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Löbegün, kleine Stadt mit 1,608 Einwohnern, im Magdeburgischen Saalkreise, Amt Giebichenstein, unweit der Fühne. Sie hat ein Steinkohlenbergwerk, und brauet gutes weisses Bier.


Tochterschule in Löbejün.[]

Die Einweihung einer neuerbauten Schule gehört in unsern sorgenvollen Zeiten gewiß zu den erfreulichsten Tagesbegebenheiten, so wie es der Stadt selbst, die auch in dieser bedrängten Zeit ein neues Schulhaus aufbauen läßt, zur besondern Ehre gereicht. Noch schöner wird diese Ansicht, wenn dasselbe für Töchter bestimmt ist, für deren Unterricht und sittliche Bildung immer noch in so vielen Städten und Ländern zu wenig geschieht. Und doch muß von jedem Menschenfreunde das Bedürfniß besserer Anstalten für Töchter um so dringender gefühlt werden, je mehr er einsieht, wie wichtig der Einfluß der Mutter auf die Erziehung ihrer Kinder und auf alle häusliche Glückseligkeit ist, ohne welche die öffentliche und allgemeine in keinem Staate fortdauert. Denn sind es nicht die Mütter, welche die ersten Keime der künftig reisenden Früchte in die noch zarten Gemüther ihrer Kinder legen, dieselben pflegen und nähren? Wie aber mag dieses geschehen? Nur wenn die Mutter selbst klug, gut und edel ist, und Sinn und Gefühl für alles Gute, Schöne, Edle und Große hat, nur dann wird sie auch diesen Sinn und dieses Gefühl von früh an ins Herz ihrer Kinder zu pflanzen, zu erhalten und zu beleben wissen, und Alles thun, damit ihre Kinder ihr nicht unähnlich werden. --

Zu Löbejün wurde am 30sten v. M. die neuerbaute Töchterschule eingeweiht. Mein Freund wird mit verzeihen, wenn ich aus seinem Briefe die Einweihungsfeyerlichkeit hier kürzlich mittheile. Die sämmtlichen Schulmädchen, 200 an der Zahl, zogen, festlich gekleidet, unter Musik und Gesang, in die neue Schule, wo sich auch viele Aeltern und andere Schul-Jugendfreunde versammelt hatten. Hier wurde das nachstehende Lied, welches der Hr. Diacon. Schäfer verfertigt hatte, abgesungen. Darauf hielt derselbe eine der Feyerlichkeit angemessene Rede. Fünf Töchter der Schule traten nach ihm auf. Dann redete der Hr. Bürgermeister Gericke, seine Tochter und der Küster, der zugleich Mädchenlehrer ist. Zuletzt wurde ein feyerliches "Nun danket alle Gott" gesungen, als Danksagung für diese der Stadt und dem Staate so wichtige Stiftung. Nach dieser Einweihungsfeyerlichkeit bekamen die Kinder Kaffee und Zwieback. Abends speisete sie ein braver Bürger, und schenkte auch noch 10 Thaler zu Anschaffung neuer Schulbücher. Späterhin, Abends aß die 60 Personen starke Gesellschaft in der Schule. Alles war herzlich vergnügt, und froher Tanz auf dem Rathhause beschloß die ganze Feyerlichkeit. -- Mann muß der Stadt, die so viel Sinn für Schulen blicken läßt, Glück wünschen; denn nun können ihre Töchter in verschiedene Unterrichtsklassen abgetheilt werden, in denen sie einen den Bedürfnissen ihres Alters, Geschlechts und ihrer künftigen Bestimmung angemessenen Unterricht erhalten.

Bullmann.


Quellen und Literatur.[]

  • Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
  • Hallisches patriotisches Wochenblatt zum Besten der Armen. Viertes Quartal. 52. Stück. Den 26. December 1807.
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