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WLB Stuttgart


Leutkirch.[]

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SectieKempten

Charte vom Königreiche Bayern nach seiner neuesten Eintheilung vom Jahre 1808.

Leutkirch, ehemalige freye Reichsstadt im Algow, in Schwaben, am Fluß Eschach, nahe am Stifte Kempten gegen Westen, auf der von ihr benannten leutkircher Heide. Sie hat 1,800 Einwohner, nur eine einzige Hauptstrasse, aber 2 Vorstädte. Die obere ist fast so groß, als die Stadt, und die untere ist noch größer. Das demokratische Stadtregiment bestund aus 3 Collegien, dem Rath, dem Gericht und der Gemeinde. Der Rath aus 15 Gliedern, nämlich 2 Bürgermeistern, (die jährl. wechselten,) 1 Stadtammann, 3 Geheimden und 9 Rathsherren. Die Glieder dieser 3 Collegien sind evangelisch, auch sind es die meisten übrigen Einwohner, bis auf 25 katholische Eben, so daselbst vertagsmässig geduldet werden müssen. Die Hauptkirche gehört den Katholiken, und es sind viele herumliegende landvogteyische Orte in dieselbe eingepfarrt. An dieser stehet ein Franciscanernonnenkloster. Die evangelische Kirche wurde zu Anfang des 17ten Jahrhunderts erbauet. Nebst dem ist zu bemerken, das 1740 neu erbauete Rathhaus. Ausser dem Feldbau beruhet die Nahrung der Einwohner hauptsächlich auf dem Leinwandhandel, der aber in große Abnahme gekommen ist. Da diese Stadt an der Strasse nach Tyrol und nach Italien liegt, so hat sie auch eine starke Passage von Reisenden und Fuhrleuten. Unter den Reichsstädten hatte sie auf dem Reichstage, auf ihrer Bank, die 28ste Stelle. Ihr Matricularanschlag ist 21 fl. und zu einen Kammerziel giebt sie 42 Thl. 19½ Kr. Die Stadt hatte kein Gebiet als ihr Feldmark, zu welcher die Hälfte der im engern Verstande sogenannten Leutkircher Heide gehörte; sie besteht aus 180 Jauchart Ackerfeld. Dann gehören der Stadt noch beträchtliche Waldungen unter Oesterreichischer Hoheit. Die sämmtlichen Einkünfte schätzte man auf 8000 fl. Ihr Wappen ist ein schwarzer gedoppelter Reichsadler im gelben und eine Kirche im blauen Felde. Das kaiserl. Landgericht auf der leutkircher Heide und in der Pirs wurde nicht hier, sondern zu Altdorf, Ravensburg, Wangen und Isny wechselweise gehalten. Diese Heide wird von sogenannten freyen Leuten in 39 Dörfern und Höfen auf 1½ Quadratmeilen bewohnt, welche ehemals zum kaiserlichen Kammergut gehörten, dann aber unmittelbar an das Reich kamen. Doch wurden ihre Vorrechte durch das kaiserl. Landgericht öfters eingeschränkt, und Oesterreich betrachtete sie als den obern Theil der Landvogtey. Die Anzahl dieser nur dem Namen nach freyen Landleute beträgt über 2,500 Seelen. Dies ist die Leutkircher Heide im ausgedehntern Verstand. Sie wurde im Jahr 1803 nebst der Stadt Leutkirch als Entschädigung an Pfalzbaiern gegeben.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
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