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Wilna.[]

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Wilna, Wilno, Wildau, ehemals Hauptstadt, in der von ihr benannten Woiwodschaft, in dem Großherzogthum Litauen, jezt Hauptstadt des Russ. Gouvernements Wilno, am Fluß Wilna, (Wilia). Sie liegt in einem Thal, zwischen Gebirgen, ist ziemlich volkreich, und hat ohngefähr 1 Meile im Umfang, ohne die Vorstädte, die sehr weit umher liegen und meistens aus hölzernen Häusern bestehen. Die Häuser in der Stadt sind alle von Mauerwerk. Es finden sich darunter viele große Paläste, die mehrentheils dem vornehmen Adel gehören und deren untere Stockwerke vermiethet werden. Ausser den 30 katholischen Kirchen und Klöstern sind hier 1 lutherische, 1 reformirte, 1 mohammedanische, 3 russische oder griechische Kirchen, und 1 Versammlungshaus der Juden. Die Domkirche des Bischofs von Wilna ist, eben so, wie die Schloßkirche, in den Russischen Kriegen, im 17ten Jahrhundert zerstört worden und jezt in schönem Styl aber kaum zur Hälfte wieder erbaut. Die Judenschaft beträgt 12000 Seelen, die theils Handlung, theils bürgerliche Nahrung und fast alle Professionen treiben, und zu obrigkeitlichen Würden gelangen können. Der meiste Handel bestehet in ausländischen Galanterien, Wein, Caffee, Zucker, Pelzwerk, Holz, Leder und Eisenwaaren. Dagegen werden von hier Getreide, Hanf, Flachs, Honig, Wachs und Holz nach Riga, Königsberg und Memel ausgeführt. Fabriken und Manufakturen giebt es nicht. Die Lebensmittel sind in wohlfeilem Preise, und es wird alle Tage, selbst Sonn- und Festtage nicht ausgenommen, Markt gehalten. Die Tatarn, die nur anderthalb Meilen von der Stadt wohnen, versehen sie mit Gartengemüsen, die sie sehr gut zu ziehen wissen. Die Stadt wird durch einen Woeth und 2 Bürgermeistern regiert. Ersterer ist ein vornehmer Kaufmann, der auch Criminalsachen und die Policey, (die ziemlich schlecht ist,) verwaltet. Zu Ende des J. 1785 wurden 3 Lutheraner und 1 nicht unirter Grieche zu Mitgliedern des Stadtmagistrats aufgenommen. Die Einwohner, sowohl die eigentlichen Litauer, als die Deutschen, (deren sich viele allda finden,) sind sehr gesittet. Die Universität, mit der ein adeliches Collegium vereinigt ist, hat eine vortreffliche eingerichtete Sternwarte und verschiedene gute Anstalten. es ist auch ein botanischer Garten und eine botanische Gesellschaft daselbst, deren Mitglieder meistens Franzosen und Deutsche sind. Die Universität wurde auch im J. 1803 von Rußland durch ein Diplom bestätigt und zweckmäßiger eingerichtet. Sie besteht nun aus 4 Fakultäten, 1) der physischen und mathematischen Wissenschaften, 2) der Heilkunde, 3) der Moral und Politik, 4) der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Theologie und Jurisprudenz sind mit unter der Moral und Politik begriffen. Die Zahl der Professoren ist 32, ohne die 12 Adjunkten. Der Siz der Universität ist in dem St. Johanniskloster; die Mediciner in einem andern Gebäude. Jeder Lehrer liest fünfmal die Woche, jede Vorlesung währt 1 1/2 Stunde, und dafür erhält er 1500 Silber-Rubeln Gehalt. Die übrigen Vorlesungen werden besonders bezahlt, so wie die Aufsicht über alle Schulen in Lithauen. Mit der Universität ist eine Gesellschaft der Wissenschaften verbunden. Der jährliche Fonds der Universität besteht aus 142000 Silber-Rubeln. Nebst dem katholischen Bischof ist hier auch ein griechischer Metropolit oder Erzbischof.

Das Russ. Gouvernem. Wilno besteht aus den ehemaligen Woywodschaften Wilna, Troki und Samogitien, umfäßt also den nordwestlichen Theil des ehemaligen Litauens. Es wird eingetheilt in den Telszewer, Szawler, Rosienier, Ponewiezer, Wilkomirzer, Swincianyer, Braslawer, Rownoer, Zizmoryer, Wilnoer, Oszmianaer Kreis. Es hat 1081 QM. und zählte im J. 1797 mit Grodno zusammen genommen 1391000 Seelen.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
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