Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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VVolfenbüttel, befestigte Stadt, in dem Fürstenthum dieses Namens, in einer morastigen und nicht gesunden aber fruchtbaren Gegend, an der Ocker, welcher Fluß von Braunschweig bis hieher schiffbar gemacht worden ist. Der zwischen beyden Städten angelegte hohe gepflasterte Weg hat, wegen der Bäume auf beyden Seiten, viel Anmuth. Die Stadt hat viele ansehnliche Gebäude u. 3 Theile. In der Mitte liegt die sogenannte Citadelle oder Dammfestung; gegen Morgen die Heinrichsstadt und gegen Abend die Auguststadt. Alle diese Theile nebst den beyden Vorstädten hatten im J. 1800. 898 Häuser, und mit der Garnison 7100, im Jahr 1807 aber 7050 und im Jahr 1801. 6662 Einwohner.

Es war hier der Sitz einiger Landeskollegien, der Justizkanzley, des Hofgerichts und Konsistoriums. Unter den Gebäuden zeichnen sich aus: das ehemalige hölzerne Residenzschloß, die 3 Hauptkirchen, die Kanzley xc. auf dem Schloßplatze des alte Zeughaus. Die herrliche und sehr wichtige Bibliothek hat seit 1723 ihr eigenes in Form des Pantheons erbautes schönes rundes Gebäude, dem Schlosse gegenüber; und unter ihr ist eine Reitbahn. Diese Bibliothek hat wegen der vielen Manuscripte, der Sammlung der ältesten Bücher von Erfindung der Buchdruckkunst an, und der ihr nun einverleibten Bibelsammlung der Herzogin Elisabeth, große Vorzüge. Man schätzt ihre Anzahl gegen 200000, worunter 10000 Manuscripte sind. Das Gymnasium aber wird die herzogliche große Schule genennt, und ist eines der berühmtesten.

Die Stadt hat einen sehr beträchtlichen Handel mit Garn, und Manufakturen von Band, Leder, Seife, Liqueurs, Leinwand, Papiertapeten, Vitriol, Tabak und eine Wachsbleiche. Die zahlreichen zur Stadt gehörigen Gärtner versorgen die umliegende Gegend mit Küchenkräutern. Ausserdem hat aber die Stadt keinen Feldbau.

Sie gehört jezt zum Depart. der Ocker, Bezirk Braunschweig, und ist der Sitz von dem Kriminalgerichte dieses Departem. und von 3 Cantons.


Die Stadt Wolfenbüttel durch eine Ueberschwemmung heimgesucht.

Der achte April 1808.

Schon am 14ten Jänner hörten wir von den großen Ueberschwemmungen in Holland im Jahr 1808. Eine sehr fürchterliche, dergleichen man sich niemals gesehen zu haben erinnerte, brach am heutigen Tag vom Harzgebürge her über die Stadt Wolfenbüttel herein. Die niedrigen Ufer der Ocker konnten die ungeheure Wassermenge nicht fassen. Es tobte und wüthete schrecklich durch die Kanäle der Stadt. Der Wind stürmte grausend, Regenströme fielen herab, und unter dieß Getöse der Elemente mischte sich das Geschrey von Menschen, die um Hülfe flehten und das Hin und Herlaufen der Arbeiter. Mit Anbruch des Tages sah man nichts als eine allgemeine Wasserfluth. Die Stadt schien, wie Venedig, ins Wasser gebaut zu seyn, und Häuser und Strassen ragten wie Inseln aus demselben hervor. Mit der Nachbarschaft war alle Verbindung abgeschnitten, die meisten Brücken ausser- und innerhalb der Stadt entweder beschädigt oder gar zertrümmert, und viele Häuser drohten einzustürzen. Unermeßlich war der Schade, den besonders Weinhändler, Materialisten und Kaufleute gelitten hatten, und noch jammervoller waren die Verwüstungen in den niedrigen Gegenden und Dorfschaften an der Ocker.


Quellen und Literatur.

  • Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
  • Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
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