Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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GAS Amsterdam


Von Reisende.[]

Ralph Fell.[]

[1]

[1800]

Den folgenden Morgen begaben wir uns aufs Rathhaus, um unsere Pässe vorzuzeigen. Die Männer, die dieses Geschäft besorgten, behandelten uns mit ungewöhnlicher Höflichkeit. Kaum hatten sie die Beschreibung unsrer Person gelesen, und uns gefragt, wie lange wir ohngefähr in Amsterdam zu bleiben dächten, so visirten sie unsre Pässe und wünschten uns in den verbindlichsten Ausdrücken einen angenehmen Aufenthalt in der Stadt. Da ich von einem Lande, wo die Taxen ungeheuer und die Schreiber unverschämt und habsüchtig sind, auf die Sitten andrer Nazionen schloss, so setzte mich die Höflichkeit dieser Holländer, die uns nicht einen Pfennig für das Visiren der Pässe abforderten, in Erstaunen. Wer die Londner Munizipalität kennt, wird sich dies leicht erklären können.

Wie dieses Geschäft auf dem Rathhause beendigt war, machten wir dem General d'Henisdal, dem französischen Kommandanten von Amsterdam, an den wir einen Empfehlungsbrief vom General Chorié hatten, unsre Aufwartung. Er empfieng uns mit vieler Höflichkeit, und da wir ihm unsre Unzufriedenheit mit unserm Gasthofe zu erkennen gaben, so liess er uns nach dem Doele auf dem Cingel, einem der besten Hotels in Amsterdam, fahren.

Das Rathhaus ist eine der vorzüglichsten Merkwürdigkeiten dieser Stadt, worauf die Neugierde der Fremden gerichtet ist. Ohne Zweifel ist es eine der prächtigsten Gebäude in der Welt sowohl in Ansehung des vortrefflichen Styls der Baukunst und der Schönheit seiner Verzierung, als in Hinsicht des grossen Raums, den es einnimmt. Der erste von den Pfählen, welche die Grundfläche dieses Pallasts tragen, wurden den zwanzigsten Januar 1648 eingerammelt und am sechsten Oktober desselben Jahres standen deren dreizehntausend, sechshundert und fünf und neunzig, lauter mächtige Bäume, worauf das Gebäude jetzt ruht, im Morast. In demselben Jahre wurde der Grundstein mit einer passenden Inschrift gelegt, und sieben Jahre darauf nahmen die verschiedenen obrigkeitlichen Kollegien Besitz von den ihnen angewiesenen Zimmern. Der vorzüglichste Baumeister war Johann van Kampen; er hatte vier Bürgermeister der Stadt an seiner Seite, die ihn kontrollirten. Nach der Berechnung verschiedener Schriftsteller stiegen die Kosten dieses Gebäudes auf zwei Millionen Pfund Sterling *).

*) Dies kostbare Gebäude ist 282 Schuh lang 255 Schuh breit und 116 Schuh hoch. Der Thurm hat ausserdem noch 41 Schuh. Die südliche und nördliche Façade schmückt ein 82 Schuh langes und 18 Schuh hohes Kapital, das für ein Meisterstück der Bildhauerkunst gelten kann.

Die verschiedenen Zimmer im Rathhause, die Schatzkammer, die Sekretariatsstube, den Saal für geringfügige Prozesse, den grossen Justizsaal, die Kammer der Domainen, der Assekuranz, der Waisen, die geheime Rathsstube, die Comptoirs der Bank, den Bürgersaal u. s. w. einzeln zu beschreiben, würde für einen blossen Reisenden ein zu gewagtes Unternehmen seyn, um sich davon eine würdige Ausführung versprechen zu können. Inzwischen darf ich einige dieser Zimmer besonders auszeichnen.

Der Saal, wo die Verbrecher ihr Urtheil empfangen, befindet sich auf dem Flur des Rathhauses, und ist mit Bas-Reliefs, die auf seine Bestimmung Bezug haben, ausgeschmückt. An einer Wand ist die Geschichte des Junius Brutus vorgestellt, wie er seine Söhne ermordet; an einer andern, Zaleucus, wie er sich eine Auge aussticht, um eins für seinen Sohn zu retten, der wegen eines begangnen Ehebruchs nach seines Vaters Gesetz verurtheilt war, beide Augen zu verlieren; und an einer dritten Wand befindet sich das Urtheil Salomo's. Der Kopf der Bellona bei jener römischen Geschichte ist so trefflich in Marmor gehauen, dass er einem griechischen Meissel Ehre machen würde. Auch darf ich hier eine Figur nicht mit Stillschweigen übergehen, die eine auf dem Boden sitzende Frau mit dem Finger auf dem Munde und zwei über einen Todtenkopf weinende Kinder vorstellt. Dieses Zimmer enthält ausserdem noch allegorische Bilder von Strafen, z. B. Beile, Fasces und Ketten, die Instrumente der Tyrannei oder der Gerechtigkeit. Soll einem Verbrecher das Todesurtheil gesprochen werden, so wird er von Wache begleitet in diesen Saal geführt; die Mitglieder des Stadtraths sitzen in Feierkleidern auf einer erhöhten Gallerie und nichts wird versäumt, was diese traurige Szene feierlicher machen kann.

Der grosse Saal dient denen, welche hier Geschäfte haben, zum Spaziergange. Die messingnen Gitterthore, durch die man eintritt, sind von seltner Schönheit, Festigkeit und Kunst. Oben auf diesem Saale steht die Figur des Atlas mit der Erdkugel auf der Schulter, begleitet von der Weisheit und Wachsamkeit. Auf dem Dache wird Amsterdam als eine reich gekleidete und von den Gottheiten der heidnischen Mythologie umgebne Frau vorgestellt. Neptun überreicht ihr eine Krone, Merkur beut ihr einen Szepter und Cybele ihre Schlüssel dar. Auf dem Flur des Saals sind die Erd- und Himmelskugel mit Messing und mannigfaltig gefärbtem Marmor gezeichnet; aber die vielen Füsse, die hier täglich herumwandern, haben die Himmelszeichen und die Abtheilungen der Erde beinahe verwischt.

In der Bürgermeisterkammer befindet sich ein schönes Gemälde von Ferdinand Bol, das den Fabricius im Lager des Pyrrhus, und ein anderes, das den Curius bei seiner sparsamen Mahlzeit vorstellt. Die Geheimeraths-Kammer ist mit einem grossen Gemälde von Brankhorts, den Mosen und die siebzig Ältesten Israels vorstellt, und einem andern von dem bereits oben gerühmten Künstler Flink ausgeschmückt, auf welchem Salomo die unschätzbare Gabe der Weisheit vom Himmel erfleht. Die marmornen Kaminstücke in diesem Zimmer sind mit einigen kunstvoll gearbeiteten historischen Basreliefs geziert, und über den Thüren sind einige schöne nachgeahmte Basreliefs von Johann de Witt angebracht, dem Künstler, der den grossen Speisesaal in dem Hause im Busch beim Haag mit ähnlichen Produkten schmückte.

In einem andern Zimmer sieht man ein grosses Gemälde von B. Vanderhelst, auf welchem ein Fest abgebildet ist, welches die Amsterdamer Bürgermeister den spanischen Gesandten nach dem Münsterschen Frieden gaben, welcher den Krieg beendigte, der achtzig Jahre hindurch die Niederlande verwüstete; das Gegenstück dazu von Vandyke, stellt einen Greis vor, für dessen Kopf man einst die Summe von siebentausend Gulden bot. Ich bemühte mich an diesem Kopfe etwas ausserordentliches zu entdecken, das diesen hohen Preis rechtfertigen könnte; aber vergebens. Ich betrachtete ihn noch einmal, und dennoch fand ich nichts.

Bei einem solchen Sammelplatz von Prachtstücken, wie das Amsterdamer Rathhaus, wo man zugleich den edlen Styl der Baukunst und die Schönheiten seiner Verzierungen bewundert, wird der Geist mit Gegenständen überladen und die Urtheilskraft durch die ausserordentliche Anstrengung geschwächt. Diesem Umstande muss man es denn auch wohl zuschreiben, dass ich nicht im Stande war, an Vandyke's Greis die besondere Vortrefflichkeit zu finden, die Kenner darin entdecken. Eben dieses Zimmer enthält auch Gemälde von Rubens, Otto Venius und Jordaens, aber, die beiden von mir erwähnten Stücke sind darunter die besten.

Der Thurm auf dem Rathhause wird von Fremden wegen des darauf befindlichen Glockenspiels besucht. Dieses spielt alle Viertelstunden eine verschiedene Arie und dreimal wöchentlich um zwölf Uhr lässt sich ein besonders dazu angestellter Musiker zum Vergnügen der Amsterdamer Bürger darauf hören. In Holland werden die schwersten Töne mit erstaunlicher Genauigkeit auf den Glocken hervorgebracht. Ein Hauptfehler dieser Musik besteht darin, dass die verschiedenen Töne zu sehr in einander laufen, und wenn die Glocken nicht in gehöriger Ordnung sind, so verursachen diese verworrenen Töne einen ausserordentlich widrigen Missklang. Die Arbeit eines Glockenspielers ist so angreifend dass, wenn er dieses Geschäft eine Stunde lang verrichtet hat, er dann nothwendig zu Bette gehen muss, und selbst im Winter spielt oder arbeitet er vielmehr im blossen Hemde.

Auf dem Flur des Rathhauses befindet sich auch das Stadtgefängniss für Criminalverbrecher, und die Zimmer zur Verwahrung der Schuldner. Die Anzahl der letztern stieg nicht auf dreissig, und die Zahl der erstern an diesem Orte oder vielmehr derer, die nur im Verdachte schwerer Verbrechen standen, -- denn keiner war bisher überführt worden, -- betrug nur fünfe. Ich habe nur eine von diesen Zellen gesehen, in welcher zwei Gefangne verwahrt wurden, und glaube davon auf die übrigen schliessen zu können. Sie war luftig, rein und weitläuftig, auch hatten ihre Bewohner ein gesundes Ansehn. Sie waren zwar in Eisen, aber die Fesseln waren ohne Vergleich leichter als die in England gewöhnlichen. Einer der Gefangenen war ein Jüngling von zwanzig Jahren mit einer sehr scharfsinnigen Physionomie. Lavater's Regeln habe ich bisher immer umgekehrt wahr gefunden; hätte ich aber diesen Menschen aus seinem Kerker retten können, so würde ich ihm meine Person und mein ganzes Eigenthum anvertraut haben.

In die Folterkammer wollte man mich nicht einlassen, und ich konnte auch nicht in Erfahrung bringen, seit wann sie nicht mehr gebraucht wird. Auf meine Frage, ob seit der Revoluzion auch Staatsgefangene wären auf die Folter gebracht worden, erhielt ich eine so peremtorisch-verneinende Antwort, dass ich daraus schloss, man halte durch meine Frage die Menschlichkeit der holländischen Nazion beleidigt, und man versicherte mich dagegen, selbst während der unruhigsten Periode wären die begangener Staatsverbrechen wegen verdächtigen Personen mit der äussersten Sanftmuth und Milde behandelt worden.

Die Zimmer der bösen Schuldner waren nicht so nett und ordentlich wie die der Hauptverbrecher, und rochen sehr unangenehm nach Brantwein und Taback. Die Menschen selbst waren sehr schmutzig und elend. Was ihnen ihre Gläubiger zum Lebensunterhalt auswerfen müssen, konnte ich nicht genau erfahren; auch ist diess nach den Umständen verschieden: so viel aber sagte man mir, dass es in baarem Gelde bestehe und zu einer Zeit bestimmt worden sey, wie alle Lebensmittel weit wohlfeiler waren, daher die Leute damit fast nicht auskommen könnten.

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Auf dem Flur des Rathhauses befinden sich ausserdem noch die wohlverwahrten Behälter, in denen ehemals die unermesslichen Schätze der Amsterdamer Bank aufbewahrt wurden, nebst den dazu gehörigen Geschäftszimmern. Ich werde unten von dieser Bank und ihrer Lage zur Zeit der französischen Invasion noch ausführlicher sprechen. Eine kleine Anzahl Schreiber steht noch in Diensten der Bank, um die häufigen Forderungen ihrer Gläubiger in Empfang zu nehmen. Nach geschlossenem Frieden wird wahrscheinlich diese Anstalt, wegen ihres grossen Nutzens in der Handlung, wiederhergestellt werden, und unter ehrlicher und rechtschaffner Verwaltung Vortheil verschaffen und Ansehn erhalten.

Von aussen hat das Rathhaus ein edles und erhabnes Ansehn und ist gewiss in jeder Hinsicht der reichen Stadt, für die es erbaut ist, vollkommen würdig. Der Eingang durch sieben kleine Thore wird für ein so prachtvolles Gebäude unschicklich gehalten, und ohne Zweifel würde ein geschmackvolles Portal der Bauart des Ganzen angemessener seyn. Aber hier musste Sicherheit der Schönheit vorgezogen werden. Die Bürgermeister, welche bei dessen Erbauung die Aufsicht hatten, überlegten, dass hier die Schätze der Bank, die Archive der Stadt und die Urkunden der Gerichtshöfe sollten aufbewahrt werden; sie kannten die Heftigkeit und Unbeständigkeit des Pöbels und glaubten, dass sieben kleine Thore besser als ein grosses vertheidigt werden könnten, wenn bei einem Aufruhr der Pöbel ins Rathhaus dringen wollte, um es seiner Schätze zu berauben oder durch Vernichtung der hier befindlichen Papiere das ganze Land in Verwirrung und Unglück zu stürzen.

Das Dach des Rathhauses ist mit mehrern vortrefflichen Statüen verziert, von welchen die eine, -- die kolossalische Figur des Atlas mit einer ungeheuer grossen kupfernen Weltkugel auf den Schultern, -- vorzüglich schön gearbeitet ist. Die Stellung dieser Figur ist bewundernswürdig und die ganze Idee erhaben. Ich muss hierbei bemerken, dass die schönsten Bildhauerarbeiten, die das Amsterdamer Rathhaus schmücken, Produkte des berühmten Künstlers Arthur Quellinus aus Antwerpen sind.

Auf dem Platz vor dem Rathhause befindet sich auf einem hundert Fuss hohen Pfahle, oder vielmehr Mastbaume, der holländische Freiheitshut. Der Mast selbst ist mit den Nazionalfarben, roth, weiss und blau gemalt, und an der Spitze mit künstlichen Palmblättern geschmückt. Das Fussgestell dieses Pfahls hat die Form einer Säule, an welche Bretter mit den Bildern der Freiheit, Gerechtigkeit und Unabhängigkeit befestigt sind. Auch hier fand man, wie in andern holländischen Städten, dass der Freiheitsbaum nicht gedeihen wollte, darum pflanzte man einen Mastbaum, um das Sinnbild der holländischen Freiheit recht anschaulich zu machen.

Der Raum vor dem Rathhause, der sogenannte Damm, wird durch ein schlechtes Gebäude, -- das Zollhaus der Stadt, -- verunstaltet. Es ist ein kleines, elendes Gebäude, das dem Fremden, der die weitläuftigen und prächtigen Zollhäuser in London gesehen hat, keine grosse Idee vom Amsterdamer Handel einflösst. Hier bemerkte ich kein Gedränge von Menschen, und doch war es die Tagszeit, wo man die meisten Geschäfte macht; ich sah nur eine beträchtliche Menge von Waaren untersuchen und wiegen. Dies ist das Hauptzollhaus; ausserdem giebt es aber noch zwei andre, zur Erleichterung des Handels in zweckmässiger Entfernung von einander erbaut.


Von Reisende.

Dr. Johann Friedrich Droysen.[]

[2]

[1801]

Amsterdam, den 25sten Jun. 1801..

Das Stadthaus in Amsterdam ist unstreitig das schönste Gebäude der Stadt; es liegt frey auf dem Revolutionsplatze und zeichnet sich durch seine Größe und Pracht aus. Der Freyheitsbaum vor demselben ist ein ungeheurer Mastbaum mit Lorbeer von Blech umwunden, mit den Nationalfarben, mit Trophäen und drey Schildern geziert; auf dem ersten Schilde küssen sich zwey Figuren über einem Altare, auf dem ein Herz lodert und der die Inschrift trägt: een Hart vor't Vaderland, mit der Umschrift Broederschap; auf dem zweyten reichen sich Freyheit und Gleichheit, an ihren Attributen kennbar, die Hand über einem Altare mit einem Buche, de Regte van den Menschen; und auf dem dritten führt ein Held die Freyheit an der Hand, mit der Inschrift: door fransche Hulp. 1795. Oben auf dem Wipfel steht der Hut mit dem Nationalbande. -- Er kostete 6000 Gulden.

Das Stadthaus selbst ward 1648, wo der erste von den 13,659 Mastbäumen, die seinen Grund ausmachen, eingeschlagen ward, angefangen, und im folgenden Jahre der Grundstein gelegt. Jacob von Kampen vollendete den Bau, so daß es schon, obgleich ohne Dach, 1655 in Besitz genommen werden konnte. Es ist 282 Schuhe breit, 235 lang und 116 hoch, der Thurm hat noch 41 Schuh; es besteht aus zwey ganzen und zwey Halbetagen. Der Eingang nach dem Revolutionsplatze zu, wird durch sieben Thüren, die ein Bogengang mit Pfeilern bedeckt, gebildet; über demselben ist das Fronton mit einem Basrelief geziert: Amsterdam in der Linken das alte Wappen, in der Rechten den Oehlzweig haltend, sitzt auf einem, von Löwen gezogenen Wagen, und Tritonen und Seegötter breiten ihren Ruhm aus. Oben auf der Spitze steht Mercurius, rechts die Gerechtigkeit, links die Klugheit, drey colossalische, metallene Figuren. Die hintere Seite hat nur eine kleine Thür, die von dieser Seite dem Gebäude das große Ansehen raubt. Ueber derselben ist ebenfalls ein schönes Basrelief im Fronton. Der Handel der Stadt, als Jungfrau mit dem Hute des Mercurius dargestellt, steht mit einem Fuße auf der Erdkugel, neben ihr das Y, unter der Gestalt Neptuns, und die Amstel als Wassernymphe, alle Nationen huldigen ihm, und im Hintergrunde werden die Segel eines Schiffes aufgezogen. Oben auf stehet Atlas, rechts die Mäßigkeit, links die Wachsamkeit; ebenfalls colossalische, metallene Figuren. Der Thurm des Gebäudes, von dem man eine treffliche Aussicht genießt, wird von acht halben Corinthischen Säulen getragen, und ein Schiff, das alte Wappen Amsterdams, ziert die Spitze. –

Das Innere dieses schönen Gebäudes ist nicht minder prachtvoll dekorirt, unter am Eingang ist die Schöffenbank, wo Halsgericht gehalten wird; die metallenen Gitter des Eingangs sind aus Schwerten und Donnerkeilen gebildet, mit der Inschrift: discite institiam moniti, et non temnere diuos. Im Innern tragen Corinthische Säulen und Canyatiden das Ganze, die Felder sind mit Salomos, Zeleucus und Junius Brutus Urtheil geziert; der Thür gegenüber, steht ein marmorner Richterstuhl, oder Altar, von welchem das Todesurtheil bekannt gemacht wird. Alle Basreliefs und Figuren sind von Artus Quellinus aus Antwerpen.

Ich fürchte mit Recht Ihre Geduld zu ermüden, wenn ich Ihnen das ganze Gebäude mit allen seinen Kunstwerken detailliren wollte; man hat davon eine Beschreibung in Holländischer, Deutscher und Französischer Sprache, worauf ich Sie verweise. Ich bemerke nur noch, daß man oben in dem prächtigen Bürgersaale im Fußboden die beyden Erdhalbkugeln und die nördliche Himmelskugel in Marmor eingelegt findet; die durch den Saal gezogene Mittagslinie ist von Huygen, soll aber nicht ganz genau mehr seyn, da das Gebäude ein wenig gesunken seyn soll.

Das Innere des Gebäudes ist so unglaublich mit Basrelifs und Gemählden verziert, daß man fast keine leere Wand findet; einige sind sehr artig und witzig gewählt, z. B. über die Assecurancykamer, Arion auf dem Delphin, ein Schiff im Hintergrunde. Ueber die Desolateboedelskamer (d. i. Banquerottenkammer), Ikarus vom Himmel stürzend; die Festons, Ratten die an alten Kasten und Papieren nagen u. d. m. –

Wir traten von hier in die Schöffenkammer, wo öffentliches Gericht gehalten ward. Sachen die nicht über 600 Fl. betragen, werden hier von vier Gerichtspersonen, die alsdann die Vierschaar genannt werden, abgemacht, so auch die Criminalsachen und wichtigere Gegenstände öffentlich, aber von neun Gerichtspersonen. Das Innere war ebenfalls mit Gemählden geziert, und alle Gerichtspersonen und Advocaten in schwarzer Kleidung.


Zeitungsnachrichten.[]

1808.[]

Holland [3]

Amsterdam den 15. April. Unsere Stadt hatte Deputirte an den König geschickt, und die innige Bitte der Stadt, Besitz von dem Stadthaus, als neuem königl. Pallast, zu nehmen, vortragen lassen. Auf die Anrede antwortete der König: Vom ersten Augenblicke meiner Thronbesteigung an, habe ich gefühlt, daß das allgemeine Wohl des Reiches gebietend fordere, daß eure Stadt meine Residenz werde, und ich habe es feyerlich erklärt. Ich hoffte, daß der Friede zur See mir es bald zulassen würde, sie in den Besitz dieses Rechts zu setzen. Unglücklicherweise aber scheint die Zeit des allgemeinen Friedens sich noch zu entfernen. Mein ganzes Volk leidet durch einen so langwierigen Krieg; eure Stadt noch mehr. Ich werde dem Verlangen meiner guten Stadt nicht länger mich widersetzen; doch sollen alle Kosten, welche die Versetzung der Residenz nach sich zieht, von der Krone getragen weren; auch werde ich mich nur so lange des Stadthauses bedienen, bis nach einigen Friedensjahren die Finanzen einen neuen Pallast zu erbauen erlauben u. s. f.


GAS Amsterdam


Quellen.[]

  1. Fell's Reise durch die Batavische Republik Aus dem Englischen übersetzt, und mit Anmerkungen begleitet von D. Karl Murhard. Leipzig, bei C. H. Reclam. 1805.
  2. Dr. Johann Friedrich Droysen's Bemerkungen gesammelt auf einer Reise durch Holland und einen Theil Frankreichs im Sommer 1801. Göttingen bey Heinrich Dieterich. 1802.
  3. Wiener-Zeitung. Nro 36. Mittwoch, den 4. May 1808.
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