Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Rakete.[]

[1]
Rakete ist in der feuerwerkskunst eine Gattung von Lustfeuer, welches bombenmäßig mit einem langen feurigen Schweif in die Höhe steigt und dann mit einem Knall verlischt, ein Strahlfeuer.

Die nach ihrem Erfinder s. g. Congreveschen Raketen (s. d. Art. Congreve) bestehen aus einer eisernen hohlen Kugel, an welcher eine blecherne Büchse mit vielen Löchern befestigt ist, ein langer Stock dient zur Erhaltung der Richtung. Das Gestell zum Werfen ist eine große von Pferden gezogene Maschine mit zwei nach allen Richtungen beweglichen Rinnen. Sobald die Kugel in die Rinne gelegt und entzündet worden, geht sie mit furchtbaren Getöse etwa 1000 Schritte fort, während aus den Löchern der Büchse ein beständiger Feuerstrom ausströmt. Diese ausströmende Masse ist pechartig, hängt sich an jedem Gegenstande fest, ist fast nicht zu löschen und brennt bis auf den Knochen durch. Nach etwa zehn Minuten zerspringt die Kugel selbst, wie eine Granate.


Rijksmuseum Amsterdam


Frankreich.[]

[2]
Eine vom Kaiser Napoleon ernannte, aus Artillerie-Offizieren bestehende Commission beschäftigt sich im Schloß zu Vincennes seit einiger Zeit mit Versuchen in Bezug auf die Englischen Brand- oder sogenannten Congrevischen Raketen. Es war darum zu thun, die verschiedenen Dimensionen der Rakete, die Zusammensetzung ihrer Bestandtheile, und die Mittel, sie zu werfen, auszuforschen. Alle diese Unternehmungen hatten den glücklichsten Erfolg. Der Versuch mit diesen Raketen wurde in der Ebene von Alfort, in Gegenwart des Generals von der Artillerie, Grafen de la Riboissiere, und der HH. Guyton de Morveau, Monge und Berthollet gemacht. Die erste geworfene Rakete ging 800, die zweyte 1200 und der dritte 1300 Toisen weit. Se. Majestät der Kaiser, von dem glücklichen Erfolg der Commission unterrichtet, hat derselben anzeigen lassen, daß er mit ihren Versuchen sehr zufrieden sey, und selbst dabei zugegen seyn würde, sobald sie gewiß wären, ihre Raketen auf eine Entfernung von 1800 Toisen werfen zu können. Man zweifelt nicht daran, daß diese Offiziere dem Kaiser bald ein solches Resultat vorlegen werden.


Die englischen Brandraketen.[]

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Unter den mancherlei traurigen Erfahrungen, welche die Franzosen in dem Feldzuge 1813 machten gehört auch die von der Wirkung der englischen Brandraketen, die sie in der Schlacht von Leipzig kennen lernten. Bei der Armee des Kronprinzen von Schweden befand sich eine ganze Batterie dieser zerstörenden Maschinen. Ihre Wirkung ist unglaublich und übertrifft die des Kanonenfeuers, wenn sie gehörig angebracht werden können, bei weitem. Eine solche Rakete wurde von Paunsdorf herüber gegen ein sächsisches Bataillon geworfen. Sie fiel dichte vor demselben, sprühete aber nur schwach, und krepirte. Die Sachsen untersuchten das unbekannte Wesen, erkannten es sogleich für eine englische Brandrakete, und lachten laut, daß man ihnen einen solchen Possenreisser schickte, der ihnen gewiß keinen Schaden thun würde. Bald darauf kam die zweite mit einem Geräusche, das äußerst widrig und grausend seyn soll, in der Luft, und fiel auf derselben Stelle nieder. Man lachte, ungeachtet sie weit mehr Spektakel als die erste machte, wie bei jener. Die höllische Masse, die ihre Eingeweide füllte, war aber besser gerathen als die der ersten. Sie glich einem feuerspeienden Berge, und warf die verheerende Lava nach allen Seiten. Die Sachsen achteten sie erst da, als sie auf ihre Kleider schoß. Jeder bemühte sich sie durch Reiben, Schütteln und Fluchen zu löschen, aber es war das Feuer der Hölle, und nicht zu dämpfen. Die einzige Rakete brachte fast das ganze Bataillon in Unordnung, eine neue hätte es sicher in die Flucht geschlagen, da besonders zuletzt noch eine Granate in ihr zersprang. Der englische Kapitain, der die Raketenbatterie kommandirte, sprengte späterhin durch sie hinter einander weg sieben französische Quarrées, ungeachtet die Zahl der geworfenen Raketen gar nicht groß war. Daß es bei dieser Zahl blieb, dankten die Franzosen nur dem Umstande, daß auch er unter den Helden fiel, welche das Schlachtfeld von Leipzig für alle Zeiten so denkwürdig gemacht haben.


Zeitungsnachrichten.[]

[1806]

[4]

Großbrittanien.

Ungefähr 50 bewaffnete Böte wurden am 8. October ausgesendet, um in der Nacht einen Versuch zu machen, in wie weit, ein der Regierung vorgelegter Plan, die im Hafen von Boulogne liegenden Fahrzeuge in Brand zu stecken, ausführbar sey, und der Erfolg hat bewiesen, daß, wenn der Angriff im Grossen unternommen wird, man mit vieler Gewißheit erwarten darf, alle Zurüstungen der Franzosen in diesem Hafen zu einer Landung an unserer Küste in einer Nacht zerstören zu können. Jedes der ausgesandten Böte war mit einer Anzahl ungeheurer Raqueten versehen, deren jede 32 Pfund wog. Zwanzig dieser Böte näherten sich der Französischen Küste, so viel als möglich, und warfen ihren Vorrath von Raqueten in den Hafen, während die andern ihnen neuen Vorrath zuführten. Der Angriff kam dem Feinde unerwartet, da schon eine beträchtliche Anzahl Raqueten abgeschossen war, ehe er Anstalt zur Gegenwehr treffen konnte. Die Stadt wurde an mehrern Orten zu gleicher Zeit in Brand gesteckt, so wie auch verschiedene Fahrzeuge im Hafen, und unsere Leute zogen sich, nachdem sie ungefähr 300 Raqueten in die Stadt und den Hafen geworden hatten, ohne einen Mann verloren zu haben, zurück. Ein Augenzeuge versicherte, daß die Scene einen fürchterlich schönen Anblick gewährte. Die ganze Atmosphäre schien in Flammen gerathen zu seyn, und ein Regen von feurigen Pfeilen von den Wolken herabzustürzen. Hätten sich unsere Böte etwas weiter von der Küste entfernt gehalten, so würde wahrscheinlich der unter den Fahrzeugen beabsichtigte Schaden äusserst beträchtlich gewesen seyn. Die Raquetten enthalten eine Menge inflammabler Pfeile, welche mit einer starken mit Wiederhacken versehenen eisernen Spitze bewaffnet sind, so daß sie, da wo sie hinfallen, festsitzen; und da sie 10 Minuten lang brennen; so läßt sich leicht ermessen, welchen Schaden sie thun müssen, wenn sie in Menge geworfen werden. Diese pyrotechnischen Raquetten steigen beynahe 2 Engl. Meilen weit, und sind mit einer blechernen Röhre versehen, die 6 Löcher am Boden hat, aus denen die flüssige inflammable Materie mit grosser Gewalt herausströhmt. Der Stock, an welchem die Raquette befestigt ist, ist nahe an 20 Fuß lang. Aus jedem Boot können im Nothfalle 100 dieser Maschinen in eine Minute geworfen werden, und die Materie, aus welcher sie zusammengesetzt, ist so zerstöhrend brennbar, daß ihre Flamme selbst Ströhmen von Wasser trotzt, und eine Zeitlang von diesem Elemente nur noch mehrere Nahrung erhält. Das Zündkraut, womit sie in Flammen gesetzt werden, brennt 7 bis 8 Minuten, nachdem sie geworfen worden sind, und einige dieser Maschinen sind so eingerichtet, daß sie die Wirkung einer Bombenkugel thun, wenn sie zerplatzen. Hr. Congreve, ein Sohn des Generals gleiches Nahmens, ist der Erfinder dieser neuen Werkzeuge der Zerstöhrung.


[1812]

Kopenhagen, den 9ten Juny. [5]

Der Kapitän Schuhmacher hat die Erfindung gemacht, Bomben mit Raketen zu werfen. Diese Erfindung ist um so wichtiger, da sie die Mörser, deren Transport so schwierig ist, ganz entbehrlich macht, und da ein kleines Kavalleriekorps mit einem einzigen Wagen voll Bomben und Raketen eine ganze Stadt in Brand schießen kann. Die Raketen sind an die Bomben gebunden. Se. Majestät waren bey den Versuchen zugegen und bezeigten dem Erfinder ihre besondere Zufriedenheit.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Hamburg in der Hoffmannschen Buchhandlung. Jahrgang 1810.
  3. Die Ameise oder Bemerkungen, Charakterzüge und Anekdoten, auch Schlachtberichte vom Kriegsschauplatze im Jahr 1812 bis 15. Als Fortsetzung der Sammlung von Anekdoten und Charakterzügen auch Relationen von Schlachten und Gefechten aus den merkwürdigen Kriegen in Süd und Nordteutschland. Herausgegeben von Ludwig Hußell. Erste Sammlung. Leipzig 1814, in der Baumgärtnerschen Buchhandlung.
  4. Wiener Zeitung Nro 91. Mittewoche, den 12. November 1806.
  5. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 156. Sonnabend, den 29. Juny 1812.


Literatur.[]

  • Erfahrungen über die Congrevschen Brand-Raketen bis zum Jahre 1819 in der Königl. Polnischen Artillerie gesammelt und an Seine Kaiserliche Hoheit Großfürst Constantin, General en Chef aller Königl. Polnischen Truppen, berichtet von Joseph Bem, Hauptmann in der Königl. Polnischen reitenden Artillerie. Neben dem Französischen Original-Text in Teutscher Uebersetzung und mit beigefügten Anmerkungen der Angaben glaubwürdiger Schriftsteller herausgegeben von M. Schuh, Lieutenant im Königl. Baierischen Grenadier-Garde-Regiment. Weimar, im Verlage des Großherzoglichen Säch. priv. Landes-Industrie-Comptoirs. 1820.
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