptsitz der Insurrection. Alles was in dieser Stadt lebte und geschah, hatte ein kriegerisches Ansehn. Man hörte nichts als Waffengeräusch und Kriegsgeschrey, und das Lärmen derer die an den Verschanzungen der Stadt arbeiteten. Auch die Vorstadt Prag wurde befestigt; und selbst die tausend Menschen, um diese Arbeiten zu beschleunigen, da die Einwohner allein, wegen des großen Umfangs der Stadt, nicht damit fertig werden konnten. Täglich kamen neue Rekruten in Warschau an, welche daselbst in den Waffen geübt, und dann zu den Armeen abgeschickt wurden. Auch Kanonen, Munition und Proviant wurden von dort, so viel als man zusammenbringen und auftreiben konnte, zu den Armee im Felde gesandt. Bey der erhaltenen Nachricht von der Uebergabe der Stadt Krakau, entstand in Warschau ein allgemeiner Aufruhr. Das Volk wurde so heftig aufgebracht darüber, daß es durchaus verlangte, die ganze Bürgerschaft solle dem Kosciusko zu Hülfe eilen. Es wurden auch würklich 6000 Mann von der Municipalitäts-Miliz dahin detaschirt. Am 13ten Junius versammelten sich die Bürgerschaft in den Sectionen, und schwor aufs neue, in Gegenwart des Sections-Commandanten und eines Deputirten von dem obersten Rathe, dem Vaterlande treu, und den Befehlen des Kosciusko gehorsam zu seyn. Von diesem Tage an besetzten auch die, mit Flinten, Piken und Sensen bewafneten, Bürger die Wachen auf dem Schloße und in den Sectionen. Auch der König selbst hatte aufs neue einer Deputation des obersten Raths die Versicherung gegeben, daß er das Land nie verlassen wolle, und wenn er auch selbst in die größeste Gefahr geriethe. Der oberste Rath setzte indessen seine Geschäfte mit aller Thätigkeit fort, die aber zuweilen seltsame Hofnungen und Chimären zum Gegenstand hatten. Sonderbar war es doch wenigstens, daß dieses Conseil jetzt, bey diesen für das Reich so gefährlichen Umständen, schon an eine künftige Zusammenberufung eines neuen Reichstags dachte, anstatt auf Mittel und Wege zu denken, die drohende Gefahr abzuwenden. Es wurden schon Regeln entworfen, nach welchen bey den Wahlen der Reprasentanten verfahren werden sollte: man beschäftigte sich sogar schon mit den Gegenständen die auf diesem Reichstage vorgenommen werden sollten. Die Entwerfung einer neuen Constitution, war der erste unter diesen Gegenständen -- und doch machte Kosciusko immer bekannt, daß die Einführung der 1791 schon entworfenen Constitution sein einziger Zweck sey. -- Diesem Reichstage sollte alsdann auch der jetzige oberste Rath, der anjetzt nur dem Generalissimus, Kosciusko, verantwortlich ist, und ihm wöchentlich von den vorgefallenen Verhandlungen und Beschlüssen abstattet, Rechenschaft geben. Selbst der Generalissimus sollte hierzu verpflichtet seyn. Das Schatzdepartement ließ indessen Assignate verfertigen, und mußte schon außerordentliche Steuern anbefehlen, welche bis zum 10ten Julius und 10ten August, bey Strafe der Execution, in den Nationalschatz abgeliefert werden sollte.

So wurde das Schicksal der Polen dem unsäglichen Drucke, unter welchem die freyen Franzosen seufzen, immer ähnlicher. -- Das diplomatische Departement erhielt den Befehl, alle Papiere, welche die gegen das Vaterland begangenen Verräthereyen in Absicht des Großherzogthums Litthauen bewiesen, authentisch an den untergeordneten Rath zu Wilna zu schicken; weil man eifrig beschäftigt war, alle diejenigen, die irgend eines Verhältnißes mit den Rußen beschuldigt wurden, einzuziehen. Die Zahl der gefangen sitzenden Polen belief sich allein schon auf 169, und wurde noch täglich vermehrt. Diese sollten zwar nach den Gesetzen gerichtet werden; aber Warschau gab ein neue Beyspiel von der so wichtigen, und so oft schon bestätigten Wahrheit, wie wenig die Authorität der Gesetze vermag, wenn man dem großen Haufen des Volks Waffen und Gewalt in die Hände giebt. Als am 27 Junius die Schanzarbeiter und das übrige bewafnete Volk von dem Exerciren des Abends wieder in die Stadt zurückkehrten, so suchte ein Demagoge in dieser Menge, Namens Konopka, das langsame Verfahren der Richter in der Bestrafung der Gefangenen, verdächtig zu machen. Es bedarf nicht viele Künste, um das Volk gegen seine Obrigkeit und Richter mißtrauisch zu machen, und aufzubringen. Der ganze Haufen gerieth sogleich in Aufruhr, und verschwor sich, nicht eher auseinander zu gehen, als bis alle Verräther bestraft waren. Alle Vorstellungen, alle Gegen-Anstalten waren fruchtlos: das Volk war wüthend. Die Glocken wurden geläutet, die Lärmtrommeln geschlagen, und unter dem entsetzlichsten Lärm und Tumulte errichtete das Volk selbst an verschiedenen Orten mehrere Galgen. Die Gefängniße wurden aufgebrochen, und folgende 8 Personen, der geheime Rath von Boskamp, von Grabowski, der Kron-Fiscal Majewski, Matthäus Roguski, Pietka, der Advokat Wulffers, der Fürst Anton Czetwertinski, Castellan von Przemysl, und der Bischof von Wilna, Fürst Massalski, der letzte männliche Erbe dieser alten Litthauischen Familie, wurden als die bestimmten Schlachtopfer der aufgeregten Volkswuth herausgerissen, und aufgehenkt. Das Blut dieser Unglücklichen besänftigte doch in so weit das Volk, daß der Präsident Zakrzewski durch die wiederholten Vorstellungen es endlich dahin brachte, daß sich das Volk für diesen Tag begnügen ließ. Doch mußte der Präsident versprechen, daß am 30sten Junius sogleich das Verhör der übrigen Verhafteten angefangen und so bald als möglich beendigt werden sollten. Er mußte auch eine namentliche Liste aller Gefangenen drucken, und überall aushängen lassen. Verschiedene Große wurden indeß noch aufgesucht, und aus fernen Landen her citirt.

So eifrig aber auch der große Haufen des unbemittelten Volks der Insurrection anhing, wie dieß denn immer der Fall ist, so gab es doch schon in Warschau viele Personen, vorzüglich unter der begüterten Classe, welche mit dem Zustande der Dinge sehr unzufrieden waren, und nichts eifriger wünschten, als eine baldige Befreyung von diesem Drucke. Aber eben das, war diese wünschten, fürchteten die andern, die Uebergabe der Stadt an die Preußen. Selbst die Magnaten und die Güterbesitzer, die an der Insurrection Theil genommen hatten, befürchteten schon einen übeln Ausgang ihres Werks, und zitterten vor der Zukunft.

Der Preußische Gesandte, Herr von Buchholz, hatte indeß die verlangten Päße erhalten, die man ihm so lange verweigert hatte, und war selbst mit einer Bedeckung von einem Officier und 25 Reitern bis an die Grenze hinter Blonie begleitet worden. Er hielt sich im Lager seines Monarchen auf, von welchem er sehr gnädig empfangen wurde.

Die so geschwinde Uebergabe der Festung Krakau, wollte man in Warschau einzig der Untreue des dortigen Commandanten, nach Französischer Weise zur Last legen, und breitete aus, daß die Besatzung mit der Uebergabe nicht zufrieden gewesen wäre. Den Beweis führte man daher, daß einige Unsinnige noch auf die Preußen feuerten, da die Capitulation schon unterzeichnet war. Die Einwohner in Krakau waren aber mit der Veränderung wohl zufrieden, und lobten das gute freundschaftliche Betragen der Preußischen Besatzung sehr. Der General von Elsner, welcher die Stadt eingenommen hatte, gieng bald drauf mit den Feldbataillonen zu der Armee des Königs, und an seiner Statt wurde der General von Rüts Commandant dieser Stadt. Indessen war auch schon ein Corps Oesterreicher aus Gallizien an mehrern Orten in die Woywodschaften Sendomir, Lublin und Chelm, unter dem Commando des Generals von Arnoncourt eingerückt. So war auch noch die einzige Hofnung und Vorspieglung der Häupter der Insurrection, daß Oesterreich die Insurrection begünstigte, hinweg, und da die Ottomannische Pforte auch nicht den geringsten Antheil an den Unruhen in Polen nahm, so war die Polnische Nation, durch ihre Insurrection bis zur Furcht vor der Verlierung selbst der Existenz ihres Namens, in die verzweiflungsvollste Lage gebracht.

Wahrscheinlich wird noch ein unter folgender Artikel von Polen fernere wichtige Begebenheiten enthalten.

Fortsetzung...

So wie die Polnische Insurrection sich überhaupt von der Französischen Revolution sehr entfernt, so unterscheidet sich auch der Krieg gegen die Insurgenten, vom dem unerhört blutigen Kampfe an den Grenzen Frankreichs. Der gegenwärtige, wegen seiner wahrscheinlichen Folgen äußerst merkwürdige und vielentscheidende, Feldzug in Polen hat nicht ein so schnelles Ende gehabt, wie viele vermutheten. Der König von Preußen setzte seine Operationen mit menschenschonender Behutsamkeit, aber doch mit Ernst und Nachdruck fort; und die Polen andrer Seits suchten geflissentlich jedes entscheidende Treffen zu vermeiden, weil die neuangeworbene Miliz noch nicht im Felde zu gebrauchen war. Denn bey den Bauern hatten sich die Preußen so furchtbar gemacht, daß jene meistentheils bey dem ersten Angriffe die Flucht ergriffen: und die, größtentheils aus dem Adel bestehende National-Cavallerie richtete öfters noch mehr Verwirrung an, weil ihre von dem Felde und vor den Wagen weggenommenen Pferde noch nicht zugeritten und abgerichtet waren. Aus diesen Gründen wollte auch Kosciusko mit seiner großen Armee von 50,000 Mann, auf welche alle Hoffnungen der Insurgenten gebauet sich, keine offene Feldschlacht wagen, sondern zog sich immer weiter zurück, bis nahe vor Warschau. Die Preußen folgten auf dem Fuße nach, wobey oft kleine Gefechte zwischen den Patrouillen, auch wohl unbedeutende Kanonaden vorfielen: bis endlich beyde Armeen nahe vor der Residenzstadt sich lagerten, wo sie einander nahe im Gesicht standen. Kosciusko setzte sich in einem sehr vortheilhaften und sehr stark verschanzten Lager, wo er sich nun behaupten wollte. Sein rechter Flügel lehnte sich an die Weichsel, welche an der Seite von Blonie durch ein Corps von 8000 Mann gesichert wird; und ein anderes, auf dem Wege nach Breslau stehendes, Corps von 10000 Mann deckte seinen linken Flügel. In dieser Stellung sicherte Kosciusko auch die Communication zwischen Warschau und der, auf dem jenseitigen Ufer der Weichsel liegenden, Vorstadt Prag, wodurch der Stadt noch immer ein Weg zu Anschaffung der Lebensmittel offen blieb: und er selbst konnte aus Warschau mit den nöthigen Bedürfnißen für seine Armee versorgt werden.

SectieWarschau1794

Belagerung von Warschau.

Der König von Preußen ließ seine Armee am 26 Julius ein Lager bey dem Dorfe Wola beziehen, und sogleich die Verschanzungen und Batterien aufwerfen. Auf dem rechten Flügel stand das Rußische Corps des Generals Fersen. Der eine Theil des Lagers stand vor einem Walde, in welchem ein Theil von der Armee des Kosciusko postirt war. Das Hauptquartier des Königs war in einem von dem ehemaligen Minister, Grafen von Brühl, erbaueten Landsitze. Schon am 27sten Julius, nahmen die Preußen eine sehr wichtige Schanze, die Kreuzschanze zwischen Wola und Warschau ein. Von hieraus wurden auch schon einige Bomben in die Stadt geworfen, die am 29 Julius an 4 Orten zündeten. Am 30sten Julius wurde der erste Angriff mit dem Bombardement auf die Verschanzungen des Kosciusko gemacht, welches aber von diesen auf das lebhafteste erwiedert wurde. Am 2ten August wurde schon der Commandant von Warschau, Ortowsky, durch den Generallieutenant Grafen von Schwerin aufgefordert, die Stadt binnen 24 Stunden zu übergeben, wofern dieselbe nicht alle Schrecken einer Belagerung erfahren sollte. Zugleich machte der König von Preußen in einem Schreiben diese Aufforderung der König von Polen bekannt, und ersuchte diesen, durch Unterstützung dieser Aufforderung die sonst unvermeidlichen Uebel von der Stadt abzuwenden. Die Antwort des Königs und des Commandanten von Warschau stimmten darin überein, daß die Stadt aus diese Aufforderung weder bejahend noch verneinend antworten könne, da der Generalissimus Kosciusko noch mit seiner Armee vor der Stadt stände, und auf diesem allein die Entscheidung beruhe. Der König bat zugleich noch um Schonung für die Bürger, im Falle die Stadt erobert würde. Das Feuer auf die gegenseitigen Verschanzungen dauerte nun von beyden Seiten Tag und Nacht ununterbrochen fort. Die Artillerie der Polen war, nach dem Zeugniße der Preußen, sehr gut bedient: und die hatten schon die Hälfte des Dorfes Wola abgebrannt, auch selbst im Preußischen Lager einigen Schaden gethan. Aber ungeachtet des hartnäckigen Widerstandes rückten die Preußen dennoch vor, und vertrieben den Feind aus einigen Verschanzungen, wobey auch mehrere Kanonen erobert wurden. Am 4 August waren nur noch einige vorzüglich wichtige Schanzen von dem Polnischen Lager zu erobern, um die Operationen gegen Warschau selbst förmlich anfangen zu können. Jedoch wurde das Feuern auf die Stadt wieder eingestellt, und man erwartete im Preußischen Lager erst noch die Ankunft von mehrern schweren Belagerungs-Geschütze aus Breslau und aus Graudenz; auch waren mehrere Ingenieur-Officiere und Artilleristen ins Lager vor Warschau beordert worden.

Indessen zogen noch viele einzelne Haufen von Insurgenten im Lande und an den Preußischen Grenzen umher, plünderten ihre eigenen Landsleute, und beunruhigten vorzüglich die Preußischen Einwohner. Es wurden deshalb von den Preußischen Truppen Cordons gezogen, um auf diese Haufen zu achten und sie abzuhalten. Hinter der Bzura stand der Generalmajor von Schwerin mit 6 Bataillon, um den Südpreußischen Grenzen im Nothfalle zu Hülfe zu eilen. An der Ostpreußischen Grenze stand das Schönfeldsche Corps, welches mit der großen Belagerungs-Armee vor Warschau Communication hatte: und an der Preußisch-Litthauischen Grenze war das Brünnecksche Corps postirt. Hier zeigten sich mehrere einzelne Trupps, welche in Verbindung mit einander über die Grenze einbrechen wollten, und die benachbarten Ortschaften in große Besorgniß setzten. Der Generalmajor von Goeking von dem Brünneckschen Corps griff daher am 10 Julius einen dieser Haufen von 2000 Mann bey Raygrod in Podlachien an, schlug denselben, nahm 400 Mann gefangen, und erbeutete 80 Wagen mit Lebensmitteln. Ein anderer mit diesem Haufen in Verbindung stehender Trupp, von 1200 Mann regulairen Truppen und 1000 Mann mit Sensen und Piken, stand bey Kollno, und wurde an eben dem Tage am 10ten Julius, von dem Generalmajor von Günther mit einem Detaschement von dem Schönfeldschen Corps gleichfalls geschlagen, und verlor 300 Mann an Todten und Verwundeten, und etwa 100 Gefangene. Die Preußen verloren in diesem letzten Gefechte 20 Todte, 50 Bleßirte, und 2 Gefangene. Ein dritter von diesen Trupps war schon über die Preußische Grenze am 9 Julius gegangen, und hatte sich bey Bialla gelagert; zog sich aber, als die beyden andern Corps geschlagen waren wieder zurück. Der Generalmajor von Günther verfolgte dasselbe, und erreichte es auch. Dieses Corps war auf dem Marsche bis auf 2200 Mann angewachsen, und hatte sich nun bey Demnicky auf steilen Anhöhen gelagert. Der G. M. von Günther griff dasselbe mit 350 Preußen an, warf es von den Bergen herab, und eroberte alle Kanonen, Munitionswagen und Bagage. Die Polen verloren viele Todte und 85 Gefangene, und die tapfern Preußen, die gegen eine so vortheilhaft postirte große Uebermacht gefochten hatten, zählten nicht mehr als 15 Todte und 54 Verwundete. Auch die beyden kleinen Städte, Gombin und Gostyn, waren von den Insurgenten, unter Anführung eines gewissen Rogalinsky überfallen und geplündert, auch verschiedene Kaßen aus denselben mit weggenommen. Es wurde aber sogleich ein Detaschement abgeschickt, um diesen Haufen zu verfolgen, die sich immer mit der Flucht der Polen endigten. Da sich aber diese Räuber immer wieder versammelten, und selbst auf offenen Landstraßen plünderten, so sahen sich die Preußen endlich genöthigt, einige Dörfer, welche diesem Gesindel zum Aufenthalte dienten, abzubrennen. Alle Wälder aber waren noch mit solchen Haufen angefüllt.

Die schon lange erwartete große Rußische Armee war im Anfange des Augusts noch nicht angekommen: daher waren die Rußen vorzüglich in Litthauen noch nicht stark genung um daselbst die Insurgenten völlig zu dämpfen. Doch kamen am 7ten Julius 12000 Mann in Brzesc an, und setzten von da ihren Marsch nach Kaminiec fort. Und nach neuern Berichten waren am 15ten August wirklich 40,000 Mann Rußen, unter dem Fürsten von Repnin, aus Liefland schon bis auf 18 Meilen von Prag bey Warschau vorgerückt, und der Feldmarschall, Graf Romanzow, selbst zog mit ebenfalls 40,000 Mann, und vielem schweren Geschütze heran.

Der hohe Rath in Warschau setzte seine Geschäfte noch immer ungehindert fort, und versuchte noch alles um die Insurrection zu erhalten. Als ein Mittel hierzu schlug Orchowsky in der Sitzung am 18ten Julius vor: alle die Bauern, die zur Vertheidigung der Republik die Waffen ergreifen, oder 2 ihrer Söhne zu der Armee schikken würden, für freye Leute zu erklären, die sequestrirten Länder der Verräther des Vaterlandes unter sie zu vertheilen, und die bisherigen Herren derselben aus dem Schatze der Republik zu entschädigen. Bey einer neulichen Untersuchung dieses Nationalschatzes fand sich, daß die Targowiczer und Grodnoer Conföderirten 1 Million 418,906 Poln. Gulden (d. i. 360,472 Reichs-Gulden) aus demselben erhoben hatten. Auf den hiervon erhaltenen Bericht erließ Kosciusko einen geschärften Befehl, daß jene Conföderirten diese Summe unverzüglich wieder herbeyschaffen sollten. Eben so sorgte Kosciusko auch für die Erhaltung der Ruhe, und ließ diejenigen die sich Ausschweifungen und Ungerechtigkeiten erlaubten, hart bestrafen. Von dem Haufen, welcher am 27sten Junius den Lärm in Warschau erregten, und die bekannten 8 Personen ermordeten, waren schon 1500 unter die Armee gesteckt, und die Anführer sollten mit dem Tode bestraft werden. Ueberhaupt war es in Warschau noch ziemlich ruhig, und man begieng daselbst wenigstens keine Jacobinische Ungerechtigkeiten gegen die Unschuldigen oder gegen die Reichen, und schonten auch der Kirchen. Ungeachtet des Einmarsches der Oesterreichischen Truppen, zeigte man dennoch gegen diesen Hof große Achtung. Auf Befehl des hohen Raths mußte, auch während der Abwesenheit des Kaiserlichen Ministers, noch täglich die Ehrenwache vor der Wohnung desselben aufziehen. Die Kaiserlichen Truppen hatten auch in den besetzten Districten an der Gallizischen Grenze keine Feindseligkeiten ausgeübt.

Auf dem Lande sah es sehr betrübt aus. Viele Güter und Dörfer waren abgebrannt und verwüstet, die kleine Stadt Blonie war von den Rußen fast ganz verheert: viele Saatfelder waren vernichtet: ein großer Theil der Landbewohner war in die Wälder geflüchtet: überall sah man die Verheerungen des Kriegs. Das größte Unglück war der Mangel an allen Lebensmitteln, welcher durch die schlechte Erndte, und durch die anhaltende Dürre so groß geworden war, daß es oft sogar an Brod und Waßer mangelte.

In Curland befand sich noch ein Corps Polen von 12000 Mann. Die Rußen aber hatten, nach den neuesten Berichten, die Stadt Wilna in Litthauen mit Sturm eingenommen.

Fortsetzung....

Ausbreitung in Süd-Preußen. Kriegs-Begebenheiten.

Da die letzte Hoffnung der Polen nur noch auf den Besitz der Stadt Warschau gegründet war, und der Verlust dieser Stadt, der Mutter der Insurrection, von entscheidender Wichtigkeit für das endliche Schicksal der Insurgenten seyn mußte: so sprengten diese nun auch, bis zur äußersten Erschöpfung, alle Kräfte an, und boten alle Mittel auf, um diese Stadt zu behaupten, und dadurch wenigstens die Dauer dieses Krieges zu verlängern. Weil aber dennoch die Tapferkeit der Preußen immer überlegen war, und allen Widerstand besiegte: so faßte sogar eine Complott den, unter gesitteten Nationen bisher noch unerhörten, Anschlag, die Belagerungs-Armee durch Vergiftung ihres Trinkwaßers aufzureiben. Zum Glück wurde diese Schandthat noch eben zur rechten Zeit verrathen, und die Absicht dieser Meuchelmörder vereitelt.

Vom 4 bis zum 17 August war, außer den Kanonaden auf den Polnischen Verschanzungen, und außer kleinen Gefechten, nichts wichtiges vor Warschau vorgefallen. Die Polen verschanzten sich immer stärker zwischen Gurce und Wawrizew; die Preußen hingegen eröfneten in dieser Zeit die Laufgraben bey Wola, und legten vor dem Dorfe Gurce neue Batterien an, indem sie zum Angriffe immer noch mehr schweres Geschütz erwarteten. In der Stadt vom 17 zum 18 August thaten die Polen einen Ausfall gegen die Flanke des rechten Preußischen Flügels, und gegen den, mit den Preußen in Communication stehenden linken Flügel des Rußischen Corps: zogen sich aber nach einem kurzen und leichten Gefechte, mit einem Verluste von 30 Todten wieder zurück. Der geschwinde Rückzug der Polen ließ vermuthen, daß bey diesem Ausfalle irgend eine andere Absicht verborgen gewesen seyn müße: und ein bey dem Gefechte gefangene genommener Pole sagte endlich aus, daß in einen nahen Brunnen bey dem Dorfe Dzenslewice ein Fäßchen mit Gift geworfen sey. Das Faß wurde in dem Brunnen wirklich gefunden, und herausgeholt: und bey der Untersuchung desselben zeigte sich, daß das in demselben enthaltene Wasser mit Arsenik vermischt war. Der Capitain Bischowsky und der Lieutenant Skrotzky waren, nach der Aussage des Gefangenen, die vornehmsten Personen dieses schändlichen Complottes, welches selbst von dem größten Theile der Insurgenten verabscheuet wurde.

Am 19 August kam ein Transport von dem beorderten schweren Geschütz, der aus 22 Stück Zwölfpfündern und 14 Stück Mortiers bestand, in dem Preußischen Lager an. In den folgenden Tagen wurde noch an den Batterien und an der Verlängerung der Tranchéen gearbeitet: und am 22sten besetzte der General Götze mit seinem Corps die Höhen von Opalin, wodurch dieß Corps eine sehr vortheilhafte Stellung erhielt. In der Nacht auf den 25 August rückte man schon von dem rechten Flügel der Tranchee 700, und von dem linken Flügel 1200 Schritte vor, und legte noch in dieser Nacht auf diesen Punkten neue Batterien an. Am 26sten wurde das feindliche Lager bey Powonsk mit glühenden Kugeln beschoßen; und zu gleicher Zeit griffen die Preußen ein zu der Hauptarmee der Insurgenten gehöriges Corps, welches der Fürst Joseph Poniatowski commandirte, an. Der König commandirte selbst in eigener Person bey diesem Angriffe, und die Generale Götz und Pollitz führten die beyden Colonnen. Mit geschultertem Gewehre marschirten die Preußen, wie bey einer Revue, gegen das lebhafte Kartätschen-Feuer, und überstiegen die feindlichen Verschanzungen ohne einen Schuß zu thun. Die Polen wurden geschlagen, und bis nahe vor Warschau zurückgeworfen: und verloren 7 Schanzen, 10 Kanonen, die bey Powonsk und Wawrzew stehenden Lager, und eine Menge Gefangene. Die eroberten Schanzen wurden sogleich umgearbeitet, und gegen die Polen selbst gerichtet: so daß nun die Preußen, welche ihre Vorposten schon bis Marimont poußirten, den Verschanzungen den Kosciusko in der Flanke standen. Der ganze Verlust der Preußen bestand in 2 getödteten und 5 bleßirten Officieren, und etwa 100 theils getödteten, theils verwundeten Soldaten: und Augenzeugen versichern, daß es nicht möglich sey, die an diesem Tage von den Preußen bewiesene Tapferkeit zu übertreffen. Vorzüglich hatten sich die Bataillons von Hollwede und von Bonin ausgezeichnet. Der König bewies auch dem ganzen Corps durch viele ertheilte Belohnungen und Gnadenbezeugungen seine vollkommenste Zufriedenheit. -- Die Polen hatten nun noch 3 Schanzen vor dem Powonsker Wäldchen besetzt; und auch diese wurden am 28 August mit dem Bajonet erobert, wobey die Polen verschiedene Officiere und 3 Kanonen verlohren. An diesen 2 Tagen hatten also die Preußen 10 wichtige Schanzen erobert, und behaupteten dieselben auch gegen die wiederholten heftigen Attaken, welche die Polen an diesem und den folgenden Tagen machten, um das verlohrne Terrain wieder zu erobern. Am 30sten thaten die Insurgenten einen neuen sehr heftigen Ausfall gegen den linken Preussischen Flügel, wurden aber wiederum, mit einem Verluste von 1000 Todten, zurückgeschlagen.

So verunglückten alle Versuche welche die Polen machten, sie wurden an allen Seiten bis in die letzten Redouten zurückgeworfen, verlohren eine Verschanzung nach der andern, und die siegenden Preußen rückten der Stadt immer näher. In der Stadt selbst sah es für die Insurgenten eben so über aus. Der immer höher steigende Mangel an Lebensmitteln und sogar an Kleidung erregte allgemeines Mißvergnügen und Verzweiflung unter dem Volke, welches sich schon an seinen Anführern, von denen es sich verrathen glaubte, rächen wollte. Der Fürst Joseph Poniatowski, welcher das am 26sten August von den Preußen geschlagene Corps commandirt hatte, konnte kaum noch durch die wiederholten Vorstellungen des Kosciusko von dem Galgen gerettet werden, wohin ihn das Volk schon schleppen wollte. Am meisten aber wurde die Noth der Insurgenten durch die unter den zusammen getriebenen Bauern ausgebrochen Krankheiten vergrößert, an denen täglich viele starben. Bey dieser Lage der Sachen glaubte man nun entscheidenden Auftritten entgegen sehen zu können, und im Preußischen Lager selbst erwartete man täglich den Anfang des Bombardements auf die Stadt. Da traten unerwartete unvorhergesehene Umstände ein; sie bewogen den König von Preußen die erkämpften Vortheile aufzugeben, und die Belagerung vor Warschau für jetzt zu suspendiren.

Die Insurgenten hatten gesehen, daß sie mit ihren ungeübten Soldaten und zusammengetriebenen Bauern, und mit den Sensen- und Pickenträgern die Stadt Warschau gegen die kriegsgeübten Preußen nicht würden vertheidigen können. Sie ergriffen also das Mittel, in den neueroberten Staaten des Königs von Preußen selbst einen Aufruhr zu erregen, um die Aufmerksamkeit des Königs und einen Theil seiner Macht dorthin zu ziehen. Dieser Anschlag glückte. In Südpreußen waren viele, besonders unter dem kleinern Adel, längst vom unruhigen Geiste getrieben. Sie wurden leichtlich von den Insurgenten, und selbst von den Geistlichen zum Aufruhr aufgewiegelt, welcher den auch zuerst in den Woywodschaften Gnesen und Brzesc ausbrach. In der Nacht vom 22 August wurde das in der Stadt Gnesen stehende Preußische Commando, welches nur 24 Mann stark war, überfallen und gefangen genommen, das Preußische Waffen abgerissen, die Preußischen Officianten wurden gefangen gesetzt, und die Königlichen Kaßen geplündert. Am folgenden Tage entwarfen die Insurgenten sogleich eine Conföderations-Acte, und forderten alle übrigen Einwohner auf, derselben beyzutreten. Bey den angeseßenen Bürgern fand indessen diese Aufforderung wenig Gehör: aber der kleinere Adel in der Stadt, die Handwerkgesellen, Bedienten, und andere Leute, die wenig zu verlieren hatten, versammelten sich in großer Menge, so daß bald über 300 zusammen waren. Diese beschworen nun die Constitution vom 3ten Mai 1791, und den Gehorsam gegen Kosciusko. In der Stadt und auf dem Lande wurden Galgen gebauet, für diejenigen die sich der Conföderation widersetzten: der Adel in der Gegend umher wurde zum Beytritt aufgefordert, und die Bauern, die nicht freywillig wollten, wurden mit Gewalt zusammengetrieben. Bald wuchs dieser Haufen bis auf 1000 Mann, und diese bezogen ein Lager vor der Stadt. Pferde, Ammunition und alles was sie bedurften, wurde allenthalben mit Gewalt genommen; und eine errichtete Commißion mußte ausschreiben, was jeder Landstand und die Geistlichkeit liefern sollte. Alle Zugänge der Stadt wurden besetzt, und ohne Paß konnte niemand dieselbe verlassen. Um diesen Anfang der Insurrection zu unterstützen, schickte Kosciusko am 24sten August den General Madalinsky mit 4 Bataillons Infanterie und 1500 Mann Cavallerie aus dem Lager vor Warschau ab. Dieser versuchte zwischen der Weichsel und dem Bug über die Narew zu gehen, und griff den, unter dem Generallieutenant von Schönfeld stehenden, Preußischen Cordon an: er wurde aber auf allen Puncten nachdrücklich zurückgeschlagen, verlor 700 Todte, den größten Theil seiner Artillerie, und der übrige Theil dieses Corps wurde fast gänzlich zerstreuet und in die Wälder verjagt. Indessen schwärmten einzelne Haufen von Gnesen aus im Lande umher, brachten alles in Aufruhr, beunruhigten sogar die Westpreußischen Grenzen, und fielen in die kleinen Städte Strzelno, Gembice, Krone und Znin im Netzdistricte ein. Auch an den Schlesischen Grenzen breitete sich die Insurgenten aus, und fanden täglich mehreren Anhang, und brannten sogar einige Dörfer und Magazine ab. Da in den meisten Städten nur kleine Preußische Commando's lagen, so war es leicht in dieselben einzufallen, und die Besatzung, wenn sie sich nicht schon vorher zurückgezogen hatte, aufzuheben. So wurden die Städte Lissa, Fraustadt und andere an diesen Grenzen eingenommen, und mit der Conföderation vereinigt. Im Innern von Südpreußen erklärte sich nun fast alles für die Conföderation. In den Städte Kalisch, Brzesc, Wroclaweck, Nießawa, Radziejewo, Klodawa u. a. waren ähnliche Auftritte wie in Gnesen: alle schworen der Republik Polen, und der Constitution von 1791. Zu Kosten wurde eine förmliche Conföderations-Acte für Südpreußen aufgesetzt und unterzeichnet, und der Storoste, Nemojewsky, zum Großgeneral ernannt; und an alle Einwohner zugleich ein Manifest erlassen, worin sie unter vielen Vorspiegelungen und Versprechen aufgefordert wurden, sich mit Waffen, Proviant und Munition zu versehen, und mit dem Heere der Insurgenten zu vereinigen. Es wurden auch verschiedene Commißionen zur Erhaltung der Ordnung, und zur Ausschreibung der Lieferungen ernannt. Bey Brzesc und Radziejewo wurden auch verschanzte Lager für die Insurgenten errichtet.

Die Südpreußische Immediat-Commißion bemühete sich diesen Aufruhr bey seinem Entstehen durch gütliche Mittel zu stillen. Sie erließ deshalb unterm 23 August ein Publicandum, wodurch die Einwohner des Landes gewarnt wurden, sich nicht durch die Vorspiegelungen der Insurgenten zum Aufstande und zur Bewafnung verleiten lassen, um sich nicht den unvermeidlichen Strafen auszusetzen. In einer andern Proclamation wurde den Einwohnern verboten, den Forderungen und Requisistionen der Insurgenten Folge zu leisten, und ihnen weder Mannschaft, noch Waffen, Geld oder andern Sachen zu liefern. Gegen die Insurgenten-Haufen wurden auch einzelne Detaschements Preußischer Truppen ausgeschickt. Der König detaschirte, nach dem am 28 August erfochtenen Siege, den Obersten Szekeli mit einem ansehnlichen Corps nach Südpreußen, welcher auch bald verschiedene Haufen auseinander jagte, mehrere Gefangene machte, und einige Kanonen und Gewehre erbeutete. Er ließ im Namen des Königs allenthalben bekannt machen: 1) Alles was mit Wehr und Waffen betroffen werden würde, solle sogleich niedergehauen, oder auf der Stelle aufgehangen werden. 2) Alle Grossen, geist- und weltlichen Standes, welche an diesen Unruhen Antheil haben, sollen sofort ohne weitere Umstände aufgehangen oder auf ewige Festungs-Arbeit gesandt werden. 3) Alle verdächtige Personen, welche an den Unruhen Theil nehmen, werden auf Festungen geschickt, und 4) wer Insurgenten bey sich hegt, und solche nicht anzeigt, soll den entstandenen Schaden ersetzen, und am Leib und Leben bestraft werden. -- Am 2 September rückte auch der Commandant von Posen, Oberst von Diettert, mit einem kleinen Corps gegen Gnesen an. Die Polen hatten aber schon von der Annäherung dieses Corps Nachricht erhalten, und zogen sich vor der Ankunft desselben zurück. Die Preußen fanden also den Ort von Insurgenten verlassen, nahmen die angefüllten Magazine derselben mit sich fort, und kehrten wieder zurück. Zugleich zog auch der General-Lieutenant von Mannstein mit 150 Mann Cavallerie aus Schlesien heran, und traf am 31 in Kosten ein: welches gleichfalls bey der Annäherung der Preußen schon von den Insurgenten verlassen wurde. Einige Scharmützel fielen zwischen den Preußen und Polen vor, in welchen diese jedesmal aus einander gesprengt wurden: meistentheils aber zogen sie sich schon bey der Ankunft der Preußen in die Wälder oder andere Schlupfwinkel zurück; und brachen dann, wenn sich die Preußen entfernt hatten, wieder hervor, zogen von einem Orte zum andern, und zwangen die Einwohner oder überredeten sie, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen, und ihren Anhang zu verstärken. So breitete sich diese Insurrection plötzlich in ganz Südpreußen aus: die ehemaligen Woywodschaften, Posen, Gnesen, Kalisch, Siradien, Lentschütz, Rawa und Cujavien waren fast im allgemeinen Aufruhre.

Da nun hierdurch nicht blos die benachbarten Preussischen Staaten beunruhigt und der Gefahr ausgesetzt waren, sondern auch die Armee des Königs von allen Seiten mit Feinden und bewafneten Haufen umgeben war -- vorzüglich aber weil es den Insurgenten geglückt war, 11 Fahrzeuge mit Munition, welche von Graudenz auf der Weichsel zu der Preußischen Armee vor Warschau gehen sollten, bey Wroclaweck aufgefangen, und sich der Ladung zu bemeistern, und dieser Verlust wegen der Entfernung des Depots nicht so geschwind wieder ersetzt, und die Belagerung also nicht mit hinreichendem Nachdruck wegen Mangel an Ammunition fortgesetzt werden konnte -- so entschloß sich der König von Preußen die Belagerung von Warschau für jetzt aufzuheben. Die Armee bezog am 6ten September eine vortheilhafte Stellung bey Rasczin: und der König wollte nun zuerst den in Südpreußen ausgebrochenen Aufstand und Bürgerkrieg dämpfen. Das Rußische Corps des Generallieutenants von Fersen bezog ein Lager bey Piaczesna.

Indessen zog die Rußische Armee unter den Generalen von Knoring und von Subow aus Lithauen immer näher an Warschau heran, und vernichtete auf ihrem Marsche die Conföderation, so wie auch die Polnisch-Lithauische Armee. Der General Wielohorsky, welcher diese Armee commandirte, hatte sich bey Lyda gelagert. Nach einigen kleinen Gefechten, unter denen sich der größere Theil der Rußischen Armee näher heranzog, wurde der General Grabowsky, der mit 4000 Mann vor Wilna stand, angegriffen und geschlagen, das ganze Corps wurde zerstreut, und mußte Kanonen und Ammunition in die Wilna werfen. Die Rußen nahmen hierauf eine äußerst vortheilhafte Stellung bey Niemisa, eine Meile von der Stadt Willna, in welcher die Polen sie nicht anzugreifen wagten: und zogen nun noch das, unter dem Fürsten Cziziano, bey Paulowa gestandene Corps von 5000, und auch ein anderes von 1000 Mann an sich, wodurch nun diese Rußische Armee 15000 Mann stark wurde. Mit dieser Armee griffen die Generale von Knorring und von Subow die Polnisch-Lithauische Armee, deren Commando indeß der General Wielohorsky dem General Chlewinsky übertragen hatte, am 12 August des Morgens um 4 Uhr an. Die Polen wurden in die Flucht geschlagen, und erlitten einen außerordentlichen Verlust, so daß von 3 Regimentern Linientruppen, nur einige Menschen übrig blieben. Nach Privat-Briefen belief sich dieser Verlust an Todten auf 2000 Mann. Die Rußen nahmen nach diesem vollkommenen Siege die Stadt Willna ein, besetzten dieselbe mit 2000 Mann, ohne eine Plünderung vorzunehmen, und nahmen darauf ihren Marsch auf Grodno. Der General Derfelden stand indessen mit einer andern Armee von 12000 Mann bey Slonin. Nach neueren Nachrichten ist auch Liebau wieder durch einen von der Seeseite von 6 Fregatten gemachten Angriff von den Insurgenten befreyt, und die Stadt mit Rußen besetzt worden.

Während dieser Auftritte war der Hof zu Wien, durch die Vorstellungen des eilends nach Wien gegangenen K. Preußischen Ministers, Marquis von Lucchesini, bewogen worden, einen wirksamen Antheil an den Polnischen Unruhen zu nehmen. Zwey Colonnen rückten wirklich über Lublin und Brody ins sogenannte republicanische Polen ein. Man schätzte sie auf 17,000 Mann. Die eine Colonne gieng über Lublin nach Brzesc, die andere über Brody nach Dubnow. Es waren schon Scharmützel vorgefallen. Die Oesterreichische Armee sollte auf 30,000 Mann stark, Cracau, Sendomir, Lublin, und Chelm in Besitz nehmen. Von diesen Gegenständen wird aber noch in andern Artikeln weitere Nachrichten gegeben werden.


Fortsetzung.....

Die Polen haben aufs neue einen sehr blutigen Kampf für die Erhaltung ihrer neuen Conföderation beginnen müssen, dessen unglücklichen Anfang große Sensation erregte. Zwar war es ihnen geglückt, durch die in den benachbarten Preußischen Staaten angestiftete Insurrection den Theil ihrer Republik dießeits der Weichsel von den eingedrungenen Feinden wieder zu befreyen; aber zu eben der Zeit brach von der andern Seite ein noch nie besiegter Held unaufhaltsam in das Gebiet der Republik ein, der Warschau mit dem Schicksale Ismails, und die Conföderation mit einem schnellen Untergange bedrohete, und dessen Anmarsch schon durch geschlagene Polnische Flüchtlinge verkündigt wurde. Der Rußische General, Graf Suwarow, rückte mit einer Armee, die zwar nicht so stark war, als man sie nach verschiedenen vorherigen Angaben erwartete, die aber doch auf 20,000 Mann geschätzt wurde, im Anfange des Septembers in Volhynien ein, so daß seine Avantgarde schon am 3 September in Dukno eintraf. Die Polen zogen sich unter kleinen Gefechten allenthalben zurück, bis sich endlich alle einzelne Abtheilungen in der Gegend von Brzesc unter dem Generale Sierakowski vereinigten. Mit einem Corps von 15000 Mann setzte sich dieser nun bey Kropczyce, um die Rußen aufzuhalten. General Suwarow war am 17 September bis Brzesc vorgerückt, und griff am folgenden Tage die Polen an. Da diese einen entschlossenen Widerstand leisteten, so wurde das Gefecht sehr hitzig und blutig, und dauerte mehrere Stunden, bis endlich die Polen das Schlachtfeld verließen und sich über den Bug zurückzogen. Am andern Morgen, am 19 September, setzten die Rußen gleichfalls über diesen Fluß, und erneuerten die Schlacht, indem sie die Polen angriffen. Dieser Tag war entscheidend. Die Polen würden völlig geschlagen, ergriffen in der größten Unordnung die Flucht, und erlitten eine große Niederlage. Man gab die Zahl der gebliebenen Polen auf 6000 an: und der ganze übrige Rest dieses Corps wurde auseinander gesprengt und zerstreuet, und büßte seine ganze aus 30 Stücken bestehende Artillerie ein. Der General Sierakowski, der sich mit dem schwachen Ueberreste seiner geschlagenen Truppen bis Konstantinow zurückzog, schrieb selbst unterm 20 September in seinem Berichte an den Kosciusko: unsre Truppen sind zum Theil zersprengt, und unsere Kanonen sind größtentheils verloren, indem wir dieselben in das Waßer werfen mußten, damit sie nur nicht dem Feinde in die Hände fielen." -- Nach diesem Siege war der General Suwarow entschlossen, seinen Marsch grade auf Warschau zu richten, wovon er nur noch 24 Meilen entfernt war, um die Armee Kosciusko anzugreifen. Dieser aber brach mit einem Theil seiner Armee auf, gieng über die Weichsel durch Prag, um den Rußen entgegen zu rücken, und sie von Warschau abzuhalten. Er hielt eine rührende Anrede an seine Truppen, welche mit thränenden Augen riefen, sie wollten alle mit ihm sterben. Man schätzte sein Corps auf 20,000 Mann. Das Rußische Corps unter dem Fürsten Repnin war indessen bis Grodno vorgerückt, hatte diese Stadt eingenommen, und darauf sich mit dem General Suwarow vereinigt. Die Rußische Armee war nun auf 40,000 Mann stark, und gieng gerades Weges auf Warschau und dem Kosciusko entgegen.

Die übrigen in Polen gestandenen Rußischen Truppen unter den Generalen Derfelden und Fersen, welcher letztere sich nach der Aufhebung der Belagerung von Warschau von der Armee des Königs von Preußen getrennt und bereits bey Kazimir die Weichsel paßirt hatte, zogen sich indessen zurück; entweder um sich auch mit der Armee des Generals Suwarow zu vereinigen, oder um die umherschwärmenden Haufen der Insurgenten von den Rußischen Grenzen abzuhalten. Diese hatten in Litthauen und auf den Grenzen von Liefland und Weiß-Reußen viele Ausschweifungen begangen, und die Stadt Dünaburg, an der Düna in Liefland, ausgeplündert, nach einigen Nachrichten sogar in Brand gesteckt. Alle diese Gegenden wurden nun von den Rußischen Truppen gedeckt. Es war ein Cordon gezogen von Polangen, an der Seeseite in Samogitien, durch Samogitien bis in Litthauen hinein; so daß nun auch Curland völlig sicher war.

Die Nachrichten von dem schnellen Vorrücken der Rußen und von der völligen Niederlage der Polnischen Truppen verbreitete in Warschau sowohl, als unter den Polnischen Truppen große Bestürzung. Man fürchtete sogar, daß fernere üble Nachrichten den Ausbruch neuer Volksunruhen befördern möchten. Das Volk war schon seit langer Zeit unzufrieden und unruhig gewesen, und nur durch die äußerste Wachsamkeit des hohen Raths war die Ruhe bisher noch einigermaßen erhalten. Der hohe Rath beobachtete bey allen seinen Schritten die vorsichtigste Behutsamkeit, und folgte genau den Befehlen des Kosciusko. Vorzüglich beschäftigte sich derselbe jetzt mit dem Finanzwesen. Bey der Untersuchung des Schatzes der Republik zeigte sich, daß die Targowitzer Conföderation und der Grodnoer Reichstag eine Summe von 1,418,906 Gulden und 12 Gr. aus dem Schatze gehoben, und zu Pensionen und andern Verwendungen angewiesen hatte. Dieses Geld sollte jetzt nun wieder herbeygeschaft werden; und 120,727 15 Gr. waren wirklich schon wieder zurückgeliefert. Auch sollte nun das auf dem Revolutions-Reichstage entworfene Gesetz, wegen der Verkaufung der Domainen der Republik, und der Starosteyen in Ausführung gebracht werden. Das Schatz-Departement mußte dem hohen Rathe in der Sitzung am 20 August einen Plan über diese Verkaufung vorlegen, welcher darauf 6 Mitgliedern des hohen Rathes zur nähern Prüfung übergeben wurde; wobey aber zugleich alle übrigen Mitglieder aufgefordert wurden, ihre Meynungen hierüber gleichfalls mitzutheilen. Zur Verwaltung der Justiz verlangte Kosciusko die Organisation eines Kriegsgerichtes, und schrieb dem hohen Rathe nicht nur die Mitglieder dieses neuen Gerichts, sondern auch noch verschiedene andere Puncte über die Einrichtung desselben vor, wovon Folgendes das Wichtigste ist, woraus man die Einrichtung und die Gewalt dieses neuen Gerichts ersehen kann. Das jetzige Criminalgericht des Herzogthums Masuren ist aufgehoben, und statt dessen soll ein Kriegsgericht niedergesetzt werden: -- dieß Gericht ist befugt einen Militair-Auditeur und einen öffentlichen Ankläger zu ernennen, und läßt seine Decrete durch das Justizdepartement dem hohen Rathe bekannt machen. -- Ohne den Befehl dieses Kriegsgerichts, darf das Sicherheits-Departement niemanden freylassen. Allso eine Revolutions-Regierung, wie in Frankreich, wobey Kosciusko der unumschränkte Herr war.

Die Preußische Armee hatte sich indeß bis auf die Besatzungen in Cracau und Sendomir ganz aus Polen zurückgezogen, um die neuacquirirten Staaten ihres Königs zu sichern, in denen sich die Insurrection immer weiter auszubreiten drohete. Die Insurgenten in Südpreußen hatten von den Polen Unterstützung erhalten. Drey Detaschements von 5 bis 6000 Mann waren schon aus dem Lager vor Warschau angekommen; und der Fürst Joseph Poniatowski war auch noch mit 8000 Mann dahin auf dem Marsche, als er von dem Kosciusko den Befehl erhielt, wieder zurückzukehren, weil letzterer gegen die Rußen ausrücken wollte. Mit dieser Verstärkung wagten es nun die Insurgenten schon, sich den Preußen zu widersetzen; und bedroheten sogar auch die Grenzen der übrigen Preußischen Staaten. Auf der Ostpreußischen Grenze lagerte sich .. Meilen von Sodargen, ein Polnisches Corps von 18000 Mann mit 11 oder mehreren Kanonen, unter dem Commando des Generals von Mirbach. Vorzüglich wandte sich ein zahlreicher Haufen von Insurgenten, in Verbindung mit dem Corps des Polnischen General-Majors Dombrowski, gegen den Netzdistrict, in welchem sich auch, ungeachtet der augenscheinlichen glücklichen Regierung, viele dieser Länder unter der Preußischen Regierung, viele Anhänger der Insurrection fanden. Das Städtchen Eryn war der Versammlungsort der Insurgenten. Der Obrist Szekely, welcher mit seinem Corps in der Nahe stand, um die Gegend von Wroclaweck bis Inow....law zu decken, und die dort befindlichen Insurgenten zu observiren, schickte ein kleines Detaschement ab, um sich dieses Ortes zu bemächtigen. Es kam am 24sten September zum Gefecht, in welchem zwar die Preußen den Sieg behaupteten, aber doch den Feind nicht delogiren konnten, da in Eryn 350 Mann Cavallerie, 150 Jager und 800 Bauern versammelt waren. Am folgenden Tage wollten die Preußen einen neuen Versuch machen; aber die Polen hatten, ungeachtet ihrer Uebermacht in der Menge, den Ort in der Nacht verlaßen, und sich über Rogowa nach Poviedisk gezogen, wo der General Lipski mit einem andern Insurgenten-Corps stand. Szekely zog sich darauf nach Bromberg, um dem dort stehenden von Pirchschen Depotbataillon zu Hülfe zu kommen. Hier wurde derselbe aber von den Insurgenten mit einer solchen Uebermacht angegriffen, daß sich sein Corps aus Bromberg über Fordau zurückziehen mußte, und er selbst tödlich verwundet den Polen in die Hände fiel. Beyde Oerter wurden darauf von den Insurgenten besetzt. In Chodzesen plünderten die Insurgenten die Salzmagazine, und verkauften das Salz an die Einwohner, woraus sie 400 Rthlr. löseten. Außerdem mußten die Juden gegen ein Schein verschiedenes Tuch liefern. Während daß 24 Insurgenten in der Stadt dieses einforderten, kam ein Preussischer Husar, von einer vorbeyreitenden Patrouille hineingesprengt, schoß eine Pistole ab, und erbeutete auf diesen Schuß eine Fahne von den Insurgenten. Diese lauerten noch auf die von Scheidemühl kommende Post, und plünderten dieselbe.

In Südpreußen selbst wurden die Insurgenten lebhaft verfolgt. Die Preußische Armee, deren Obercommando der König bey seiner Abreise dem General-Lieutenant, Grafen von Schwerin, übertragen hatte, stand zwischen Rawa und Peterkau; und schickte von hieraus einzelne Colonnen unter den Generalen von Elsner, von Lichnowski, von R..ts und Schwerin dem Jüngern aus, um die Insurgenten von mehreren Seiten her zusammen zu treiben, und sie alsdann mit vereinter Macht anzugreifen. Der General von Frankenberg hatte die Insurgenten in der ehemaligen Woywodschaft Poltzk angegriffen, und sie aus Konion vertrieben, welches er am 26 September besetzte. Der Generalmajor von Schwerin, dessen Corps aus 2 Bataillonen, 3 Schwadronen und 4 Kanonen besteht, rückte über Kamin vor, wo er am 16 September einen Haufen von Insurgenten zerstreuete, und kam am 20sten bey Kolo an. Hier stand ein anderer starker Trupp von Polen und Insurgenten, mit 3 Kanonen; welcher gleichfalls von den Preußen zerstreuet, und mit Verlust seiner Kanonen verjagt wurde. Der General von Elsner, welcher am 17ten September in Sierodz eingerückt war, vereinigte sich am 24 mit dem General Major von Schwerin. Beyde Corps zogen sich darauf nach Posen. In diese Gegend von Posen waren auch die meisten Haufen der Insurgenten zusammengedrängt; so daß diese Stadt, ungeachtet dieselbe in der Mitte der Provinz liegt, gar keine Communication mit den andern Oertern und Gegenden mehr hatte, außer mit Berlin. Die ansehnliche Besatzung von Posen, welche der General-Major von Schwerin commandirte, machte Anstalten zu einem entscheidenden Angriffe gegen die Insurgenten. In den übrigen Gegenden von Südpreußen war meistentheils durch die Preußen die Ruhe wieder hergestellt, bis auf kleine Patrouillen die noch etwa umherstreiften. Auch Lissa war ganz von den Insurgenten verlaßen. Der Generallieutenant von Schönfeld stand noch immer bey Zakroczim; und das Brünnekische Corps war auf dem Marsche in Polen einzurücken.

Bey dem Vordringen der Rußen änderte auch die Preußische Armee ihre Stellung. Sie nahm ihr Hauptquartier zu Sternowicze, von da sie den Feind übersehen, und Süd-Preußen in gerader Linie von Petercau bis Lowitz decken konnte. Die Oesterreichischen Truppen, welche in die Woywodschaften Lublin und Chelm eingerückt waren, wurden auch von den Polen angegriffen. Es war zwar noch kein entscheidendes Gefecht vorgefallen; aber da der Antheil, welchen das Haus Oesterreich an diesem Kriege nehmen will, noch nicht bestimmt war, so zogen sich diese Truppen wieder vorerst gegen die Grenze von Gallizien zurück.

Nachdem obiges schon abgedruckt war, erhalten wir die sichre Nachricht, daß Kosciusko schnell seine Rolle ausgespielt hat. Er stieß auf seinem Marsche gegen den General Suwarow, am 10ten October, bey Matschiewicz, 12 Meilen von Warschau auf den Rußischen General Fersen, welcher daselbst mit 12000 Mann stand. Es erfolgte eine blutige, heftige Schlacht. Dreymal wichen die Rußen, und viermal griffen sie wieder mit immer neuer Tapferkeit an, und erfochten endlich den vollständigsten Sieg. Kosciusko selbst fiel verwundet, den siegenden Rußen in die Hände, nebst 3 andern Generalen, und 3000 Mann. Artillerie, und Lager, und alle Bagage war Beute der Rußen, und über 6000 Polen deckten das Schlachtfeld. Mehr davon folgt noch unten in einem andern Artikel von Polen.


Fortsetzung......

Siege der Rußen. Einnahme von Warschau.

Polens Ende: -- Dieser verzweiflungsvolle Ausruf des Kosciusko, als er von den Rußen gefangen genommen wurde, war der Erfüllung näher, als er es vielleicht selbst glaubte. Die Ankunft des, in offener Feldschlacht wie vor den Wällen der Festungen gleich unbezwingbaren Helden, Suwarow, mit seinen tapfern Rußen, entschied das Schicksal dieses unglücklichen Reiches. Die Siegesnachrichten von dieser Armee folgten so schnell aufeinander, daß eine die andere schon verdrängte, ehe sie noch ganz mit allem Detail bekannt geworden war. Die totale Niederlage der Polen, unter dem Generale Sierakowski bey Brzescz, am 18 September (s. S. 1089 des vorig. Monatsst.) aus welcher von 19,500 Polen kaum 600 Mann mit dem commandirenden General entkommen konnten, und nach welcher die Leichname der geschlagenen Polen, die selbst allen Pardon verschmäheten, auf 2 Meilen weit das Feld dicht bedeckten, hatte unendlich wichtige Folgen. Um die nach diesem Siege schnell vorrükkenden Rußen zurückzuhalten, sammelte Kosciusko ein Corps von 21000 Mann, und gieng dem Rußischen Corps unter dem Generale Fersen entgegen, hatte aber das Schicksal, welches schon im vorigen Monate S. 1133 beschrieben worden. Er ist darauf unter einer Bedeckung von 3000 Mann nach St. Petersburg abgeführt worden.

In Warschau hatte man kaum durch die Vorspiegelungen von einer, von Seiten der Pforte, bald zu erwartenden Hülfe, das über die Niederlagen bey Grodno und Brezescz mißmüthige Volk beruhigt; als die Nachricht von dem so unglücklichen Ende des Kosciusko ankam. Die ganze Stadt gerieth in Bestürzung. Alle begüterten Einwohner verlangten, daß man die Stadt nicht noch einmal einer Belagerung, deren Ende diesesmal schrecklich seyn könnte, aussetzen, sondern sie mit Capitulation übergeben sollte. Aber unter diesen selbst waren 2 Partheyen, davon die eine die Rache der Rußen fürchtete, und die Stadt an die Preußen übergeben wollte; indeß die andere, an deren Spitze der König stand, eine Capitulation mit den Rußen verlangte. Die dritte und wildeste Parthey machte endlich, wie bey allen Revolutionen, das Volk, welches nichts zu verlieren hatte, und daher alle friedliche Vorschläge verwarf, und mit drohenden Ungestüm die Vertheidigung der Stadt forderte. Es wurden wieder mehrere von den arretirten angesehenen Polen ermordet: die Häuser der Anführer der Insurrection wurden umzingelt, und diese Anführer selbst mit dem schrecklichsten Tode bedrohet, wofern sie jetzt nicht Anstalten zur Gegenwehr treffen wollten. Es lief sogar ein Gerücht von einem zur gewaltsamen Entführung des Königs veranstalteten Plane; und man verlangte die Arretirungen der beyden Häupter des hohen Raths, Potocki und Kollatay, die man beschuldigte, von den aus Frankreich erhaltenen 40 Millionen Livres die Hälfte unterschlagen zu haben. Der hohe National-Rath selbst wußte nicht mehr zu rathen. Er war fast beständig versammelt, ohne zu einem Entschlusse kommen zu können. Er trug verschiedenen Officieren nach einander die Oberbefehlshaber-Stelle an; aber alle schlugen sie aus. Endlich wurde Wawrzecki, vormaliger Lieutenant unter dem Preußischen Füselier-Bataillone von Thiel, hierzu erwählt: aber schon war wieder ein großer Theil mit dieser Wahl unzufrieden, weil man bey dem neuen Generallißimus fremde Einverständniße befürchtete. Die Parthey des Pöbels behielt endlich auch hier die Oberhand. Der National-Rath erließ eine Proclamation an das Volk, worin er versprach, der Revolution bis zum Tode treu zu seyn; und alle Partheyen mußten wieder, wiewohl meistens wider Willen, rufen: Sieg oder Tod.

Unter diesen Umständen kam ein Schreiben des General-Lieutenant von Fersen an den König an, worin jener um die Freylassung aller gefangenen Rußen ersuchte. Der König antwortete hierauf: die Gefangennehmung des Kosciusko könne ihn noch nicht dahin bringen, die Revolution, die er beschworen habe, zu verlassen: und die Loslassung der Gefangenen könne nur dann statt finden, wenn sie förmlich ausgewechselt würden. Nach der Lage der Sachen in Warschau konnte der König keine andere Antwort ertheilen: und selbst auf ein anderes Schreiben, in welchem der General Suwarow die Vorstadt Prag bedrohete, wofern die Rußen, und besonders die Mitglieder des Corps diplomatique nicht losgelassen würden, mußte der König nach dem Willen des National-Rathes antworten: man wolle die Vorstadt Prag ihrem Schicksale überlassen.

Dieß Schicksal traf auch bald ein. Die Rußischen Corps rückten unter den Generalen Suwarow, Czizianow, Derfelden und Fersen mit starken Schritten vor. Die erste Hitze, in welcher sie alles wo sie durchkamen verwüsteten, war nun gedämpft, und sie behandelten die unbewafneten Einwohner so schonend als möglich: aber alles was bewafnet war, mußte vor ihnen weichen. Am 28 October traf General Suwarow, der seinen Marsch von Willenberg über Kubilko nahm, auf ein neues Polnisches Corps, am Bug-Fluße, und grif dasselbe am 27 Octob. an. Die Polen wurden abermals nachdrücklich geschlagen, und verloren 6 Kanonen. Die Zahl ihrer Todten wollte man auf 3000 Mann angeben, und die der Gefangenen auf 800, worunter ein General und 12 Officiere. Die Rußen folgten den fliehenden Polen auf dem Fuße nach, und jagten sie bis nach Prag. Sobald die übrigen Rußischen Corps angekommen waren, zu denen nachher noch ein Preußisches Corps unter dem General von Byren, stieß, wurde Warschau von mehreren Seiten eingeschloßen: und auf den 4 November wurde der Sturm auf Prag festgesetzt. Gegen 6 Uhr Morgens wurden 20000 Rußen in 3 Colonnen von den Generalen Suwarow, Fersen und Derfelden zum Sturm angeführt. Die Polnische Besatzung wehrte sich tapfer, mußte aber den stürmenden Rußen weichen. Sie war nach den zuverläßigsten übereinstimmenden Berichten, 26000 Mann stark, davon blieben gegen 12000 im Sturme, und gegen 10000 wurden gefangen. Von 4000 Mann, die sich über die Brücke nach Warschau retten wollten, ertrank der größte Theil, indem die Rußen mit ihrem groben Geschütze unter die schoßen, und auch die Kähne alle in Grund schoßen. Der Rußische Verlust wird zu 400 Mann an Todten, und 800 an Verwundeten angegeben. Die Rußen begannen den Sturm nach einem gegebnen Zeichen, mit einem schrecklichen Geschrey, und setzten ihn mit einer unwiderstehlichen, alles niederreißenden Heftigkeit durch. Das Feuer und Metzeln war schrecklich. Außer den Gefangenen, worunter viele Generale und Officiere waren, eroberten die Rußen 72, meistens schwere Kanonen, viele Kriegs-Munition, und andere Beute.

Während dieses vor den Thoren vor Warschau vorgieng, war in Litthauen die Insurrection ganz gedämpft, und alle Insurgenten waren vertrieben. Der Fürst Poninski u. der Großfeldherr Branicki hatten sogar eine Gegen-Conföderation zu Stande gebracht, zu welcher sich schon 13000 Mann geschlagen, und sich mit den Rußen vereinigt hatten. Eben so waren auch in Samogitien die Unruhen meistens gedämpft. Der Fürst Gallizin welcher daselbst mit einem Corps von 8000 stand, besetzte am 5 October schon polnische Georgenburg; und allenthalben, wo die Rußen einrückten, mußten die Einwohner die Insurrection abschwören.

In Curland trieben die Insurgenten ihr Wesen am längsten, weil die Rußischen Truppen in dem Herzogthum zu schwach waren um ihnen Einhalt zu thun. Die Insurgenten, zu denen sich auch ein Theil des einländischen Adels schlug, schwärmten daher im ganzen Lande herum, plünderten wo sie hinkamen, und forderten den Eyd der Treue für die neue Polnische Constitution. Die Einwohner der Stadt Windau waren die einzigen, die diesen Eyd verweigerten. Man berechnet den Schaden welchen die Insurgenten und die Rußen in Curland angestiftet haben, auf sechs Millionen Albertus-Thaler (7½ Million Reichsthaler) Aber auch hier wurden die Polen endlich vertrieben; und die Rußen waren am Ende des Octobers im Besitz von Liebau und Polangen, und hatten das ganze Herzogthum von den Polen befreyet.

Jene Siege der Rußen erleichterten auch die gänzliche Unterdrückung der Insurrection in den an Polen angrenzenden Preußischen Staaten. Die in diese Staaten eingedrungenen Polnischen Truppen eilten, auf die Nachricht von den Niederlagen ihrer Armeen, voll Bestürzung zurück, dem bedroheten Warschau zu Hülfe: und die Preußischen Unterthanen selbst, die an dem Aufruhre Theil genommen hatten, und sich nun von der Hülfe und Unterstützung der Polen verlaßen sahen, und unter denen auch schon große Uneinigkeiten eingerißen waren, kehrten häufig wieder nach Hause zu ihren vormaligen Beschäftigungen zurück. Die Edelleute waren vorzüglich gegen Madalinsky sehr aufgebracht, weil ihm mehr daran gelegen war gesunde handfeste Bauern bey seinem Corps zu haben, als Edelleute, und daher die erstern, so wie auch Kosciusko that, mehr begünstigte: die Bauern aber waren des häufigen mit der Insurrection und dem Kriege verbundenen Ungemachs müde. Seit dem Einbruche in Westpreußen hatte es ihnen fast an allen Bedürfnißen, sogar an hinlänglicher Bedekkung, gefehlt; weil sie dort nichts erhielten als was sie plünderten und raubten, wobey aber viele Plünderer von den Einwohnern todtgeschlagen wurden. Da waren denn auch viele Krankheiten unter ihnen eingerißen, wogegen sie weder Aerzte noch Arzneymittel hatten: und vorzüglich hatte der Mangel an Reinlichkeit eine quälende Menge von Ungeziefer hervorgebracht. Das eigentliche Westpreußen, wo die Aufrührer so wenig Beystand und so schlechte Aufnahme bey den Einwohnern fanden, war daher schon ganz von allen Insurgenten verlaßen. Diese hatten sich meistentheils in den Westpreußischen Netzdistrict gezogen, wo sie nach dem Tode ihres eifrigsten Verfolgers, des braven Obristen Szekely, fast alle Oerter besetzt hatten. Aber dieser Obriste hatte einen eben so thätigen Nachfolger an dem Obristlieutenant von Hinrichs. Mit einem nicht sehr starken Corps verfolgte dieser die Insurgenten, vertrieb sie aus allen den Oertern wo sie bisher gehauset hatten, besetzte Bromberg, Fo..dan, Inowreclaw und Gnickawa mit seinen Truppen, rückte am 24sten October selbst in Bromberg ein und schafte dort alle gemachten Einrichtungen wieder ab: und noch vor dem Anfange des Novembers hatte er schon den ganzen Netzdistrickt von Insurgenten befreyet, ohne ein bedeutendes Gefecht zu liefern.

In Südpreußen waren aber die Gefechte desto häufiger gewesen. Am 11ten October näherte sich sogar ein Polnisches Corps, welches aus Westpreußen kam, der Stadt Thorn. Sie führten Kanonen und ganze Wagen voll Pechkränze mit sich, und wollten einen Angriff auf die Stadt wagen. Die Cavallerie rückte am 12ten bis an die Wälle vor; sie wurden aber von dem Obristen Ledewary, der an diesem Tage eben mit seinem Corps ankam, angegriffen, und zurückgeschlagen, worauf denn das ganze Corps wieder über die Weichsel zurück zog. Die beyden Polnischen Generale Madalinsky und Dombrowsky, welche sich mit ihren Corps nach Warschau zurück ziehen wollten, und sehr viele Wagen mit geraubten Sachen aus Südpreußen mit sich fortführten, waren indeß von mehreren Seiten eingeschloßen. Der Fürst Poniatowski hatte aber Befehl, bey Verlust seines Kopfes dem Madalinski und Dombrowski Luft zu schaffen. Er griff daher am 22sten Octob. um eine Diversion zu machen mit 10000 Mann und 27 Kanonen die Preußen in Sochaczew an. Die Kanonade dauerte vom Anbruch des Tages bis um 2 Uhr Nachmittags: und dreymal erhielten die Polen Succurs. Von beyden Seiten wurde mit der äußersten Härtnäckigkeit gekämpft. Die Polen liefen mit Waßerkrügen auf die Preußischen Schanzen, und goßen die Lunten aus: und die Preußen, die alle Munition verschoßen hatten, warfen am Ende die Polen mit Steinen zu Boden. Endlich mußten die Polen weichen. Ihr Verlust war beträchtlich: um der Schanze her lagen 500 Todte, und viele hatten sie noch mit fort geschleppt. Der Preußische Verlust war unbedeutend. Aber die Haupt-Absicht dieses Treffens wurde von den Polen erreicht. Es gab den Corps des Madalinski und des Dombrowski Gelegenheit, sich aus ihrer umringenden Gefahr zu ziehen. Sie eilten, während daß die Preußen in jenem Gefechte beschäftigt waren, bey Kamion aus Südpreußen nach Polen zurück, und kamen in Warschau an.

Die eine Hälfte von Südpreußen, an der Weichsel, war nunmehr ganz von den Polen verlaßen, und die Ruhe daselbst völlig wieder hergestellt. Auch in das ehemalige Groß-Polen kehrte die Ruhe wiederzurück. Der größte Theil der Edelleute und Bauern welche sich zu den Insurgenten geschlagen hatten, machte sich die auf 14 Tage lang versprochne Amnestie zu Nutze, und gieng nach seinen Gütern und Wohnungen zurück. Die Niederlagen der Polen vollendete die Ruhe in den Preußischen Staaten. Nur einzelne Räuber-Banden zeigten sich noch. Die eigentliche Insurrection hörte auf.

Die Polnischen Generalen wurden von den Preußen so gut, wie von den Rußen geschlagen. -- So grif der Polnische General Karwawsky mit 4000 Mann und 6 Kanonen den Preußischen Posten vor Magnischewo am 25sten Octob. des Abends an. Die Preußen mußten sich zurückziehen. In der Nacht aber rückte der Obrist-Lieutenant, von Schimmelpfennig, der eine Meile davon stand, mit seinem Corps vor, grif mit Anbruch des Tages die Polen an, schlug sie mit einem Verluste von 400 Todten und 500 Gefangenen in die Flucht, verfolgte sie bis Prachoczyn, und erbeutete die 6 Kanonen welche die Polen bey sich führten. Unter den Gefangenen waren der General Woyczynsky, ein Oberster, ein Major, und 9 Ober-Officiere. Der General-Major von Schwerin, der mit seinem Corps bey Kolo stand, hatte an eben diesem Tage, am 26sten Octob. ein Gefecht mit dem General Zajaczek, in welchem die Polen gleichfalls geschlagen und auseinander gejagt wurden. Am 28sten grif der General Jlinski an der Narew den linken Flügel des Favratschen Corps und den rechten Flügel des Generalmajors von Günther an. Das Gefecht war sehr lebhaft, bis endlich die Polen zurückgeschlagen wurden. Die Preußen machten einen General, verschiedene Officiere, und einige hundert Gemeine zu Gefangenen, erbeuteten auch etliche Kanonen. Aehnliche Gefechte waren an mehrern Orten. Den glücklichsten Coup führte der Herzog von Holstein-Beck am 1sten November aus. Mit einem Corps von 3 Bataillons und 3 Escadrons hatte der Herzog 2000 Polen, unter dem Commando der Generale Grabowski und Jelski, zwischen Wisna und Sboyne eingeschloßen, so daß sich dieses ganze Corps ergeben mußte. Die Officiere und die Bauern und irregulairen Truppen wurden mit dem Versprechen, in diesem Kriege nicht wieder zu dienen, entlaßen: aber 534 Gemeine wurden zu Kriegsgefangenen gemacht. Die Preußen erbeuteten hierbey 6 Kanonen, 6 Ammunitions-Wagen, 5 Fäßer mit Pulver, und eine Menge Gewehre.

Das Ober-Commando der Preußischen Haupt-Armee, welches der General-Lieutenant Graf von Schwerin führte, wurde vom Könige dem General-Lieutenant von Favrat übertragen, welcher sogleich aus dem Lager bey Zacroczym aufbrach, und nach Wyczgorod marschirte, wo er über die Weichsel gieng, und von dieser Seite auf Warschau anrückte, indeß die Rußischen Sieger von jener Seite, von Prag her, vor Warschau standen, so daß das Schicksal dieser Stadt, und mithin von ganz Polen der Entscheidung ganz nahe war.

Am 9 November erfolgte auch schon die Uebergabe der Hauptstadt Warschau an die Rußen, wovon das Detail in einem fernern Artikel von Polen noch mitgetheilt werden wird.

Fortsetzung......

Ende des Polnischen Insurrections-Krieges.

Erste Folgen.

Die wichtigste Merkwürdigkeiten welcher wir bey dem Schluße dieses so blutigen und mördrischen Jahres zu erzählen haben, ist die gänzliche Beendigung der Polnischen Insurrection: eine Begebenheit, die wegen der damit verbundenen Rückkehr des Friedens in dieses, durch die unglückseelige Freyheitsschwärmerey verwüstete, Land, für die Menschheit eben so angenehm ist, als sie durch ihren bedeutenden Einfluß auf andere Länder von großen Folgen seyn wird. Die Einnahme der Polnischen Königs-Stadt ist eine der folgereichsten und entscheidendsten Begebenheiten unsers Jahrhunderts.

Der Sturm der Rußen auf Prag war sehr blutig. Alle Nachrichten enthalten Schilderungen von der schrecklichen Verwüstung. Von der ganzen Stadt ist nichts mehr übrig, als der Name und rauchende Trümmer. Die Hitze und Rache der Rußen, nach der Ersteigung von 33 Batterien, gieng so weit, daß sie so wenig des Bürgers als der Besatzung schonten. An 11000 Polen wurden das Opfer des Sturms, außer den vielen, die in der Weichsel ihren Tod fanden. Die Polen fochten mit Verzweiflung und Wuth: aber es fehlte ihnen an guter Anführung, und an planmäßiger Anordnung der Vertheidigung. Daher der geringe Verlust der Rußen, von denen etwa an 2000 getödtet wurden. Dieser 4te November war der Todestag der Cracauer Conföderation und der letzte, aber auch der schrecklichste des ganzen Krieges.

Desto schonender zeigte sich der Sieger bey der Einnahme von Warschau. Zwar wurde der Graf, Ignaz Potocki, der im Namen der Stadt capituliren wollte, mit der Antwort zurückgewiesen: die Kaiserin habe ihre Truppen nicht zu einem Kriege gegen die Republik Polen, sondern zur Unterdrückung der Rebellion geschickt, also könne man mit dem Anführer der Rebellion nicht unterhandeln; aber der Deputation des Magistrats bewilligte der General Suwarow gern Sicherheit des Lebens und des Eigenthums, und setzte selbst noch hinzu: die Bürger haben noch ein Drittes vergessen, aber auch diese sey ihnen gewährt. Ein Theil der Polnischen Truppen verließ bekanntlich Warschau, diejenigen, die in Warschau blieben, wurden darauf entwafnet, und die Piken verbrannt. Nur für den König blieben noch die Krongarde zu Pferde und zu Fuß, die Ulanen, und die Stadt-Miliz, etwann 1200 Mann. Die 10000 Mann Rußen welche in die Stadt einrückten, verließen größtentheils dieselbe bald wieder, und besetzten die, zur Zeit der Preußischen Belagerung, vor Warschau aufgeworfenen Verschanzungen. Nur 2000 Mann zogen täglich zur Besetzung der Wachen in die Stadt.

Der General Suwarow, welcher ein kleines Privathaus in der Stadt bezog, traf sogleich, bis auf weitere Verfügung der Kaiserin, die nöthigen Anstalten, zur Wiederherstellung der Ordnung und Ruhe. Die Regierung und Constitution, wie sie vor dem Ausbruche der Insurrection war, wurde einsweilen wieder hergestellt; und dem zufolge die ganze Gewalt wieder dem Könige übertragen, welcher sie mit Hülfe des Conseil permanent, so wie vordem, ausübte. Der General Suwarow führte aber selbst die specielle Aufsicht über alle Angelegenheiten. Jedoch war dieß nur eine interimistische Einrichtung. Man erwartete die Entschließungen der Cabinetter zu Petersburg und Berlin, welche das endliche Schicksal Polens bestimmen sollten.

Für die Rußischen Truppen wurden die Winterquartiere bereitet, nachdem alle noch übrigen Corps der Polen gänzlich zerstreut und entwafnet waren. Der Krieg war gänzlich geendigt. Das Corps der Insurgenten, welches bey der Uebergabe von Warschau nicht capituliren wollte, und mit dem Generallißimus Wawrzecki auszog, war theils zerstreut, theils in Gefangenschaft gerathen. Wawrzecki nahm mit etwa 20000 Mann seinen Marsch in das Sendomirsche. Aber auf der einen Seite folgte ihm der General Denisow mit einem Corps von 1200 Rußen, welches noch von Zeit zu Zeit aus dem Russischen Lager vor Warschau verstärkt wurde, indeß zugleich der Generalmajor von Kleist von der andern Seite mit einem Preußischen Corps anrückte: so daß Wawrzecki so sehr bedrängt wurde, daß er endlich bey Opoczno, da es auch an Lebensmitteln mangelte, und Unzufriedenheit allgemein einriß, seine ganze Infanterie aus einander gehen lassen müßte. 80 Kanonen, mehrere tausend Flinten, und ein großer Vorrath von Ammunition fiel den Rußen und Preußen in die Hände. Nur die Cavallerie der Polen, an 6000 Mann rettete sich noch, und mit ihr zogen die Generale Wawrzecki, Zajonzek, Madalinski, Dombrowski, Miaskowski und Gendrowiz, der Präsident Zakrzewski und der Kanzler Kollontay zu flüchten, und dann nach der Türkey. Aber vor sich sahen sie nun den Preußischen Cordon an der Nida, zur Seite wurden sie auch von Preußen beunruhigt, und im Rücken noch immer von dem General Denisow verfolgt: so daß sie endlich keine weitere Ausflucht mehr sahen, und sich am 18 November bey Radoczyn mit ihren 19 Kanonen ergaben. Alle genannten Generale wurden am 22 Novemb. in Warschau als Gefangene eingebracht, bis auf Madalinski, welcher sich mit einer Begleitung nach Galizien flüchtete, und dorten sich an die Kaiserlichen Truppen ergab, und Kollontay, welcher sich mit dem aus Warschau mitgenommenen Gelde davon machte, aber wohl nicht weit kommen wird. Viele einzelne Trupps, die sich zerstreut hatten, kamen auch in Gallizien an: alle wurden entwafnet, und weiter geschaft.

So hatten auch die Preußen, einige Tage früher das Corps des Prinzen Poniatowski gänzlich aufgehoben. Auf die erhaltene Nachricht von der Uebergabe von Warschau hatte der Prinz noch in der Nacht auf den 10ten November seine bisherige Position an dem linken Ufer der Weichsel und der Bsura schnell verlaßen, und sich mit dem einen Theil seines Corps bey Kapinos, 3 Meilen von Sochaczew, gelagert; indeß der andere Theil bey Blonie, 4 Meilen von Sochaczew und von Warschau, ein Lager aufschlug. Der Generalmajor von Klinkowström umzingelte in der folgenden Nacht den bey Kapinos stehenden Theil, der etwa 3000 Mann stark war, und da die Polen auf die an sie ergangene Aufforderung zur Streckung des Gewehrs eine Bedenkzeit von 24 Stunden forderten, so wurden sie angegriffen, 56 Officiere und 500 Gemeine gefangen genommen und die übrigen gänzlich auseinander gejagt. Die Preußen, die bey diesem Angriffe 4 Kanonen erobert und eine reiche Beute gemacht hatten, rückten am 12ten Novemb. gegen den übrigen, bey Blonie stehenden, Theil dieses Corps an: zerstreueten die Mannschaft, eroberten die sämmtliche Artillerie der Polen, und kehrten noch am selbigen Tage in das Preußische Lager zurück. Durch diese glückliche Expedition war das ganze Poniatowskische Corps vernichtet; und diese Gegend von allen Insurgenten gereinigt. Die Preußen brachten 21 Kanonen, 26 Munitionswagen, 6 Pontonswagen mit blechernen Pontons, und viele Wagen von Gewehre als Beute mit zurück. Bis zum Ende des Novembers hatten sich an 12000 Mann Polnische Truppen, Cavallerie und Infanterie, an die Preußen ergeben. Sie kamen in ganzen Schaaren in dem Preußischen Lager an, und nahmen theils Dienste, theils baten sie um die Erlaubniß in ihre Heymath zurückkehren zu dürfen. Am 17ten November kamen 7000 Mann, und ergaben sich, auf diese Bedingung, mit 25 zwölfpfündigen Kanonen. Unter diesen waren 150 Officiere, und viele andere hatten sich selbst aus Verzweiflung das Leben genommen.

In Südpreußen schwärmten nur noch einzelne Haufen bewafneter Menschen im Lande umher, und plünderten in den kleinen Ortschaften und Dörfern. Sie hielten sich vorzüglich in den Gegenden von Petrikau, Brzezin, Zgiers, Lodz, Bazimirs bis Jaszin, in ungeheuren Waldungen, auf.

Das Hauptcommando der Preußischen Armee hatte indeß der Generallieutenant von Schwerin am 13ten November an den General-Lieutenant von Favrat abgetreten.

Nun näherte sich das Schicksal Polens seiner endlichen Entscheidung; und zwar so, wie wir es, gleich vom Anfange der Insurrection, in unserm Journale vorhergesagt haben. Ein Corps von den Preußischen Truppen war bereits in die Woywodschaft Sendomir eingerückt, und hatten Radom, Opoczno, Konskie, Malagoszcz, Przedborg und mehrere Oerter besetzt, und hatten Befehl bis zur Weichsel vorzurücken. Die Rußen zogen sich allenthalben, bey der Annäherung der Preußen, über den Strom zurück. Man laß auch schon in einem öffentlichen Blatte die neue Grenzlinie, welche künftig in jenem Striche Südpreußen von Polen trennen sollte. Diese Linie sollte sich nämlich von Wyßogrod längst der Weichsel bis Zakrocim, wo die Narew, mit dem Bug vereinigt, in die Weichsel fällt, und von dort die ganze Narew hinauf bis Augustowo, an deren Grenze mit Ostpreußen, in der Gegend im Lyk, anfängt, erstrecken. Die Städte Cracau und Sendomir waren gleichfalls noch von den Preußen besetzt. Zugleich waren auch schon Oesterreichischen Truppen in das Sendomirsche eingerückt. Auf der andern Seite hatten schon Litthauen und Samogitien der Kaiserin von Rußland den Eyd der Treue geschworen; und der Fürst Repnin war zum General-Gouverneur dieser Länder ernannt worden. Die Curländische Ritterschaft hatte auch schon den Herzog um die schleunige Zusammenberufung des Landtags ersucht, und folgende Puncte zur nähern Deliberation vorgeschlagen: das Herzogt. Curland soll der bisherigen Polnischen Schutz- und Oberherrschaft und aller Verbindung mit derselben förmlich entsagen; -- und dann durch eine Deputation, die sogleich zur Leistung des Eides authorisirt seyn soll, der Kaiserinn von Rußland diese Ober- und Schutz-Herrschaft antragen, wobey die Versicherung von der Kaiserin zu erflehen, daß die jetzt regierende Fürstl. Familie bey allen ihren Fürstl. und Allodial-Rechten, wie auch die Ritter und Landschaft, die Städte und alle Einwohner bey ihren öffentlichen und Privat-Rechten, Privilegien xc. erhalten werden sollen. Wir werden von diesen wichtigen Ereignißen wahrscheinlich in einem noch folgenden Artikel von Polen noch mehr zu erzählen haben.

Die unausbleiblichen Folgen aller Insurrectionen waren auch schon in vollem Maaße eingetreten. In dem republicanischen Polen war Elend und Noth allgemein, und viele tausend Familien sind an den Bettelstab gebracht. Die Felder sind unbebauet und wüste, und auf ganzen Strecken von 15 bis 20 Meilen sieht man gar keine Saat. Im künftigen Jahre ist die Hungersnoth in Polen unvermeidlich, in diesem gesegneten Lande, wo der Einwohner auf seine Acker nur wenig Mühe verwenden darf, und dennoch für sich und die Ausländer hinlängliche Früchte sammelt. Viele Städte, Schlößer und Dörfer liegen in Schutt; und in manchen Gegenden ist weder Hafer noch Heu, noch Mundvorrath für Menschen zu finden. Am leidlichsten befinden sich noch jene Bezirke, wo die Oesterreichischen Truppen stehen. In den andern Gegenden hat weder der Edelmann noch der Bauer ein Pferd oder ein ander Stück Vieh. Und wie schrecklich ist der Menschenverlust den das Land erlitten hat. Man rechnet den Verlust der Polen blos vom 10ten October an, in den Gefechten mit den Rußen, bis zur Einnahme von Warschau, an Todten über 25,000, und an Gefangenen auf 19600, und übrigens ist der größte Theil der gesammten waffenfähigen Mannschaft aus dem Lande hinweg -- und zerstreut. Die bis zur Zeit der Insurrection noch immer ansehnliche Polnische Nation -- ist nicht mehr.


Quellen.

  1. pj1794.


Literatur.

  • Versuch einer Geschichte der lezten Polnischen Revolution vom Jahre 1794. Mit den dabey erschienenen Regierungsschriften belegt. Ein Nebenstück zu der Schrift: Ueber das Entstehen und den Untergang der polnischen Konstitution vom 3. May 1791. MDCCLXXXXVI.
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