Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Zeitungsnachrichten.

Großbrittanien. [1]

Noch ehe das Parlament am 4. July prorogirt ward, erhob sich am 24. Jun. Hr. Whitbread im Unterhause, und brachte die Verhältnisse mit Amerika und Schweden zur Sprache: "Ich wünsche zu erfahren, sagte er, so weit darüber Auskunft gegeben werden kann, wie denn eigentlich England jetzt mit Amerika steht. Ich sehe aus den Zeitungen, daß der Amerikanische Kongreß prorogirt ist, daß aber das Embargo in Amerika fortdauert. E ne Wirkung, die man sich von unsern famösen Kabinetsordres versprach, ist also nicht erfolgt. Man glaubte Amerika sollte nachgeben; allein England hält aus, Amerika hält aus, und letzteres scheint keineswegs nachgeben zu wollen. Ich komme nun auf Schweden. Lange hat eine Brittische Expedizion bey Gothenburg ganz unthätig gelegen. Was ist Ursache davon? Die Expedition wird von einem Offizier kommandirt, (General Moore) der zu einem Posten von einer solchen Verantwortlichkeit allerdings geeignet war. Vorher kommandirte er auf Sizilien, und seine zufällige Anwesenheit in England, die ihm das Kommando jener Expedizion verschaffte, verdient auch Erläuterung. Ich sage: "zufällige;" denn wenn man den öffentli- Gerichten glauben darf, so war die Ankunft von Sir John Moore aus Sizilien den Englischen Ministern eben so unerwartet, als dem Publikum. Unsere Expedizion bey Gothenburg hat die schönste Jahrszeit zu Operazionen vorbeygehen lassen. Als der Subsidientraktat mit Schweden dem Hause vorgelegt wurde, wer konnte da zweifeln, daß wegen des Beystandes, den wie Schweden leisten wollten, die gehörige Verabredung im Voraus getroffen sey? Und siehe da, Sir John Moore kommt mit den Truppen in Schweden an, und der Generalquartiermeister (Murray), ein Offizier, der bey einer Armee am wenigsten entbehrt werden kann, wird darauf nach England geschickt, um erst Instrukzionen zu holen, und wie er zurückkommt, begiebt sich Sir John Moore nach Stockholm, um erst die Operazion zu verabreden! Fällt dies nicht ins Lächerliche? Sind das nicht Donquixotaden? Der Minister (Hr. Canning) sagte bey einer vorigen Gelegenheit, er hoffe von dem König von Schweden, daß er unsere Handelsplane, und die Ausführung unserer Kabinetsordres unterstützen werde. Ist dieß geschehen?"

PortraitGeorgeCanning500

The Right Hon. George Canning.

Der Staatssekretär Canning setzte hierauf diese verschiedenen Verhältnisse auf folgende Weise auseinander: "Der vorhergehende Redner (Whitbread) äussert sein grosses Befremden darüber, daß die Expedizion, die zum Beystande des Königs von Schweden gesandt worden, ihre Operazionen noch nicht angefangen hat. Die Antwort auf diese Bemerkung findet sich in dem Umstande, daß die Armament zum Beystande des Königs gesandt ward. Es ward zur Kooperazion mit einem Alliirten abgesandt, und den Kriegsplanen unterworfen, die diese Alliirte zu dirigiren hatte. Wenn aber nach der Zeit, wie die Expedizion ausgerüstet worden, beträchtliche Veränderungen in der Lage der Angelegenheiten und in den militärischen Konseils von Schweden Statt gefunden haben, so werden diese Umstände über die Unthätigkeit der Englischen Expedizion hinlänglich Rechenschaft geben. Kann in diesem Stücke Sr. Majestät Regierung irgend ein Tadel zugeschrieben werden, so rührt er von der Schnelligkeit her, womit man die Expedizion entwarf, und von der Schleunigkeit, womit dieser Beschluß in Ausführung gebracht wurde, ohne das man abwartete, daß alle mögliche Fälle verschwanden, daß sie bey ihrer Ankunft ungebraucht blieb. Der geehrte Redner wundert sich sehr darüber, daß der Kammandeur jener Expedizion gerade in England eingetroffen, und darauf an die Spitze derselben gestellt worden sey. Die Macht unter Sir John Moore's Kommando in Sizilien ward von da größtentheils nach Gibraltar versetzt, zu einer Zeit, als Portugal's Schicksal noch nicht entschieden war. Sir John Moore kam am Ende Novembers zu Gibraltar an. Er wollte in Verbindung mit Sir Sidney Smith agiren; da dies aber vergebens war, so kehrte er in Folge seiner Ordres, und nicht in Folge eines Irrthums, nach Hause zurück. Die Besatzung von Sizilien war damals sehr geschwächt; allein die Umstände veranlaßten dies. -- Ich komme nun auf die Angelegenheiten, die unsern Handel betreffen Der Redner fragt, ob Sr. Maj. Regierung einige Sicherheit habe, daß Schweden zu unsern Kommerz-Arrangements kooperiren werde. Ich zweifle nicht, Sir, daß in diesem Augenblick zu Stockholm ein Traktat der Kooperazion zu unsern Kommerz-Arrangement unterzeichnet worden. Schweden trat gleich unsern Maßregeln bey; man hat es aber für dienlicher gehalten, deshalb einen regulairen Traktat zu schliessen. Jetzt komme ich auf Amerika. Alles, was zwischen England und demselben verhandel worden, ist dem Hause und dem Publikum bereits aus den Papieren bekannt, welche die Amerikanische Regierung hat drucken lassen. Sr. Maj. Regierung hat die Verhandlungen nicht dem Parlament vorlegen lassen, weil dies zu erkennen geben würde, daß die Sache geschlossen wäre, was doch nicht der Fall ist. In Hinsicht des Vorfalls mit der Chesapeake haben wir uns erboten, wegen des Vorgefallenen, was bestimmt eine schlechte Handlung war, alle Satisfakzionen zu geben. Diese Satisfakzion ward aber von Amerika nicht angenommen, weil es die Bedingung nicht erfüllen wollte, unter welcher wir uns dazu erboten. Es sollte nehmlich die Proklamazion widerrufen, wodurch es Brittischen Schiffen verboten wird, in Amerikanische Häfen einzulaufen, während feindliche Schiffe sie nach Belieben besuchen. Die Art, wie die Satisfakzion durch eine spezielle Mission (des Herrn Rose) angeboten wurde, war, obgleich man sie nicht annahm, eine effektive Reparazion, und wir haben Ursache zu glauben, daß die Amerikanische Regierung sie auch in diesem Lichte betrachtet habe. Das Abbrechen der Unterhandlungen war von beyden Seiten von keinen feindlichen Empfindungen begleitet. Die Kabinetsordres sollen ihre Wirkung verfehlt haben, indem das Embargo in Amerika nicht aufgehoben worden. Wir haben dies nicht von ihnen erwartet, auch waren jene Ordres noch nicht wesentlich in Amerika bekannt, als das Embargo verordnet wurde. Seit der Rückkehr des Hrn. Rose hat die Amerikanische Regierung weder eine Beschwerde mitgetheilt, noch irgend eine andere Kommunikazion gemacht. Ich erwähne dies besonders, weil bekanntlich verschiedene besondere Abgesandte aus Amerika in Europa angekommen sind. Man hat geglaubt, daß sie bey ihrer Ankunft in England wichtige Kommunikazionen überbracht hätten; allein, wie gesagt, die Amerikanische Regierung hat seit der Rückkehr des Hrn. Rose nicht die geringste Eröffnung gemacht. Fragt man: warum ist das nicht geschehen> so kann ich nicht befriedigend darauf antworten, vermuthe aber, daß erst andere Unterhandlungen zur Entscheidung und zum Schluß gebracht werden sollten. Sr. Maj. Regierung setzt auf die Herstellung des guten Vernehmens mit Amerika einen so grossen Werth, wie nur irgend jemand. Sie ist bereit, diesen Vortheil durch jede zu rechtfertigende Aussöhnung zu erkaufen; sie hat ihre Bereitwilligkeit dazu durch die in gegenwärtiger Parlamentssitzung passirte Akte zu erklären gesucht, wodurch der Amerikanische Handel auf dem begünstigten Fuß gesetzt worden; allein die Regierung ist nicht Willens, jene Vortheile durch Aufopferung der Grundsatze zu erkaufen, auf welchen die Seemacht Großbrittanniens beruht. -- Allerdings ist die diesjährige Parlamentssitzung eine der beschäftigsten und mühsamsten gewesen, die wir je gehabt haben. Ich will übrigens die Zeit nicht mißbrauchen, mich über den Wunsch auszulassen, den die Regierung natürlich für die Herstellung des Friedens hegen muß; eines Friedens, der nicht blos mit der Ehre des Landes bestehen kann, sondern der aus dessen künftige Sicherheit und Unabhängigkeit vergewissert. Die Neigung, welche Sr. Maj. Minister in dieser Hinsicht schon zu Anfange dieser Sitzung erklärten, bleibt unverändert. Allein ich glaube, daß man unter den jetzigen Umständen kaum von uns erwarten wird, zu erklären, ob wir glauben oder nicht glauben, daß irgend eine Aussicht zu einer Friedenseröffnung sey. Der geehrte Redner kann versichert seyn, daß wir so gut als er und wie jedermann die schwierigen Umstände fühlen, in welchen sich unser Land befindet; aber eben so sehr fühlen wir, daß es ihm nicht an Hülfsmitteln fehlt, ferner für die Behauptung seiner Macht und Unabhängigkeit zu kämpfen. Etwas weiter über diesen Gegenstand anzuführen, vorher sagen zu wollen, ob Friede wahrscheinlich, oder ob darauf nicht zu hoffen ist, würde, meiner Meinung nach, in dem einen Fall blos dazu dienen, die Anstrengung zu erschlaffen, und in dem andern, das Uebel zu vermehren."


Quellen.

  1. Wiener-Zeitung. Nro 67. Sonnabend, den 20. August 1808.
Advertisement