Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Sénatus-consulte.[]

[1]
Paris, den 4ten Juny.

Der heutige Moniteur enthält Folgendes:

"Gestern, am Freytage, den 3ten July 1812, versammelte sich der Senat um 2 Uhr Nachmittags in großem Kostüm in seinem Pallast, Kraft einer ausserordentlichen Zusammenberufung, die auf Befehl Sr. Majestät, des Kaisers und Königs, geschehen war.

Se. Durchlaucht, Monseigneur, der Prinz Erzkanzler des Reichs, der bestimmt war, in der Sitzung zu präsidiren, ward mit den gewöhnlichen Ehrenbezeigungen empfangen.

Se. Durchlaucht, der Prinz Vicegroßwahlherr, und Ihre Excellenz, der Großrichter, Minister der Justiz, der Kriegsminister, der Minister Direkteur der Kriegsadministration und der Minister der allgemeinen Polizey waren gegenwärtig.

Nach Verlesung der Akten der Zusammenberufung und der Bestimmung des Präsidenten, nachstehenden Inhalts:

Im kaiserlichen Lager von Gumbinnen, den 21sten Juny.

Napoleon, Kaiser der Franzosen, König von Italien xc. xc. xc.

Wir haben dekretirt und dekretiren wie folgt:

Der Senat soll sich am Freytage, den 3ten July, um 2 Uhr, an dem gewöhnlichen Orte seiner Sitzung versammeln.
(Unterz.) Napoleon.


Im kaiserlichen Lager von Gumbinnen, den 21sten Juny.

Napoleon, Kaiser der Franzosen, König von Italien xc. xc. xc.

Wir haben dekretirt und dekretiren wie folgt:

Unser Cousin, der Prinz Erzkanzler des Reichs, präsidirt im Senat, der sich am Freytage, den 3ten July, an dem gewöhnlichen Orte seiner Sitzung versammeln wird.
(Unterz.) Napoleon.


Nahm der Erzkanzler das Wort, und sagte:

Meine Herren!

Auf Befehl des Kaisers theile ich dem Senat zwey Allianztraktaten mit, die im Namen Sr. Majestät mit Sr. Majestät, dem Kaiser von Oesterreich, und mit Sr. Majestät, dem König von Preussen, geschlossen worden.

Die Umstände, welche diese politischen Konventionen herbeyführen, und die Ursachen, welche die Grundlagen derselben bestimmt haben, sind in zwey Berichten des Ministers der auswärtigen Verhältnisse entwickelt, die Ihnen auf Befehl Sr. Majestät ebenfalls mitgetheilt werden.

Als unser Souverän auf seiner Siegesbahn inne hielt, und zu Tilsit den ersten polnischen Krieg beendigte, versprach der russische Hof, den Plan ohne Einschränkung anzunehmen, der weislich kombinirt war, um das feste Land dem Einfluß Englands zu entziehen, und um diese Macht zu Grundsätzen zurück zu führen, die dem Völkerrecht mehr angemessen waren.

Rußland wich aber bald von diesem heilsamen System ab.

Da diese Veränderung von seiner Seite durch sichere Fakta angekündigt, und da der Weg der Unterhandlungen während des Jahres 1811 vergebens versucht wurde, so mußte der Kaiser Maßregeln ergreifen, die Ihm von der Würde Seiner Krone, von dem Interesse Seiner Völker und von der Gefahr Seiner Alliirten vorgeschrieben werden.

Die Traktaten, die Ihnen werden vorgelegt werden, sind eine Einleitung zur Ausführung dieser Absicht.

Der Muth unserer Krieger, das Genie des Helden, der ihnen die Bahn des Ruhms ebnet, verbürgen der Nation, daß diesesmal, so wie in vergangenen Zeiten, große Hoffnungen von großen Erfolgen begleitet seyn werden.

Se. Durchlaucht legten alsdann auf dem Büreau nachfolgende Piecen nieder, die hernach durch eine der Herren Sekretärs von der Tribune verlesen wurden.


Bericht des Ministers der auswärtigen Verhältnisse.

[2]

Sire!

Der Tilsiter Traktat zwischen Frankreich und Rußland war eine Offensiv-Allianztraktat gegen England. Bey der Rückkehr von der Konferenz auf dem Niemen, wo der Kaiser Alexander zu Ewr. Majestät gesagt hatte, daß er Ihr Beystand gegen England seyn wollte, entschlossen Sie sich, die Vortheile, die Sie von dem Siege hatten, aufzuopfern, und von dem Kriegszustande schnell zu den Zustande der Allianz mit Rußland überzugehen.

Diese Allianz, welche die Kriegsmittel Frankreichs gegen England vermehrte, mußte auch den Frieden des Kontinents garantiren.

Indeß führte Oesterreich im Jahre 1809 Krieg gegen Frankreich. Rußland war, gegen den bestimmten Inhalt der Traktaten, Ewr. Majestät von gar keinem Nutzen. Anstatt 150,000 Mann, die es marschiren lassen konnte, und die die französische Armee unterstützen sollte, zogen bloß 15,000 Mann ins Feld, und als sie über die russische Gränze gingen, war das Schicksal des Kriegs schon entschieden.

Seit diesem Zeitpunkt, Sire, vernichtete der Ukas vom 19ten September 1810, welcher unsere Handelsverhältnisse mit Rußland zerstörte; ferner die Zulassung des englischen Handels in seinen Häfen, seine Rüstungen, die vom Anfange des Jahres 1811 an das Herzogthum Warschau mit einem Einfall bedrohten, nach endlich seine Protestation wegen Oldenburg, die Allianz. Diese existirt nicht mehr, als von beyden Seiten Observationsarmeen formirt wurden.

Indeß ward das ganze Jahr 1811 mit Besprechungen und Unterhandlungen mit Rußland hingebracht, in der Hoffnung, das Petersburger Kabinet wo möglich von dem Kriege, den es beschlossen zu haben schien, abzubringen und um seine wahren Gesinnungen kennen zu lernen. Es ist bis zur Evidenz bewiesen worden, daß sich diese Macht zu gleicher Zeit vorsetzte, sich den Bedingungen der Traktaten von Tilsit zu entziehen, um sich in Friedensstand mit England zu versetzen, und einen Einbruch in die Existenz des Herzogthums Warschau zu versuchten, indem es sich des Vorwandes der von dem Herzog von Oldenburg verlangten Entschädigungen bediente.

Ew. Majestät, entschlossen, die Ehre der Traktaten, die Existenz und Integrität Ihrer alliirten Staaten durch die Macht der Waffen zu erhalten, hatten die Wichtigkeit eingesehen, sich mit einer Macht näher zu verbinden, mit welcher Sie bereits durch die ihrem Herzen theuren Bande verknüpft und deren allgemeines politisches Interesse dasselbe wie das Interesse Ewr. Majestät war. Zu dem Ende, Sire, ward am 14ten März zwischen Ewr. Majestät und dem Kaiser von Oesterreich ein Traktat geschlossen.

Alles verbürgt dieser Allianz eine lange Dauer. Sie sichert die Ruhe des südlichen Europa's, und verspricht Frankreich, daß es in seinen Bemühungen zur Herstellung des Seefriedens nicht werde gestört werden.

Ich schlage Ewr. Majestät vor, dem Senat den zwischen Frankreich und Oesterreich geschlossenen Allianztraktat vorlegen zu lassen, und zu befehlen, daß er als Staatsgesetz, unsern Konstitutionen zufolge, promulgirt werde.

Ich bin mit dem tiefsten Respekt,
Sire,
Ewr. Kaiserl. König. Majestät unterthänigst gehorsamster Diener und Unterthan,
Der Herzog von Bassano.
Gumbinnen, den 21sten Juny 1812.

(Nun folgt der schon bekannte Allianztraktat vom 14ten März zwischen Frankreich und Oesterreich.)


Bericht des Ministers der auswärtigen Verhältnisse.

[3]

Sire!

Da der St. Petersburger Hof seit dem Ende des Jahrs 1810 sein System verändert und sich entschlossen hatte, sich den Verpflichtungen, die er zu Tilsit unterschrieben, zu entziehen, so nahm er die Partey, durch Rüstungen die Handlungen zu unterstützen, wodurch er seine Allianz verletzte. Er zog in seinen polnischen Provinzen Truppen zusammen und rief einen Theil seiner moldauischen Armee zurück, die in Eilmärschen an den Gränzen des Herzogthums Warschau ankamen.

Im Monat Februar 1811 verlangte Ew. Majestät Erläuterungen über diese ausserordentlichen Rüstungen; Sie mußten zu gleicher Zeit dem König von Sachsen rathen, an der Weichsel die Truppen des Herzogthums Warschau zu koncentriren, um sie vor einem plötzlichen Ueberfall zu sichern.

Preussen, welches zwischen Frankreich und Rußland gestellt war, wurde zuerst die Dispositionen des Petersburger Hofes gewahr. Es konnte die Veranlassung dazu nicht einsehen; aber es sah die Resultate davon voraus; es machte Rußland Vorstellungen; es zeigte ihm die Gefahr, wenn Unterhandlungen durch Rüstungen unterstützt würden; es beschwor Rußland, die Truppenbewegungen einzustellen, die Preussen selbst kompromittiren könnten, und die auf sein Gebiet die Armeen führen würden, welche Ew. Majestät genöthigt wären, zur Vertheidigung des Herzogthums Warschau marschiren zu lassen. Dieser Schritt, der von der Liebe zum Frieden und von der Klugheit eingegeben war, brachte gar keine Wirkung hervor, und da Preussen sah, daß das Verhängniß, welches seit 10 Jahren Europa dahin gerissen hat, auch über Rußland walte, so verlangte es freymüthig seit dem Märzmonat 1811, sich mit Ewr. Majestät durch eine Allianz zu vereinigen.

Ew. Majestät trugen lange Zeit Bedenken, Engagements einzugehen, welche vermuthen ließen, daß die Allianz von Tilsit nicht mehr existire. Sie kannten noch nicht die Gründe, welche Rußland bewegen konnten, seine Traktaten zu brechen, sich in Friedenszustand mit England zu setzen und die Existenz des Herzogthums Warschau zu bedrohen; als aber Ew. Majestät kein Zweifel mehr übrig blieb, bevollmächtigten Sie mich, mit Preussen in Unterhandlungen zu treten und den Traktat zu schließen, der am 24sten Februar 1812 unterzeichnet worden.

Ich schlage Ewr. Majestät vor, dem Senat den zwischen Frankreich und Preussen geschlossenen Allianztraktat vorlegen zu lassen, und zu befehlen, daß er, unsern Konstitution gemäß, als Staatsgesetz publicirt werde.

Ich bin xc.
(Unterz.) Der Herzog von Bassano.

Nachdem der Senat obige Berichte angehört hatte, beschloß er, daß eine Adresse an Se. Majestät erlassen werden solle, um Allerhöchstdenselben für diese Mittheilung zu danken. Es ward eine Kommission von 5 Mitgliedern ernannt, um diese Adresse zu entwerfen; sie wird ihren Bericht in einer heutigen Sitzung abstatten.


Zeitungsnachrichten.[]

[1812]

Wien, den 27sten Oktober. [4]

Nach den neuesten Berichten aus Wilna vom 12ten dieses Monats (heißt es in unserer heitigen Hofzeitung), hat der französische Kaiser den vormals am russisch-kaiserlichen Hofe gestandenen Bothschafter, Grafen Lauriston, in das Hauptquartier des Fürsten Kutusow abgeschickt, der demselben den kaiserlichen Generaladjutanten, Fürsten Wolkonsky, zum Empfange entgegen gesendet hat.


Quellen.[]

  1. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 177. Mittewoch, den 24. July /5. August 1812.
  2. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 177. Mittewoch, den 24. July /5. August 1812.
  3. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 177. Mittewoch, den 24. July /5. August 1812.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 266 Dienstag, den 5. /17. November 1812.
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