Aufruf des Kaisers Alexander an seine erste Hauptstadt Moskau.[]
Der Feind ist mit großen Heeren auf das russische Gebiet eingebrochen; er verwüstet unser theures Vaterland. Ungeachtet die russische Armee von Muth brennt, sich den Unternehmungen dieses verwegenen Feindes entgegen zu stellen und sie zu vereiteln, so können wir doch aus väterlicher Vorsorge für Unsere getreuen Unterthanen ihnen die Gefahr nicht verhehlen, von der sie jetzt bedroht werden. Der Feind muß wenigstens seine Fortschritte nicht einem Mangel von Vorsicht unserer Seits zu verdanken haben. Da wir um deswillen im Innern des Reichs neue Streitkräfte zu unserer Vertheidigung aufzustellen gedenken, so wenden Wir Uns mit dem Antrag dazu zuvörderst an Moskau, diese alte Residenz unserer Vorfahren. Von jeher stand sie unter den übrigen Städten Rußlands oben an; aus ihren Mauern gingen die Heere hervor, welche ihre Feinde in den Staub warfen. Nach ihrem Beyspiel eilten aus allen umliegenden Ortschaften die Söhne des Vaterlandes zu ihrer Vertheidigung herbey, so wie das Blut immer wieder dem Herzen zufließt. Das Bedürfniß der Vertheidigung war nie dringender als jetzt, da die Regierung, der Thron und der Staat allesammt von Gefahr bedroht sind. Der Adel und alle übrigen Einwohner des Staats mögen dann sich zum Streit erheben, Gott und unsere rechtgläubige Kirche werden denselben segnen. Möge ein gedeihlicher Wetteifer von Moskau ausgehen, sich über das ganze weite Reich verbreiten und von allen Seiten neue Streitkräfte herbeyführen; Wir werden unverzüglich in Person nach Moskau und nach den andern Städten des Reichs Uns begeben, um Einheit in die Vertheidigungsmittel zu bringen, dem Vordringen des Feindes Gränzen zu setzen, und ihn überall, wo er sich zeigen möchte, zurückzuschlagen. Möge die Vernichtung, mit welcher er uns bedroht, auf sein eigenes Haupt zurückfallen, und ganz Europa, nachdem wir es von seinem Joche befreyt haben werden, den Namen Rußlands segnen.
Gegeben in Unserm Lager von Polotsk, am 6ten (18ten) July 1812.
- (Unterz.) Alexander.
Dieser Aufruf ward am 10ten (22sten) July, Abends um 9 Uhr, in Moskau publicirt, und Tages darauf traf der Kaiser daselbst ein. Die Moskauer Zeitung fügt hinzu:
Se. Majestät, der Kaiser, haben Ihre zahlreichen Heere, die mit Allem reichlich versehen sind, noch keinen Abgang erlitten haben und mit kraftvollem Muthe dem Feinde entgegen gehen, verlassen, und sind am 11ten (23sten) July um Mitternacht bey hohem Wohlseyn im Kreml dieser Hauptstadt angekommen.
Die Moskauer Zeitung vom 1sten August meldet hierauf,
daß sich am 27sten nach dem Wunsch des Kaisers der Adel und die Kaufmannschaft Morgens um 8 Uhr im Pallast der Slobode versammelt habe. Beyden Korporationen ward hierauf, einer nach der andern, der Aufruf des Kaisers zur allgemeinen Landesvertheidigung vorgelesen, und hierauf von dem Adel eine Aushebung von 10 Mann für jedes 100 streitfähiger Köpfe angeordnet, von den Kaufleuten aber die zur Bewaffnung dieser Masse, welche für das Gouvernement von Moskau 80,000 Mann betrug, gehörige Summe unterzeichnet, ausserdem aber noch von einzelnen Kaufleuten zusammen anderthalb Millionen Rubel hergeschossen. Der Kaiser erschien hierauf persönlich, bezeigte dem Adel seinen Dank, und setzte hinzu: er habe nicht weniger von ihnen erwartet, der Adel habe die gute Meinung, welche er stets von ihm gehegt, vollkommen bestätigt. In der Versammlung der Kaufleute ward der Kaiser mit dem Zuruf bewillkommnet, daß man ihm als dem Vater des Landes Gut und Blut opfern wolle; der Bericht schließt folgendermaßen: Möge Alles dies zur Kenntniß des Feindes gelangen, des stolzen Mannes, der mit dem Schicksale seiner Unterthanen nur ein Spiel treibt! möge er es erfahren und erbeben! wir erheben uns Alle gegen ihn, wir streiten für die Religion, für das Vaterland und für unsern Fürsten, und sind Alle entschlossen, zu siegen oder umzukommen.
Freundschaftliches Schreiben des Kommandanten en Chef zu Moskau, an die Einwohner dieser Stadt.[]
Gott sey Dank, Alles geht bey uns wohl, Alles ist ruhig; das Brot wird nicht theurer, das Fleisch wird wohlfeiler; es herrscht nur ein Wunsch, und zwar ein allgemeiner, der Wunsch, unsern geschwornen Feind zu schlagen! und er wird geschlagen werden. Wir werden Gott anrufen; wir werden unsere streitfähige Mannschaft ausrüsten und zur Armee senden, und werden die Mutter Gottes und die wunderthätigen Heiligen von Moskau zu Fürsprechern bey Gott haben. Vor den Augen der Welt steht unser gnädigster Monarch Alexander Pawlowitsch, und unserm Feind gegenüber steht ein Heer, von Liebe zu Jesum Christum beseelt. Um schneller damit zu Ende zu kommen, um unserm Monarchen zu gefallen und uns um das Vaterland verdient zu machen, um Napoleon den Todesstreich zu geben (mortifier), müssen wir Gehorsam und Eifer beweisen. Ihr müßt den Worten eurer Häupter vertrauen, die freudig mit Euch leben und sterben werden. Gehts ans Handeln, so werde ich bey Euch seyn, und gehts zum Kampfe, an Eurer Spitze stehen; bedürfen wir der Erholung, so werde ich sie erst nach Euch genießen. Fürchtet nichts! Es hat sich ein Gewölk erhoben unser Hauch wird es zerstreuen, der Horizont wird sich wieder aufklären und sein Himmelblau wieder annehmen. Aber hütet Euch wohl vor Trunkenen und Thoren; sie eilen über das Pflaster und lassen die Ohren hängen, raunen aber Andern Nachrichten, die sie verbreiten wollen, ins Ohr. Einige äussern die Meinung: Napoleon wolle nur Gutes, während es uns nur die Haut abziehen (ecorcher) will; er verspricht Alles, und hält nie ein Wort; den Soldaten verheißt er den Marschallsstab, den Bettlern goldene Berge, dem Volke Freyheit, und am Ende faßt er sie alle bey den Ohren, legt sie auf die Marterbank und schickt sie in den Tod. Man bringt sie um, sey's hier, sey's dort. Deswegen bitte ich Euch, wenn einer von unsern Landsleuten oder von den Ausländern ihm Lobreden zu halten beginnt, war es auch sey, verhaftet, ergreift ihn beym Fittig und führt ihn zur Polizey. Wer ihn festhält, soll Ehre, Ruhm und Lohn davon haben. Mit dem Festgehaltenen aber will ich schon fertig werden, und hätte er eine Stirn 5 Handbreiten hoch. Ich bin dazu bevollmächtigt, und der Souverän hat mit Ordre gegeben, "für die gute Stadt Moskau zu wachen." Und wer sollte für die Mutter sorgen, wenn ihre Kinder es nicht thun? Ich schwöre Euch, der Monarch setzt so viel Vertrauen auf Euch, als auf den Kreml, und ich bin bereit, für Euch den Eid abzulegen. Straft mich nicht Lügen, ich bin ein Edelmann, ein treuer Diener des russischen Reichs, und ein rechtgläubiger Christ.
Mein Gebet lautet: "Herr, himmlicher Gott, verlängere die Tage unsers Regenten auf Erden; erhalte dem rechtgläubigen Rußland ferner deinen Segen; erhalte ferner die Tapferkeit unsers Heeres, das Jesum Christum liebt; erhalte das rechtgläubig-russische Volk ferner bey Treue und Liebe zum Vaterlande! leite die Schritte unserer Krieger, und laß sie den Feind ausrotten! erleuchte sie, befestige sie um Glauben, und das lebendig machende Kreuz erhalte ihr Leben und sein Zeichen gewähre euch den Sieg." Bekannt gemacht den 24sten August 1812.
Proklamation an die französischen Einwohner Moskau's.[]
[3]
Franzosen Euer Kaiser sagt in einer Proklamation an seine gute Stadt Paris: "Franzosen, Ihr habt mir so oft gesagt, daß Ihr mich liebt," und ihr habt, um Euren Souverän von dieser Wahrheit zu überzeugen, nicht aufgehört, ihm in diesem hyperboreischen Klima zu dienen, wo Winter und Wüsteneyen sich die Herrschaft streitig machen. Die Ruhe der Stadt und Euer eigenes Heil heischen gebieterisch Eure Entfernung. Das so große edle russische Volk macht sich bereit, zum Aeussersten zu schreiten. Um ihm einen Schimpf zu ersparen, und die Geschichte nicht mit der Nachricht von einem Blutbade, einer schwachen Nachahmung Eurer höllischen Nationalwüthereyen, zu beflecken, entferne ich Euch. Ihr sollt am Ufer der Wolga mitten unter einem friedlichen und seinem Eide getreuen Volke wohnen, das Euch zu sehr verachtet, um Euch Leid anzuthun. Auf einige Zeit werdet ihr Europa verlassen und nach Asien gehen. Hört auf schlechte Unterthanen zu seyn und werdet gut. Wandelt Euch aus französischen Citoyens in gute russische Bürger um; bleibt ruhig und unterwürfig, oder fürchtet strenge Züchtigung. Geht in Euch und besteigt die Barken, und macht sie nicht zu Charons Kahn. Gruß und gute Reise.
Briefe.[]
Folgende neuesten Nachrichten von der grossen französischen Armee liefert ein Schreiben aus Wilna vom 22sten September:
"Nach der Schlacht an der Moskwa wurde die feindliche Armee auf den drey Wegen von Moshaisk, Zwenigorod und Kaloga nach Moskau verfolgt. Man hatte Redouten auf den Sperlingsbergen, zwey Stunden von der Stadt, errichtet, sie waren aber verlassen.
Herr von Rastopschin, Gouverneur von Moskau, hatte 3000 aus den Gefängnissen genommene Verbrecher und 6000 andere Personen bewaffnet, die unsere Avantgarde mit einem Kleingewehrfeuer vom Kreml empfingen.
Der König von Neapel liess einige Kanonen en Batterie auffahren, und bemächtigte sich des Kremls (des Schlosses von Moskau). Man fand daselbst 60,000 neue Flinten und 120 Kanonen mit Lafetten. Indessen hatte der Gouverneur die Stadt an allen 4 Seiten in Brand stecken und die Negocianten und Kaufleute, vermittelst derer man die Ordnung hätte wiederherstellen können, eben so auch die Sprützen und Sprützenleute, fortführen lassen, damit es nicht gelinge, diese schöne Stadt, welche die Flammen verheeren, zu retten.
Der Kaiser wohnt im Kreml. 30,000 kranke und verwundete Russen sind ohne Hülfe und Nahrung in den Hospitälern gelassen. Der Feind gesteht, in der Schlacht an der Moskwa 50,000 Mann verloren zu haben. Der Prinz Bagration ist tódlich verwundet. Die Zahl der in der Schlacht verwundeten oder getödteten russischen Generale beläuft sich, nach einer Berechnung, auf 45 bis 50.
Schreiben eines französischen Staabsofficiers aus Moskau, vom 14ten Oktober.
- (Aus dem Journal de l'Empire.)
Täglich erhalten wir Verstärkungen, und unsere Armee hat jetzt ein furchtbares Ansehn; überdem ist eine große Menge Verwundeter wieder zu uns gestoßen; die gesunde Luft, die man hier athmet, beschleunigt die Heilung ausnehmend, und da das schöne Wetter so lange dauert, ist die Kommunikation so rasch als leicht. In aller Absicht begünstigt und das Glück; gewöhnlich fängt der Winter hier schon sehr zeitig an, und wir haben einen Herbst gehabt, so schön wie in Frankreich; bloß vor zwey Tagen sahen wir den ersten Schnee fallen. Wir treffen alle Maßregeln, um hier unsere Winterquartiere zu nehmen. Es giebt kein Land, wo man sich besser gegen den Frost zu verwahren wüßte, als dieses; französische Industrie wird das herkömmlich noch verbessern. Kaum kann man sich eine Idee von der Leichtigkeit machen, mit der unsere Soldaten sich an das Klima aller Länder gewöhnen, und mit den neuen Gewohnheiten, die sie annehmen müssen, vertraut werden. Uns fehlt durchaus nichts; wir sind gut gekleidet, gut genährt und gut erwärmt. Was die Vergnügungen betrifft, so sind sie freylich nicht allgemein; indessen giebt es hier doch ein Schauspiel, und wir finden es trefflich; 700 Lieues von Paris hat man aber auch kein Recht, zu große Ansprüche zu machen. Von Zeit zu Zeit sehen wir russische Deserteurs eintreffen; die meisten sind Polen, die sich unter die Fahnen ihres Vaterlandes stellen. Sie sagen einstimmig: daß die russische Armee sich in dem schlechtesten Zustande befinde; bloß das erste Glied besteht aus Soldaten, der Rest aus Landleuten von der neuen Werbung, die schlecht bewaffnet und schlecht gekleidet sind.
Der Kaiser ist fast beständig zu Pferde; kein Tag vergeht, an dem er nicht Musterungen hält, neue Feldschanzen anordnet, oder die Hospitäler besucht. Diese unaufhörliche Thätigkeit scheint seine Gesundheit zu befestigen. Seit 20 Jahren hat er sich nie besser befunden, als mitten im Lager und unter Kriegsbeschwerden.
Bericht von der Generalmajor Ilowaiskji 4.[]
[6]
Der Generalmajor Ilowaiskji 4 berichtet Seiner Kaiserlichen Majestät aus Moskwa folgendes:
Vom 15ten Oktober.
Dank sey dem Allerhöchsten! -- Während des kurzen Daseyns der Truppen Ewr. Kaiserlichen Majestät in Moskwa ist, nach der gewesenen Verwirrung, jetzt die Ruhe wieder hergestellt, und die Einwohner sind vor allen Unruhen gesichert. Die der Gefangenschaft entkommenen russischen Verwundeten, gegen 700 von unterm Range und 18 Offiziere, die sich in den verschiedenen Theilen der Stadt verborgen hatten, werden verpflegt und sind größtentheils in dem gastfreien Hause des Grafen Scheremetjew plazirt. Unsere in dem Haupt-Hospitale nachgebliebenen 4 Oberoffiziere und 646 von unterm Range haben alle schuldige Unterstützung erhalten, und es sind bei ihnen zwei Stadt-Kaufleute, die sich hier gemeldet haben, unter der Aufsicht des verabschiedeten Oberstlieutenants Kurisch angestellt. Die gefangenen Franzosen, die hier von allen Theilen der Stadt und von den Detaschements, die sich in der umliegenden Gegend derselben befinden, eingebracht werden, und von denen bereits 550 Mann nach Twer abgefertigt sind, haben die vom Brande verschont gebliebenen Theile des Petrowskischen Pallastes, unter der Aufsicht des verabschiedeten Majors Olenin, zur Wohnung. Zu den verwundeten Franzosen, die bei dem Erziehungshause untergebracht worden sind, ist ein gefangener französischer Arzt beordert, und es sind alle nöthige Lebensmittel abgelassen, die wir an verschiedenen Orten der Stadt gefunden, auch aus Klin erhalten haben; da aber auch die Einwohner Mangel an denselben leiden, so habe ich für nöthig gefunden, nach dem in Klin befindlichen Proviant zu schicken.
Die Feuersbrünste und die Räubereien haben nun aufgehört. Die Straßen sich von den Leichnamen und der Menge gefallener Pferde, die lange Zeit gelegen und einen ansteckenden Gestank verbreitet haben, fast gänzlich gereinigt. Der Major Hollmann vom Moskowischen Militairkommando, der jetzt das Amt eines Polizeimeisters versieht, hat den von dem Feinde zum Stadthaupt in Moskwa ernannten Kaufmann Nachodkin aufgefunden, dem alle seine Papiere und Bücher abgenommen sind, die ich Ewr. Kaiserlichen Majestät, nebst dem Namensverzeichniß aller von den Franzosen für verschiedene Aemter angestellten Beamten, von denen, außer dem Bestushew-Rumin, welcher sich entfernt hat, Erklärungen genommen worden sind, und die sich sämmtlich unter Aufsicht befinden, hierbei übersende. Endlich bin ich, mit Hülfe des Generalmajors Benkendorf und des wirklichen Etatsraths Fürsten Schachowskoi, so auch der bei verschiedenen Posten angestellten Stab- und Oberoffiziere, so glücklich gewesen, alle Theile bei den gegenwärtigen Umständen in die bestmögliche Ordnung zu bringen.
Vom 17ten Oktober.
Ich habe das Glück, Ewr. Kaiserlichen Majestät zu berichten, daß in Moskwa und bei dem jetzt unter meinem Befehl befindlichen Korps alles gut steht. Der von mir dem Feinde auf der Borowskischen Straße nachgeschickte Truppen-Aelteste Pobednow, berichtet vom 15ten Oktober, daß er, als er mit seinem Regiment zu der Stadt Borowsk gekommen, auf der Straße nach Moskwa eine feindliche Infanterie-Postirung entdeckt hat; auch entdeckte er in einer nicht weiten Entfernung jenseits des Flusses Protwa, auf der Straße nach der Stadt Wereja, an drei Orten feindliche Jäger von ansehnlicher Truppen-Stärke, und erfuhr hier, nach den laufenden Gerüchten, von den Einwohnern, daß der Feind nach Wereja auf der Moshaiskischen Straße marschire. Der Stadt Borowsk, so auch alle diejenigen Dorfschaften, durch welche der Feind durchmarschirt ist, sind von ihm in Brand gesteckt. Der Oberstlieutenant Tschernosubow hat rapportirt, daß der von ihm abgeschickte Chorunshji Ryttschenkow ein aus Gshatsk ausmarschirtes feindliches Detaschement, welches die Bagage deckte, angegriffen und selbiges vollkommen geschlagen hat; 6 Oberoffiziere, 2 Aerzte, und 66 Gemeine hat er gefangen genommen, gegen 50 Mann auf dem Platze niedergemacht, und die ganze Bagage erbeutet.
Der am gestrigen Tage in Moskwa von dem General Grafen Rastoptschin angekommene Moskowische Oberpolizeimeister, Generalmajor Iwaschkin, hat von dem Generalmajor Benkendorf alles, was zum Polizeiwesen gehört, unter seinen Befehl übernommen. Der Posten eines Kommandanten wird bis jetzt noch von dem Generalmajor Benkendorf versehen.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1812]
Aus dem Oesterreichischen, vom 15ten August. [7]
Nachrichten aus Rußland unterrichten uns, daß die Russen, voll Schrecken über die Fortschritte der großen Armee, in aller Eil das Schloß im Kreml zu Moskau und die beyden Flecken Preobashensk und Semenoisk befestigen. Der Kreml liegt an den Ufern des Flusses Moskwa und Neglina, und ist mit Mauern und Thürmen von großer Höhe und Dicke, so wie auch von einem mit Mauerwerk eingefaßten tiefen Graben umgeben. Innerhalb seines Umkreises liegt das alte Schloß, die ehemalige Kaiserliche Residenz vor der Gründung von St. Petersburg. Die beyden Flecken Preobashensk und Semenoisk gaben jener berüchtigten russischen Garde ihre Entstehung, die bald das unumschränkte Ansehn der Zaaren aufrecht erhalten, bald sie vom Thron gestürzt hat. Der erste dieser Flecken hat ein Arsenal und Magazine. Aber wie eine Stadt von so beträchtlicher Bevölkerung und ungeheurem Umfange vertheidigen?
Warschau, den 12ten September. [8]Nach einem hier cirkulirenden Gerücht soll die Stadt Moskau beschlossen haben, zur Vermeidung ihres Untergangs, den ihre Vertheidigung nach sich ziehen könnte, sich auf Gnade den Siegern zu ergeben; sie habe deswegen eine Deputation an ihren Monarchen abgeschickt, um ihn zu bitten, mit seinem Kriegsheere eine solche Richtung zu nehmen, damit diese seine mächtige Hauptstadt erhalten werden möchte.
Moskauer Zeitung, vom 17ten (29sten) August. [9]"Vorgestern stellten sich vor ihren Kasernen 2 Regimenter Kosaken zu Fuß und ein Jägerregiment in Parade und erhielten ihre Fahnen, auf welchen die Mutter Maria und der Heiland abgebildet sind. Der Bischof hielt hierauf eine Anrede an die Mannschaft und besprengte dieselbe mit Weihwasser.
Mitau, den 23sten September n. St. [10]Nach einer hier gestern eingegangenen vorläufigen, jedoch officiellen Nachricht, sind Seine Majestät, der Kaiser Napoleon, mit Ihrer siegreichen Armee, am 14ten dieses Monats, Nachmittags um 3 Uhr, in Moskau eingerückt.
Moskau, den 3ten Oktober. [11]Se. Majestät, der Kaiser, fährt fort, der trefflichsten Gesundheit zu genießen. Die Lage der Armee bessert sich von Tage zu Tage. Es läßt sich nicht aussprechen, wie viel Proviant noch in den Kellern gefunden wird, die fast alle vom Feuer verschont geblieben sind.
Die seit längerer Zeit abgeschickten Equipagestücke kommen allmählig im Hauptquartier an, und diese, verbunden mit dem, was Moskau an Bedürfnissen jeder Art liefert, sichern den Soldaten gegen Entbehrungen, denen er sonst unterworfen gewesen seyn könnte. In diesem Lande versteht man's vortrefflich, sich gegen die Kälte zu schützen. Unsere Braven, die schon an diese Vorsichtsmaßregeln gewöhnt waren durch ihren ersten Feldzug in Polen, haben die Nationalgewohnheiten in dieser Rücksicht angenommen, und sie selbst noch verbessert.
Die Einwohner Moskau's, die mit großer Menschlichkeit behandelt werden, sind weit von der Schwärmerey zurückgekommen, worin die Proklamationen, die falschen Nachrichten und die täuschenden Zusagen ihrer Chefs sie versetzt hatten. Sie nehmen nun ruhig ihre gewohnten Gewerbe wieder vor, und denken nur daran, wie sie das sie betroffene Unglück heilen mögen.
Moskau ist trotz der erlittenen Verheerungen, den französischen Zeitungen zufolge, nach dem, was dort noch stehen geblieben ist, noch immer mit Brüssel zu vergleichen, und das Winterquartier daselbst also ganz erträglich. (Brüssel gehört zu den ansehnlichsten Städten Frankreichs und hat 80 bis 90,000 Einwohner.)
Berlin, den 10ten Oktober. [12]Unter dem 3ten Oktober sind folgende neue Nachrichten über die große Armee aus Wilna eingegangen:
Der Marschall Herzog von Treviso (Mortier) ist zum Gouverneur von Moskau ernannt; der Generalkonsul Lesseps (er begleitete La Perousen aus seiner Reise um die Welt, ward in Kamtschatka ans Land gesetzt, und hat seine Reise quer durch Rußland, vom östlichen Ocean an, beschrieben und durch den Druck bekannt gemacht) zum Intendanten der Provinz, und den General Mailhaud zum Waffenkommandanten. Die feindliche Armee scheint sich auf Kaluga und Tula zurückzuziehen. (Also nicht auf Kasan und gegen die Wolga, sondern südlich an und über die Oka. Tula ist freylich ein jetzt besonders wichtiger Gegenstand, weil die große Gewehrfabrik des russischen Reichs dort vorhanden ist, welche die ganze Armee versorgt.) Die Avantgarde der französischen Armee ist an der Pakve.
Der Kaiser logirt im kaiserlichen Pallast im Kreml; täglich entdeckt man Magazine von Zucker, Pelzwaaren, Tuch xc. Der größte Theil der Armee kantonnirt in Moskau.
- - - - - - - - - - Wie man unterm 13ten Sept. aus Moscau meldet, ist bey der Armee nichts Neues vorgefallen; die Stadt ist völlig ruhig, täglich werden neue Vorräthe von Lebensmitteln entdeckt. Der Prozeß der Theilnehmer an der Feueranlegung des Rostopschin ist schon angefangen, viel sind bereits verurtheilt; gestern wurden 17 Bösewichte, welche man aus den Gefängnissen gelassen hatte, zum Tode verdammt. Heute früh hat man sie erschossen, nachher aufgehenkt und zur öffentlichen Schau ausgestellt, die Aufschrift in russischer Sprache auf dem Galgen lautete: Mordbrenner der Stadt Moscau.
Hamburg, den 12ten Oktober. [13]Eine provisorische und väterliche Administration leitet die Anwendung der großen Hülfsmittel, welche die Stadt Moskau noch darbietet, so daß die Bedürfnisse der Einwohner gesichert werden und die Armee daselbst Alles findet, was erforderlich ist, um den Soldaten von seinen Strapazen herzustellen, und die Verproviantirung aller Art wieder zu kompletiren.
Der größte Theil der Armee kantonnirt in der Stadt selbst.
Der Soldat wird mit guten Pelzen versehen. Man sorgt für Alles, was für die Zukunft bequem und nützlich seyn kann.
Während diese Gegenstände die Sorgfalt des Siegers beschäftigen, vereinigt der Feind, der nach Tula und Kaluga geflohen ist, mit Mühe daselbst seine Zerstreuten Haufen, und scheint zu warten, die Richtung zu erfahren, welche der Sieger zu nehmen für dienlich halten wird, um Bewegungen zu gehorchen, die er nicht mehr im Stande ist, zu dirigiren.
Die französischen Vorposten nach dem Süden erstrecken sich längst den fruchtbaren Ufern der Packwa.
Vermischte Nachrichten. [14]Die allgemeine Ordnung ist in Moskau schon wieder hergestellt. Die Stadt wurde in 20 Bezirke eingetheilt, von denen jeder seinen besondern Kommandanten hat.
Paris, den 16ten Oktober. [15]Nach Aussage der Einwohner, die zu Moskau geblieben, hatte man den Kaiser Alexander daselbst erwartet, der sich zum 10ten September hatte anmelden lassen; er war aber nicht erschienen. Der Großfürst Konstantin war gleich nach der Schlacht an der Moskwa daselbst eingetroffen, aber gleich wieder abgereist.
Paris, den 17ten Oktober. [16]Man hat hier heute Nachrichten aus Moskau vom 30sten September erhalten. Die Einwohner beschäftigen sich damit, ihre Häuser wieder aufzubauen. Die Landhäuser, die zahlreichen Pachtgüter und Schlösser, die sich zwischen St. Petersburg und Twer befinden, sind unversehrt geblieben, so daß die Märkte mit Gemüse und Fleisch aller Art reichlich versehen sind. Se. Kaiserl. Majestät haben sich während des ganzen Feldzugs in allerhöchstem Wohlseyn befunden.
Berlin, den 3ten November. [17]Zu Wilna hatte man am 23sten Oktober folgende Nachrichten von der großen Armee:
Am 15ten fing es zu Moskau ein wenig zu schneyen an. Eine große Zahl französischer Verwundeten ist wieder hergestellt und bey ihren Korps eingetroffen.
Quellen.[]
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 247. Montag, den 14/26. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 248. Dienstag, den 15/27. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 248. Dienstag, den 15/27. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 233. Freytag, den 27. September/9. Oktober. 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 274 Donnerstag, den 14. /26. November 1812.
- ↑ Rigasche Zeitung. Nr. 89. Freitag, den 1sten November, 1812. St. Petersburg, den 25. Oktober.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 215. Freytag, den 6/18. September 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 232. Donnerstag, den 26. September/8. Oktober. 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 248. Dienstag, den 15/27. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 220. Donnerstag, den 12/24. September 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 260. Dienstag, den 29. Oktober/10. November 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 242. Dienstag, den 8/20. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 250. Donnersag, den 17/29. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 252. Sonnabend, den 19/31. Oktober 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 258. Sonnabend, den 26. Oktober/7. November 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 261 Mittewoch, den 30. Oktober/11. November 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 265 Montag, den 4. /16. November 1812.
- Leipziger Zeitung Nr. 212. Mittwochs den 28. October 1812.