Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Schlacht bey Krasnow zwischen den Russen und Franzosen.[]


SectieKrasnoi1812

Plan von das Treffen von Krasnoi.

Der siebenzehnte November 1812. [1]

Die russische Armee war vor Jelna, Smolenzk vorbey, direkte nach Krasnow marschirt, um dem Feind zuvorzukommen, der dort am 16ten angekommen war. Napoleon war mit dem grösten Theil der Garde vorausmarschirt. Das erste und vierte Armeekorps kamen zum Gefecht und wurden nach einigem Widerstand in die Fluchtgeschlagen, nachdem 25 Kanonen, mehrere Tausend von Gefangenen, viele Fahnen und Adler verloren waren. Auch der Marschall Ney, der mit 15000 Mann um einen Marsch zurück gewesen war, wurde angegriffen und in weniger als einer Stunde war sein Korps zerstreut. Einige tausend Todte und Verwundete bedeckten das Schlachtfeld. Der Marschall rettete nur wenige hundert Mann über den Dnieper, denn gegen 11,000 ergaben sich gefangen, und die Sieger machten große Beute, weil alles, was die Franzosen in Moskau ge -- stohlen hatten, an diesem Tag wieder in ihre Hände fiel.


Schlacht bei Krasnoi.[]


Der 17. November 1812. [2]

Kutusows Armee war den Trümmern des 1. und 4. französ. Armee-Corps unter Davoust und Beauharnois bei Krasnoi am 16. November zuvorgekommen. Miloradowich verbarg hinter den Hohlwegen des Dorfes Merlino, durch welche Davoust musste, zahlreiche Truppen, welche mit rachbegieriger Kampflust die flüchtigen Feinde erwarteten. Hier geschah am 17., als die Franzosen anrückten, auf ihre Seiten und Rücken ein gleichzeitiger Angriff, welcher anfänglich, obwohl die Angegriffenen weder Reiterey noch Geschütz hatten, kräftig zurückgeschlagen wurde. Napoleon selbst leitete den Kampf. Allein durch Uibermacht der Russen und eine fehlerhafte Aufstellung, welche Davoust nahm, wurde sein rechter Flügel gesprengt. Der französische Kaiser eilte mit mehreren Marschällen vom Schlachtfelde unter dem Schutz seiner Garden nach Liady. Davoust hielt tapfer aus, bis gegen Abend jede Hoffnung zur Rettung schwand. Heftige Reiterangriffe trennten die kaum noch widerstehenden Linien. Kosakenschwärme stürzten in die Lücken. Was noch Kraft zur Flucht hatte, suchte in ihr sein Heil. Der Fürst von Eckmühl selbst musste sich Glück wünschen, fliehen zu können. 9,000 ausgemergelte Gerippe wurden gefangen. 4,000 Glücklichere fanden hier das Ende ihrer Leiden. Unter den Gefangenen waren 2 Generäle, 58 Offiziere. 70 Canonen, 3 Standarten und eine reiche Beute fielen den Siegern anheim. Sogar Davoust's Marschallstab wurde erbeutet. Seine Heeresabtheilung war vernichtet.


Treffen bey Krasznoy zwischen den Russen und Franzosen.[]


Der achtzehnte November 1812. [3]

Die Russen waren den Franzosen auf ihrem Rück- sage Jammerzug, bey Smolensk vorbey gerade nach Krasznoy marschirt, wo sie am 16ten ein Lager bezogen, das diesen ihren Weg abschnitt. Wäre nicht Napoleon mit einem Theil der Garden noch vorausgeeilt, so würde er ohne anders gefangen genommen worden seyn. Das erste und vierte französische Armeekorps wagte am 17ten einen Angriff auf die Russen, wurde aber mit großem Verlust geworfen und nur der Großmuth der Sieger hatte es zu danken, das es nicht ganz aufgerieben wurde. Am heutigen Tag erschien das dritte Korps unter dem Marschall Ney, der die ihm gegenüber stehenden Truppen für eine bloße Streifparthey hielt und die Aufforderung, sich zu ergeben, trotzig zurückwies, auch mit unerhörter Keckheit angrief. Es gelang ihm aber übel, denn kaum stund es eine Stunde an, so war sein ganzes noch 15000 Mann starkes Korps zerstreut. Gegen eilftausend mußten sich truppenweise ergeben und der Marschall selber entkam nur mit genauer Noth mit einer Eskorte von etwa hundert Mann. Die französische, 5,00,000 Mann stark gewesene Armee, war vielleicht jetzt kaum noch 50,000 Mann stark, die Artillerie verloren, und ausser den Garden keine Kavallerie mehr vorhanden.


Bericht von der Feldmarschall, Fürst Golenischtschef-Kutusow.[]


Der Feldmarschall, Fürst Golenischtschef-Kutusow, berichtet Seiner kaiserlichen Majestät aus dem Dorfe Dobrianky vom 6. November d. J. Folgendes: [4]

Nach der Niederlage des Feindes bey Wiäsma, den 22. vergangenen Monaths, richtete die Armee ihren Marsch über Elny nach Krasnoy, in der Absicht, wenn gleich nicht der ganzen feindlichen Armee, jedoch ihrer beträchtlichen Arrier-Garde den Weg abzuschneiden, welches auch den 5. und 6. dieses Monaths durch einen vollständigen Erfolg gekrönt wurde.

Napoleon erwartete gar nicht diese Bewegung unserer Armee, denn die Avantgarde, unter Commando des Generals Miloradowitsch, setzte, während dem Seitenmarsch nach Elny, ihre Bewegung über Dorogobusch nach der Solowiewschen Überfahrt fort, und, ohne dieselbe zu erreichen, wandte sie sich auch mit einem Flankenmarsche, zur Vereinigung mit der großen Armee, nach dem Kirchdorfe Liachow. Der General der Cavallerie Platow, unterstützt von dem 1. und dem 20. Jäger-Regiment, rückt mit einem Theil nach Duchowskoy und mit dem andern auf dem Wege nach Smolensk vor. Indem die Armee sich dergestalt der Stadt Krasnoy näherte, erhielt die Avantgarde des Generals Miloradowitsch die Mittel, den 3. November die feindliche Garde, welche sich von Koritny nach Krasnoy begab, zu schlagen. Den 4. lagerte sich die Armee 5 Werste von der letzten Stadt, die Avantgarde aber begegnete wieder dem Feind, und schlug ihn abermahls, wobey die Cavallerie, unter Commando, des Generals-Lieutenants Uworow, sich am meisten auszeichnete. Bey dieser Gelegenheit sind Fahnen und Kanonen erobert und viele Gefangene gemacht worden, unter letzteren ein General. Den 5. rückte die Armee zur Niederlage des Feindes vor, das 5., 6. und 8. Corps, die erste Cürassier-Division, die Detaschements des General-Adjudanten Grafen Ogerowsky und des Generals-Majors Borosdin, aus 8 Kosaken-Regimentern bestehend und von dem Mariupolschen Husaren, Neginischen-Dragonern und 19 Jäger-Regimentern unterstützt, wurden abgeschickt, den Feind auf der linken Seite zu umgehen, ungeachtet der Defileen, welche diese Corps in den Dörfern Sunkowa, Sidorovitschy, Kutkowo, Sorokino nach dem Dorfe Dobnoy auf dem großen Orschinschen Weg passiren mußten. Die Avantgarde des Generals Miloradowitsch aus dem 2. und 7. Infanterie- und einem Cavallerie-Corps bestehend, welches sich verdeckt in der Nähe des großen Weges bey dem Dorfe Merlino befand, ließ das Corps des Marschalls Davoust sich der Stadt Krasnoy nähern, wohin zu gleicher Zeit sich das 3. Corps und die 2. Cürassier-Division unter Commando des General-Lieutenants Fürsten Galizin begab. Der bestürzte Feind, als er von allen Seiten unsere Truppen erblickte, ordnete sich zum Kampfe, aber die günstige Wirkung unserer Artillerie, unterstützt vom Flintenfeuer unserer Colonnen, die auch auf den Feind stürzten, nöthigten ihn, die Flucht zu ergreifen. Napoleon selbst war Augenzeuge dieser schrecklichen Niederlage seiner Truppen, und ohne das Ende abzuwarten, ritt er mit seiner Suite nach dem Flecken Liadam weg, das Corps des Marschalls Davoust dem Sieger zum Opfer überlassend. In dieser Schlacht, welche den ganzen Tag dauerte, zeigten sich am meisten die Garde-Jäger und Finnländischen, und die Leib-Cürassiere Ihrer und Ihre kaiserl. Majestäten Regimenter unter Commando des General-Majors, Baron Rosen, aus, welche mit dem Bajonette ganze Colonnen niederlegten. Gleichfalls zerstörte die 2. Cürassier-Division und das Revalsche Infanterie-Regiment bey ihrem Einzuge in Krasnoy ganze feindliche Colonnen.

Die Folge dieses Sieges war die Zerstreuung des Davoustschen Corps, welches in der grössten Unordnung sich in die Wälder in einem Umfange von 5 Werst nach der Seite vom Dnieper hin flüchtete, und daselbst seine Rettung hoffte, aber unsere leichten Detaschements unter Commando des General-Adjudanten Grafen Ogerowsky und des General-Majors Borosdin, unterstützt von den Jägern, vollendeten die ganze Niederlage. Der Verlust des Feindes in dieser Affaire war außerordentlich. Gefangen genommen sind: 2 Generale, 134 Stabs- und Ober-Officiere und 9170 Gemeine, erobert 70 Kanonen, 2 Fahnen und Standarten, und der Commando-Stab des Feldmarschalls Davoust, welche ich zu den Füssen Ew. kaiserlichen Majestät niederlege.

Aus den am 5. November ongefangenen Papieren, welche die Dispositionen des Rückmarsches der Armee von Smolensk nach Krasnoy enthalten, habe ich ersehen, daß das Corps des Marschalls Ney, welches die Arrier-Garde der Armee bildete, den 5/17 aus Smolensk auf dem Wege nach Krasnoy ausmarschiren soll, zu Folge dessen ich die nöthigen Maßregeln getroffen habe, ihm zu begegnen.


Geschichte Napoleons und der großen Armee im Jahr 1812.[]


Philippe-Paul de Ségur [5]

Es war am 14ten November, gegen fünf Uhr Morgens, als die Kolonne des Kaisers endlich aus Smolensk ausmarschirte. Ihr Marsch war noch entschlossen, aber finster und stumm wie die Nacht, und trübe und bleich wie die Natur, unter der sie hinschritt.

Diese Stille ward, wenn man an kleine Thäler kam, und wenn daß auf diesen mit Glatteis bedeckten Abhängen Menschen, Pferde und Geschütze in der Finsterniß eines über das andere herfielen, nur durch den Widerhall der Streiche, unter denen die Pferde fast erlagen, und durch kurze, heftige Flüche unterbrochen. Dieser erste Marsch betrug fünf Lieues, und die Artillerie der Garde bedürfte zwei und zwanzig Stunden der allermühsamsten Anstrengungen, um sie zurück zu legen.

Dennoch langte diese erste Kolonne, ohne einen großen Verlust an Menschen, bei Korythnia an, über das Jünot mit seinem westphälischen Armee-Korps, das auf siebenhundert Mann geschmolzen war, noch hinaus rückte. Eine Avantgarde war bis Krasnoe vorgeschoben worden, und Verwundete und einzelne Leute hatten schon fast Liady erreicht. Korythnia liegt fünf Lieues von Smolensk, Krasnoe fünf Lieues von Korythnia, Liady vier Lieues von Krasnoe. Zwischen Krasnoe und Korythnia fließt, zwei Lieues rechts von der großen Straße der Dnieper.

In der Höhe von Korythnia nähert sich ein anderer Weg, der von Elnia nach Krasnoe, der Heerstraße. An diesem Tage kam auf ihm Kutusow an, er bedeckte denselben ganz mit seinen neunzigtausend Mann, marschirte neben Napoleon hin, über ihn hinaus, und sandte auf Wegen, die von der einen Straße zur andern führen, Avantgarden vor, um unsere Rückzugslinien zu durchschneiden.

Die eine, die Ostermann befehligt haben soll, erschien zu gleicher Zeit, wie der Kaiser in der Gegend von Korythnia, und ward zurück geworfen.

Eine zweite stellte sich drei Lieues vor uns, in der Gegend von Merlino und Nikulina auf, hinter einem Thale, daß sich dicht an der großen Straße hinzieht, und erwartete hier auf der Flanke unserer Rückzugslinie im Versteck unsern Durchzug; dies war Miloradowitsch mit zwanzigtausend Mann.

Zu derselben Zeit erreichte eine dritte Krasnoe, das sie während der Nacht überfiel, woraus sie aber von Sebastiani, der eben dort anlangte, vertrieben wurde. Endlich stellte sich eine vierte, die noch weiter vorgeschoben war, zwischen Krasnoe und Liady auf, und hob auf der großen Straße mehrere Generäle, andere Offiziere und Soldaten, die einzeln marschirten, auf.

Zu gleicher Zeit war Kutusow mit dem Gros seiner Armee hinter diesen Avantgarden in Marsch, und stellte sich so auf, daß er alle unterstützen konnte, selbst sehr zufrieden mit dem Erfolg seines Manövers, das durch seine Langsamkeit, ohne unsere große Unvorsichtigkeit, fehl geschlagen sein würde; denn hier war ein Wettstreit an Fehlern, wo die unsrigen, da sie bedeutender waren, uns fast alle zu Grunde gerichtet hätten. Nachdem diese Einrichtungen getroffen waren, mußte der russische General glauben, daß die französische Armee sich unbedingt in seiner Macht befinde, allein die folgenden Ereignisse retteten uns. Kutusow verließ sich selbst, wo es darauf an kam, zu handeln, sein Alter führte das, was es mit weisem Vorbedacht entworfen hatte, halb und schlecht aus.

Während alle diese Massen sich um Napoleon her ordneten, schien er in einer elenden Hütte, der einzigen, die von dem Dorfe Korythnia noch stand, ruhig, nichts von allen diesen Bewegungen von Menschen, Waffen und Pferden, die ihn von allen Seiten umgaben, zu ahnen, wenigstens sandte er keinen Befehl an die drei in Smolensk zurück gebliebenen Korps, sich zu beeilen, und er selbst wartete den Tag ab, um seinen Marsch wieder anzutreten.

Seine Kolonne rückte ohne alle Vorsicht vorwärts. Vor ihr marschirte ein Haufe von einzelnen Leuten, die sich beeilten, Krasnoe zu erreichen, als sie zwei Lieues vor dieser Stadt eine Linie Kosacken erblickten, die von den uns links liegenden Höhen bis über die große Straße hinaus aufgestellt war. Von Staunen ergriffen, blieben unsere Soldaten stehen, denn dergleichen hatten sie nicht erwartet, und anfangs glaubten sie, daß ein feindliches Geschick zwischen ihnen und Europa auf diesem Schnee diese lange schwarze und unbewegliche Linie, als das verhängnißvolle, ihren Hoffnungen vorgesteckte Ziel hingezeichnet habe.

Einige, durch das Elend ganz stumpfsinnig geworden, hörten, unempfindlich wie sie waren, die Augen unverwandt nach ihrem Vaterlande gerichtet, und mechanisch und unabwendbar dieser Richtung folgende, auf keinen Zuruf, sich schritten vorwärts, sich dem Feinde in die Hände zu liefern; andere drängten sich zusammen, und es blieb dabei, daß man sich gegenseitig ansah. Aber bald kamen einige Offiziere dazu, die einige Ordnung unter diese aufgelößte Mannschaft brachten, und sieben bis acht Tirailleurs, die sie vorschickten, waren schon genug, um diese so drohende Linie zum Weichen zu bringen.

Die Franzosen lächelten über die Kühnheit eines so eitlen Blendwerks, als plötzlich von den ihnen linke liegenden Höhen eine feindliche Batterie ihr Feuer eröffnete. Die Kugeln derselben gingen über die Straße, und zu gleicher Zeit erschienen 30 Schwadronen von derselben Seite, sie bedroheten das westphälische Korps, das hier marschirte, und dessen Befehlshaber, da er die Besinnung verlor, gar keine Anordnung traf.

Ein verwundeter Offizier war es, den diese Deutschen nicht kannten, und den der Zufall hieher geführt hatte, der mit aufgebrachter Stimme das Kommando ergriff, und sie so wohl, als ihre Befehlshaber gehorchten, denn in dieser dringenden Gefahr verschwanden die durch die Konvention gesteckten Abstände. Der wahrhaft überlegene Mann hatte sich gezeigt, er diente der Menge zum Vereinigungs-Punkt, die sich um ihn her drängte, und unter der er den kommandirenden General stumm und bestürzt wohl bemerkte, wie er ohne Widerspruch seiner Leitung folgte und seine Überlegenheit anerkannte, die er, nachdem die Gefahr vorüber war, bestritt, jedoch sich nicht, wie dies häufig der Fall ist, deshalb zu rächen suchte.

Dieser verwundete Offizier war Excelmans! In diesem Gefecht war er alles, General, Offizier, Soldat, sogar Artillerist, denn er traf ein stehen gebliebenes Geschütz an, lud es, richtete es erst selbst und ließ es dann noch ein Mal gegen den Feind abfeuern. Von dem General der Westphalen aber muß man, nach seinem bald nach diesem Feldzuge erfolgten frühen und traurigen Ende, glauben, daß das Übermaaß von Anstrengungen und die Folgen sehr schwerer Wunden ihn dem Tode in die Hände geliefert haben.

Als der Feind die Spitze dieser Kolonne in guter Ordnung marschiren sag, wagte er nicht, sie anders als durch das Feuer seiner Geschütze anzugreifen, hierauf aber wurde wenig Rücksicht genommen, und man war bald an demselben vorüber. Als nun die Grenadiere der alten Garde durch dies Feuer hinduch mußten schlossen sie, wie eine bewegliche Festung, sich dicht um Napoleon her zusammen, stolz darauf, daß er in ihrem Schutze war, ihre Musik drückte ihren Stolz aus. Im schlimmsten Augenblick der Gefahr spielte sie jene Melodie, deren Worte so bekannt sind: "Wo mag man lieber seyn, als in dem eignen Haus!" Allein der Kaiser, dem nichts entging, unterbrach sie mit den Worten: "Spielt lieber: Zum Schutz des Reichs gewacht!" Worte, die mehr zu seinen Gedanken und zu der Lage aller paßten.

Da zu gleicher Zeit das Feuer des Feindes sehr lästig wurde, entsandte er eine Abtheilung, um es zu dämpfen, und erreichte zwei Stunden darauf Krasnoe. Der bloße Anblick von Sebastiani und der ersten Grenadiere, die vor ihm waren, hatte genügt, um die feindliche Infanterie von dort zu vertreiben. Napoleon rückte dort sehr unruhig ein, weil er nicht wußte, mit wem er zu thun hatte, und weil seine Kavallerie zu schwach war, als daß er sich außer dem Bereich der großen Straße durch sie hätte Nachrichten verschaffen können. Er ließ Mortier und die junge Garde eine Lieue hinter sich, und streckte so eine zu schwache Hand von zu weit her seiner Armee entgegen, die er abzuwarten den Entschluß gefaßt hatte.

Der Durchzug seiner Kolonne war nicht blutig gewesen, allein sie hatte nicht vermocht, das Terrain eben so wie die Menschen zu besiegen. Die Straße war hügelig, an jedem Abhange blieben Geschütze stehen, die nicht vernagelt wurden, und Wagen mit Gepäck, die man plünderte, ehe man sie verließ. Die Russen sahen von ihren Hügeln herunter das ganze Innere der Armee, ihre Schwächen, ihre Unförmlichkeiten und die Theile, deren sie sich am meisten zu schämen hatte, kurz, alles das, was man gewöhnlich mit der meisten Sorgfalt verbirgt.

Nichts destoweniger schien es, als ob Miloradowitsch von der Höhe seiner Stellung herunter bei dem Durchzug des Kaisers und jener alten Garde, die so lange das Schrecken von Europa gewesen war, sich begnügt habe, zu schimpfen, er wagte nur erst, als sie vorüber war, sich in den Besitz der zurück gelassenen Trümmer zu setzen, dann aber wurde er kühner, zog seine Kräfte zusammen, und stellte sich, indem er von seinen Höhen herab stieg, mit zwanzigtausend Mann quer über die große Straße, durch diese Bewegung trennte er Eugen, Davoust und Ney vom Kaiser, und versperrte diesen drei Generalen den Weg nach Europa.

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Während er diese Vorbereitungen traf, bemühte sich Eugen, in Smolensk seine zerstreuten Truppen zusammen zu bringen. Er riß sie nur mit Mühe von der Plünderung der Magazine los, und am 15ten gelang es ihm, erst spät am Tage, achttausend Mann zu sammeln. Er mußte ihnen Lebensmittel versprechen, und sie auf Litthauen hinweisen, um sie zu dem Entschluß zu bringen, den Marsch wieder anzutreten. Die Nacht nöthigte diesen Prinzen, schon drei Lieues von Smolensk Halt zu machen, allein die Hälfte seiner Soldaten hatten bereits ihre Glieder verlassen. Am anderen Morgen setzte er seinen Marsch mit denen, die der Frost der Nacht und der Tod nicht an den Bivak gefesselt hatte, fort.

Der Donner des Geschützes, den man am vorigen Tage gehört, hatte aufgehört; die Kolonne des Königs setzte ihren Marsch unter großen Mühseligkeiten fort, und vermehrte durch ihre Trümmer noch die, die sie schon antrafen. Der Vice-König und sein Chef vom Generalstabe befanden sich an der Spitze, und ganz in ihre traurigen Gedanken vertieft, ließen sie ihre Pferde in Freiheit schreiten, wodurch sie nach und nach, ohne zu bemerken, daß sie allein waren, von ihrer Truppe abkamen, denn die Straße war ganz mit Nachzüglern und Leuten, die nach ihrem Gefallen marschirten, und die in Ordnung zu halten, man verzichtet hatte, bedeckt.

So setzten sie ihren Weg bis auf zwei Lieues vor Krasnoe fort, hier aber fesselte eine sonderbare Bewegung, die vor ihnen entstand, ihre zerstreuten Blicke. Mehrere von den einzelnen Leuten waren plötzlich stehen geblieben, wodurch die, welche ihnen folgten, an sie heran kamen und auch stehen blieben, andere aber, die schon weiter vor gewesen waren, kamen zu den ersteren zurück, so bildeten sich kleine Haufen, und bald war dies eine große Masse. Nun blickte der Vice-König überrascht um sich, und bemerkte, daß er seinem Armee-Korps um eine Stunde Weges zuvorgekommen war, und daß er nur etwa funfzehnhundert Mann von allen Graden, von allen Nationen, ganz ohne Organisation, ohne Befehlshaber, ohne Ordnung, ohne zum Kampf im Stande befindliche oder brauchbare Waffen bei sich habe, und daß er aufgefordert wäre, sich zu ergeben.

Diese Aufforderung war eben mit einem allgemeinen Ausruf der Verachtung abgewiesen worden. Allein der russische Parlementair, der allein erschienen war, ließ sich nicht abweisen: "Napoleon und seine Garde," sagte er, "sind geschlagen, zwanzigtausend Russen umringen Euch und Ihr habt kein Heil mehr zu erwarten als in ehrenvollen Bedingungen, die Miloradowitsch Euch vorschlägt!"

Bei diesen Worten trat Guyon, einer von den Generalen, dessen Soldaten alle todt waren oder sich zerstreut hatten, aus der Menge hervor, und rief ihm mit starker Stimme zu: "Kehren Sie schnell dorthin zurück, von wo Sie gekommen sind, und sagen Sie dem, der Sie sendet, daß, wenn er zwanzigtausend Mann hat, wir achtzigtausend sind!" Worauf der Russe ganz verwirrt zurück kehrte.

Dieser Vorgang hatte nur einen Augenblick gedauert, und schon zuckten von den links der großen Straße liegenden Hügeln Blitze, und Rauchsäulen stiegen von dort empor, ein dichter Hagel von Granaten und Kartätschen fiel auf den Weg, und drohende Kolonnen-Spitzen zeigten ihre Bajonnette.

Der Vice-König schwankte einen Augenblick. Er wollte diese unglückliche Truppen nicht verlassen, aber endlich ließ er ihr seinen Chef des Generalstabes und kehrte zu seinen Divisionen zurück, um sie zum Gefecht heran zu führen, und sie das Hinderniß übersteigen zu lassen, ehe es unübersteiglich würde, oder um zu sterben, denn mit dem Stolze einer Krone und so vieler Siege fand der Gedanke, sich zu ergeben, keinen Raum.

Guilleminot tief indessen alle Offiziere, die sich in diesem Haufen unter den Soldaten befanden, zu sich. Mehrere Generale, Obersten und eine große Anzahl von Offizieren, kamen zum Vorschein und umringten ihn; sie beriethen sich, erklärten ihn zu ihrem Anführer und theilten alle bis dahin in eine einzige Masse verwirrten Leute, die zu bewegen so unmöglich gewesen war, in Züge ab.

Diese Herstellung der Ordnung geschah unter einem heftigen Feuer. Stabs-Offiziere stellten sich stolz in die Glieder und wurden wieder Soldaten. Aus einer andern Art von Stolz wollten einige Seesoldaten von der Garde nur einen ihrer Offiziere zum Anführer erkennen, während jeder der übrigen Züge von einem General geführt wurde. Bis jetzt war nur der Kaiser ihr Oberst gewesen, und nahe am Tode behaupteten sie ihr Recht, das sie vergessen zu machen nichts im Stande war, und das man achtete. Alle diese Tapfern nun so geordnet, setzten ihren Marsch gegen Krasnoe fort, und schon sie an den Batterien von Miloradowitsch vorüber, als dieser seine Kolonnen gegen ihre Flanken in Bewegung setzte, und so nahe an sie heranrückte, daß er sie zwang, Front zu machen, und seine Stellung, um sich zu vertheidigen, aufzusuchen. Es muß zum ewigen Ruhme dieser Krieger gesagt werden, daß diese funfzehnhundert Franzosen und Italiener, die Einer gegen Zehn waren, und nichts als einen entschlossenen Muth und einige Gewehre, die in brauchbaren Stande waren, für sich hatten, ihre Feinde eine Stunde lang aufhielten.

Allein der Vice-König mit den Überresten seiner Divisionen erschien noch nicht, ein längerer Widerstand ward unmöglich, die Aufforderungen, die Waffen niederzulegen, immer häufiger, und während dieser kurzen, ruhigen Zwischenräume, hörte man den Donner des Geschützes vor und hinter sich rollen. Es war also die ganze Armee zugleich angegriffen, und von Smolensk nach Krasnoe war nur eine Schlacht! Wenn man also Hülfe wollte, durfte man sie nicht erwarten, sondern mußte sie zu suchen gehen, aber nach welcher Seite hin? Nach Krasnoe hin war es unmöglich, man war zu weit von dort entfernt, und alles bewog zu der Meinung, daß man sich dort schlüge. Überdem hätte man dazu den Rückzug wieder antreten müssen, und die Russen von Miloradowitsch, die aus ihren Gliedern immer riefen, die Waffen niederzulegen, waren zu nahe, als daß man hätte wagen können, ihnen den Rücken zu wenden. Es war also weit besser, weil man ein Mal den Blick nach Smolensk hingewendet hatte, weil der Prinz Eugen sich an dieser Seite befand, sich in eine einzige Masse zusammen zu drängen, alle Bewegungen wohl zu Übereinstimmung zu setzen, und ohne sich umzusehen, nach Rußland zu kehren, um durch diese Russen hindurch sich wieder mit dem Vice-Könige zu vereinigen, und dann gemeinschaftlich wieder zu kehren, Miloradowitsch über den Haufen zu werfen, und so endlich Krasnoe zu erreichten."

Bei diesem Vorschlage ihres Anführers erschallte als Antwort einstimmig ein Beifallsruf. Sogleich rückte die Kolonne, fest geschlossen, schnell durch zehntausend feindliche Feuergewehre und Geschütze vor, und anfangs öffneten sich die von Staunen ergriffenen Russen, und ließen diesen kleinen Haufen fast waffenloser Krieger mitten durch sich hindurch gehen, dann aber, als sie ihren Entschluß erriethen, riefen sie, entweder aus Bewunderung oder aus Mitleid von beiden Seiten der Seiten der Straße, längst der feindliche Bataillone standen, den unsrigen zu, Halt zu machen; sie baten sie, sie beschwuren sie, sich zu ergeben, aber als Antwort darauf erfolgte nichts, als daß der Marsch entschlossen fortgesetzt wurde, daß mit wildem Ansehn alle schwiegen, und dem Feinde die Spitze der Waffen zeigten. Nun brach in der größten Nähe das ganze Feuer aller russischen Truppen zugleich los, und die Hälfte der heldenmüthigen Kolonne fiel verwundet oder todt.

Der übrige Theil setzte, ohne daß ein einziger den großen Haufen verließ, an den kein Russe heran zu kommen wagte, seinen Marsch fort. Wenige dieser Unglücklichen sahen den Vice-König und ihnen entgegen kommenden Divisionen wieder, nur erst da lößten sie sich auf und eilten, um sich in die schwachen Reihen zu werfen, die sich öffneten, um sie aufzunehmen, und ihnen Schutz zu gewähren.

Seit einer Stunde schon lichtete das russische Geschütz dieselben, denn Miloradowitsch hatte während der Zeit, daß die Hälfte seiner Kräfte Guilleminot verfolgt und ihn zurück zu weichen genöthigt hatte, an der Spitze der anderen Hälfte den Prinzen Eugen aufgehalten. Sein rechter Flügel war an einen Wald gelehnt, den stark mit Geschütz besetzte Höhen deckten, sein linker Flügel stieß an die große Straße, allein war mit ängstlicher Bedächtigkeit zurück gehalten, um das Gefecht zu vermeiden.

Durch diese Anordnung war dem Prinzen Eugen die seinige vorgeschrieben. Die Kolonne des Vice-Königs hatte, nach Maaßgabe, wie sie anlangte, sich rechts von dieser Straße entwickelt, ihren rechten Flügel weiter als den linken vorgeschoben, so daß die große Straße, um die man sich schlug, schräg zwischen dem Prinzen und dem Feinde zu liegen kam; jede der beiden Armeen hielt dieselbe mit ihrem linken Flügel fest.

Die Russen in einer so zum Angriff auffordernden Stellung vertheidigten sich, und blos die Kugeln aus ihren Geschützen griffen den Prinzen Eugen an. Eine Kanonade donnernd und zerschmetternd von ihrer Seite, und kaum hörbar von der unsrigen, hatte begonnen. Eugen, von ihrem Feuer belästigt, faßte den Entschluß; er ließ die 14te französische Division vorrücken, stellte sie links von der großen Straße auf, zeigte ihr die bewaldete Höhe, woran der Feind sich lehnte und die seine Hauptstärke ausmachte, dies war der entscheidende Punkt, der Schlüssel der Stellung, und damit das Übrige falle, war es nöthig, diesen zu nehmen. Er wagte nicht, ein Gelingen zu hoffen, allein doch, daß dieser Angriff die Aufmerksamkeit des Feindes nach dieser Seite hin fesseln, und seine Kräfte beschäftigen würde, wodurch dann die rechte Seite der großen Straße vielleicht frei bleiben würde und der Versuch gemacht werden könnte, dies zu benutzen.

Dreihundert Soldaten, in drei Haufen formirt, war das einzige, was man dazu bringen konnte, diesen Sturm zu unternehmen. Diese rückten mit der größten Hingebung und dem festesten Entschluß gegen Tausende von Feinden, die eine feste Stellung inne hatten, vor. Eine Batterie von der italienischen Garde fuhr auf, um den Angriff zu unterstützen, allein sofort ward sie von den russischen Batterien zerschmettert, und von der Kavallerie weggenommen.

Die dreihundert Franzosen, die unter einem heftigen Kartätschfeuer fielen, rückten indessen unerschütterlich vor, und schon langten sie an der feindlichen Stellung an, als plötzlich von beiden Seiten aus dem Walde zwei Massen Kavallerie vorrückten, die sich auf sie stürzten, sie niederritten und zusammenhieben. Alle gingen zu Grunde und mit ihnen das letzte, was noch von Zucht und Muth in ihrer Division übrig war.

Um diese Zeit erschien der General Guilleminot wieder. Daß der Prinz Eugen in diesem Augenblick der höchste Gefahr mit viertausend Mann, die alle Kraft verloren, die Überbleibsel von mehr als zwei und vierzigtausend Mann, nicht in Verzweiflung gerathen sei, daß er noch eine kühne Haltung gezeigt habe, das glaubt man wohl von diesem Feldherrn, daß aber der Anblick unseres Unglücks, und der Muth, den der Sieg giebt, die Russen nur zu unentschiedenen Angriffen gebracht, und daß sie endlich der Nacht es überlassen haben, das Gefecht zu beendigen, das erregt noch heute unser Erstaunen. Der Sieg war so neu für sie, daß, als sie ihn in ihren Händen hatten, sie nicht verstanden, ihn zu benutzen, denn sie verschoben es auf den anderen Tag, ihn vollständig zu machen.

Allein der Vice-König bemerkte, daß die größere Masse der Russen, durch seine Vorspiegelungen verführt, nach der linken Seite der Straße marschirt war, und wartete nur bis die Nacht, diese Freundin des Schwachen, ihren Bewegungen Fesseln angelegt haben würde. Dann ließ er Feuer an dieser Seite gerückt, um den Feind zu täuschen, und marschirte ganz querfeldein von dort ab. Er umging in aller Stille den linken Flügel der Stellung von Miloradowitsch, und marschirte über denselben hinaus, während dieser General, seines Sieges zu gewiß, hier von dem Ruhme träumte, den Degen des Sohnes von Napoleon in Empfang zu nehmen.

Mitten in diesem gewagten Marsch trat ein schrecklicher Augenblick ein. Gerade in dem gefährlichsten Zeitpunkt, als diese Männer, sie, die wenigen, die verschont geblieben waren in so vielen Schlachten, indem sie den Athem anhielten und leise aufzutreten suchten, längst der russischen Armee hinmarschirten, als ihr ganzes Geschick an einem Blicke, an einem Rufe, der Lärm verbreitete, hing, da trat plötzlich der Mond in vollem Glanze aus einem dichten Gewölk hervor, und beleuchtete ihren Marsch. Zu gleicher Zeit wurde eine russische Stimme laut und rief ihnen Halt! und Wer da? zu. Sie glaubten sich verloren, allein Klisky, eine Pohle, eilte auf diesen Russen zu, und indem er, ohne sich irre machen zu lassen, in seiner Sprache mit ihm redete, sagte er ihm mit leiser Stimme: "Schweig Unglücklicher, siehst du nicht, daß wir von dem Korps von Uwarof sind, und daß wir einen heimlichen Marsch machen?" Der getäuschte Russe schwieg.

Allein Kosacken kamen in jedem Augenblick gegen die Flanke der Kolonne, als wie, um sie zu rekognosziren, heran, und kehrten dann zu ihrem Gros zurück. Mehrere Male rückten auch die feindlichen Schwadronen wie zum Angriff vor, allein es blieb immer dabei, entweder weil sie über das, was sie sahen, ungewiß waren, denn man täuschte sie noch, oder aus Vorsicht, denn man machte oft Halt und zeigte ihnen mit Entschlossenheit eine Front.

Endlich erreichte man, nach einem zweistündigen, schrecklichen Marsch, die große Straße wieder, und der Vice-König war schon in Krasnoe, als Miloradowitsch am 17ten November, indem er von den Höhen herab kam, um sich seiner zu bemächtigen, auf dem Schlachtfelde nichts, als einige Nachzügler fand, die am vergangenen Abend auf keine Weise hatten dazu gebracht werden können, ihre Feuer zu verlassen.


Quellen.[]

  1. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  2. Historischer Militair-Almanach des 16. 17. 18. und 19. Jahrhunderts. Mit besonderer Hinsicht auf das letztere, und den oesterreichischen Kaiserstaat. Mit 15 Portraits, für Freunde der neueren und neuesten Kriegsgeschichte von Johann Ritter von Rittersberg. Prag bei C. W. Enders 1825.
  3. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  4. Actenstücke und Materialien zu der Geschichte des großen Kampfes um die Freyheit Europa's in den Jahren 1812 und 1813. Germanien, bey Peter Hammer. 1813.
  5. Geschichte Napoleons und der großen Armee im Jahr 1812 von dem General, Grafen von Segür. Aus dem Französischen. Berlin und Posen, bei Ernst Siegfried Mittler. 1825.
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