Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Zeitungsnachrichten.[]

[1812]

Konstantinopel, den 25sten September. [1]

Ein in den Gang der ottomannischen Angelegenheiten tief eingreifendes Ereigniß beschäftigt unser Publikum fast ausschliessend. Durch einen, wie es scheint durch den Großherrn persönlich, ohne Einwirkung des Divans, im größten Geheim erlassenen Befehl wurde der Großvezier Ahmed Paschas seiner Stelle entsetzt, und nach Brussa verwiesen; alle seine Güter aber zugleich von dem Fiskus eingezogen. Die Pforte wurde zuerst von dieser Absetzung und von der Ernennung seines Nachfolgers durch eine aus Ruschtschuk datirte Weisung des Churschid Ahmed Pascha, als obersten Veziers, unterrichtet. Bald nach Absetzung des Großveziers ist auch der bisherige Kaimakan in der Hauptstadt, Schakir Ahmed Pascha, in Ungnade gefallen; er wurde am 15ten d. M. nach der Insel Stankoi verwiesen. Seine sehr beträchtlichen Güter wurden ihm zwar gelassen, mit Ausnahme jedoch seiner ganzen kostbaren Einrichtung in dem Pfortenpallaste, den er bewohnte; er mußte sie seinem unbemittelten Nachfolger zum Gebrauche zurückgelassen. Dieser verdankt seine Erhebung dem neuen Großvezier, dessen Gunst er sich als Proviant-Oberaufseher bey dem Armeekorps von Nissa zu erwerben wußte. Sein Name ist Rüschdi Suleiman Pascha; er steht in dem Rufe eines klugen, rechtschaffenen, und in verschiedenen angesehenen Pforteämtern ergrauten Staatsmannes. Er wurde am nämlichen Morgen, wo sein Vorfahrer, um das über ihn verhängte Schicksal zu vernehmen, nach dem sogenannten Baluk-Hana gebracht worden war, von dem Mufti in die dieser Begebenheit wegen in dem Serail veranstaltete Rathsversammlung eingeführt, und von da, wie gewöhnlich, von besagtem Legistenoberhaupte und den Ministern nach der Pforte begleitet, wo er von seinem neuen Ehrenamte Besitz nahm, und der sich hierauf beziehende Hatti-Sherif Sr. Hoheit öffentlich verlesen wurde. In diesem großherrlichen Reskripte wird der abgesetzte Kaimakan der Nachlässigkeit in Herbeyschaffung der nöthigen Lebensmittel für den Bedarf der Hauptstadt, die wirklich bereits zu einigem Murren unter dem Volke Anlaß gegeben hatte, beschuldigt, und ihm zugleich die allzu parteyische Begünstigung seiner eigenen vertrauten Dienerschaft auf Kosten der Kapidschi Baschi's, Zaims, und anderer öffentlichen Beamten, denen er verschiedene ihnen eigentlich gebührende einträgliche Kommissionen, um solche seinen Privatdienern zuzuwenden, entzogen haben soll, zum Vorwurfe gemacht. Wohlunterrichtete Personen sind jedoch der Meinung, daß Schakir Ahmed Pascha den Unwillen des Sultans eigentlich durch die erklärte Anhänglichkeit an die Person des auf sein Anrathen mit dem Reichssiegel beehrten vorigen Großveziers und an das Friedenssystem auf sich geladen habe.

An den, gleich nach Ausbruch des letzten Krieges und vor der nunmehr erfolgten Ernennung des Fürsten Janko Caradschia zum Hospodar der Wallachey, zu eben dieser Würde bestimmten Fürsten Suzzo, welcher sich bisher mit seinem Gefolge in Kisanlick aufgehalten hatte, ist dieser Tage der Einberufsferman abgegangen.


Konstantinopel, den 26sten Oktober. [2]

Das ottomanische Reich, seit Jahrhunderten der Schauplatze äusserer oder innere~ Fehden, sieht kaum seiner Großen die Fahne des Aufruhrs aufzustecken bereit sich zeigen. Diesem Uebel scheint der junge mit hohem Geiste und Kraft begabte Sultan gleich in seinem Entstehen feste Schranken setzen zu wollen.

Das erste Beyspiel von Widersetzlichkeit gegen die Großherrlichen Befehle hatte Kaliondschi Oglu gegeben; er büßte sie mit seinem Leben.


Quellen.[]

  1. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 285 Mittewoch, den 27. November/9. December 1812.
  2. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 314. Dienstag, den 31. December 1812.
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