Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Beytrag zur Geschichte des Krieges.[]

[1]
Friedrich von Cölln.

Zwey und zwanzigsten Brief.

Schlaiz.

Nahe vor diesem, einem Fürsten Reuß zugehörenden, Städtchen sahen wir an dem abgebrannten Dorfe Oetteritz die Folgen der Action, welche Tauenzien am 9ten October auf den Höhen jenseits dieses Dorfs lieferte.

Der Bericht des Augenzeugen der Schlacht von Jena liefert in den Beylagen eine authentische Relation von diesem Gefecht, welches ich nicht wiederholen will.

Hat irgend in diesem Feldzuge ein preußischer General sich regelmäßig, sinnig und ohne den Kopf zu verlieren geschlagen, so war es dieser Tauenzien. Was ich nachher von preußischen Dispositionen bey Saalfeld, Jena und Auerstädt beobachtet habe, reicht den seinigen nicht das Wasser. Er konnte mit seinen wenigen Bataillonen die große französische Armee nicht aufhalten; er mußte also fechtend sich zurückziehen, und das hat er mit Umsicht gethan.

Folgendes könnte man ihm vorwerfen:

1) Warum nahm er nicht die Position auf dem Culmberge, und besetzte unter sich die starke Naturvestung Saalburg?
2) Warum rapportirte er nicht, daß die große französische Armee, Napoleon an der Spitze, ihm entgegenrückte? Ihm, der in Franken Connexion haben mußte, konnte dieß nicht unbekannt seyn.
3) Warum zog er sich nicht, Verstärkung anziehend, über Gera und Zeiz nach Naumburg, wodurch er den Plan Napoleons, die Armee von der Elbe abzuschneiden, vereiteln konnte?

Was den ersten Punkt anlangt, so fühl ich mich überzeugt, folgendes zu seiner Vertheidigung anzuführen:

SectieSaalburgSchlaitz

Allgemeine Darstellung der Gefechte bei Saalburg und Schlaitz am 8.ten und 9.ten Octob. 1806.

Saalburg wird durch die Landstraße von Hof über Gefell nach Schlaiz tournirt; wollte er Saalburg vertheidigen, so mußte jene Straße in seine Vertheidigungslinie fallen, dazu war er zu schwach; er that also sehr wohl daran, die Position hinter Schlaiz auf den Anhöhen von Oetteritz zu nehmen, wo die Straßen von Saalburg und Gefell sich vereinigen. Daß der detachirte Posten in Saalburg sich nicht länger hielt, davon in der Folge.

Ueber den zweyten Punkt sind die Rapports nicht bekannt gemacht. Wer weiß, ob Tauenzien nicht die richtigen Nachrichten gab, wurden sie aber geglaubt?

In dem dritten Punkt kann ich die Schritte des Generals nicht vertheidigen, wenn er nicht expresse Ordre gehabt hat, sich auf Hohenlohe zu repliiren. Indem er das Corps der Sachsen bey Mittelpölnitz aufnahm, konnte er bey Gera, Langenberg, Zeiz, Weißenfels und endlich auf dem Kößener Berge Posto fassen, endlich würden dann dem Herzoge doch die Augen geöffnet worden seyn.

Ging auch das ganze Corps darauf, Tauenzien wäre als Leonidas, seine Truppen als Lacedemonter bey Termopilä gefallen.

Die Aktion bey Schlaiz, so wie die bey Saalfeld, machen den Franzosen keine, wohl aber den Alliirten alle Ehre, denn Hunderttausende unterdrückten hier einige Tausend, die sich männlichtapfer wehrten, und deren General bey Schlaiz das Terrain zu benutzen verstand.

Die Preußen hatten die Höhen am Hochgericht zwischen Oetteriz und Görkeriz inne, ihre leichten Truppen zogen sich bis in die Vorstädte von Schlaiz. Die Höhen oberhalb Oschitz besetzten die Franzosen, und detaschirten rechts und links, die Preußen zu umgehen, und von ihrem Rückzuge nach Auma abzuschneiden, welches ihnen bey ihrer Vielzahl auch gelungen seyn würde, hätte der General nicht zur rechten Zeit sich abgezogen. In Schlaiz lobte man vorzüglich die Tapferkeit der preußischen Füselire vom Bataillon Roßen; sie wurden nur mit großer Anstrengung, so wie das ganze Tauenziensche Corps, von Schlaiz verdrängt.


Von Reisende.[]

Johann Christian Fick.[]

[2]

Kriegerische Rüstungen in und bei Hof.

Graf von Tauenzien, den selbst die siegreichen Franzosen, die ihre Gegner so genau zu beurtheilen verstehen, in ihren Armeebulletins das verdiente Lob eines entschlossenen und einsichtsvollen Generals beilegen, kommandirte hier einen vom Hohenlohischen Armeekorps detaschirten Heerhaufen von ohngefähr 8000 Mann, der aus folgenden Truppen bestand: aus dem Infanterieregiment von Zweifel, Füselierbataillon von Rosen, zwei Kompagnien Jäger und dem Husarenregiment von Rechten, aus zwei Bataillons vom Regiment Prinz Anton, und aus dem Dragonerregiment Prinz Johann. Dieses Häuflein, von dem Armeekorps des erfahrnen Fürsten von Hohenlohe gleichsam der linke Flügel, war von demselben, welches zwischen Rudolstadt und Jena an der untern Saale stand, ohngefehr 10 Meilen entfernt, und von ihm durch ein seht gebürgigtes und waldigtes Land mit den schlechtesten Wegen getrennt. Graf Tauenziein sollte mit diesem Korps die Strasse von Bayreuth über Hof, wo sie sich theilt, und rechts über Plauen nach Dresden und links über Schleitz und Gera nach Leipzig geht, vertheidigen. Allein es führt noch eine andere Strasse von Süddeutschland, und zwar die kürzeste, über Schleitz nach Leipzig, also auf das rechte Ufer der untern Saale. Eben auf diesem Wege konnte man am weitesten vorrücken, ohne das preussische oder sächsische Gebiet zu betreten, und folglich noch vor der Kriegserklärung eine starke Truppenmasse herbeibringen und aufstellen. Es läuft nemlich von dem bairischen Fürstenthum Bamberg ein Strich Landes über Stadt Kronach noch über vier Meilen nördlich, so daß die Gränze desselben bei Nordhalben sich nördlich er erstreckt, als Hof liegt. Erreichten die Franzosen Schleitz früher als die Preussen und Sachsen bei Hof, so waren diese von ihrer Armee abgeschnitten, und konnten sich blos auf dem Wege nach Plauen gegen Dresden zurück ziehen. In Hof hatte man zwar ein beträchtliches Magazin angelegt, welches sonst nicht geschieht, wenn man das Terrain nicht vertheidigen will, allein Graf Tauenzien sah das Mißliche seiner Lage nur zu wohl ein, und traf gleich in den ersten Tagen des Octobers die Anstalten, bei der geringsten Bewegung der Franzosen auf der Strasse von Kronach über Lobenstein nach Schleitz, Hof zu verlassen, und sich längst dem rechten Ufer der Saale über Schleitz, mit wenigstens periodischer Vertheidigung dieses wichtigen Postens, näher an das Hauptarmeekorps zurück zu ziehen. Bis zum 27. September hatten die Franzosen unter dem eben so sehr wegen seiner Feldherren-Talente als wegen seines edlen, menschenfreundlichen Karakters allgemein geschätzten Fürsten von Ponto Corvo (Marschall Bernadotte) sich bei Nürnberg und Fürth gesammelt; die Armeekorps unter den Marschällen Davoust und Mortier, waren aus ihren bisherigen Standquartieren vorgerückt, und die folgenden Tage marschirte der größte Theil über Erlangen und Bamberg auf der Strasse nach Kronach gegen den obern Theil der Saale los. Die Marschälle Ney und Soult waren mit ihren untergebenen Korps an die Nordgränze der obern Pfalz vorgerückt, um bei dem würklichen Ausbruche der Feindseligkeiten als rechter Flügel über Bayreuth und Hof auch auf der Strasse nach Schleitz vorzudringen. Wenn man die Stellung des preussischen Heers auf der westlichen Seite der Saale bei Eröffnung des Feldzugs übersieht, so kann man sich diese Stellung nicht anders erklären, als daß dessen Befehlshaber den Hauptangriff der Franzosen von der Strasse über Koburg, also auf der sogenannten Judenstrasse, oder über Fulda her, erwarteten; oder vielmehr es ergiebt sich aus andern Gründen, daß man über den Operationsplan nicht einig war, und sich eben dadurch auf der linken Flanke umgehen ließ. Vielleicht wollten man auch die Verbindung mit Hessen erhalten, und den westlichen preussischen Provinzen zur Vertheidigung näher sein. Ob man nicht besser gethan haben würde, über die Gebürgspässe des thüringer Waldes mit der rechten Flanke gegen Königshofen im Grabfelde, mit dem Centrum über Koburg gegen den Main und mit dem linken Flügel bis vor die Schluchten von Berneck vorzurücken, wobei alle Bagage, alles durchaus nicht zu einem Kampfe Erforderliche jenseits der Gebürge zurück gelassen werden mußte, um bei einer unglücklichen Schlacht mit dem großen Gegner einen sichern leicht zu vertheidigen Rückzug zu haben, wo man sich jenseits der Gebürge gleich wieder aufstellen konnte, dieses überlasse ich der Entscheidung einsichtsvollerer Männer im Militärfache. So viel ist wenigstens gewiß, daß man bei jedem noch so unglücklichen Ereignisse nicht von der Elbe und von Berlin abgeschnitten worden wäre. Wahrscheinlich hatte man anfänglich den Plan, weiter gegen Süden jenseits der Gebürge dem Feinde entgegen zu rücken; er wurde aber durch das langsame Anschließen der Sachsen an die preussische Armee, und durch die seltene Schnelligkeit der Franzosen unter ihrem Kaiser Napoleon vereitelt.

Schon in der Nacht vom 4. auf den 5. October brachen die Preussen durch das falsche Gerücht verleitet, daß die Franzosen gegen Naila, als von Westen her, im Anzuge wären, von Hof auf, marschirten aber sogleich wieder, nachdem man vom Gegentheile sichere Kunde erhalten hatte, noch vor Tages in die Stadt und benachbarte Gegen zurück. Auf dem nördlichen Berge von Hof jenseits der Saale, über dem die Strasse nach Plauen und neben dem die Strasse nach Schleitz läuft, rückte der größte Theil der preussischen und sächsischen Infanterie in ein Lager; die Preussen standen auf dem rechten, die Sachsen auf dem linken Flügel. Alle andern Anhöhen um Hof, wo Wege herbei führten, besonders gegen Naila hin, also gegen das nächste bambergisch-bairische Gebiet, waren mit starken Pickets besetzt. Ich besuchte in Gesellschaft eines Freundes und Verwandten, des Justitzkommissärs Wächters, den meiner Seele so nahen Kaplan Fick in Selbitz, drei Stunden von Hof. Bei unsrer späten Zurückkunft wurden wir von den ausgestellten Husarenpickets und Patrouillen mehrmals angehalten, und der eine von diesen Husaren erschreckte und nicht wenig, indem er uns, nachdem er an der Seite des Wagens unbemerkt herbei gesprengt war, eine gespannte Pistole vorhielt, mit dem donnernden Ausrufe: Halt! Unsere raschen Pferde wurden durch die plötzliche Erscheinung des Kriegers und durch sein Geschrei scheu, und wollten sich vom Kutscher durchaus nicht anhalten lassen. In vollem Kallopp ritt der Husar immer neben der davon rennenden Chaise her, mit ausgestreckten Arme das tödtende Geschoß in den Wagen gegen unsre Köpfe haltend, und dabei immer rufend: "Halt, Halt"; Der Mann bedachte nicht, daß nicht wir, sondern der Fuhrmann die Pferde halten müßte. Die Parthie war ganz und gar nicht beneidenswerth! Der Soldat machte, ohngeachtet unsers Zurufens, sich ruhig zu verhalten, bis der Kutscher die Pferde bändigen könnte, einigemal Miene, sich seines Feuergewehrs gegen uns zu bedienen. Endlich wurden die Pferde zum stehen gezwungen, und wir konnten nach einen kurzen Examen weiter fahren.


Quellen.[]

  1. Vertraute Briefe über die innern Verhältnisse am Preussischen Hofe seit dem Tode Friedrichs II. Dritter Band. Amsterdam und Cölln 1808. bey Peter Hammer.
  2. Meine neueste Reise zu Wasser und Land oder ein Bruchstück aus der Geschichte meines Lebens. Von D. Johann Christian Fick. Erlangen auf Kosten des Verfassers und in Kommission in der Gredy und Breuningschen Buchhandlung. 1807.
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