Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Registrieren
Advertisement

Posen.[]


Posen [1] an der Wartha und Prosna, vormals die Hauptstadt von Ganz Großpolen, jetzt eine der Hauptstädte des preußischen Großherzogthums Posen. Die Stadt zählt über 23,000 Einw., worunter gegen 5000 Juden sind, und ist seit dem großen Brande im J. 1764 schön wieder aufgebaut. Eine Wollen- und Leder- und Tabaksfabrik sind nicht unbedeutend, und die hier verfertigten Wagen gut und schön. Dicht an der Stadt liegt auf einem Hügel das Schloß, jetzt der Sitz der Regierung. Jenseit der Wahrta liegt die alte schön gebaute Domkirche, und zu beiden Seiten der bischöfliche Palast und die Wohnungen der Domherrn. Das Bisthum wurde von Kaiser Otto I. gestiftet, und ist das älteste in Polen; es steht unter dem Erzbischof von Gnesen. Noch ist zu bemerken das akademische Gymnasium und die ansehnliche Bibliothek. Der Handel von Posen ist nicht bedeutend; sonst aber war um die Johannistag viel Verkehr, indem alle wichtigen Geld- u. Gütergeschäfte hier abgethan wurden.


Von Reisende.[]


[2] Nach der Revüe begab ich mich nach Posen. Es ist eine alte Stadt, wie Magdeburg oder Mainz gebauet. Eine Menge Klöster gehören zu den vorzüglichsten Gebäuden. Lebhaftigkeit, Handel und Wandel ist auf allen Straßen, wo man eine große Zahl Juden oder Mönche vom Bettelorden trift. Drei jährliche Meßen erhalten den Betrieb, der in den meisten polnischen Städten sich nur auf den kleinlichsten Gewinn, und mehr noch auf bloßen Betrug erstreckt. In der Nähe von Posen findet man einige, durch früher aus dem Salzburgischen, Würtembergischen und Nassauweilburgischen Ausgewanderte angelegte Kolonien. Reinlich im Anzug und in Wohnung, und fortgesetzte Erhaltung der teutschen Sprache zeichnen diese lutherischen Unterthanen aus, welche die altpolnischen, bigotten und unter jedem Begrif rohen Bauern gern völlig auszurotten wünschten. Zwischen diesen und jenen ist keine Gemeinschaft.



Biblioteka Narodowa w Warszawie.



Zeitungsnachrichten.[]

[1812]

Posen, den 21sten April. [3]

Der Präfekt des Departements Posen hat die Ueberzeugung erhalten, daß es in allen Städten des hiesigen Departements, und namentlich in der Stadt Posen, anfängt, an den zum Lebensunterhalt nöthigen Artikeln, als Fleisch, Brot, Graupen und Gemüse, zu mangeln, und daß die städtischen Fleischer, Bäcker und Höcker, theils wegen ihrer eigenen Einquartierung, theils aus Scheu vor der öffentlichen Taxe, besonders aber aus Mangel an baarem Gelde, nicht im Stande sind, sich diejenigen Vorräthe anzuschaffen, welche den Bedarf der Stadt sicher stellen; es wird hierdurch bekannt gemacht, daß vom Augenblicke der Bekanntwerdung dieser Verordnung an, es allen Einwohnern ohne Unterschied erlaubt ist, Lebensmittel in die Städte im ganzen Departement einzuführen, und daß dieser freye Markt nicht nur mit Fleisch, sondern auch mit Brot, Grütze und Gemüse täglich einem Jeden gestattet wird.


Posen, den 22sten May.

Gestern, Nachmittags, kamen Se. Majestät, der König von Neapel, hier an; am 16ten dieses gingen Se. Königl. Hoheit, der Kronprinz von Würtemberg, und der Prinz Adam von Würtemberg, die beyde erst Tags zuvor angekommen waren, zu ihrer weitern Bestimmung von hier wiederum ab.


Warschau, den 15ten August. [4]

Am 9tem d. M. ist von Posen ein italienischer Artilleriepark aufgebrochen, welcher sich zur großen Armee begiebt. Daselbst ist auch eine bedeutende Menge Gewehre auf dem Warthaflusse angekommen; ein Theil davon wurde sogleich unter die dritten Bataillone des 4ten, 5ten und 9ten polnischen Infanterieregiments ausgetheilt, welche in Kurzem sich zu ihrer weitern Bestimmung begeben sollen.


Posen, den 17ten September. [5]

Heute ist unser Gouverneur, der General Rippe, zur großen Armee abgegangen, seine Stelle bekleidet der Oberst Mojaczewski. Morgen marschirt unsere ganze Besatzung, ehedem die Weichsellegion genannt, unter Anführung des Majors Kosinski, nach Smolensk ab.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Mittheilungen aus dem russischen Feldzuge, an einen Offizier des Generalstabes von Röder von Bomsdorff, Königlich Preussischem Rittmeister und Brigade-Adjutant. Leipzig, bey Wilhelm Engelmann. 1816.
  3. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 127. Montag, den 27. May 1812.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 206. Dienstag, den 27. August /8. September 1812.
  5. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 236. Dienstag, den 1/13. Oktober 1812.
Advertisement